Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn: Kein Döner ist illegal
Am Montag entscheidet der Stadtrat von Heilbronn über eine Obergrenze für Dönerläden, die die CDU fordert. Rechtlich ist die Lage eindeutig.
In ihrem Antrag, über den der Gemeinderat am kommenden Montag abstimmen soll, schreibt die CDU, „ein Überangebot einseitiger gastronomischer Angebote und Dienstleistungen erzeugt eine negative Magnetwirkung“. Es gelte, die Innenstadt „vor der gefährlichen und wertvernichtenden Trading-Down-Spirale aus der gefürchteten 'Fruchtfolge Ein-Euro-Laden, Barbershop, Dönerbude, 24-Stunden-Automaten-Shop, Leerstand, steigende Kriminalität zu bewahren.“
Nun hat Heilbronn als große Stadt mit den Schwierigkeiten des Einzelhandels ebenso zu kämpfen wie viele Fußgängerzonen in anderen Großstädten. Dönerbuden sind jedoch keineswegs überrepräsentiert. Im Durchschnitt hat die Stadt sogar eine geringere Dichte dieser Imbissangebote als andere Städte in Baden-Württemberg, wie der SWR nachgerechnet hat.
Dass sich die CDU also ausgerechnet auf jenes beliebte Gericht versteift, das einst in Berlin erfunden wurde und das Bundespräsident Steinmeier unlängst bei einem Staatsbesuch sogar in die Türkei mitbrachte, dahinter vermutet der Grüne Fraktionschef Holger Kimmerle andere Motive.
Kein Unterschied zwischen Barbershop und Friseur
Es gehe ja nicht nur um eine Obergrenze für Drehspießgrillfleisch und Herrenfriseure, eher darum, dass diese vorzugsweise von Menschen mit Migrationshintergrund betrieben würden, sagt Kimmerle. Zur Sitzung des Gemeinderats an diesem Montag habe die CDU neben der Dönerobergrenze mal wieder den strittigen Mosche-Neubau und die Kürzung der Finanzmittel für die Antidiskriminierungsstelle auf die Tagesordnung gesetzt. Da machten „Teile der CDU-Fraktion eine Politik, die man sonst von der AfD kennt“, sagt Kimmerle. Es würde ein Sündenbock für Entwicklungen gesucht, für die jeder Konsument mitverantwortltich sei, wenn er im Internet bestelle, statt den Einzelhandel in der Stadt zu konsultieren. Eine Entwicklung, die man wohl nicht mehr zurückdrehen könne, fürchtet Kimmmerle. Schon gar nicht mit einem Verbot für bestimmte Läden, die immerhin von Jugendlichen frequentiert würden.
Zu den Vorwürfen würde man den CDU-Fraktionsvorsitzenden gerne befragen, doch der antwortet auf mehrfache Anfrage der taz nicht. Stattdessen geht sein Vize mit Fernsehteams durch die Fußgängerzone und beteuert, dass er und seine Parteifreunde gar nichts gegen Döner an sich hätten. Mit dem Dönerverbot hat die CDU in Heilbronn schon im Frühsommer Wahlkampf gemacht. Für die Gemeinderatswahl im Juni hatte sie in ihrem Wahlprogramm erstmals die „Obergrenzen für Dönerläden, Barbershops, Nagelstudios“ formuliert.
Doch rechtlich ist das gar nicht so einfach, wie die Stadt in einem Rechtsgutachten darlegt. Die Stadt könne eigentlich nur bestimmte Nutzungsarten wie Imbissbuden oder Gastronomie als Ganzes einschränken. Um speziell Barbershops und Dönerbuden zu begrenzen, müssten sich diese Läden juristisch trennscharf von anderen Friseurläden oder Fastfood-Ständen abgrenzen lassen. Das sei aber schwierig, heißt es in der Stellungnahme der Stadt, wenn in einem Barbershop im Wesentlichen die gleichen Leistungen erbracht werden wie beim Friseur oder wenn sich die „typischen Tätigkeiten in einem Dönerladen kaum von sonstigen Imbissen unterscheiden dürften“.
Hinter den Kulissen arbeiten Grüne, SPD und Freie Wähler nun an einem Antrag für ein Konzept zur Belebung der Innenstadt, dem auch die CDU am Montag zustimmen kann. Stadtrat Kimmerle ärgert sich: „Mit dem Dönerverbot sind wir über Monate in den Schlagzeilen. Dass wir in der gleichen Zeit die Zahl der Schulpädagogen deutlich erhöht haben, interessiert nicht mal die Lokalpresse.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs