Waffenlieferungen an die Ukraine: Nur der begehrte Taurus fehlt
Pünktlich zum Jahrestag plant die Ampel, mehr „weitreichende Waffensysteme“ und „Munition“ zu liefern – und will so Unterstützung signalisieren.
Erst am Dienstag meldete die regionale Militärverwaltung, dass bei einem russischen Drohnenangriff auf die nördliche Region Sumy fünf Menschen starben. Dass die ukrainische Armee mit dem Rücken zur Wand steht, daraus machte Präsident Wolodimir Selenski am vergangenen Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz keinen Hehl – und lobbyierte kräftig bei Nato-Staaten und Verbündeten um weitere Waffenlieferungen. Eine am vergangenen Freitag geschlossene Sicherheitsvereinbarung mit Deutschland beinhaltet eine dauerhafte Unterstützung.
Die Ampelfraktionen wollen am Donnerstag einen Antrag in den Bundestag einbringen, der ein deutliches Signal für die langfristige Unterstützung der Ukraine setzen soll. „Putin führt diesen Krieg für den eigenen Machterhalt und die imperialen Großmachtfantasien seines Regimes“, heißt es in dem Antrag, der der taz vorliegt. Den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP geht es um den Wiederaufbau der Ukraine, um einen potenziellen Nato- und EU-Beitritt, um schärfere Sanktionen gegen Russland.
Aber vor allem geht es um mehr Waffen. Um die territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen in vollem Umfang wiederherzustellen, beinhalte dies die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition, heißt es in dem Antrag. Der Begriff „weitreichende Waffensysteme“ lässt vermuten, dass auch Kriegsgerät nicht ausgeschlossen ist, das nicht nur der Verteidigung dient, sondern auch russisches Territorium treffen könnte.
Doch ein ganz eindeutiges Wort dazu fehlt: der Taurus. Seit Monaten fordert die Ukraine von der Bundesregierung Marschflugkörper dieses Typs zu liefern. Das Kanzleramt blockierte bisher. Zu groß sei die Gefahr, dass das panzerbrechende Kriegsgerät mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern Moskau erreichen könnte.
Grünen-Politiker:innen wie Anton Hofreiter oder Katrin Göring-Eckardt befürworten seit Langem eine solche Lieferung. Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) macht seit Langem Druck, dass der Taurus aus Berlin nach Kyjiw kommt. Unterstützung kommt aus der CDU/CSU-Fraktion. Diese will am Donnerstag einen eigenen Antrag stellen zur militärischen Unterstützung der Ukraine – und fordert darin den Taurus. Wie der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Thorsten Frei am Dienstag sagte, sei es deshalb undenkbar den Antrag der Ampelfraktionen zu unterstützen. Obwohl ansonsten dieser Antrag in vielen Punkten mit dem eigenen Unionsantrag übereinstimme.
FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann kündigte auf X, ehemals Twitter, bereits an, für den Taurus-Antrag zu votieren. Mit diesen weitreichenden Waffensystemen könnten nur Taurus-Marschflugkörper gemeint sein, schreibt sie dort. „Eine namentliche Nennung scheiterte aber an der SPD,“ sagte sie und äußerte damit deutlichen Unmut am Koalitionspartner. Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef, forderte dagegen scharf ein Ende der Debatte über einzelne konkrete Waffenlieferungen an die Ukraine. Vor einem Jahr sei über Leopard-Panzer gesagt worden, sie könnten die Lage auf dem Schlachtfeld entscheidend verändern. Das sei aber nie passiert. Wichtig sei immer die „Gesamtschau“, sagte Mützenich.
Der Antrag der Ampelfraktionen sei kein Antrag, der über Waffensysteme entscheide, sondern der die Situation der Ukraine in den letzten zehn Jahren würdige und was die Bundesregierung an Hilfen gegeben hatte. Wer meine, man könne diesen Krieg alleine mit einem Waffensystem lösen, der irre sich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe