Merkels Fernsehansprache: Letzte Warnung
Kanzlerin Merkel appelliert an die Solidarität der Deutschen. Sie spricht von der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Merkel ließ keinen Zweifel daran, wie die Bundesregierung die Lage einschätzt. „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst“, sagte Merkel. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es keine Herausforderung an das Land gegeben, bei der es so sehr auf gemeinsames solidarisches Handeln ankomme.
Merkel wiederholte, was WissenschaftlerInnen seit Wochen predigen. Richtschnur des Handelns der Regierung sei es, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und Zeit zu gewinnen. Zeit, damit ein Medikament und ein Impfstoff entwickelt werden könne – und Zeit, damit Erkrankte bestmöglich versorgt werden können.
Sie appellierte dringlich an jeden Einzelnen, die Ratschläge der Virologen zu befolgen. Kein Handschlag mehr, gründlich und oft die Hände waschen, mindestens eineinhalb Meter Abstand zum Nächsten – und am besten kaum Kontakte zu alten Menschen, die besonders gefährdet sind. Sie wisse, wie schwer das sei, sagte Merkel. Man kenne Zuwendung als körperliche Nähe oder Berührung. „Doch im Augenblick ist leider das Gegenteil richtig“, sagte sie. „Im Moment ist nur Abstand Ausdruck von Fürsorge.“
Knapp vor Ausgangssperre
Die Bundesregierung hat – in Absprache mit den Bundesländern – in den vergangenen Tagen das öffentliche Leben drastisch eingeschränkt. Versammlungen mit großen Teilnehmerzahlen sind verboten, Theater, Kinos oder Museen bleiben geschlossen, die Öffnungszeiten für Cafés oder Gaststätten wurden deutlich begrenzt.
„Halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten“, sagte Merkel. Sie deutete an, dass weitere Maßnahmen folgen könnten. Die Regierung werde stets neu prüfen, was sich korrigieren lasse – „aber auch: was womöglich noch nötig ist“.
Merkel brachte auch ihre ostdeutsche Herkunft ins Spiel. Für sie, für die Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht gewesen sei, „sind solche Einschränkungen nur in der absoluten Notwendigkeit zu rechtfertigen“. Sie sollten in einer Demokratie nie leichtfertig und nur temporär beschlossen werden. „Aber sie sind im Moment unverzichtbar, um Leben zu retten.“
Es gehe nicht einfach um abstrakte Zahlen in einer Statistik, sondern um Menschen. Das sei ein Vater oder Großvater, eine Mutter oder Großmutter, eine Partnerin oder ein Partner.
Hilfen für die Wirtschaft
Merkel sicherte betroffenen Unternehmen umfassende Unterstützung zu. Für die Wirtschaft, für große Unternehmen, Geschäfte, Restaurants oder Freiberufler sei es jetzt schon schwer. Und die nächsten Wochen würden noch schwerer. „Ich versichere Ihnen: Die Bundesregierung tut alles, was sie kann, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern – und vor allem um Arbeitsplätze zu bewahren.“ Die Regierung könne und werde „alles einsetzen, was es braucht, um unseren Unternehmern und Arbeitnehmern durch diese schwere Prüfung zu helfen“.
Merkel ging auch auf Hamsterkäufe ein, die in vielen Supermärkten für leere Regale sorgten. Alle könnten sich darauf verlassen, dass die die Lebensmittelversorgung jederzeit gesichert sei. Wenn Regale einen Tag mal leer geräumt seien, würden sie nachgefüllt. „Vorratshaltung ist sinnvoll, war es im Übrigen immer schon“, betonte Merkel. „Aber mit Maß; hamstern, als werde es nie wieder etwas geben, ist sinnlos und letztlich vollkommen unsolidarisch.“
Nach Einschätzung von Experten könnte die Corona-Epidemie rasch voranschreiten. Das Robert-Koch-Institut warnte vor bis zu zehn Millionen Infizierten bis Juni, sollten sich die Menschen nicht an Abstands- und Hygienevorgaben halten. Laut RKI gibt es im Moment ein exponentielles Wachstum. Die Epidemie werde noch viele Wochen und Monate unterwegs sein. Derzeit seien mehr als 10.000 Menschen infiziert.
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