Nach Einstufung durch Verfassungsschutz: Zuspruch für Ende Gelände
Die Klimaaktivist*innen wurden vom Verfassungsschutz als „linksextremer Verdachtsfall“ eingestuft. Nun solidarisieren sich andere Gruppen.
Auch Ulrike Dufner, Geschäftsführerin des Südwind Instituts, erklärte, zivilen Ungehorsam wie von Ende Gelände „in den Bereich der Verfassungsfeinde zu rücken, halten wir für skandalös“. In Deutschland gebe es Tendenzen, zivilgesellschaftliche Initiativen zu kriminalisieren.
David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte nannte die Einstufung „hanebüchen“: Wer Kritik am Staat übe, auch radikale, dürfe nicht vom Verfassungsschutz „als extremistisch diffamiert werden“. Das Grundgesetz sei wirtschaftspolitisch neutral, zur demokratischen Grundordnung gehöre nur der absolute Kern der Verfassung. Auch Benjamin Hersch, Vorstand des Republikanischen Anwält*innenvereins, warf den Behörden vor, „ihr Nichtstun gegen die Klimakatastrophe repressiv absichern zu wollen“.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Dienstag die Einstufung von Ende Gelände bekannt gegeben und dies mit einer „Verschärfung der Aktionsformen bis hin zu Sabotage“ begründet. In Grundsatzpapieren des Bündnisses werde ein „Kampf für einen Systemwandel“ propagiert oder eine Abschaffung der Polizei gefordert. Auch habe sich Ende Gelände an den Protesten gegen die Räumung von Lützerath im vergangenen Jahr beteiligt, bei denen „massiv“ Polizeibeamte angegriffen worden seien. Der Geheimdienst kann die Gruppe nun überwachen, auch mit V-Leuten.
Ende Gelände hält Einstufung für „absurd“
Ende Gelände setzt auf Aktionen zivilen Ungehorms und hatte mit Besetzungsaktionen von Kohletagebauen im Rheinland oder in der Lausitz für Aufsehen gesorgt. Bereits 2020 hatte der Berliner Verfassungsschutz die Ortsgruppe in der Hauptstadt als linksextrem eingestuft – was damals ebenfalls eine Solidarisierung anderer Gruppen ausgelöst hatte.
Die nun bundesweite Einstufung von Ende Gelände als „Verdachtsfall“ nannte eine Sprecherin der Gruppe, Jule Fink, „absurd“. Man sei ein Bündnis „aus der Mitte der Gesellschaft“ und verteidige die Werte der Verfassung, indem man sich für die Erhaltung der Lebensgrundlagen und „ein gutes, würdevolles Leben für alle“ einsetze – anders als die Bundesregierung, die konsequenten Klimaschutz vermissen lasse. Auch die Aktionsformen verteidigte Fink: „Ziviler Ungehorsam ist Teil unserer demokratischen Rechte. Mit solchem Protest haben wir die meisten der heutigen Rechte gewonnen.“ Die Aktionen von Ende Gelände seien nicht extrem, „sondern gelebter Verfassungsschutz“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren