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Propalästinensische DemonstrationenKritik an Hamas unerwünscht

Diskussionen über das Verbot propalästinensischer Demos haben wieder zugenommen. In Essen hatten Islamisten ein Kalifat gefordert.

In Berlin nahmen am Samstag nach Veranstalterangaben 20.000 Menschen an einer propalästinensischen Demonstration teil Foto: Stefan Boness

Es ist Samstagabend und schon dunkel, als Tausende Demonstrierende mit Palästina-Fahnen und -Bannern auf den Potsdamer Platz in Berlin strömen, dem Endpunkt ihres Protests. Und als eine Polizeisprecherin fast erleichtert von einem „weitgehend friedlichen Verlauf“ der propalästinenschen Demonstration spricht. Rund 9.000 Teilnehmende habe man gezählt und „nur in Einzelfällen“ habe es Festnahmen gegeben. Der Tenor: Es hätte schlimmer kommen können.

Die Bilanz der Veranstaltung, zu der ein Bündnis mehrerer propalästinensischer Gruppen sowie der israelkritischen Organisation Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost aufgerufen hatte, sieht am nächsten Tag so aus: 68 Festnahmen, dazu 36 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung, der Billigung von Straftaten oder Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.

Auch in anderen Städten gingen am Wochenende Tausende Menschen für Palästina auf die Straße – und gegen Israel. In Düsseldorf waren es laut Polizei rund 17.000, in Bremen, Frankfurt, Dresden oder Münster jeweils mehrere Hundert. Für Aufsehen sorgte vor allem Essen, wo bereits am Freitagabend Is­la­mis­t*in­nen auf die Straße gingen und ein Kalifat forderten.

Das sei „völlig inakzeptabel“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Am Wochenende seien „Grenzen überschritten“ worden, fügte er hinzu. Man werde „mit der ganzen Härte des Rechtsstaats“ reagieren. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter erklärte, auch die Bilder aus Berlin zeigten „massiv Terrorunterstützung“ und Israelfeindlichkeit. „Wieso werden solche Demos nicht untersagt? Man weiß ja, wie sie enden?“

Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sagt der taz: „Antisemitismus, Gewalt und islamistische Parolen dürfen wir in Deutschland nicht tolerieren. Auch die Versammlungsfreiheit rechtfertigt diese Ausschreitungen nicht.“

Skandiert wurde „Allahu akbar“

Hängen blieben von diesem Wochenende vor allem die Bilder aus Essen. Schon am Freitagabend waren dort laut Polizei 3.000 Protestierende auf die Straße gegangen. Einige skandierten Parolen oder zeigten Plakate, die ein „Khilafah“, ein Kalifat, forderten. Frauen und Kinder liefen getrennt im hinteren Teil des Aufzugs. Skandiert wurde „Allahu akbar“. Die Polizei konstatierte, dass der angezeigte Versammlungsgrund der Solidarität mit Palästina „möglicherweise nur vorgeschoben war, um eine islamreli­giöse Versammlung auf Essens Straßen durchzuführen“.

Mitorganisiert hatte den Protest die Gruppe „Generation Islam“. Bekannt für die Gruppe ist vor allem Ahmad Tamim, der in Essen auch als Redner auftrat. Die Gruppe kommt aus dem Spektrum der bereits 2003 in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Vor allem in sozialen Medien ist „Generation Islam“ sehr aktiv, zusammen mit „Muslim Interaktiv“. Größere Aktionen gab es bereits in Hamburg, wo die Gruppe seit drei Jahren aktiv ist und schon im Frühjahr 3.500 Anhänger auf die Straße brachte, damals um gegen Koranverbrennungen zu protestieren. Auch in Berlin trat Tamim zuletzt bei einer Anti-Israel-Kundgebung auf.

Israel wirft die „Generation Islam“ einen „Besatzungsgenozid in Palästina“ vor. Dagegen müssten Muslime weltweit aufstehen. „Wie lange wollen wir tatenlos zusehen, wie die Kuffar (Ungläubige, Anm. d. Red.) unsere Gesellschaften systematisch zerstören??“, schrieb die Gruppe zuletzt auf Facebook. Ziel sei es, dass Muslime eines Tages „unter einem Kalifen wieder vereint sind“.

Über den Aufzug am Freitag äußerte sich Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) entsetzt. Die Bilder seien „nur schwer erträglich“. Der Verfassungsschutz müsse bei den Hizb-ut-Tahrir-Nachfolgern schärfer hinschauen, Verbote müssten eine Option sein. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte an, alles Bild- und Tonmaterial von der Demonstration darauf zu prüfen, „was ansatzweise strafrechtlich relevant sein könnte“.

Essen am 03.11.2023: Begleitet von der Polizei demonstrierten die Teilnehmer gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen Foto: Christoph Reichwein/dpa

Auflagen werden nochmal genau überprüft

Auflagen für künftige Versammlungen würden „nochmal genau überprüft“. Verbote gegen Gruppen wie „Generation Islam“ würden von NRW „intensiv unterstützt“. Zuständig aber sei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Ihr Haus wollte sich am Sonntag auf taz-Anfrage vorerst nicht zu den Protesten und möglichen Verboten äußern. Am Donnerstag hatte Faeser die Hamas und deren Unterstützergruppe Samidoun in Deutschland verboten.

In Berlin und weiteren deutschen Städten gab es am Samstag andere Bilder als jene aus Essen. In der Bundeshauptstadt hatten „Palästina Spricht“, die „Palästina Kampagne“, Migrantifa und „Die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ mobilisiert – kein islamistisches Bündnis, sondern ein linkes und migrantisches. Aber auch diese Gruppen positionieren sich eindeutig. So hatte „Palästina Spricht“ das Hamas-Massaker auf Israel vom 7. Oktober als „revolutionären Tag“ gepriesen, auf den man „stolz sein könne“.

Vor Ort zeigt sich neben der arabischen und muslimischen Community vor allem ein junges, internationales Publikum. Kopftuch tragende Frauen mit Kinderwägen laufen neben Le­der­ja­cken­trä­ge­r:in­nen und Menschen mit bunt gefärbten Haaren. Dazwischen ein paar weiß-deutsche Altlinke, die kommunistische Fahnen tragen, oder die „Queers for a free Palestine“. Auch die Linkspartei Neukölln läuft mit einem Banner mit. Ein Mann mit Palästinafahne erklimmt den Neptunbrunnen auf dem Berliner Alexanderplatz. Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen sprechen von bis zu 20.000 Menschen.

Grundtenor auf der Demonstration ist, dass Israel einen Genozid an den Palästinensern begehe, auch das Wort „Besatzungsterror“ ist oft zu hören. „Israel bombardiert, Deutschland finanziert“, skandieren Teil­neh­mende. Einen Mann mit „Free Gaza from Hamas“-Schild drängen Ord­ne­r:in­nen aus der Demo. Vereinzelt wird Pyrotechnik gezündet, sonst bleibt es weitgehend friedlich.

„Die Demo hat gezeigt, dass die Community in Berlin nicht tatenlos dabei zusieht, was in Gaza passiert“, sagt Tim Smith, Pressesprecher der Palästina Kampagne, der taz. Nicht wenige der Teil­neh­me­r:in­nen haben selbst Angehörige in Gaza. „Für mich ist die Veranstaltung sehr wichtig“, sagt Teilnehmerin Sara, die ihren Nachnamen nicht nennen will, der taz. Die 19-Jährige Studentin sagt, sie habe Freun­d:in­nen und Verwandte in Gaza, wegen der Informationssperre gebe es aber derzeit keinen Kontakt. „Ein Sohn meiner Cousine hat einen Instagram-Account, immer wenn er etwas postet, wissen wir, dass sie noch am Leben sind.“

Hamas wird gefeiert

Grautöne und differenzierte Analysen sind auf der Demo kaum zu finden. Mehrheitlich ausgeblendet wird die Verantwortung der Hamas. Das Massaker, bei dem die radikalislamistische Terrororganisation am 7. Oktober über 1.400 Menschen tötete, sprechen die meisten Red­ne­r:in­nen nicht einmal an. Genauso wenig wie das Schicksal der über 200 israelischen Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden. Auch Sara ist keine Verurteilung der Terrororganisation abzuringen. „Die Leute feiern nicht die Hamas, weil sie Leute umbringt, sondern weil sie der einzige Funken Hoffnung ist, der israelischen Besatzung zu widerstehen“, erklärt sie nur.

„Es sind schreckliche Dinge am 7. Oktober passiert“, sagt ein jüdischer Israeli, der an der Demo teilnimmt und lieber anonym bleiben will, der taz. „Aber das ist gerade nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist das, was Israel in Gaza macht.“ Der 37-Jährige sei erst vor vier Monaten von Tel Aviv nach Berlin gezogen, weil er sich zunehmend entfremdet von seinem Heimatland fühlte. Wie er sind einige jüdische Linke bei dem Protest vertreten. „Es kann keine Sicherheit ohne Freiheit für alle geben“, fordert eine Sprecherin der linken Gruppe Jüdischer Bund in einem Redebeitrag.

Unklar ist allerdings, wie dieser Weg zum Frieden aussehen soll. Nur die trotzkistische Gruppe Abei­ter:­in­nen­macht äußert eine erstaunliche Idee: Erst solle der Deutsche Gewerkschaftsbund zum Generalstreik aufrufen und sich dann einer globalen Intifada anschließen. Damit könne ein sozialistisches Palästina geschaffen werden, in dem Jü­din­nen*­Ju­den und Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen gleichberechtigt leben können.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dankt im Nachgang der Demonstration vor allem der Polizei. Diese habe „maßgeblich zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beigetragen“, sagte Spranger der taz. Sie appellierte „nochmals an alle Menschen, die zu Versammlungen kommen, sich friedlich zu verhalten, sich an die Auflagen zu halten und keine Straftaten zu begehen“. Dass am Samstagabend ein Pyrotechnikwurf in Berlin-Neukölln zwei Beamte und ein Kleinkind verletzte, verurteilte Spranger „auf das Schärfste“.

Die Grüne Mihalic fordert, die Sicherheitsbehörden „gut auszustatten“, um die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Deutschland zu schützen. Bund und Länder müssten hier finanzielle Zusagen machen. Auch müssten weitere Organisationen, die den Terror der Hamas unterstützen, verboten werden – etwa das Islamische Zentrum in Hamburg oder die Revolutionsgarden, so Mihalic zur taz. Jörg Kopelke, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, forderte wiederum angesichts des „enormen Kräfteverschleißes“ bei der Polizei keine großen Aufzüge mehr zu erlauben, sondern nur noch stationäre Kundgebungen.

Der Zentralrat der Juden spricht von „antisemitischen, häufig offen islamistischen Aufmärschen“ am Wochenende. Das Samidoun-Verbot sei „wichtig“ gewesen. Nun aber müsse „den weiteren islamistischen Organisationen das Handwerk gelegt werden“. Es sind vor allem die Bilder aus Essen, die nachwirken. Auch bei der Kurdischen Gemeinde in Deutschland. Dieser Protest stehe „sicherlich nicht für Frieden in Gaza“, erklärt diese. „Sondern für einen Islamismus, den wir Kurden leider nur zu gut kennen.“

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37 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Entsetzt" ist man in Essen, weil ein Kalifat errichtet werden soll und wegen aller sonstiger Sprüche. Wo hat dieser entsetzte Mensch gelebt? Wen haben wir hier groß werden lassen in D? Terroristen, Menschenverächter, Frauenverächter.Und der Hamas Chef genießt das alles von Katar aus, oder?

  • Wenn es den Demonstranten wirklich in erster Linie um das Leben der Menschen in Gaza gehen würde, dann forderten sie doch an erster Stelle die palästinensische Hamas auf, ihre Waffen niederzulegen und die Geiseln frei zu lassen, oder?

  • „Nur die trotzkistische Gruppe Abeiter:innenmacht äußert eine erstaunliche Idee: Erst solle der Deutsche Gewerkschaftsbund zum Generalstreik aufrufen und sich dann einer globalen Intifada anschließen. Damit könne ein sozialistisches Palästina geschaffen werden, in dem Jüdinnen*Juden und Palästinenser:innen gleichberechtigt leben können.“

    Der Artikel enthält Zitate von Demonstrationsteilnehmern, die mich einigermaßen fassungslos zurücklassen. Wissen die überhaupt, was im Rahmen der zweiten Intifada passiert ist? Das war eine Gewaltorgie, bei der unzählige israelische Zivilisten ermordet wurden. Der Aufruf zur Intifada kommt entweder von Antisemiten oder von Leuten, die überhaupt nicht wissen, wovon sie reden. Linke, die die Hamas unterstützen, haben sowieso den Verstand verloren.



    Auch diese Gedankengänge über ein „sozialistisches Palästina“ sind vollkommen realitätsfremd. Dazu muss eine Mehrzahl der Menschen das überhaupt erstmal wollen. Haben die sich überhaupt mal Meinungsumfragen angesehen oder sich wenigstens damit befasst welche politischen Kräfte in Israel und den umstrittenen Gebieten die höchste Zustimmung genießen? Allerdings braucht man sich bei Trotzkisten über so etwas nicht zu wundern. Der „gescheiterte Stalin“ (W. Huhn) hatte mit seinem großen Widersacher sehr viel mehr gemeinsam als gemeinhin angenommen wird.



    Unter den teilweise haarsträubenden Projektionsleistungen, die eigene Ziele in den „palästinensischen Widerstand“ hineinprojizieren, ist das „sozialistische Palästina“ wohl das Unsinnigste, was ich bisher gelesen habe.

  • "„Die Leute feiern nicht die Hamas, weil sie Leute umbringt, sondern weil sie der einzige Funken Hoffnung ist, der israelischen Besatzung zu widerstehen“, erklärt sie nur."



    Was für eine Hoffnung hätten welche Menschen? Hätten denn alle Menschen Hoffnung, wenn die Hamas "erfolgreich widerstehen" könnten?



    "„Es kann keine Sicherheit ohne Freiheit für alle geben“, fordert eine Sprecherin der linken Gruppe Jüdischer Bund in einem Redebeitrag."



    Das müsste aber doch ebenso für Jüd*innen gelten. Irgendwie sehe ich das aber nicht im Anblick von Hamas, Hisbollah und Islamischer Dschihad.

  • Die Hamas wurde doch offiziell als Terrororganisation verboten. Warum sind dann noch Demonstrationen für diese erlaubt?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      wundert mich auch.

  • Humanität beweist sich nicht im Mitgefühl mit den eigenen Freunden sondern im Mitgefühl mit den vermeintlichen Gegnern.

    Und so betrachtet, entlarven sich aktuell sowohl viele pro-palästinensische wie pro-israelische Gruppierungen als im Kern inhuman.

    Denn hier wird oft propagiert, dass man werten solle, ob die jüdische Mutter weniger Recht hätte, über das bestialisch abgeschlachtete Kind zu trauern oder umgekehrt die palästinensische Mutter, deren Kind lebendig im zerbombten Haus verbrannte.

    Sollen wir wirklich diesen Zynismus zulassen? Oder sollte nicht endlich denen widersprochen werden, die diese Gewalt auch noch rechtfertigen wollen?



    Die Antwort kann nicht lauten, dass die eine Seite „Recht“ hätte, sondern dass beide Seiten Unrecht haben!

    • @BenLawers:

      Natürlich ist das Leid dasselbe- nur Israel hat die Zivilisten mehrfach aufgefordert, sich aus dem Norden zu entfernen. Und hat auch die Gelegenheit dazu gegeben. Stellt sich die Frage: Warum sind dort überhaupt noch Kinder? Und gleich die nächste Frage: Was konkret schlagen Sie vor, soll Israel tun, ausgehend von der aktuellen Bedrohung durch die Hamas, um diese Bedrohung für die Zukunft auszuschließen?

  • Es muss klargestellt werden, dass religiöser Feudalismus/Nationalismus nichts mit Befreiungskampf und Kritik daran nichts mit Rassismus oder Islamfeindlichkeit zu tun hat.

  • Wer ein Kalifat fordert: verhöhnt die Menschenrechte, Grundlage des Asylrechts.



    Hamed Abdel Samad: Diese Menschen müssen die Widersprüche ihrer eigenen Existenz auflösen.

    • @ferry:

      Hamed Abdel Samad ist für das öffentlich rechtliche Fernsehen und für linke Leitmedien eine Unperson. Schon allein, weil er sich gut mit Henryk M. Broder versteht. Das wäre doch mal ein Grund für die TAZ mit beiden zusammen ein Interview zu den aktuellen Themen zu führen.

      • @Nachtsonne:

        Nein. Manche Leute sind völlig zu Recht Unpersonen. Die beiden gehören dazu.

        • 6G
          665119 (Profil gelöscht)
          @Earendil:

          Warum?

  • NRW hat in der Vergangenheit schon selbst einen Kalifen-Kandidaten aufzubieten gehabt. Gut integrierte TürkInnEn waren die einzigen, die sich über dessen verfassungsfeindliches Auftreten in D aufregten, und sagten weise Worte wie "Ich habe eine Rede von ihm gehört. Warum tut Deutschland nichts nichts dagegen? Das ist ein Skandal".

    Erst viel später kümmerten sich die Behörden ernsthaft um den durchaus bedenklichen Fall des "Kalifen von Köln". NRW hat eben immer wieder Sonderheiten seiner Extremismen aufzubieten, die Hamburg und Berlin so nicht hat.

    Die Terrorzelle von 9/11 kam allerdings aus Hamburg! Der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober war das 9/11 Israels. Anstelle der vollbesetzten, aber auch voll betankten Flugzeuge als lebende Bomben trat bei der Hamas demonstratives Nachäffen von IS-Grausamkeiten.

    Aber beide Terrorangriffe waren jeweils mehrere wohlkoordiniert und teils parallel gelaufene perfide Gewalt-Aktionen gegen verschiedene Ziele, mit hohen Todesopferzahlen.

    So groß inszenierte mörderische Grausamkeit, um, im Wesentlichen, das Ur-Vertrauen der so angegriffenen Völker in ihre Sicherheit im eigenen Land fundamental zu erschüttern. Der 7. Oktober war eben nicht nur Pogrom und Antisemitismus, sondern wie 9/11 eine Machtdemonstration gegen die regional führende Militärmacht, die Bloßlegung ihrer Verletzlichkeit, in beiden Fällen, um den unbedingten Willen des Islamismus zur gewaltsamen rückwärts gerichteten Weltveränderung zu manifestieren.

    Kritik an Hamas ist also eh sinnlos. Hamas muss gestoppt werden.

  • Ich denke nicht, dass die Demonstrationen im wesentlichen von Unterstützern der Hamas getragen wird. Ich denke einfach, dass der bei weitem größte Teil der Weltbevölkerung die Sicht der Verbündeten Israel als grob Geschichtsverzerrend empfindet. Es sollte eher als Versuch verstanden werden einen Gegenpol gegen diesen als grob falsch wahrgenommenen Narrativ verstanden werden. Ich denke gerade die Medien in Deutschland sollten sich darüber Gedanken machen.

    • @Faried :

      Anders gesagt: Die meisten dieser Leute demonstrieren nicht, weil sie die Hamas lieben, sondern weil sie Israel hassen. Da ist allerdings was Wahres dran. Solange sich diese ansonsten so unterschiedlichen Leute nicht von ihrem pathologischen Israelhass frei machen, werden sie immer wieder, mit mehr oder weniger Bauchschmerzen, barbarische Organisationen und Taten unterstützen.

      (Und nein: Zumindest in den letzten 30 Jahren hat es so etwas barbarisches wie die Hamas-Massaker vom 7. Oktober von israelischer Seite auch nicht annähernd gegeben. Solcherart Relativierungen kann man sich gleich schenken.)

  • 6G
    697919 (Profil gelöscht)

    "Es sind vor allem die Bilder aus Essen, die nachwirken. Auch bei der Kurdischen Gemeinde in Deutschland. Dieser Protest stehe „sicherlich nicht für Frieden in Gaza“, erklärt diese. „Sondern für einen Islamismus, den wir Kurden leider nur zu gut kennen.“

    Joa, aber was schert das schon die trotzkistische Revoluzzertruppe. Da wird einfach im Vorbeigehen zur Intifada aufgerufen.

    "Die Leute feiern nicht die Hamas, weil sie Leute umbringt, sondern weil sie der einzige Funken Hoffnung ist, der israelischen Besatzung zu widerstehen“

    Sag sowas mal den Eltern ins Gesicht, deren Kind von den Hamas-Psychopathen zu Tode "gebacken" wurde.



    Eine krude und ekelhafte Mischung wie bei Querdenken läuft da.

  • Pflichtlektüre für die Demonstrierenden sollte der Amnesty-Bericht über die Lage der Menschenrechte in Palästina und Gaza sein. Dann wüssten sie, welche Terrorherrschaft die Hamas nach innen ausübt. Deshalb: „Free Palestine from Hamas“!

    • @Ulrich Wüsten:

      Bei der Demo in Essen haben diejenigen demonstriert denen Hamas noch nicht radikal genug ist. Für die Islamisten sind Menschenrechte Teufelszeug.

  • Diese Menschen leben alle in einer Parallelwelt. So erschreckend das alles ist, was sich auf deutschen Straßen grade zeigt möchte ich glauben, dass es auch sein Gutes hat und die Politik jenseits der AfD endlich aufwacht und gegensteuert bevor es zu spät ist.

  • "So hatte „Palästina Spricht“ das Hamas-Massaker auf Israel vom 7. Oktober als „revolutionären Tag“ gepriesen, auf den man „stolz sein könne“."



    Stolz sein auf Morde und Verg@#&#%€@? Damit haben sie linke Grundsätze verlassen, so sie sie denn vorher überhaupt vertraten. Die anderen Gruppen sollten, wenn sie sich als links verstehen und dies nicht teilen, schleunigst die Kooperationen beenden und sich distanzieren.

    • @Uranus:

      Ein leider sehr weit verbreiteter Fehler bei den Baizuo, dass Widerstand gegen ein "repressives Regime" automatisch als "Links" eingeordnet wird.

      Gerade wenn ethnisch-religiöse Konflikte dabei eine Rolle spielen, dominieren meist völkisch-nationalistische Sichtweisen.

      • @Chris McZott:

        „Gerade wenn ethnisch-religiöse Konflikte dabei eine Rolle spielen, dominieren meist völkisch-nationalistische Sichtweisen.“



        Stopp. So einfach können Sie den Widerspruch eben nicht auflösen, wenn Linke gemeinsam mit Islamisten für „free palestine“ marschieren. Dem linken, antikolonialen „Befreiungsnationalusmus“ fehlt genau jene völkische Komponente, die rechten Antisemiten wie Maaßen (die in der aktuellen Auseinandersetzung übrigens aus guten Gründen den Ball flach halten) zueigen ist.



        Sie haben in PLO/Fatah lediglich ihre Solidarisierungs-Objekte verloren und wenden sich nun der Hamas zu, das - aus ihrer Perspektive - „Falsche im Richtigen“ nicht erkennend.



        Die im Beitrag zitierte Sara ist doch ein gutes Beispiel für dieses ambivalente Haltung. Mit ihrer fast manischen Fixierung auf Antizionismus und Antiamerikanismus - wiederum verkennend, wie sich gerade jetzt Anthony Blinken mit allem Einsatz bemüht, in der verfahrenen Situation noch das Bestmögliche für die Palästinenser herauszuholen - erkennen die „Antiimps“ nicht ihren eigenen Widerspruch.



        Da sind mir die Trotzkisten mit ihrer utopischen Forderung nach Weltrevolution fast schon sympathisch: ach, wäre es doch so, dass sich in der sozialistischen Weltrepublik alle ethnischen und religiösen Konflikte auflösen ließen.

        • @Abdurchdiemitte:

          "Dem linken, antikolonialen „Befreiungsnationalusmus“ fehlt genau jene völkische Komponente,..."

          Das stimmt so nur theoretisch. Natürlich SOLL da eigentlich keine völkische Denke rein, aber unfreiwillig landet man dort:

          Schritt 1: Weil das "antikoloniale" Element ja nunmal nicht umhin kommt, die Unterdrückten anhand der Trennlinien der Unterdrücker zu definieren, hat man schon einmal kongruente Abgrenzungen.

          Schritt 2: Wer einmal nach diesen Demarkationen in der "Opfer"-Kategorie gelandet ist, bleibt erstaunlicherweise immer Opfer, auch wenn er sich anderswo zum Täter macht. Das führt zu allerlei Knicken in der Opftik, die dann mit moralisierenden Rechtfertigungstiraden gestütz werden, die im Ergebnis sagen: "Ja, DIESE Gruppe darf das - weil sie ja sie (also Opfer) sind." Es hat zwar nicht dieselbe Motivation wie völkische Herrenmenschendenke, aber das gleiche, verquere ethische Ergebnis.

          ps: Es gibt EINE leuchtende Ausnahme zu der eineindeutigen Täter-Opfer-Zuordnung in Schritt 2, die (mitsamt ihrer Unterstützer) von den Betreffenden trotz ihrer unbestreitbaren Herkunft aus dem Opferlager immer schon recht unbekümmert wieder mit Schmackes in die Täterkategorie gesteckt wird. Raten Sie mal, wie dieses kleine Land in der Levante heißt...

          • @Normalo:

            Also, mit den Täter/Opfer-Kategorisierungen sollten wir es uns grundsätzlich nicht zu einfach machen. Denn unsere Lebenserfahrung (jedenfalls meine) lehrt uns, dass heute zum Täter werden kann, wer gestern noch Opfer war. Jeder von uns kann - sofern sich die Umstände dazu ergeben - auf dem dünnen Eis der Zivilisation mächtig einbrechen, da können die moralischen Maßstäbe mit noch so großer Verve vorgetragen werden.



            Damit will ich nicht einem ethischen Relativismus das Wort reden, nach dem die Frage nach „Gut“ und „Böse“ letzen Endes belanglos sei bzw. niemals definitiv geklärt werden könne, weil alles eine Frage des Standpunktes sei.



            Aber wir können das Thema durchaus auch mit etwas Empathie für den anderen Standpunkt betrachten, auch dann, wenn er dem unseren diametral widerspricht. Und selbst, wo das nicht möglich ist, wie angesichts des absolut unmenschlichen Terrors der Hamas am 7. Oktober, können wir - nein, wir müssen es sogar -, nach den Ursachen, der Entstehungsgeschichte, nach den Motiven fragen. Wir müssen also kontextualisieren. Sonst kann aus solchen Menschheitsverbrechen nichts „gelernt“ werden und die Geschichte wiederholt sich stets aufs Neue.



            Und eigentlich müssten wir dazu mit jeglichen Kategorisierungen aufhören, auch jenen von Rasse, religiösen oder kulturellen Zugehörigkeiten, sofern sie uns als Menschen in „wir und die anderen“ teilen und künstliche Grenzen zwischen uns ziehen. Gerade der Antisemitismus ist doch ein schlagendes Beispiel dafür, zu welchen verhängnisvollen Ergebnissen das führen kann.

            • @Abdurchdiemitte:

              "Und eigentlich müssten wir dazu mit jeglichen Kategorisierungen aufhören, auch jenen von Rasse, religiösen oder kulturellen Zugehörigkeiten..."

              Genau.

              Nur ist es eben das namensgebende Wesen einer links-"identitären" Denke (die nunmal bei den "antikolonialen" Nationalisten absolut dominiert, bzw. sie nach meinem Gefühl geradezu definiert), dass sie genau das NICHT tut, sondern in der Gruppenbildung anhand von Diskriminierungsmerkmalen und einer enstprechend kollektivierenden moralischen Einordnung verharrt. Damit verstellt sie sich den Weg zu einer differenzierten Betrachtung und macht sich zum, gleichermaßen mit religions-/ geschlechts-/ ethnie- usw. -bedingten Vorurteilen arbeitenden, Pendant der Völkischen - nur halt mit umgekehrten Vorzeichen.

    • @Uranus:

      ich weiß immer nicht, wer verbreitet, dass irgendwelche Islamisten und Khalifat-Unterstützer unsere linken, klassenbewußten Kumpels sind. Der Islamismus hat viel mehr mit einer totalitären und reaktionären Ideologie zu tun, als mit anti-kapitalistischen und anti-imperialistischen Bewegungen. Und Queers für Ghaza? Bin selbst schwul und kenne auch zahlreiche arabische Länder..... in Irak wird ein Gesetzesentwurf diskutiert, der Homosexualität unter Todesstrafe stellt. In Ghaza wurden auch zahlreiche Schwule - wegen ihres Schwulseins - umgebracht. Irgendwie sind die Leutchen hier nicht sehr informiert, habe ich den Eindruck.

      • @Leningrad:

        Viele stellen sich halt auf deren Seite, weil die AFD und andere Rechte halt gegen diese Gruppe hetzen. Man verbucht das unter Ausländerhass gegen den man vorgehen muss. Inhaltlich wahrscheinlich auch richtig. Aber man scheut sich aus der Situation heraus selber Kritik zu üben um dem Rechten Mob kein Futter zu liefern, welchen diese Gruppen übernehmen können.



        Da die Linken sich mittlerweile schwer tuen solche Kritik zu äußern oder Probleme anzugehen, wo man Gefahr läuft, dass Rechte diese nutzen könnten verlieren auch die Bürger ihr Vertrauen in die Politik.

        Man muss es langsam leider ansprechen, wir haben ein importiert Religiös motiviertes Problem in Deutschland für das wir Linken eine Lösung finden müssen. Wir können nicht mehr wegsehen und relativieren!

        • 6G
          697919 (Profil gelöscht)
          @Walterismus:

          Schön auf den Punkt gebracht.

  • Danke für diesen umfangreichen Bericht.



    Die taz spiegelt die Spaltung der linken Deutschen wider.



    Interessant, auch darüber hinaus gehende Stimmen zu hören.



    Nach Wochen der intensiven Beteiligung an der Debatte, auch hier, in der kommune, muss ich leider feststellen, dass das Massaker an israelischen Kindern, Frauen und Männern Viele offenbar nicht nachhaltig belastet.



    Das ist mir unerklärlich.



    Ist es Geschichtsvergessenheit, Unmenschlichkeit, oder nur stumpfe Arroganz?



    Ich bin in einer Gesellschaft aufgewachsen, für die Verantwortung für die Verbrechen unseres Landes getragen wird.



    Deutsche haben im Namen unseres Landes unsägliche Verbrechen begangen.



    Wie man/frau die " Forderung": "free Palestina from German guilt " aufstellen kann, ist absurd. Die Krönung dieser Nazinähe ist, dass die InitiatorInnen auch noch behaupten " links" zu sein.



    Die Gesellschaft ändert sich derzeit nicht zu Ihrem Guten.



    Ich stehe noch auf der richtigen Seite der Brandmauer.



    Leider muss ich erkennen, dass Rechtes Gedankengut schon in die Köpfe der neben mir Stehenden gedrungen ist.



    Wenn progressiv sein, neuerdings antisemitisch bedeutet, lass ich mich gerne konservativ schimpfen!



    ( werde mir dann aber gerne passendes Vokabular für Preudolinke zurecht legen...)

  • "die trotzkistische Gruppe Abei­ter:­in­nen­macht äußert eine erstaunliche Idee: Erst solle der Deutsche Gewerkschaftsbund zum Generalstreik aufrufen und sich dann einer globalen Intifada anschließen. Damit könne ein sozialistisches Palästina geschaffen werden, in dem Jü­din­nen*­Ju­den und Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen gleichberechtigt leben können."



    Der Brüller!

    • @dites-mois:

      Kibbuzim-Bewegung, eine sozialistische Heimstätte für die Juden in Palästina. War das nicht einmal die Utopie der jüdischen Sozialisten - oder zumindest eines Teils davon, andere positionierten sich strikt antizionistisch - in der zionistischen Bewegung in der Diaspora? Und was ist daraus geworden?

  • Das kann man nur schwer schönreden. Wo sind die mäßigenden Stimmen von muslimischen Intellektuellen? Warum zerreißt es die Linke gerade? Mein persönlicher Favorit: "Damit könne ein sozialistisches Palästina geschaffen werden, in dem Jü­din­nen*­Ju­den und Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen gleichberechtigt leben können.". Wie gehirntot muss man sein, um angesichts der Forderungen der Hamas solchen Stuss von sich zu geben? Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit dem Gedankengut der Demonstranten umgehen wollen. Die positive Haltung gegenüber Hamas ist erkennbar nur die Spitze des Eisberges. Will hier irgendjemand ernsthaft behaupten, die Positionen dieser Demonstranten wären mit dem Grundgesetz vereinbar?

  • "Zuständig aber sei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)."

    Typisch CDU. Ablenken wo immer es geht.

    Diesen Vollprofis vom Team Reul hätte es ja auch auffallen können, dass es "irgendwie seltsam" ist, wenn aus dem Umfeld der Hizb ut-Tahrir eine Solidemo mit der HuT-Konkurrenzorganisation Hamas geplant wird...

    Das ist ungefähr so, als wenn die NPD zur einer AfD-Solidemo aufruft, oder wenn Stalinisten aus Solidarität mit dem Trotzkismus auf die Straße gehen. Da würde man sich direkt fragen, was der Scheiß soll, und was zum Geier die *in Wirklichkeit* vorhaben.

    Aber nee. "Sind ja alles Moslems - kennste einen kennste alle". Läuft bei der CDU.

  • Eine tickende Bombe.

  • „Die Leute feiern nicht die Hamas, weil sie Leute umbringt, sondern weil sie der einzige Funken Hoffnung ist, der israelischen Besatzung zu widerstehen“

    Ok, auf unseren Straßen werden Terroristen gefeiert und in unseren Medien wird erklärt dass die Palästinenserinnen und Palästinenser selbst am meisten unter der Hamas leiden und keinesfalls in einen Topf geworfen werden dürfen... Das passt vorne und hinten nicht

  • > Einen Mann mit „Free Gaza from Hamas“-Schild drängen Ord­ne­r:in­nen aus der Demo.

    Danke für diesen wichtigen Aspekt!

    Das ist ein Hinweis, dass es den Ordner:innen¹ nicht um Gaza ging, sondern um inzwischen (endlich) verbotene Unterstützung für Hamas.

    ¹: waren Frauen darunter?