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Migration nach DeutschlandWillkommen in der deutschen Realität

Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist. Das galt für die Gastarbeitergeneration wie für die Geflüchteten nach 2015.

Frühstückspause bei Ford 1980: Gastarbeiter unter sich in der Werkshalle Foto: Guenay Ulutuncok/picture alliance

W enn heute von „Willkommenskultur“ die Rede ist, denkt man unweigerlich an 2015 – an Merkels „Wir schaffen das!“, an Applaus in überfüllten Bahnhöfen, wo Menschen ankommende Geflüchtete mit Teddybären und selbst gemachtem Essen empfingen. Bilder, die zu Ikonen wurden, fast wie Werbeplakate eines neuen Deutschlands.

Doch die Willkommenskultur war selten bedingungslos. Sie zeigte stets ein instrumentelles Verhältnis: Willkommen war fast immer, wer gebraucht wurde – und willkommen blieb nur, wer nützlich erschien. Der Aufstieg der AfD hat diesen Widerspruch nicht geschaffen, aber sichtbar gemacht.

Schon 1955, mitten im Wirtschaftswunder, unterschrieb die Bundesrepublik ihr erstes Anwerbeabkommen mit Italien. Bald folgten Spanien, Griechenland und die Türkei. Und schon damals war klar: Willkommen galt nur unter Vorbehalt. Gebraucht in der Fabrik, benötigt am Fließband – aber eben nur als „Gastarbeiter“. Der Name allein verriet die Haltung: Gäste sollten irgendwann wieder gehen.

1973, in der Ölkrise, stoppte die Regierung die Anwerbung. Doch die Realität hatte sich längst geändert. Die Gastarbeiter blieben, gründeten Familien, schickten ihre Kinder in deutsche Schulen, bauten ein Leben auf. Die Politik aber tat so, als sei ihre Anwesenheit nur vorübergehend. Der türkische Musiker Cem Karaca, der 1979 ins Exil nach Deutschland kam, weil er in seiner Heimat politisch verfolgt wurde, sang dieses Paradox 1984 in einer ARD-Sendung: „Es wurden Arbeiter gerufen, doch es kamen Menschen.“

Flüchtlingssommer 2015

Zehn Jahre Flüchtlingssommer 2015: Die großen Fragen von damals sind die großen Fragen von heute – ganz egal, ob es um Grenzkontrollen, Integration oder die AfD geht. Die taz sucht in einem Sonderprojekt Antworten.

Und so klingt sein Satz bis heute wie ein Echo: Erinnerung daran, dass jedes „Welcome“ mehr meint als eine Lücke im Arbeitsmarkt. Und doch dauerte es Jahrzehnte, bis diese Realität offen anerkannt wurde. Erst 2015 sprach Angela Merkel aus, was längst offensichtlich war: „Wir sind im Grunde genommen schon ein Einwanderungsland.“ Eine Feststellung, schlicht, überfällig – und doch grotesk verspätet.

Schon in den 1980er und frühen 90er Jahren zeigte sich, wohin die Verdrängung führte. Seit 1949 garantierte das Grundgesetz: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Doch als die Zahl der Schutzsuchenden stieg – aus dem Libanon, Kurdistan, Jugoslawien – kippte die Stimmung. Die Umbrüche nach der DDR verschärften die Lage: Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und ein Machtvakuum, in dem rassistische Gewalt offen eskalieren konnte.

Ein Land, das seine Schwächsten nicht schützte

Im August 1992 brannte in Rostock-Lichterhagen das Sonnenblumenhaus, ein Wohnheim für Asyl­be­wer­be­r:in­nen und vietnamesische Vertragsarbeiter:innen. Tagelang belagerten rechte Gruppen das Gebäude, warfen Steine, schleuderten Molotowcocktails. Auf den Balkonen schrien Menschen um ihr Leben, während unten Hunderte An­woh­ne­r:in­nen Beifall klatschten. Die Bilder gingen um die Welt – ein Land, das seine Schwächsten nicht schützte.

Zwar regte sich im Nachgang Protest: Zehntausende gingen bundesweit gegen rechte Gewalt auf die Straße, lokale Initiativen gründeten sich, Nachbarschaften organisierten Solidarität. Doch Rostock war nur der bekannteste Schauplatz einer Gewaltwelle: Hoyerswerda, Mölln, Solingen – Orte, die bis heute für Brandanschläge und Pogrome stehen, für einen Hass, der ganze Straßenzüge elektrisierte.

Der Schock führte nicht zu mehr Schutz, sondern zu weniger Recht. Schon 1993 einigten sich CDU/CSU, SPD und FDP auf den sogenannten Asylkompromiss. Artikel 16, bis dahin der klarste Satz der Nachkriegsverfassung – „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ –, wurde entkernt. Wer über „sichere Drittstaaten“ kam – praktisch jede:r, der Deutschland auf dem Landweg erreichte –, verlor sein Recht auf Asyl. Zugleich definierte man „sichere Herkunftsstaaten“, aus denen Anträge pauschal abgelehnt wurden.

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Willkommen war nun kein offenes Versprechen mehr, sondern ein verschlossener Korridor mit wenigen Durchlässen: erlaubt war, wer unauffällig blieb, sich anpasste – und eben wirtschaftlich nützlich war. Damit verschob sich die Debatte: weg von der Frage, wer überhaupt einreisen darf, hin zu der, wie die bleiben sollen, die schon hier sind. Das Willkommen hatte wieder eine Bedingung: Du darfst bleiben – aber nur, wenn du dich anpasst.

Zu Beginn der 2000er Jahre bekam die Debatte über Zugehörigkeit einen neuen Namen: „Leitkultur“. Ursprünglich hatte der Politikwissenschaftler Bassam Tibi damit ein europäisches Wertefundament gemeint – Demokratie, Menschenrechte, Pluralismus. Doch CDU-Politiker Friedrich Merz, damals Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, machte daraus die Forderung nach einer spezifisch „deutschen Leitkultur“, an der sich Einwanderer zu orientieren hätten. Nach den Anschlägen vom 11. September verschärfte sich der Ton: Integration wurde nicht mehr als wechselseitiger Prozess verstanden, sondern als einseitige Pflicht.

Währenddessen zeigte sich, wie brüchig das deutsche Willkommensnarrativ in Wahrheit immer noch war. Zwischen 2000 und 2007 ermordete die rechtsextreme Terrorgruppe NSU zehn Menschen, fast alle mit Migrationshintergrund. Doch anstatt die Opfer zu schützen und den Terror klar zu benennen, verdächtigten die Ermittlungsbehörden jahrelang die Familien selbst. Willkommen hieß hier nicht Anerkennung, sondern Misstrauen – selbst im Angesicht von Mord.

Für einen Moment schien Willkommenskultur mehr zu sein als ein Schlagwort – sie wurde gelebte Praxis.

Als 2015 schließlich Hunderttausende syrische Geflüchtete nach Deutschland kamen, brach all das hervor, was lange verdrängt worden war. Auf der einen Seite eine beeindruckende Bewegung: Die Zivilgesellschaft gründete Vereine, schuf Netzwerke, organisierte Sprachkurse, Wohnraum, Hilfe im Alltag. Politik und Verwaltung hinkten oft hinterher, während Bahnhöfe zu Symbolen einer spontanen Solidarität wurden, die weltweit Aufsehen erregte. Für einen Moment schien Willkommenskultur mehr zu sein als ein Schlagwort – sie wurde gelebte Praxis.

Doch die Euphorie der einen konnte die Ressentiments der anderen nicht in Luft auflösen. Die Silvesternacht 2015/16 in Köln, mit Berichten über Übergriffe und der Formel „Ihr belästigt unsere Frauen“, wurde zum Kristallisationspunkt der neuen rechten Verachtung gegenüber Geflüchteten und Angela Merkels „Wir schaffen das“-Politik.

Plötzlich verschob sich die Perspektive: Aus Schutzbedürftigen wurden Bedrohungen, aus Geflüchteten Täter. Die AfD griff die Ängste auf, forderte Grenzschließungen und Obergrenzen und wuchs von einer kleinen Anti-Euro-Partei zur dominanten Stimme der neuen Rechten. Der Straßenrand mit johlenden Randalierern war zum Parlamentsplatz geworden. Willkommen hieß jetzt: Willkommen in einer Debatte, die das Wort in sein Gegenteil verkehrte.

Auch die Willkommenskultur blieb ambivalent. Aus der Welle der Solidarität wurde mancherorts geradezu ein Hype, bei dem es darum zu gehen schien, sich für das eigene Engagement für und Interesse an Geflüchteten auf die Schulter zu klopfen. Heute kaum vorstellbar, war in links-liberalen und sogar liberal-konservativen Kreisen alles, was mit „refugees“ zu tun hatte, gefragt. Museen inszenierten Ausstellungen mit „syrischer Kunst“, Literaturhäuser starteten Reihen mit „Flüchtlingsliteratur“, Klubs luden „Refugee-Rockbands“ ein und Oriental Techno durfte bei keiner guten Party mehr fehlen.

Was erst einmal nach einer netten Umarmung neuer Kultur klang, hatte auch Schattenseiten. Ak­ti­vis­t:in­nen wie Mariana Karkoutly erinnern sich daran, dass sich das Rampenlicht fast ausschließlich auf Sy­re­r:in­nen richtete, während viele andere Geflüchtete unsichtbar blieben. Künstler wie Anas Maghrebi berichteten, dass der Applaus nicht ihrer Musik galt, sondern ihrer Rolle als „Flüchtlingsband“.

Der syrisch-palästinensische Dichter Ramy al-Asheq beklagte, dass er nicht einfach Literatur machen durfte, sondern Erwartungen bedienen musste: Krieg, Flucht vor dem Assad-Regime, Trauma – genau das, was das deutsche Publikum hören wollte. Solidarität verwandelte sich so in Selbst­inszenierung, ein Spiegel, in dem Deutschland sich selbst gefiel.

Solidarität erwies sich als Stimmung, nicht als Haltung

Die Willkommenskultur brachte einen „neuen deutschen Orientalismus“ hervor, der aus Geflüchteten eine Projektionsfläche machte: romantisiert als „authentische Stimme aus dem Krieg“ oder „bereichernde Exotik“, reduziert zu hilflosen Opfern, die erst durch deutsche Hilfe sichtbar und handlungsfähig würden. Die beiden Extreme der damaligen Zeit – das Fetischisieren von Geflüchteten durch Anhänger der Willkommenskultur und die rassistische Abwertung durch ihre Gegner – können durchaus als zwei Seiten einer Medaille verstanden werden. Für beide Seiten dienten Geflüchtete als identitätsstiftende „andere“.

Als das Thema Syrien medial in den Hintergrund rückte, nahm auch langsam der Willkommenskultur-Hype ab und mit ihm die Solidarität. Im Januar 2021 hob der damalige Innenminister Horst Seehofer den Abschiebestopp für Syrien auf. Zur Demonstration dagegen in Berlin tauchten nicht mehr als 50 Menschen auf – etwa die Hälfte von ihnen waren Syrer:innen.

Gerade hier zeigt sich die Brüchigkeit der deutschen Willkommenskultur. Solidarität erwies sich als Stimmung, nicht als Haltung – und verschwand, sobald der öffentliche Blick weiterzog. Das „andere Deutschland“ der Hilfsbereitschaft mag sichtbar bleiben, doch es ändert nichts an der Grundlogik: Willkommen ist in Deutschland fast nie eine Haltung, sondern ein Vorbehalt. Darin liegt die eigentliche Konstante der deutschen Willkommenskultur: kein Versprechen, sondern ein Vertrag auf Zeit.

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Pauline Jäckels
Meinungsredakteurin
Redakteurin im Meinungsressort seit April 2025. Zuvor zuständig für die parlamentarische Berichterstattung und die Linkspartei beim nd. Legt sich in der Bundespressekonferenz gerne mit Regierungssprecher:innen an – und stellt manchmal auch nette Fragen. Studierte Politikwissenschaft im Bachelor und Internationale Beziehungen im Master in Berlin und London.
Derya Türkmen
Ist seit Oktober 2023 bei der taz, schreibt am liebsten über Gesellschaftthemen, Filmpolitik, Migration und die türkische Diaspora in Deutschland. Hat TV- und Filmproduktion in Hamburg, Angewandte Medien in Mittweida studiert, sowie Asian Cinema und TV-Broadcast in Ayr/Schottland.
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52 Kommentare

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  • Leider völlig richtig beobachtet von den Autorinnen, die Menschenfreunde sind in Deutschland nicht zu Hause. Was angesichts der Geschichte der Deutschen ja an sich völlig irrsinnig ist, es war in den Jahrhunderten seit den Römern schon so ziemlich jeder mal hier, so hat man dieses Deutschsein, diese eigentlich leere Hülle, die wirklich nur die Sprache als einziges erkennbares Gemeinsames hat, komplett aufgeladen und meist aggressiv, im Dagegen, in der Abgrenzung, gedeutet.



    Geduldet war, wer den Eingesessenen einen (materiellen) Vorteil verschafft hat, Arbeiten verrichtet, die notwendig waren, die aber kaum jemand machen wollte, der in die Systeme eingezahlt hat, wer sogar reich war und Arbeitsplätze geschaffen hat. Die Duldung war jedoch immer jederzeit reversibel, die Schwachen, nicht „Nützlichen“ haben schnell die Ablehnung und den Hass zu spüren bekommen.



    Nicht dass es anderswo deutlich besser wäre, zeigt es aber doch einmal mehr, dass die Lektion des Dritten Reiches, den Wert des einzelnen an sich zu schätzen, nicht gelernt wurde. Nur so ist die Stärke der AfD heutzutage erklärbar.

  • Warum wird hier nicht der Islam erwähnt, eine der größten Hürden in der Integration ? Dadurch ist auch früher und jetzt schlecht vergleichbar, da sich der Islam in den letzten 45 Jahren, seit der Machtübernahme Khomeinis im Iran, um (gefühlt) 500 Jahre zurückentwickelt hat. Die Gesetze und Auslegungen des Islam stehen ja häufig im direkten Gegensatz zu unseren Vorstellungen was z.B. Frauen, Minderheiten, Sexuelle Orientierung, betreffen. Hier steht nicht Deutschland in der Bringschuld, sondern die Personen die bei uns leben wollen.

  • "Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist"



    Ja, und? Das sind doch völlig legitime Forderungen an Migranten, nicht nur in Deutschland!

  • Dass das nichts mit der Staatsbürgerschaft zu tun hat, sieht man an der aktuellen Bürgergeld-Debatte; es geht um reich gegen arm, Geber gegen Empfänger

  • Willkommenskultur und “wir schaffen das” waren Mantras für die Deutschen, nicht für die migrant:innen. Das waren Durchhalteparolen, weil das, was Anstand, so oder so schon als Zumutung gesehen wurde.

    Nur: was daran ist eigentlich spezifisch deutsch oder westlich?

  • Wenn ich nach Italien ziehe, aber nie italienisch lerne, stets deutsch spreche, deutsche Freunde habe, deutsches Essen esse, und nicht arbeite - dann kann ich natürlich erwarten, dass mich die Italiener mich mit der normalen Höflichkeit und dem jedem Menschen gebührenden Respekt behandeln, aber wohl kaum, dass sie mich als Italiener betrachten.

    • @Suryo:

      "Wenn ich nach Italien ziehe, aber nie italienisch lerne, stets deutsch spreche, deutsche Freunde habe, deutsches Essen esse, und nicht arbeite"



      Ich würde mir die Frage stellen, was Sie dann eigentlich in Italien wollen, was Ihre Erwartungen wären?

    • @Suryo:

      "aber wohl kaum, dass sie mich als Italiener betrachten"

      Warum sollten sie auch? Ich habe zudem noch nie einen Briten, Polen, Türken oder Iraner getroffen, der Wert darauf legt als Deutscher betrachtet zu werden.

      Die kulturelle Identität legt man nicht einfach ab bei einem Standortwechsel. Es ist zudem die Frage, wie aufgeschlossen die einheimische Gesellschaft gegenüber den Fremden ist. Oder glauben sie etwa die persische oder syrische Kultur hätte den Deutschen nichts anzubieten?

      Das wäre eine Arroganz die sich Deutschland nicht leisten sollte, da könnte ich dann genauso gut aus meiner skandinavischen Perspektive argumentieren, dass die Deutschen in gesellschaftlichen Fragen in vielen Bereichen rückständig sind.

      Und gerade im Land der Singlehaushalte können sich deutsche von Syrern, Türken, Iranern einiges abschauen im Sinne von Familien- und Gemeinschaftssinn.

      Wer schlau ist lernt voneinander und versucht nicht die andere Seite in ein Korsett zu pressen. Unter Anpassung verstehe ich die gesellschaftlichen Regeln und Sitten zu beachten und den einheimischen Lebensstil der Menschen zu respektieren. Das war es dann aber auch schon.

      • @Sam Spade:

        Was hat das deutsch sein, denn mit dem kulturellen Hintergrund zu tun?



        Jeder kann seinen Gepflogenheiten nachgehen und deutscher sein.



        Vielleicht ist das in Norwegen anders, den meisten in Deutschland ist wichtig das man deutsch spricht und etwas zur Gesellschaft beiträgt.

      • @Sam Spade:

        Es geht hier ja nicht darum, dass ich mich assimiliere, sondern darum, dass ich alles tue bzw. nicht tue, um zu signalisieren, dass ich nicht dazugehöre.

    • @Suryo:

      Ah klar, und wenn du jetzt noch deine Ahnenurkunde zeigst, wirst du bestimmt sofort als ‚richtiger Italiener‘ anerkannt – sonst leider nur ein Tourist im Dauerabo. Willkommen in der Welt, wo Zugehörigkeit von Geburt, Essgewohnheiten und Sprachakzent abhängt – absolut modern und überhaupt nicht völkisch!

      Integration ist aber kein völkisches Auswahlverfahren, sondern ein wechselseitiger Prozess, der Teilhabe, Respekt und rechtliche Gleichstellung einschließt.

      • @Ice-T:

        Was hat das denn mit völkischem Denken zu tun?

        Denn umgekehrt kann ja sehr wohl ein Italiener werden, wer Italienisch lernt, arbeitet, und sich eben auch sonst einbringt. Es mag natürlich immer noch einige Idioten geben, die einen nie als einen betrachten werden, aber auch genug, die es tun werden.

        Aber auch der „unvölkischste“ wird’s halt nicht tun, wenn ich (!) mit meinem ganzen Verhalten signalisiere, dass ich nicht dazugehöre.

  • Ein wichtiger Artikel.

    Er enthält keine neue Erkenntnis.

    Er behandelt aber Punkte, bei denen sich in der Diskussion um Migration gerne in die eigene Tasche gelogen wird.

    Bereits 2011 gab es einen spannenden Artikel in der Monde diplomatique, der belegte, dass eine hohe Erwartung an Anpassung in der Geschichte typisch für die westeuropäischen Gesellschaften ist

    Anpassung heißt ganz klar Assimilation.

    Das ist die Kehrseite der besonders guten sozialen Unterstützung.

    Das Gegenstück im Artikel ist Südrussland, wo Einwanderer einfach eigene Siedlungen gründeten.

    Das typisch westeuropäische Denken findet sich bei Rechten wie bei Linken.

    Alle halten es für selbstverständlich, dass Einwanderer Deutsch lernen, sich mit anderen anfreunden und ihre Töchter deutsche Männer heiraten lassen.

    Dabei ist das in vielen multikulturellen Ländern völlig unüblich.

    Unfair ist, dass das niemand den Einwanderern vorher sagt.

    • @rero:

      Warum brauchen sich Ihrer Meinung nach Flüchtende nicht selbst zu informieren, was sie im Land ihrer Wahl eigentlich erwartet oder von ihnen erwartet wird?



      Und. Dürfen tatsächlich IHRE Gäste alles und erwarten Sie keinerlei Gegenleistung dafür? Nicht einmal, dass diese Ihr Zuhause nach einer gewissen Zeit wieder verlassen und sich dann wieder selbst versorgen. Wie viele solcher Gäste könnten Sie wie lange unterbringen?



      Nicht zuletzt. Von welchen multikulturellen Länder reden Sie?

    • @rero:

      Die Landessprache zu beherrschen, in den Arbeitsmarkt eingegliedert und tagtäglich als Teil einer heterogenen Gesellschaft zu leben ist denke ich etwas, das die meisten Menschen, ob hier oder woanders geboren, für eine gesellschaftliche Teilhabe und ein glückliches Leben als wichtig und erstrebenswert erachten. Für die Gesellschaft sehe ich auch ein berechtigtes Interesse darin, der Entstehung geschlossener Siedlungen/Millieus kritisch gegenüberzustehen. Daraus lässt sich aber weder eine einseitige Bringschuld der Zugewanderten ableiten, noch eine Bedingung für die Gewährung von Asyl. Ich habe den Eindruck viele zugewanderte Menschen haben ebenfalls eine Erwartung: ein selbstbestimmtes Leben als Teil der Gesellschaft führen zu können - und sehen sich dabei sehr großen Hürden gegenüber. Den größten Shift sehe ich in der Verschiebung von Verantwortung.

      Ein Symptom: Bildungswesen. Einzelne Schulen und Lehrer:innen sehen sich mit der Bildung überproportional vieler DAZ-Kindern betraut. Als Problemursache wird die Zahl der Kinder ausgemacht, was den Staat von seiner Aufgabe entbindet und implizit das Aufenthaltsrecht der Kinder in Frage stellt.

      • @drum:

        Damit repräsentieren Sie die klassische westeuropäische Position.

        Ich persönlich teile sie natürlich auch.

        Nichtsdestotrotz ist aber bereits die Idee einer Landessprache, die man unbedingt beherrschen soll, Teil dessen.

        In traditionellen multikulturellen Staaten ist das in dieser umfassenden Form oft nicht der Fall

        Es gab syrische Flüchtlinge, die kein Arabisch konnten.

        In Rumänien gibt es ethnische Ungarn, die kein Rumänisch können. Ein Freund von mir kann sich mit der Oma seiner Frau deshalb nicht unterhalten.

        Klassische multikulturelle Staaten haben oft quasi mehrere Gesellschaften.

        Jede Ethnie macht ihr eigenes Ding.

        Das kann man ebenfalls als selbstbestimmtes Leben verstehen.

        Mir geht es darum, dass man diese Erwartungshaltung der Gesellschaft gegenüber Migranten transparent machen sollte.

        Die Autorin framet Anpassung als etwas Negatives.

        Es ist völlig legitim, dass so zu sehen.

        Erdoğan sagte mal noch deutlicher, Assimilation sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

        Kann so sehen.

        Nur wird man dann hier nicht glücklich.

        • @rero:

          Danke für die interessante Perspektive, da werde ich einmal versuchen mich schlauer zu machen.

    • @rero:

      "Diskussion um Migration gerne in die eigene Tasche gelogen wird." So weit bin ich bei Ihnen.

      "Alle halten es für selbstverständlich, dass Einwanderer Deutsch lernen, sich mit anderen anfreunden und ihre Töchter deutsche Männer heiraten lassen."

      Wenn es mal so wäre.

      Viele migrationsfreundliche Linke nehmen den Ethnozentrismus rechter Migranten für sich an und unterstützen separatistische (quasi-kolonialistische) Haltungen in den Communitys.



      Gerne wurde hier in der taz das anmaßende Gebaren deutscher Urlauber auf Mallorca kritisiert. Gegenüber dem analogen Verhalten mancher Einwanderer hier scheint es gänzlich andere Maßstäbe zu geben.

      Übrigens: Die Bereitschaft zu "ertragen" dass die eigenen Töchter Männer anderer ethnischer Herkunft heiraten, ist einer der besten Indikatoren für die Toleranz einer Gesellschaft.

      • @Chris McZott:

        Was Sie wahrnehmen, sehe ich auch.

        Mein Eindruck:



        Auch migrationsfreundliche Linke teilen grundsätzlich diese Position.

        Sie sind nur auf dem migrantischen Auge blind.

        Wir sind da wieder beim In-dir-eigene-Tasche-Lügen.

        Linke, die unbedingt die AfD als Faschisten bekämpfen wollen, vertreten gegenüber der Ditib die Meinung "Leben und leben lassen". Erdoğan ist da, wo die AfD gerne hinkommen möchte.

      • @Chris McZott:

        Richtig.

        Es ist ja auch nicht so, als seien Migranten immer nur arm und benachteiligt. Ich kenne ein Paar, sie aus den USA, er aus Frankreich, das vor 15 Jahren in ein skandinavisches Land gezogen ist. Beide verdienen gut. Sie hat die Landessprache gelernt und inzwischen die Staatsbürgerschaft angenommen. Ihre autochthonen Freunde und Bekannten akzeptieren sie als eine von ihnen. Er dagegen zeigt bis heute null Interesse daran, mehr als die absolut notwendigen Phrasen zu benutzen und verlässt sich auf die guten Englischkenntnisse der Einheimischen. Für alle ist er natürlich immer noch der Franzose und selbstverständlich wird auch in dem einheimischen Freundeskreis, allesamt gut gebildete und verdienende Leute, darüber gelästert, dass er offensichtlich null Anstrengungen unternimmt, um



        Teil der Gesellschaft, in der er ja nun mal schon lange lebt, zu werden. Es wird als unhöflich empfunden, dass er sich halt nicht mal bemüht.

        Und warum auch nicht?

  • "Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist. Das galt für die Gastarbeitergeneration wie für die Geflüchteten nach 2015."

    Das mag sein. Nur war die Anwerbung von "Gastarbeitern" vor 60 Jahren immerhin eine gelungene geordnete Immigration im Gegensatz zur Migration, die wir aktuell haben.

    Was sich verbessetrt hat ist das Wording. Was sich verschlechtert hat ist die Politik. Es gibt keinen geordneten Zuzug, nahezu jeder kann kommen sofern er es überhaupt schafft und die Wege verlaufen oft tödlich . Nützlichkeitsaspekte spielen aber keine Rolle.

    Konzepte die etwas dagegen unternehmen und eine geordnete Migration propagieren (wie z.B. Australien) werden als rechts verschrien.

    • @Rudolf Fissner:

      Konzepte einer "geordneten Migration" sind ständig Thema. Auffällig oft wird dabei darauf verwiesen, dass das erst kommen könne, wenn es keine illegale Migration mehr gäbe. Aber das ist unlogisch. Man muss nicht zuerst Fluchtrouten schließen, wenn man alternativ Geflüchtete in anderen Ländern direkt überprüfen und Asyl oder Arbeitsvisa gewähren möchte. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Bis zu dem Zeitpunkt wo das funktioniert (wann auch immer der da ist) wäre der Zustand: kein Asyl, für niemanden. Wenn wir es dann so "machen wie Australien" reduzieren wir die Zahl um ca. 88%. Besser für die 12% aber schlechter für 88%. -> Vergleich 2024 aufgenommene Asylsuchende Austr. (13.750) & D. (329.120); in Relation zur Bevölkerung

      • @drum:

        Das derzeitige Problem ist aber die totale Überlastung der beteiligten Mitarbeiter in allen Bereichen. Wenn die wieder genug Zeit haben, sich um die Anträge so zu kümmern, dass sie in angemessener Zeit gut bearbeitet werden, kann die legale Einwanderung wieder vernünftig gestaltet werden.



        Mein Friseur hat vor 1 Jahr einen Einbürgerungsantrag gestellt, erfüllt alle Voraussetzungen - und nichts gehört, wirklich gar nichts, außer dass der Antrag eingegangen ist (und das auf Nachfrage).

  • Was mich an dem Artikel stört ist die fehlende Differenzierung, also das, was umgekehrt vielen Rechten (den rechtsextremen zu recht) vorgeworfen wird. Die Zuwanderer werden als Einheit betrachtet, die entweder willkommen oder nicht willkommen sind - ebenso hat natürlich die Mehrheitgesellschaft auch die gleichen Ansichten (außer kurz 2015, wo zugestanden wird, dass es 2 Gruppen gab).

    Sätze wie: "Aus Schutzbedürftigen wurden Bedrohungen, aus Geflüchteten Täter" missachten beide Seiten. Die allermeisten Bewohner Deutschlands (unabhängig von der Nationalität" sahen nicht alle neu eingetroffenen erst als "Schutzbedürftig" und später als "Bedrohung" an, sondern am Anfang hatte man die Hoffnung, vielen Menschen Schutz bieten können (aber lauter einzelnen Menschen) und später hat man erkannt, dass darunter auch "Täter" sind, die man lieber nicht im Land haben möchte.

  • Was ist denn ungewöhnlich daran, dass man von einem neuen Mitglied in der Gruppe gewisse Anpassungen und einen Mehrwert erwartet? Anpassung heißt nicht Assimilierung, wobei auch die per se nichts schlechtes ist, wenn sie aus freiem Antrieb erfolgt. Und ein Mensch kann verschiedene Arten von Mehrwert für die Gesellschaft haben.

    Was wäre denn die Alternative? Jemand kommt nach Deutschland, bleibt aber Syrer, spricht arabisch, lernt nie deutsch, lebt wie in Syrien und muss nicht mal versuchen, sich in die deutsche Gesellschaft einzufügen?

    Wem bringt das was? Am allerwenigsten wohl dem Ankommenden selbst.

  • Mir erschliesst sich in keiner Weise, was an der Forderung, sich als zuziehende Person bitte auch an die Gegebenheiten und grundlegende soziale und gesetzliche Normen anzupassen, verwerflich sein soll.



    Ohne diese Anpassung kann ein friedliches und zivilisiertes Zusammenleben nicht funktionieren. Im Übrigen ist es eine absolut normale Forderung überall, wo Menschen wohnen - im Kleinen, wie im Großen.



    Als jemand, der in mehreren Ländern gelebt hat, war es selbstverständlich, mich einzufügen und den landestypischen Gewohnheiten anzupassen - allein schon aus Respekt denjenigen gegenüber, die es mir ermöglicht haben, Teil ihrer Gesellschaft zu sein…

    • @Heideblüte:

      Ihren Aussagen kann ich nur zustimmen.



      Als ich damals mit meiner Frau und den Kindern in ihre Heimat Russland zog, war es selbstverständlich, das ab dann auch zu Hause (wenn es vom Wortschatz bereits möglich war) nur russisch gesprochen wurde. in der Öffentlichkeit sowieso. Keine Extrawürste. Die Kinder gingen selbstverständlich in einen russischen Kindergarten und in die russische Schule, auch wenn es in der Nähe die deutsche Schule Moskau gab. Und gefeiert wurden zusätzlich zum deutschen Weihnachten auch alle russischen Feiertage. Und das ist mein bis heute gültiges Bild von Integration, was ich auch durch die eigenen Erfahrungen auch von Flüchtlingen/Einwanderern hier in Deutschland erwarte.

      • @Oleg Fedotov:

        Sie haben auch zu Hause nur Russisch gesprochen?



        Warum?



        Berauben Sie die Kinder nicht um einen Teil ihrer Identität? Ist es für Kinder nicht besser und leichter mehrsprachig aufzuwachsen?

  • "Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist. Das galt für die Gastarbeitergeneration wie für die Geflüchteten nach 2015."



    Nicht nur für diese Menschen?



    Das galt und gilt ziemlich überwiegend und allgemein (nicht nur) in dieser Gesellschaft. Die Wirkung der schieren Anzahl der Hinzugekommenen macht das grundsätzliche Problem deutlich.



    Zitate bez. Deutschland aus diversen Quellen:



    "Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Menschen erleben häufiger Diskriminierung"



    "In Deutschland waren die Werte überdurchschnittlich hoch"



    "Rassismus erhöht Armutsrisiko"



    "Schwarze Menschen, Asiaten und Muslime sind in Deutschland häufiger von Armut betroffen als andere Menschen. Laut einer Untersuchung gilt das auch dann, wenn sie gut ausgebildet und erwerbstätig sind."

    Die Fähigkeit, mit Hinzukommenden eine altive Integration zu entwickeln, halte ich für abhängig von der Umgangsweise unter den Schonhiergewesenen selbst.



    Die aggressive Abwertung der Hilfbereitschaft wurde politisch gezielt befeuert. Nicht dass im Zuge der Hilfe für Hinzukommende tatsächliche Solidarität auch zwischen den Hiesigen sich besser entwickelte .... ?

  • Die Forderung nach Anpassung und Nützlichkeit sind doch global betrachtet ganz normale Kriterien.

    Wenn ich als Deutscher ins Ausland fahre bin ich gerne gesehen, solange ich Geld da lasse oder meine Arbeitskraft einbringe. Auch gewisse Anpassungen werden ja nach Zielland stets erwartet. Selbst meine passrechtliche Nonbinärität kann schon Probleme verursachen. Das ist also keine typisch deutsche Realität.

    Die Gegenfrage ist doch eher, welchen Vorteil uns Migration von unnützen (Anm. ich übernehme widerstrebend die Wortwahl der Autoren) und unangepassten Menschen bringen sollte. Das passt nicht zum Sozialsystem, verursacht hohe Kosten, bringt uns Armut und verschäft die Probleme auf dem Wohnungsmarkt und im Bildungsbereich.

  • Tatsache ist, dass zB in Spanien die Integration/Assimilation von Millionen Migranten in erster Linie deswegen sehr gut klappt, weil es sich größtenteils um Lateinamerikaner handelt, die natürlich schon mal keine Sprachkurse brauchen und problemlos in den Arbeitsmarkt aufgenommen werden können.

  • Anpassung und Nützlichkeit ist wohl auch in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich definiert.



    Erwartungen und Probleme auf beiden Seiten beeinflussen zusätzlich. Es braucht eine ehrliche Debatte.



    Beide Seiten müssen sich selbst ehrlich reflektieren. Da hat allerdings die Aufnahmegesellschaft auch noch Defizite. Unser Wirtschaftssystem als Problemerzeuger wird noch zuwenig thematisiert, daran haben auch weite Kreise kein Interesse.

  • Danke für diesen großartigen Artikel, der die Ambivalenz der deutschen "Willkommenskultur" zutreffend beschreibt.



    Dass die Beifall klatschenden Menschentrauben an den Bahnhöfen kaum mehr als ein Strohfeuer sein würden, war erwartbar. Ähnliches konnten wir bei den von den Balkonen herunter Klatschenden während der Coronakrise und auch zu Beginn des Ukrainekriegs beobachten. Da ist viel Sentimentalität und Selbstbeweihräucherung mit im Spiel.



    Es gab und gibt tausende Menschen, die außerhalb des Rampenlichts täglich Geflüchtete unterstützten und bis heute unterstützen. Und es gibt Paternalismus und Sendungsbewusstsein in ihren Reihen. Das ist nichts Ungewöhnliches und findet sich überall, wo Leute ehrenamtlich tätig sind.



    Was der gewandelte Blick auf Geflüchtete und Migranten aber auch beweist, ist, wie sehr die Stimmung in der Bevölkerung von Politikern und Medien beeinflusst wird, also ob dort eine positive oder eine negative Erzählung dominierend ist. Wenn Politiker von Migration als "Mutter aller Probleme" sprechen oder Medien eine "Asylantenflut" beschwören, anstatt das Leid der Menschen und die Notwendigkeit zu helfen in den Vordergrund zu rücken, dann haben sie versagt.

  • "Doch die Willkommenskultur war selten bedingungslos. Sie zeigte stets ein instrumentelles Verhältnis: Willkommen war fast immer, wer gebraucht wurde – und willkommen blieb nur, wer nützlich erschien."



    Das klingt wie ein Vorwurf, aber was bitte ist daran falsch?



    Natürlich möchte man nur behalten, wer einen Mehrwert schafft und natürlich möchte man nur behalten, wer sich integriert.



    Von den eigenen Bürger erwarten wir das ja auch.



    Wenn ich Gäste empfange und die Gäste zerlegen mir das Interior oder bedrohen andere Gäste oder fallen anderweitig negativ auf, dann verweise ich die auch meines Hauses.



    Da käme doch auch keiner auf die Idee, das als mangelnde Willkommenskultur zu bewerten.



    Wo auf der Welt wird das anders gehandhabt? Wo auf der Welt wird die eigene Kultur nicht vorrangig gegenüber Gastkulturen behandelt?



    Wenn ich im Urlaub bin, achte ich selbstverständlich die Gepflogenheiten des Urlaubslandes. In islamischen Ländern kann ich mich nicht nackt wie an der Ostsee an den Strand legen.



    Wenn ich irgendwo zu Gast bin passe ich mich an. Das zu verlangen ist nicht rassistisch übergreifend, dass ist gute Kinderstube und Grundvoraussetzung menschlichen Miteinanders.

    • @Saskia Brehn:

      Dieser Kommentar.... ist bin neidisch.



      Gut, überlegt und so realistisch die Problematik erklärt/erläutert.

    • @Saskia Brehn:

      Die Leute sind ja nicht zu Gast und Deutschland gehört nicht den Deutschen.

      • @Axotono:

        Die Leute sind nicht zu Gast? Was sind sie dann? Aber eigentlich haben Sie recht, denn Gäste lädt man ein, die kommen nicht ungefragt in Ihre Wohnung. Und von Gästen kann man sehr wohl erwarten, dass sie sich an die Gesetze, Werte und Regeln des Gastgebers halten. Was ist daran so schwer zu verstehen?

      • @Axotono:

        Ach - wem gehört es denn?

      • @Axotono:

        Meine Wohnung, für die ich arbeite und zahle, gehört auch nicht mir und trotzdem haben Gäste/zugezogene Mitbewohner sich zu benehmen.

    • @Saskia Brehn:

      Genau das habe ich auch gedacht. Wenn ich irgendwo hin komme und dort länger bleibe, muss ich mich integrieren. Das heißt nicht, dass man seine Identität verleugnen muss, aber man kann halt auch nicht alles so handhaben wie in der eigenen Kultur. Und ein erster ungemein wichtiger Schritt ist das Erlernen der Landessprache. Ohne die wird Integration kaum gelingen. Dazu müssen aber natürlich auch die Voraussetzungen gegeben sein (Sprachkurse, etc - denn Flüchtlinge können sich im Gegensatz zu Auswanderern nicht vorbereiten). Das würde ich an mich genauso als Anforderung stellen, wenn ich auswandern würde.

    • @Saskia Brehn:

      Sehr richtig, Sie sparen mir einen eigenen Beitrag. Das komplette Ausländerrecht (vermutlich aller Länder) beruht auf dem Gedanken, dass man sich in dem Land eingliedert, in das man einwandert. Solange es noch Ländergrenzen gibt, darf ein Land den Zuzug regeln und natürlich nimmt man lieber Leute auf, die keinen Ärger machen als solche, die nur Konflikte verursachen, im schlimmsten Falle Kriminalität - oder sie führen Konflikte fort aus der früheren Heimat wie Türken und Kurden. Das ist natürlich nicht willkommen, was soll daran kritikwürdig sein?

  • "Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist."

    Den Satz würde ich so nicht unterstreichen. Der Kulturkreis entscheidet, nicht nur hierzulande, über die Akzeptanz in der Gesellschaft. Ist dieser zu weit vom christlichen Abendland entfernt, dann bedarf es der Anpassung oder zumindest eines gewissen Status um anerkannt zu werden.

    Das gilt aber auch lediglich für die Breite der Gesellschaft. Deutschland ist aufgrund seiner Größe in der beneidenswerten Lage, dass die meisten Großstädte über Quartiere verfügen in denen die Herkunft nicht von Bedeutung ist.

    Über diesen Luxus verfügen kleinere Länder oftmals nicht. In Norwegen z.B. bleibt Ausländern fernab der drei Metropolregionen gar keine andere Wahl als sich anzupassen. Das diese Art der Integration immer als positiv angesehen wird, wage ich doch zu bezweifeln, denn es geht bei derartigen Prozessen dann auch immer ein Stück der kulturellen Identität verloren.

    Und gerade diese kulturelle Vielfalt machte für mich immer den Reiz an Deutschland aus. Gleich unter gleichen im ethnischen Sinn zu sein sehe ich eher als Beschränkung an und halte es persönlich für wenig erstrebenswert.

    • @Sam Spade:

      Kulturelle Vielfalt und Identität heißt aber nicht alles in einer Fremdsprache in Märkten anzubieten. So etwas sorgt nämlich zu Abneigungen.



      Zu Ihrem gleich unter gleichen… dann ist doch Norwegen weiter, wenn man außerhalb der Städte zu Kontakt „gedrängt“ wird

  • Ich glaube, keine wie auch immer geartete Gemeinschaft kann eine größere Zahl an Menschen aufnehmen, die nicht bereit ist sich zumindest grundlegend anzupassen. Nirgendwo funktioniert das. Weder in einer Wg, noch in der taz Redaktion und in einem komplexen Gebilde wie einem Staat schon mal gar nicht.



    Man sollte ätzende Begriffe wie "Leitkultur" gar keinen Raum geben, wenns drum geht, dass es keine Parallelgesellschaften geben darf, in denen Werte und Regeln keine Rolle spielen.



    Wenn man durchaus gerechtfertigte Forderungen nach Anerkennung einer regelbasierten Ordnung automatisch mit dem Leitkultur-Gelaber der Rechten verknüpft, dann betreibt man genau genommen die gleiche Pauschalisierung von Migration und schadet somit dem absoluten Großteil von Migranten, die selbstverständlich bereit sind sich ihrem neuen Umfeld anzupassen.

  • "Gern gesehen hierzulande war immer nur, wer sich anpasst und nützlich ist."



    Da kann man das "hierzulande" gerne streichen. Denn das gilt für alle Gruppen, inkl. Gesellschaften in Staatsgebilden. Das heisst nicht, dass Migranten nicht bereichernd sind. Nur Parallelgruppen - gesellschaften werden nicht zu einer Gemeinschaft führen. Und je größer die Differenz, desto schwieriger.

    "Die Silvesternacht 2015/16 in Köln, mit Berichten über Übergriffe und der Formel „Ihr belästigt unsere Frauen“, wurde zum Kristallisationspunkt der neuen rechten Verachtung ..."



    Diese Relativierung ist aber kaum zu ertragen. Sind die Berichte dei Ursache? Zur Zeit wird diskutiert, ob Catcalling Straftatbestand wird. Damals gab es deutlich mehr sexuelle Gewalt in einer Nacht, die zu frohen Feiern einlädt. Die Übertragung auf alle Migranten und alle Frauen ist zu kritisieren. Aber Frauen aus der Nacht werden heute noch daran zu tragen haben.

  • Das die gern gesehen sind die nützlich sind, ist kein deutsches Phänomen sondern ein Menschliches. Jedes Land nimmt die die nützlich sind gerne, und andere nicht so gerne. Das gilt auch nicht nur für Länder sondern auch für so ziemlich jede Art von Verein, jede Firma, sogar jeder Familie und etwas komplizierter sogar für Sportvereine die explizit jeden aufnehmen und dafür stehen. Denn bei diesen Vereinen geht es um Menschlichkeit, also ist jeder der kommt nützlich, es belegt den Sinn der jeweiligen Vereine. Und auch bei Familien die Kinder adoptieren gilt das, denn die Erwachsenen machen das üblicherweise weil sie sich nach einem Kind sehnen, also ist es nützlich.



    Das ist eine Konstante des Lebens, was für einen Sinn hat es, das als negativ darzustellen?

  • Fortsetzung: Viele Gastarbeiter:innen wurden also (wie etwa nach dem Zweiten Weltkrieg ein kleiner Teil der "Displaced Persons, und später auch politische Flüchtlinge und Exilant:innen) zu Immigranten wider Willen.



    Das Zitat von Cem Karaka stammt übrigens ursprünglich vom schweizerischen Schriftsteller Max Frisch und lautet in seiner ursprünglichen Fassung von 1965: "Wir riefen Arbeitskräfte,und es kamen Menschen." Das hätten die Autorinnen nicht unterschlagen müssen.



    Heute sind wir in der Situation, dass wir Einwanderung dringend brauchen, und es wäre naiv, zu glauben, dass hochqualifiziertes Fachpersonal aus aller Welt sich darum reißt, nach Deutschland zu kommen - kennt irgendjemand einen um die Jahrtausendwende angeworbenen "Computer-Inder"? Willkommenskultur - eindeutig ja, allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung, und das nicht nur für bereits ausgebildete Fachkräfte, sondern auch für die, die wir hier ausbilden müssen. Allen Schwarzseher:innen sei nochmal gesagt: Wir schaffen das - wenn wir es denn wirklich wollen!

    • @Volker Scheunert:

      Die, die kommen, müssen dann aber auch bereit sein, sich ausbilden lassen zu wollen und dann auch wirklich Arbeit annehmen zu wollen. Wenn sie sich dann noch an die geltenden Regeln, Gesetze und Werte halten, dann sollte es keine Probleme geben, aber leider sieht es in der Realität ganz anders aus.

      • @Die_Mitte_machts:

        "... aber leider sieht es in der Realität ganz anders aus."

        Das können Sie doch sicher mit seriösen Zahlen belegen?

  • Menschliches Zusammensein funktioniert auf der Basis eines sich gemeinsam arrangierens.



    Das setzt natürlich voraus, dass eine Integration stattfindet. Es geht ja um Dauerhaft.



    Willkommen ohne große Ansprüche kann nur ein kurzfristiger Gast sein.

    Zuhause würden wir es doch auch nicht anders machen?



    Ich hatte auch irgendwann den „Gaststatus“ bei der Familie meiner besten Freundin verloren, weil ich immer da war. Es war klar, das ich mich auch nützlich mache. Tisch decken, Wasser holen. Kleinigkeiten. Hat’s mich gestört ? Nein. Warum? Weil es ein Zeichen war, dass ich kein „Gast“ mehr war, sondern dazugehöre, und mich wie jeder am gemeinsamen Leben nützlich macht. Das es selbstverständlich war, ich dazugehörte und auch mit die Familie im Ausland besucht habe und auch da als „Kind der Familie“ behandelt wurde.

    Willkommen sagt man wenn jemand kommt. Aber dem folgt das Ankommen. Und dieses Ankommen ist doch das Ziel.

    Und dazu gehört auch , dass jeder seinen Teil zur Gemeinschaft beiträgt , wie zB zu arbeiten, Steuern zu zahlen, etc. Das sind keine neuen Dinge, keine exklusiven Forderungen. Sondern die, mit dem jedes Mitglied dieser Gesellschaft konfrontiert ist.

  • Dieser durch und durch negative Bericht ist bedauerlich.



    Es mag die Lebenseinstellung mancher Menschen sein, stets das Schlechte zu sehen, die "Wahrheit" ist damit aber eine sehr subjektive.



    Angesichts der Tatsache, dass hier keine HistorikerInnen schreiben, ist der Blick zurück einigermaßen fragwürdig.



    Ich habe mehrere Phasen der Zuwanderung als Bereicherung empfunden.



    Klar ist das auch immer dem Umfeld geschuldet.



    Die Aburteilung des Artikels kann ich nicht bestätigen.



    Dass nach einiger Zeit das Engagement nachlässt, ist völlig normal.



    Wir reden hier im Regelfall von ehrenamtlicher Arbeit.



    Wer diese praktiziert, weiß, dass das neben der Erwerbsarbeit kein Dauerzustand sein kann. Eine gewisse Zeit kann man/ frau auf Wochenenden verzichten, doch irgendwann macht sich auch hier Erschöpfung breit.



    Nicht Fachleute ( keine PsychologInnen) stoßen manchmal auch an andere Grenzen.



    Manchmal bräuchten auch Betreuer Betreuung.



    Ich kann von positiven Erfahrungen durch die genannten Zeiten berichten.



    Das hatte nichts mit "Nutzen" der Betreffenden zu tun. Es gibt Viele, die helfen ( wollen). Wohnung, Arbeit, Familie - sind gemeinsame Erfolge, die gefeiert werden sollten!

    • @Philippo1000:

      Kann dir weitgehend zustimmen. Bei der Wohnungssuche sind wir an unsere Grenzen gekommen und bei einem jungen männlichen Flüchtling auch. Und was heisst hier "brüchige deutsche Willkommenskultur" und der "deutsche Vorbehalt"? Verglichen mit welchem Land über welchen Zeitraum?? Aus meiner eigenen Erfahrung in anderen Ländern kann ich sagen, dass Deutschland in puncto Xenophobie sicher nicht zur Spitzengruppe zählt.