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Linke Medien in der KriseWas verloren geht

Caspar Shaller
Kommentar von Caspar Shaller

Ob „ND“, „Missy“, „Oxi“ oder auch „Katapult“ und „Titanic“: Wir müssen die linke Gegenöffentlichkeit retten. Die Rechten weiten ihre gerade aus.

Finanzielle Schieflage: Viele Zeitschriften einer linken Gegenöffentlichkeit sind in der Krise Foto: Alexander Ziegler/plainpicture

E s sind keine guten Wochen für das, was einmal als Gegenöffentlichkeit galt. Diese Woche wurde bekannt, dass sowohl das Magazin Katapult als auch das Satireblatt Titanic vor der Insolvenz stehen und Tausende Abos brauchen, um ihre Existenz weiterhin zu garantieren.

Diese Nachrichten reihen sich ein in eine ganze Serie von Hiobsbotschaften: Die linke Tageszeitung Neues Deutschland (ND) warnte im Juni, dass der Zeitung 635.000 Euro fehlten und sie eine Rettungsaktion starten, um das Ende der ND abzuwenden. Auch das feministische Missy Magazine braucht neue Abos, um weitermachen zu können.

Ein echtes, aber leider wenig beachtetes Desaster ist das Ende der gedruckten Oxi. Am 11. August erschien die finale Ausgabe der Wirtschaftszeitung, die eine wichtige Lücke füllte. Denn es gibt schlicht nicht genug Berichterstattung und Analyse über wirtschaftliche Zusammenhänge aus linker Perspektive. Damit erreichte Oxi leider zu wenige Leser. Weiter geht es vorerst als Blog. Zum Glück gibt es noch kleine Publikationen wie Express, die aus sozialistischer Warte ausgezeichnete Berichterstattung und Analysen über Arbeits- und Gewerkschaftsthemen liefert.

Aber die Inflation macht kleinen Publikationen zu schaffen. Druckkosten und Papierpreise sind explodiert, sodass Magazine wie das aufwendig de­signte Jacobin Spendenaktionen starten mussten. Auch die Monatszeitung AK, die oft wichtige Debatten anstößt und Themen in den Diskurs einbringt, muss immer wieder auf Spenden zurückgreifen.

Wer berichtet über Arbeitskämpfe?

Es ist ein grundlegendes Problem gesellschaftskritischer Medien: Wo die Vertreter des Kapitals oder konservativer Kräfte zahlungskräftige Förderer im Rücken haben oder von Werbeetats großer Konzerne profitieren, haben Linke meist nur ihre Arbeitskraft, die sie unter Wert in publizistische Projekte stecken.

Doch wenn fortschrittliche Medienalternativen verloren gehen, dann verschwinden wichtige Themen aus der Öffentlichkeit. Wer berichtet über Armut oder Arbeitskämpfe, wenn nicht linke Medien? Wer berichtet über Machtmissbrauch und Korruption, wenn nicht linke Medien? Wer recherchiert über illegale Pushbacks und rechte Gewalt, wenn nicht linke Medien?

Katapult ist nicht unbedingt ein klassisches linkes Medium, aber das Magazin ist doch auch mit einem politischen Anspruch gestartet. Eine „kleine Medienrevolution“ hätte das werden sollen. Ursprünglich für seine gewitzten Infografiken und Karten bekannt geworden, wollte Katapult bald mehr: eine Lokalzeitung, eine Journalistenschule und nebenher auch noch ukrainischen Medienschaffenden aushelfen.

An vielen dieser Vorhaben gab es bald Kritik von Beteiligten, aber auch das Kerngeschäft scheint nicht zu laufen. Der Verlag habe 2022 eine Verlust von 290.000 Euro eingefahren. Dass sich Gründer Benjamin Fredrich immer wieder verzettelte, zuletzt mit der größenwahnsinnigen Ankündigung, gleichzeitig zur drohenden Insolvenz ein neues Twitter aufzuziehen, ist deshalb schade, weil Katapult auch gegründet wurde, um in Mecklenburg-Vorpommern dem Anwachsen rechter Umtriebe und Verschwörungstheorien verbreitenden Lokalzeitungen medial etwas entgegenzusetzen.

Ein Trauerspiel in der Mitte

Während es am linken Rand bröckelt, sieht man in der liberalen Mitte der Medienlandschaft ein Trauerspiel. Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen schaffen es partout nicht, den Eindruck zu entkräften, dass sich die Spitzen der verschiedenen Sender auf Kosten der Allgemeinheit die Taschen vollmachen. Auf Kritik kennen sie nur eine Antwort: sparen.

Dass die Kritik sich nicht an den 18,36 Euro monatlichem Beitrag aufhängt, sondern am Gefühl, dafür nicht genug Qualität zu bekommen, scheint nicht Teil der Kalkulation zu sein. Stattdessen kürzen die Sender das vielfältige Kulturprogramm in Bayern bis zur Unkenntlichkeit zusammen oder streichen in Berlin und Brandenburg hundert Stellen und mehrere Sendungen.

Ist ihre Antwort auf die vielen Probleme der Gegenwart wirklich weniger Information, weniger Reflexion, weniger kritische Auseinandersetzung mit der Welt, der Gesellschaft und, ja, auch der Kultur? Es ist, als würden viele Medienmanager mit einem rein quantitativen Begriff von Leistung operieren, statt qualitative Ansprüche zu begründen. Dabei müsste doch der ÖRR, eben weil er von uns allen finanziert wird, nicht auf die blanken Zahlen starren wie ein Reh im Scheinwerferlicht, sondern könnte seine Freiheit nutzen, um Lücken zu füllen, was private Medien nicht leisten können oder wollen.

Ein rechter Aufstieg

Denn auf der anderen Seite des politischen Spektrums steht der Krise liberaler und linker Medien die Finanzkraft rechter Medienprojekte entgegen. Neben einem florierenden Blätterwald rechter Presse von Compact bis Junge Freiheit sind die Gegner von Freiheit, Gleichheit und Fortschritt nun auch crossmedial unterwegs. Seit Sommer ist Nius online, ein Projekt des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, das vom CDU-nahen Multimilliardär Frank Gotthardt unterstützt wird.

Selbst aus dem Ausland drängen reaktionäre Stimmen auf den deutschen Markt. Die in den letzten Jahren von einer liberal-konservativen Traditionszeitung zu einem hysterischen Anti-Wokeness-Sturmgeschütz mutierte Neue Zürcher Zeitung bedient schon länger eine deutsche Leserschaft. Hans-Georg Maaßen bezeichnete die NZZ darum schon als „Westfernsehen“, als würden wir in einer Diktatur leben.

Auch aus der Schweiz drängt das Magazin Weltwoche nach Deutschland, und zwar mit einem E-Paper und einem ans deutsche Publikum gerichteten täglichen Podcast von Chefredakteur Roger Köppel, der auch Politiker der weit rechts stehenden populistischen Partei SVP ist. Aus Österreich bläst derweil der Sender AUF1 zum „Großangriff“ auf den nördlichen Nachbarn. Dessen Themen sind nach eigener Aussage „ ‚Great Reset‘, Hitzehysterie und Coronalügen“. Die Medienaufsicht will prüfen, ob der Sender nicht mit Einseitigkeit und Desinformation gegen den Medienstaatsvertrag verstößt.

Das klingt nach wenig Widerstand von offizieller Seite. Dabei kam es in den letzten Jahren immer wieder zu unrühmlicher juristischer Drangsalisierung linker Medienprojekte von Indymedia bis Radio Dreyeckland. Der Staat geht gegen linke Medienöffentlichkeit vor, während er der rechten Gegenöffentlichkeit wenig entgegenhält. Wie immer haben Progressive nur einander. Wir können Abos abschließen, spenden, Werbung machen. Denn eine Zukunft ohne linke Gegenöffentlichkeit sieht düster aus. Wie die ak schreibt: „Ein neues Abo können sich viele noch leisten, das Ende linker Medien niemand.“

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Caspar Shaller
Redakteur taz2, zuständig für Medienthemen. Interessiert sich auch für Arbeitskämpfe und sonstiges linkes Gedöns, aber auch queere Themen und andere Aspekte liederlichen Lebenswandels. Vor der taz einige Jahre Redakteur im Feuilleton der Zeit und als freier Journalist in Europa, Nordamerika und dem Nahen Osten unterwegs gewesen. Ursprünglich nicht mal aus Deutschland, aber trotzdem irgendwann in Berlin gestrandet. Mittlerweile akzentfrei.
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24 Kommentare

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  • Ich hätte zu dieser Situation einen deutlich anderen Erklärungsansatz. Der veränderte Blickwindel der Neuen Linken weg vom Ökonomischen hin zum sozialen & identitären hat linken Medien in einen Wettbewerb mit dem medialen Mainstream gezwungen.

    Bei SZ, Zeit, Spiegel & Co. wird zwar kaum bis wenig über Klassenkampf und gewerkschaftliche Betätigung geschrieben aber progressive Haltung wird auch dort laufend und mitunter schrill zur Schau gestellt. Das befriedet die medialen Bedürfnisse von vielen Menschen, die sich selbst primär der Identitätspolitik wegen als Linke betrachten und das ist mittlerweile (aus meiner Sicht: leider) ein Großteil der Linken und definitiv der Großteil der zahlungskräftigen Linken.

  • Viele nicht etablierte "linke" (was immer das heute ist) Medien werden absaufen. Das hat viele Gründe, nur ein Teil davon ist hausgemacht. Die Kleinen können nicht bestehen in diesem System, in dem nur die Großen überleben, und selbst die müssen ständig zusehen, nicht zu zerbröseln. Je härter die Bedingungen da draußen sind, desto weniger kann sich der Luxus einer Gegenöffentlichkeit erlaubt werden, obwohl er gleichzeitig notwendiger wird. Relativierung der Bedeutung von traditionellen Medien durch Social Media oder nicht-konzerndominierte Seiten im Netz machen es auch nicht einfacher.

    Die taz ist kein linkes Medium mehr, bzw auch hier kommt es auf die Definition von "links" an. Es bedeutet jedenfalls nicht mehr uneingeschränkt "auf der Seite der Schwächeren" oder "dem Gemeinwohl verpflichtet". Die taz hat durch jahrzentelangen Existenzkampf Routine mit der Situation und geschafft, sich zu etablieren, durch wirtschaftlich kluge Entscheidungen, keinen Größenwahn und von der Positionierung her vorrangig im olivgrünen Fahrwasser, und denen geht es ja auch nicht so schlecht im Moment. Der Tag wird allerdings kommen, an dem das nicht mehr so ist, und der taz wird es dann nicht schwerfallen, die Schwerpunkte anders zu setzen, denn fairerweise ist die taz auch heute nicht nur das Presseorgan der Grünen.

    Der Lichtblick ist da eher die LMd, die sich bei all den Hypes, US-dominierten Trends oder tagespolitischen Nichtigkeiten treu geblieben sind und unbeirrt Journalismus betreiben, wie man ihn sich nur wünschen kann. Undogmatisch, unaufgeregt, sachkundig, gut recherchiert und schonungslos. Entsprechend ist die LMd eine stabile Konstante.

    Aber für die anderen sieht es schlecht aus, das gibt diese kranke Epoche nicht her. Und um die titanic und Missy tut es mir wirklich leid.

    • @uvw:

      was ist Lmd?

  • „Widerstand von offizieller Seite“?!

    Wer will denn sowas? Ich lese Magazine dann, wenn sie gute Inhalte bringen, eine vernünftige Aufmachung haben etc. und mit dieser Meinung bin ich wahrscheinlich nicht alleine. Ganz offensichtlich hat es dafür bei den genannten Magazinen nicht gereicht. Dann gehen sie halt unter, gemeinsam mit dem Großteil der Printmedien. Eine aussterbende Art, aber wie bei den Dinosauriern: Alles hat einmal ein Ende, auch Musikmagazine wie das „Fono Forum“ werden leider eingestellt. Hat nichts mit rechts und links zu tun, der Printjournalismus stirbt gemeinsam mit seinen Konsumenten, wie vieles andere geht der Wandel hin zum digitalen. Wer das nicht hinbekommt geht eben unter. Glaubt denn ernsthaft jemand, dass die heutige Schülerschaft später noch die Sonntags-FAZ mit seinen 2 Kilo Gewicht durch die Gegend tragen wird, oder wird es nicht doch eher auf dem I-Pad stattfinden?! Die Zeitungen und Magazine, die einen guten Onlineauftritt haben und journalistisch überzeugen werden diesen Wandel überleben, der Rest verschwindet. Das ist nicht die Schuld von „offiziellen Stellen“, das ist dann einfach schlechtes Handwerk.

    Kleine Aufmunterung: Auch die rechten Magazine werden dem folgen, es dauert nur vielleicht ein bisschen länger…

  • Wer soll das lesen wollen?



    Obwohl mich die TAZ seit vielen Jahren begleitet,möchte ich manchmal angesichts mancher Beiträge aufgeben.

  • Mal abgesehen von einem speziellen Fall Titanic sehe ich das Problem linker politischer Medien, wie aber auch der Linkspartei in einer thematischen Sprachlosigkeit. Dogmatisch mehr Geld von irgendwo und Umverteilung und die ganze Welt ist so ungerecht und wir haben es doch schon immer gewusst und gesagt und alle unsere Einschätzungen werden laufend bestätigt.... ist enervierend. Letztlich langweilig.



    So lang man das nicht in eine positive Geschichte mit kreativen Ideen gedreht bekommt und den Pfad des Beledigtguckens nicht verlässt, sieht man eben kein anderes Ergebnis.

    • @Tom Farmer:

      Echt jetzt ?



      Was ich so in der taz lese ist jetzt nicht langweilig und nervt auch nicht.



      Wenn ich die Titel der rechten Presse, so sehe ich da nur den dauernd nervenden Hass, aber das nährt wohl die rechten Trolle statt sie zu nerven.



      Das Problem ist ja, dass die rechten Narrative über die CDU/CSU, FDP und SPD in die Realpolitik sickern und die Trolle bestätigt. Von den Grünen keine Gegenwehr, die AgD kichert und die desorientierten Wagenknechte haben die Linke zerlegt, so dass die wirklich klugen Köpfe sich schon abgesetzt haben.

      • @Axel Schäfer:

        Beispiel: die Rechte sagt: mehr Flüchtlinge und Asylanten können wir nicht aufnehmen. Das geht technisch usw nicht. Die Linke sagt: wir müssen, die haben ein Recht darauf.



        Was wir wirklich wissen wollen: WIE kann man noch viel mehr Flüchtlinge versorgen, wo geht es, wer muss mithelfen

    • @Tom Farmer:

      das kommt durch die parlamentarisierung. da gibts dann eben nur noch pm. keine aktion, keine verankerung in den bewegungen, das bringt ja kein geld ein, wenn man schon mal im parlament sitzt. so hält man/frau mdb eben sprechstunde. erbärmlich.

  • Linke Medien sollten analysieren, warum sie so wenig Leute erreichen und ob das auch etwas mit den Inhalten, Schwerpunktsetzung usw. zu tun hat.

  • Wenn der linken Partei die Wähler und der linken Presse die Leser weglaufen, wäre Selbstreflexion eher angebracht als Selbstmitleid. Eine Handvoll Aktivisten, Gewerkschafter und pensionierte Studienräte sind zu wenig, die 'kleinen Leute' werden augenscheinlich nicht mehr genügend erreicht. Vielleicht liegt es an den falschen Themen, vielleicht aber auch einfach am Zeitgeist, der es nicht gut mit der Linken meint.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    An sich würde ich sagen, hier regiert Angebot und Nachfrage.

    Aber zum Einen sind die rechten Medien gerne durch finanziell starke Hintermänner gedeckt, zum Anderen kostet Populismus, Lügen und Nachplappern weniger als Recherche und Aufklärung. Da ist einfach unser Presserecht bzw. der Pressekodex zu lasch.

    Dann gibt es allerdings auch Linke Medien, die sich einfach übernehmen( Gerade wenn ich die vielfältigen Beteiligungen von Katapult lese), oder ein derart schlechtes Image haben (Indymedia).

    Wenn aber alle gleichzeitig kriseln, ist es wahrscheinlich systemisch. Vielleicht kommen diverse Strategien und themen einfach nicht bei genug Menschen an?

  • Eine Gegenöffentlichkeit, die kaum einer liest und wahrnimmt, bringt leider auch nichts. Es ist ewig her, dass ich mal eine Titanic in der Hand hatte, Oxi habe ich bis eben noch nie gehört, das ND hat seine ganz eigene, alles andere als von großen Widersprüchen freie Vergangenheit und auch ihr, liebe Taz, habt es ja in den letzten Jahre nicht versäumt, jede Menge schräge "Debattenbeiträge" zu veröfffentlich. Sich dann wundern, wenn das immer weniger lesen wollen, ist ja nun - nunja, auch wundersam. Hinzu kommt, dass Leute, die sich für linke Positionen interessieren, oft auch Leute sind, die selbst wirtschaftlich zu kämpfen haben - gerade in Zeiten einer galoppierenden Inflation. Oder anderes formuliert: Mein monatliches Mediennutzungsbudget ist _keins_, egal wie gut oder schlecht die Angebote sind. Im Zweifel ist mir Essen lieber als schräge Themensetzungen ... Ja, die rechten haben mehr Geld, aber das sich der Mainstream soweit nach rechts verschieben konnte, ist auch ein gewaltiges Versagen der linken Bewegungen. Von der Partei "Die Linke" will ich gar nicht erst sprechen. Die Rechten hatten auch 1968 mehr Geld, trotzdem konnte sich damals die TAZ etablieren. Könnte auch daran liegen, dass es damals Themensetzungen waren, für die die Zeit reif war gesellschaftlich. Linke Projekte können mit viel Engagement und Idealismus überleben, aber nur, wenn sie die Leute auch inhaltlich erreicht. Und im Übrigen: Print ist für Tageszeitungen vorbei, die Erkenntnis kann man noch ne Weile hinauszögern, aber verhindern kann mans nicht. Es gibt keine wirklich guten Argumente für Todholztageszeitungen in Zeiten des Klimawandels.

    • @Lee Ma:

      Fuck YEAH! Ich könnts niemals so gut ausdrücken!

      Eine Sache will ich mal rauspicken: Rezo ist raus; fuck Covid. Aber das Konzept Rezo *funktionierte*. And how.



      Nur: wer füllt diese riesige Lücke, die da ist? Böhmermann ist zu sehr Pausenclown. Heute Show ist zu 80% ungefähr so lustig, wie sich einen rostigen Nagel in den Daumen zu kloppen.

      Warum nicht ganz modern sein und mal einen Youtube-Journalismus wagen? Nicht so rantig wie Rezo, aber die "Zerstörung"-Videos *waren* die eine und einzige investigativ-faktenbasierte Berichterstattung in Deutschland, die ein junges progressives Publikum aller Schichten und Klassen erreichte, und standing ovations einstrich.

      Podcasts? Das ist was für Omis und Generation Hörbuch. Allein in einem Podcast die Quellenangaben und Verweise unterzubringen, ist die Hölle. Das Youtube-Format allerdings... ach was rede ich. Kennt hier jemand Dr. Rebecca Smethurst? So wie die das macht. Also stilistisch. Das Format wäre dann eher wie Tagesthemen oder Presseclub oder so.

      Noch ist ja Zeit, so etwas zusätzlich zum konventionellen Publishing (Print und digital) hochzuziehen. Wenn es sich als monetarisierbar herausstellt, dann kann man das Gewicht von einem Bein aufs andere wechseln.

      Auch: was wirklich etwas bringt, ist, eine Anzahl Leute einer ähnlichen politischen Grundeinstellung, aber verschiedener Lager *darin*, über Dinge diskutieren zu lassen. So kriegt man eine fundierte Auseinandersetzung, weil ein Konsens über eine grundlegende faktische Basis besteht.



      Wenn man sich aber noch nicht mal einig ist, ob die Thermodynamik real ist, oder nicht doch eher eine Erfindung der Großer-Austausch-Genderisten-ihr-wisst-schon-wer-es-fängt-mit-J-an, dann sind Diskussionen und Debatten unmöglich; man wird einen "Diskurs" bekommen - aber das ist der kleine schäbige fiese Bruder der Diskussion, mit eingeschissener Hose und bis zu den Kiemen voll auf Keta Heidegger zitierend, während er im Lichtleitenden Äther schwebend immer dieselben Kreise zieht.

  • Es ist ein Trauerspiel. Man kann ja nicht alles abonnieren.

    Die taz ist in dieser Hinsicht ein Solitär. Das linke, links-liberale Medium, das über eine wohlhabende und wohlhäbige



    Leserschaft verfügt, die dem Laden eben mal ein ganzes neues Haus spendiert.

    Fatalerweise ist die Notlage der linken Medienlandschaft auch ein Ausdruck der zunehmenden Bedeutungslosigkeit der Linken in Deutschland.

    Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos.

    • @Jim Hawkins:

      Die politische Landschaft im Land verändert sich, also verändert sich auch die Presselandschaft. Kollateralschäden sind vorprogrammiert, die Nischenzeitungen werden als Erstes pleite gehen.

      Mein ideologischer Kompass ist nicht auf Links ausgerichtet, lese tue ich sie aber trotz allem sehr gerne.

      • @SeppW:

        Mein Kompass ist schon auf Links ausgerichtet, aber ich lese auch andere Medien.

        Von Jungle World über Konkret, Neues Deutschland und taz bis zur FAZ und NZZ.

        Quer dazu die Salonkolumnisten, Mena-Watch, Jüdische Allgemeine und die Ruhrbarone.

        Genug geprotzt.

  • nur was tun?

    • @nutzer:

      wie wärs mit verankerung in den bewegungen statt parlamentarisierung?



      dann könnten die linken bewegungen auch mehr berichten, statt auf pm angewiesen zu sein. das ist eh stinkelangweilig + das braucht niemand.

    • @nutzer:

      Vielleicht besseren Journalismus und weniger Staatstreue?

      • @mir-kommen-die-tränen:

        zustimmung

    • @nutzer:

      Da Journalismus keine Antworten gibt, sondern Fragen stellt, fehlt hier wohl auch die Antwort.



      Vielleicht liegt die Antwort in der Veranderungsbereitschaft. Die tat ist hierin ein gutes Beispiel und Vorbild für vieles. Doch geht hier sicher noch viel mehr.



      Nur Veränderung macht Leben möglich.

    • @nutzer:

      Aufhören dem reaktionären Narrativ vom überfinanzierten, überbordenden und überflüssigen öffentlich-rechtlichen Medien folgen.



      Die sind zwar per se nicht links, aber repräsentieren eher die Bevölkerung als schwerreiche Multimillionäre, die sich Medien als Hobby oder Propagandainstrument halten. Im Bestenfalls sind sie überzeugte Liberale, oft opportunistische Gewinnmaximierer, schlimmstenfalls Reaktionär.



      Ein Crowdfunding eines linken europäischen Medienimperiums ist zwar mein Traum, aber völlig illusorisch - das hat die Linke in 150 Jahren nicht hinbekommen - jeglichem ´Systemrelevante aller Länder, vereinigt Euch´ zum Trotz.

      • @Euromeyer:

        na ja, es gab ja mal viele sozialdemokratische zeitungen. weiß nicht, wie groß die waren, aber sicherlich größer als die rechtssozialdemokratische hamburger mopo.