Militärische Unterstützung für Kyjiw: Von Ukraine-Müdigkeit keine Spur
Die Einsicht, Kyjiw im Kampf gegen Russland unterstützen zu müssen, wächst in Deutschland. Schließlich hängt die Zukunft Europas an der Ukraine.
E ine klare Mehrheit von 62 Prozent der Deutschen will mehr Waffen an die Ukraine geliefert sehen. Nur 4 Prozent wollen die FDP wählen. Mit diesen Erkenntnissen des ZDF-Politbarometers ist eigentlich schon alles gesagt über Christian Lindners Idee, zugunsten höherer Verteidigungsausgaben die Sozialausgaben einzufrieren. Wer Kanonen gegen Butter ausspielt, hat vom einen keine Ahnung und vom anderen ganz offenbar zu viel verspeist.
Die Erzählung von der nachlassenden Unterstützung für die Ukraine bei ihrem Überlebenskampf ist ein Märchen. Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich, Großbritannien, Kanada und den USA liegen die Umfragewerte für eine Beibehaltung oder gar Erhöhung der Militärhilfen bei über 60 Prozent. Donald Trump, Sahra Wagenknecht und all die anderen Ewiggestrigen stehen auf der Verliererseite der Geschichte. Die vielen Menschen, die am Wochenende für die Ukraine auf die Straße gingen, sind ein deutliches Zeichen dafür.
Die Sorgen vor einem Sieg Russlands sind so groß wie zu Kriegsbeginn vor zwei Jahren, als die russische Armee vor den Toren Kyjiws stand. Entsprechend groß ist der Wunsch, dies zu verhindern. Viel entschlossener als öffentlich wahrgenommen, wird die konkrete Unterstützung der Ukraine bereits aufgestockt. Es fließt nicht nur deutlich mehr Militärgerät. Die bilateralen Sicherheitsabkommen, die Kyjiw gerade mit einem Land nach dem anderen schließt, stellen trotz ihrer unkonkreten Sprache eine vertragliche Verpflichtung zum Schutz der Ukraine dar, die es in dieser Form bisher nicht gab.
Russland kämpft am Limit der Kapazitäten; die Armee erleidet nach wie vor bei jeder Offensivaktion viel höhere Verluste als die Gegenseite. Der Westen hingegen unternimmt längst nicht alles, was möglich wäre. Die langfristigen Kräfteverhältnisse sind klar. Kurzfristig bleibt Russland nur die Drohung mit einer Ausweitung des Krieges. So steht aktuell im Raum, Transnistrien, das sich von der Republik Moldau abgespalten hat, werde um die Aufnahme in die Russische Föderation bitten – das würde eine neue Angriffsfront öffnen.
Der Spuk in Moskau wird über kurz oder lang enden. Die meisten Menschen in Deutschland begrüßen das und erhoffen sich nun politische Führung beim Aufbau eines besseren Europas. Sie sehen: Für dieses bessere Europa steht und fällt aktuell die Ukraine. Der nationalistische Rechtsruck hat seinen Zenit überschritten. Das ist die gute Nachricht von diesem Wochenende des Invasionsjahrestages, an dem ansonsten Sorgen und Leid im Vordergrund standen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich