Mannheim-Eklat in Berlin: Grüne Abgeordnete entschuldigt sich
Tuba Bozkurt von den Grünen bedauert ihren pietätlosen Zwischenruf zum Mord in Mannheim bei einer Rede von SPD-Innensenatorin Iris Spranger.
In der Fragestunde der Plenarsitzung des Landesparlaments hatte Spranger am Donnerstag über Rouven L. zu sprechen begonnen. Die Innensenatorin setzte an: „Der schreckliche Tod von Mannheim zeigt uns natürlich, dass wir…“ Woraufhin Bozkurt dazwischen kalauerte: „Mannheim ist tot?“ – und mehrere Abgeordnete lachten.
Rouven L. wurde am vergangenen Freitag bei einer islamfeindlichen Kundgebung von einem mutmaßlichen Islamisten mit einem Messer so schwer verletzt, dass er später im Krankenhaus starb. Spranger antwortete auf die Unterbrechung ihrer Rede mit: „Ich würde darüber nicht lachen.“
Tuba Bozkurt, direkt gewählte Abgeordnete aus Mitte und in der Grünen-Fraktion des Landesparlaments für die Bereiche Industrie und Digitalwirtschaft sowie für Antidiskriminierung zuständig, präzisierte am Freitagvormittag, erneut auf X, dass ihr nichts ferner liege, „als nach dieser schrecklichen Tat den Eindruck von Spott zu erwecken“. Polizist:innen, „die tagtäglich ihr Leben, ihre Gesundheit für unsere Sicherheit aufs Spiel setzen“, hätten ihren „uneingeschränkten Respekt“.
Der Zwischenruf Bozkurts hatte breite Kritik ausgelöst. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Matz, bezog dabei am Freitag auch „das Lachen aus der Grünen-Fraktion“ mit ein, das ihn „fassungslos zurückgelassen“ habe. Die Polizei brauche „nach dem schrecklichen Polizistenmord eine Gesellschaft und eine Politik, die klar hinter ihr steht“, erklärte Matz.
Spranger: Syrien und Afghanistan sind „sichere Länder“
In der Aufregung um den Eklat ging gleichwohl ein anderer Eklat in dem von Innensenatorin Spranger bestrittenen Teil der Fragestunde fast unter. Ihre von Tuba Bozkurt unterbrochenen Sätze zum Mord in Mannheim bildeten den Auftakt einer Antwort auf eine Frage des AfD-Abgeordneten Thorsten Weiß. Der einstige Berliner Obmann des offiziell aufgelösten rechtsextremen Höcke-Flügels wollte von Spranger wissen, ob sie wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan befürworte.
„Ich glaube, ich bin in meinen Aussagen immer sehr klar“, sagte Spranger – um dann ausführlichst über Mannheim und Abschiebungen von schweren Straftätern zu sprechen, aber nicht über die beiden Länder.
Erst auf Nachfrage der Linken-Abgeordnete Elif Eralp kam sie auf das im Wesentlichen vom diktatorischen Assad-Regime kontrollierte Syrien und das von den hardcore-islamistischen Taliban beherrschte Afghanistan zu sprechen. Beides sind laut Spranger „sichere Länder“, in die „Schwerstkriminelle“ abgeschoben werden könnten. Das zu ermöglichen, sei nun der Bund am Zug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen