Ökonom Lars Feld wird Lindner-Berater: Mann des dürren Staats
Der frühere Wirtschaftsweise und Neoliberale Lars Feld wird Berater von FDP-Finanzminister Lindner. Die Koalitionspartner sind wenig erfreut.

Lars Feld wird Lindners Chefvolkswirt, „persönlicher Beauftragter des Bundesministers für Finanzen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“. Was von ihm zu erwarten ist, dürfte ziemlich klar sein: Schließlich steht der 55-jährige Feld für eine Finanzpolitik des dürren Staats, der den sogenannten Märkten viel Raum gibt.
„Die wirtschaftspolitische Diskussion in Deutschland kann eine ordnungspolitische Stimme gut gebrauchen“, sagte Feld zu seiner Nominierung. „Es herrscht dahingehend ja kein Überfluss.“ Interessante Wahrnehmung eines Ökonomen, der seit Jahrzehnten in der Politikberatung mitmischt und sich stets im Mainstream wähnen durfte. Schließlich war er zehn Jahre lang Mitglied der sogenannten Wirtschaftsweisen, zuletzt ihr Vorsitzender.
Letztes Jahr hat er erstmals einen Dämpfer hinnehmen müssen: In der GroKo votierte die SPD erfolgreich gegen eine Verlängerung seines Mandats im Sachverständigenrat, weil seine angebotsorientierte Haltung dort schon überrepräsentiert war. Hatten die Weisen schon die Finanzkrise nicht vorhergesehen, passten ihre neoklassischen Rezepte auch nicht auf andere Krisen: Sowohl die Pandemie als auch der sozialökologische Umbau verlangten nach einem aktiven Staat, der alle mitnimmt.
Für die Schuldenbremse, gegen den Mindestlohn
Feld steht für anderes: Während die Regierungen Konjunkturpakete schnürten, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronamaßnahmen abzufedern, klammerte er sich an die von ihm mitentwickelte Schuldenbremse. Er votierte gegen Mindestlöhne: zu teuer für die Unternehmen. Gegen die Grundrente: stattdessen würde er das Renteneintrittsalter erhöhen. Gegen das Lieferkettengesetz: die Einhaltung von Menschenrechten bei den Lieferanten zu kontrollieren, überfordere die Firmen. Und dafür fühlte er sich zu Unrecht angefeindet. Die Linken in der SPD hielten ihn für einen „neoliberalen Gottseibeiuns“, beklagte er sich einmal in der FAZ.
Felds Freunde und Unterstützer sitzen woanders. Aber er hat sie zweifellos. Der gebürtige Saarbrücker leitet nicht nur das neoliberale Walter Eucken Institut, er ist auch Mitglied in Beiräten und Kuratorien diverser Netzwerke wie der Stiftung Marktwirtschaft, des Wirtschaftsrats der CDU oder der Impulsstiftung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer.
Neoliberal und bestens vernetzt in der Privatwirtschaft wie heute war Feld nicht immer. Der FAZ erzählte er einmal, dass er als Jugendlicher friedensbewegt gewesen sei und an der Großdemo gegen den Nato-Doppelbeschluss teilgenommen habe. Einmal hat er die 180-Grad-Wende also schon geschafft. Warum nicht noch einmal?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!