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Lamberty und Nocun über Esoterik„Antisemitismus wird ignoriert“

Esoterik verspricht oft einfache Lösungen. Pia Lamberty und Katharina Nocun sehen in ihr eine Gefahr nicht nur bei Krankheiten, sondern auch für unsere Demokratie.

Schamanismus, Horoskope, Wunderheiler, Glo­bu­l­i: Das Feld der Esoterik ist breit Foto: Thomas Ersting/laif
Carolina Schwarz
Interview von Carolina Schwarz

taz: Horoskope, Globuli und Wunderheiler: Alles Elemente aus der Esoterik. Lässt sich bei dieser Vielfalt überhaupt eine gemeinsame Definition für Esoterik finden, Frau Lamberty, Frau Nocun?

Pia Lamberty: Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Die meisten haben bei Esoterik direkt Assoziationen im Kopf, doch eine Definition fällt schwer. Im Wortsinn geht es um „Geheimlehre“. Also ein Wissen, das nicht allen Menschen zugänglich ist, sondern nur Erleuchteten. Um einer Definition näherzukommen, haben wir Kernelemente definiert.

Und was sind das für Elemente?

Pia Lamberty: Wichtig ist „Magisches Denken“, also der Glaube an übernatürliche Kräfte von Hexen, eine heilende Kraft von Edelsteinen, aber auch Homöopathie fällt darunter. Also, dass etwas, das gar nicht vorhanden ist, Wirkung erzeugen kann. Hinzu kommt der Fokus auf das Selbst. Viele esoterische Praktiken suggerieren, man sei für sein eigenes Glück verantwortlich, äußere Faktoren würden das kaum beeinflussen. Deswegen spielt Selbstoptimierung eine große Rolle. Ein weiterer Aspekt ist eine höhere Ordnung, die besagt, dass, wer Gutes tut, auch Gutes erhält und umgekehrt. Diese Karma-Idee führt leider auch zu Aussagen wie der, dass Menschen, die krebskrank sind, selbst schuld daran seien.

Bild: Gordon Welters
Im Interview: Pia Lamberty und Katharina Nocun

Pia Lamberty (links) ist Psychologin und Geschäftsführerin vom Thinktank Cemas.

Katharina Nocun ist Publizistin und Politikwissenschaftlerin. Gemeinsam haben sie die Bücher „Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ und „True Facts: Was gegen Verschwörungserzählungen wirklich hilft“ veröffentlicht.

Werden kranke Menschen besonders von Esoterik angesprochen?

Katharina Nocun: Esoterik kann einem die Illusion geben, dass man vollständige Kontrolle über das eigene Leben ausüben und Krisen magisch lösen kann. Für viele ist das der letzte Strohhalm bei Krankheiten, psychologischen Krisen oder nach dem Verlust von Angehörigen. Über ein Medium soll man dann beispielsweise mit Toten in Kontakt bleiben. Die Versprechen der Problemlösungen in der Esoterik sind grenzenlos.

Pia Lamberty: Am Anfang liest man vielleicht aus Gag sein Horoskop, aber in einer Krise kann Esoterik plötzlich handlungsleitend werden. Das sieht man häufig bei Menschen, die eine schlimme Krankheitsdiagnose bekommen und dann zum Heiler gehen. In der Esoterik wird bewusst mit dem Leid von Menschen Kasse gemacht.

Bei Instagram begegnet man immer mehr Menschen, die ihren Stress auf den rückläufigen Merkur schieben oder künftige Part­ne­r*in­nen nach ihrem Aszendenten aussuchen. Nimmt Esoterik durch soziale Medien zu?

Katharina Nocun: Früher stand das Horoskop in der Bravo Girl, heute seht es bei Instagram. Ob es wirklich mehr wird, lässt sich nicht sagen. Aber klar ist, dass Esoteriker alle Kanäle nutzen. Es gibt verstärkende Elemente, wie den Empfehlungsalgorithmus von Tiktok, wodurch man schnell in sich selbst bestätigende Bubbles rutschen kann. Bei Tiktok heißt es etwa in Videos, dass, wenn man einen bestimmten Ton 50-mal abspielt, ein Wunsch in Erfüllung geht. Jugendliche glauben, dass sie auf diese Art Gedanken „manifestieren“ können, was eigentlich nur ein anderes Wort für zaubern ist.

Das Buch

„Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik“, 22 Euro, Quadriga Verlag.

Viele machen sich über solche Praktiken und Trends lustig. Wird so verharmlost, was in der esoterischen Welt vor sich geht?

Pia Lamberty: Es gibt Menschen, die glauben, dass es eine Form der politischen Auseinandersetzung ist, wenn man sich über etwas lustig macht. Humor kann zwar eine Form der Auseinandersetzung sein, aber sie darf natürlich nicht da stehen bleiben.

Katharina Nocun: Im Rahmen der Recherche habe ich mir online einen Gebärmutterreinigungskurs von einer selbsternannten sibirischen Schamanin angeschaut. Da geht man natürlich mit einer skeptischen Grundhaltung rein. Ich sollte in meine Gebärmutter reinhorchen, hab natürlich nichts gehört. Doch dann bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Den Teilnehmerinnen wird erzählt, dass sich durch den Sex in vergangenen Partnerschaften negative Energien in der Gebärmutter angereichert haben und dass dies ihr Glück behindere. Die Lösung: ein mehrteiliger, kostspieliger Workshop. Diese Gebärmutterreinigung soll dann auch bei unerfülltem Kinderwunsch oder Krebs helfen. Andere Frauen, die vielleicht zeitgleich vor dem Rechner saßen, haben da womöglich fleißig mitgeschrieben. Das war gruselig.

Eine Gefahr sehen Sie nicht nur bei unbehandelten Krankheiten, sondern auch für unsere Demokratie. Wieso?

Pia Lamberty: Schon immer steckte in esoterischen Welten auch völkisches Gedankengut. Die dort weitverbreitete Fortschrittsfeindlichkeit und Antimoderne ist häufig ein Einfallstor für Antisemitismus. Teilweise geht das so weit, dass Juden und Jüdinnen die Schuld an der Shoah gegeben wird. Ein Problem ist, dass Esoterik sich als apolitisch versteht und die Menschenverachtung so von vielen übersehen wird.

Katharina Nocun: Natürlich ist nicht jede Form von Esoterik automatisch faschistisch. Aber im Bereich Gesundheit haben Esoteriker und Rechtsex­treme teils ähnliche Feindbilder. Wie bei Verschwörungserzählungen zum Thema Impfen, wo manchmal von der „verjudeten Schulmedizin“ die Rede ist. Ein Extrembeispiel ist die „Germanische Neue Medizin“ nach Ryke Geerd Hamer. Der behauptete, dass Krebs auf Ungleichgewichte oder Schockerlebnisse im Leben zurückzuführen ist. Statt Strahlentherapie, Chemo oder OPs schlug er Gesprächstherapie oder ein Lied als Behandlung vor.

Dass Menschen, die seiner pseudomedizinischen Lehre folgten, gestorben sind, ist bekannt. Wieso glauben Menschen trotz allem daran?

Pia Lamberty: Eine Krebsdiagnose ist furchtbar. Und der Ansatz von Hamer bietet die Möglichkeit zu glauben, dass das eigentlich alles gar nicht so schlimm ist, sondern nur ein verdrängter Konflikt, weil man als Kind vom Boot gefallen ist oder Ähnliches. In diese Hoffnung fliehen sich die Menschen. Der Antisemitismus, den es in seiner Ideologie gibt, wird dann einfach ignoriert oder findet sogar Zustimmung.

Katharina Nocun: Angehörige der Opfer von Hamer sagten, dass er als charismatischer Führer wahrgenommen wurde. Und er befeuerte das Narrativ von der bösen Medizin und der guten Esoterik. Da wird etwa von gierigen Pharmaunternehmen gesprochen, wenn aber Esoteriker Umsätze in Millionenhöhe machen, wird das gerne ausgeblendet. Dass Esoteriker natürlich auch ihre Markenrechte patentieren lassen und diese auch vor Gericht durchsetzen, wird einfach ignoriert.

Für Fach­ärz­t*in­nen und Psychotherapie gibt es lange Wartezeiten. Werden esoterische Angebote aus Alternativlosigkeit angenommen?

Pia Lamberty: Empirisch sieht es so aus: Menschen gehen nicht aus Frustration zum Heilpraktiker, sondern eher aus ideologischen Gründen. Aber klar gibt es die Situation, dass es zu wenig Psychotherapieangebote gibt, und dann greifen Menschen auf Heilpraktiker zurück. Um Psychotherapie anbieten zu können, müssen diese allerdings nur einen „kleinen Heilpraktiker“ machen, was einer mündlichen Prüfung mit 28-Multiple-Choice-Fragen entspricht. Fatal, wie da vom Gesetzgeber die Psyche von Menschen behandelt wird.

Katharina Nocun: Vielen ist nicht klar, wie unreguliert der Markt für Heilpraktiker ist. Es ist gefährlich, wenn Esoterik sich mit dem Label „Alternativmedizin“ versucht, als gleichwertige Alternative zur evidenzbasierten Medizin zu etablieren. Eine ähnliche Mogelpackung ist die „Ganzheitlichkeit“. Jeder projiziert da etwas anderes drauf. Niemand würde sagen, er wünsche sich keine ganzheitliche Medizin. Viele Menschen könnten bei einer Krebsdiagnose neben einer onkologischen Behandlung auch von einer psychotherapeutischen Begleitung profitieren. Aber da braucht es keinen Heiler oder Guru, sondern ausgebildete Psychologen.

Wenn die taz kritisch über Homöopathie und Anthroposophie berichtet, gibt es böse Leserbriefe. Viele, die schon tief in der esoterischen Welt verwurzelt sind, scheinen mit Fakten nicht mehr erreichbar. Kann man mit Ihrem Buch dann überhaupt die Richtigen erreichen?

Pia Lamberty: Ich freue mich über jede Person, die sich in diesem Milieu bewegt und das Buch liest. Letztendlich ist es wie immer: Wenn jemand ein sehr geschlossenes Weltbild hat, ist es schwer, die Menschen über Fakten zu erreichen. Die Sektenberatungsstelle in NRW, mit der wir auch gesprochen haben, kann in solchen Momenten ein Ansprechpartner sein. Am besten funktioniert ein Eingreifen im Privaten mit professioneller Unterstützung. Generell ist mein Eindruck, dass Fakten immer weniger zählen. Selbstverständlich ist vieles diskutabel, aber bestimmte Dinge sind Fakten. Wie: Homöopathie wirkt nicht über einen Placeboeffekt hinaus. Punkt.

Katharina Nocun: Natürlich fühlt man sich angegriffen, wenn jemand einem sagt: Hör mal, hier gibt es Studien, die zeigen, dass das, worauf du all die Jahre gesetzt hast, keine wissenschaftliche Grundlage hat. Menschen fühlen sich extrem angegriffen, wenn man auch nur andeutet, dass ein Placeboeffekt bei ihnen gewirkt haben könnte. Sie fühlen sich in ihrem Schmerz nicht ernst genommen. Da muss sich für mich auch in der gesellschaftlichen Diskussion etwas ändern, damit der Placeboeffekt nicht mehr als etwas Schambesetztes empfunden wird. Doch gleichzeitig war Homöopathie vor 50 Jahren lange nicht so verbreitet wie heute. Kri­ti­ke­r*in­nen von Homöopathie werden teils unter Druck gesetzt, teils sogar juristisch eingeschüchtert.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Katharina Nocun: Die Ärztin Natalie Grams-Nobmann sollte eine Unterlassungserklärung abgeben für den Satz, dass Homöopathie nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkt. Sie hat sich geweigert. Es gibt eine finanziell starke Homöopathie-Lobby, die weiter ihre Produkte verkaufen möchte. Doch eine emanzipatorische Gesellschaft muss sich klarmachen, dass von wissenschaftsfeindlichen Haltungen auch immer Risiken ausgehen – nicht nur in Bezug auf die Gesundheit.

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85 Kommentare

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  • Ich bin mittelbar ein Betroffener, weil meine Schwester ganz der Esoterik verfallen war, sich geistig hermetisch abgeschirmt hatte, keinem rationalen Gedanken mehr zugänglich war, an Chakren, Kraftsteine, gute Energien, Pendeln usw. glaubte, vor allem meinte, dass "die Natur" sich selbst helfe, sie kleidete sich schließlich nur noch in Weiß; sie trat aus der Krankversicherung aus, lief einem Guru nach, ging zu keinem professionellem Arzt mehr - und als die Schmerzen doch zu groß wurden, war es für eine Behandlung zu spät: Unterleibskrebs - nach einem halben Jahr war sie tot. Ich danke den Autorinnen für ihr Buch, vor allem auch für ihren kritischen Blick auf die politischen Implikationen und Weiterungen, und ich danke der TAZ, dass sie ihnen dieses Forum gegeben hat.

  • Ich habe aus engster Nähe mitbekommen, warum man Esoterik braucht.



    Ein Bekannter bekam eine Krebsdiagnose, Prognose anderthalb Jahre.



    Obwohl er die Pfleger sehr mochte, gab es im Krankenhaus so viele Missstände.



    Ganzheitlich war da gar nichts.



    Man hat ein Arztgespräch, wird mit der Prognose von anderthalb Jahren vor die Tür gesetzt. Keine 5 min aufbauendes Gespräch vom Arzt, der ist nur Mediziner, für die Psyche nicht zuständig (Grüße an die Psychoneuroimmunologie!).



    Fleisch und Fruchtsäure sollte er meiden - das erste Essen nach der OP bestand aus Frikadelle und Orangensaft!



    Wie lindert man die Nebenwirkungen der Chemo, was tut man gegen das Hand-Fuß-Syndrom?



    Musste googeln!



    Dann kommen Vorschläge aus Foren: Eisenkrauttee, Ingwer, Mispeltherapie. Von den Ärzten und Pflegern kommt außer Chemo nichts, es sind zwar nette Pfleger dabei, aber die Psyche ist nicht Teil der Behandlung, es gibt keinen Hinweis auf Maßnahmen (batteriebetriebene Handschuhe etc.).

    Hätte das Krankenhaus einfach ein bisschen Zeit gehabt, den Patienten aufzufangen, hätte er nicht googeln müssen. Homöopathen reden mit ihren Patienten, Mediziner nicht! Da steckt der Fehler! Würde das alles vom Krankenhaus abgedeckt, bestünde gar kein Bedarf an Esoterik.

    Irgendwann dachte er während der Chemo, er hätte einen Schlaganfall, konnte nicht mehr verständlich reden! Nebenwirkung! Vor der aber vorher nicht gewarnt wurde.



    Am Ende kamen immer mehr Zweifel, ob es ihm nun wegen der Krankheit oder der Chemo so schlecht ging.

    Das alles hätte vermieden werden können, wenn das Krankenhaus die Psyche mit einbezogen hätte und den Weg zu den Esoterikern überflüssig gemacht hätte!

    • @BlauerMond:

      Was Sie schreiben ist das große Problem, wie unsere Schulmedizin organisiert ist. Es fehlt dem Fachpersonal die Zeit, sich den einzelnen Kranken anzunehmen. Patient:innen sind zu sehr auf sich alleine gestellt. Diese Erfahrung habe ich in der Klinik auch gemacht. Hinzu kommt die Anonymität, da man ständig eine andere Ärztin, oder einen anderen Arzt vor sich hat, der/die erst einmal im Computer nachsehen muss, was der/die vorherige Arzt/Ärztin eingegeben hat. Deshalb werden einem auch immer wieder die exakt gleichen Fragen gestellt. Es entsteht nicht die kleinste Beziehung. So gut unsere Medizin inzwischen ist, aber ein Umgang mit den Kranken, der Vertrauen und Geborgenheit vermittelt, gibt es nicht; dafür ist kein Geld da. Die kranke Person hat sich in die Logistik des Medizinapparates einzufügen - und nicht umgekehrt. Da sind Alternativen natürlich verführerisch.

  • Danke für dieses Interview! Ich hätte es mir als Trigger-Warnung vor die Anthroposophie-Sonderseiten der letzten Wochenend-Taz gewünscht.

  • Ein anderes, hier nicht angesprochenes Problem ist das der massiven und weitverbreiteten kulturellen Aneignung in der Eso-Szene.

    Da bezeichnen sich irgendwelche Europäer oder Amerikaner als "Schamanen", worunter natürlich alles, nur nicht die ursprüngliche Definition aus Sibirien, fallen kann. Es wird behauptet, man praktiziere "uraltes" Wissen von "Naturvölkern", dabei werden sich nur Versatzstücke religiöser und kultureller Traditionen angeeignet und oft sehr teuer an hiesige Kundschaft verkauft. Teils nimmt das absolut bizarre Züge an, z.B., wenn Ayahuasca-Trips, die in Südamerika traditionell vor allem zum Auffinden gestohlenen Eigentums dienen, zu "Geistreisen" bzw. Blitz-Psychotherapien hochgejazzt werden.

    Das Bild zum Artikel stellt natürlich auch so etwas dar.

  • Persönlich halte ich von esoterischen Ansichten überhaupt nix. Aber ich würd mir trotzdem mal mehr Objektivität zu solchen Themen wünschen und weniger pauschale Verkürzung.

    Esoterik ist ein weitgefasster Sammelbegriff. Natürlich gibts da auch völkische, reaktionäre auch antisemitsiche Vorstellungen. Aber eben genauso viel "Hokus Pokus", den man dort ganz und gar nicht verhaften kann.

    Was die Esoterik tatsächlich gefährlich für Demokratie und Gesellschaft macht, ist die generelle Skepsis und Unkenntnis der Zielgruppe gegenüber Wissenschaft und Politik. Esoterik wird schnell zur Ersatzreligion zu einem Halt mit simplen Antworten auf eine immer komplexere Welt.

    Damit ist sie seit Jahren ein Einfallstor für rechte und antidemokratische Verschwörungsideolgien, die meist auch einen antisemtischen kern besitzen.

    Esoterische Internetseiten und Foren waren so ziemlich die ersten, denen sich die Propagandisten und Trolle intensiv gewidmet haben, und dort jede Menge verunsicherte Menschen für ihre Ideologien rekrutiert haben.

    Und genau dort wurde viel zu lange weggesehen, haben die Rechten enorme Feldgewinne gegenüber der Demokratie gemacht. Fake News und Hetze im netz, über die sich heute tatsächlich noch so mancher wundert und aufregt, konnte man dort bereits vor 15 Jahren finden.

    • @Deep South:

      Esoteriker gab es schon immer in zivilisatorischen Völkern und Spinner ebenso. Durchs Internet ist es jetzt einfach geworden.

  • Hab ich doch glatt einen Punkt vergessen, den die Eso-Leute stets versuchen zu machen (z.B bei den letzten zwei Kommentaren zu finden), nämlich die vermeintliche Äquidistanz der Vernunft zu beidem, der extremen Eso-Ecke und der knallharten Evidenzwissenschaft. Diese Äquidisistanz ist natürlich ein Popanz Leute und *jedwedes* Eso-Zeugs ist weiter entfernt von der Vernunft als noch so seltsame Kapriole der echten Wissenschaft. Waum? Weil letztere aus sich heraus sich der methodischen Falsifizierbarkeit aussetzt, während Esoterik ihr rationales Scheitern als eigene Bestätigung heranzieht.

  • Auf beiden Seiten - sowohl bei denjenigen aus "esoterisch" angehauchten oder vollkommen davon durchdrungenen Szenen wie auch bei denjenigen, die sich vollkommen der "empirisch beweisbaren Wissenschaft" verschrieben haben, begegne ich sehr relaxten Menschen, die der jeweils anderen Seite auch positive Aspekte abgewinnen können, wie auch äußerst verbohrten bis hin zu gefährlichen Menschen. Unreflektierter Glaube - sei es an magische Weltbilder, sei es an "die Wissenschaft" - sind immer schwierig. Besser erscheint mir, mit einem kritischen Ansatz - sowohl sich selbst wie der jeweiligen These, die einem begegnet - und offenen Augen zu sehen: Wo werde ich manipuliert? Wo werde ich emotional oder finanziell ausgenutzt? Wo werden Menschen diskriminiert und diskreditiert? Wo sind Weltverschwörungsthesen und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit? Wo wird der eigenen Weg als der einzig richtige verkauft? Wo stehen nicht die Menschen sondern Prinzipien, Weltbilder o.ä. im Mittelpunkt? Überall wo das der Fall ist, da halte ich bewusst Abstand un äußere sachliche Kritik. Das sollte man/frau definitiv in "esoterischen" Zirkeln tun! Aber das darf man auch bei Schulmedizin und in Wissenschaft. Das ist mein persönlicher Ansatz und damit bin ich sowohl als Akademikerin wie auch als jemand, der sich in der "Eso-Szene" bewegt hat, gut gefahren.

    • @Patricia Jessen :

      Sehr vernünftig, dem ist nichts hinzuzufügen!

    • @Patricia Jessen :

      Was genau ist denn "Glaube an die Wissenschaft"?

      Und wie stellt sich ein kritischer Ansatz gegenüber einer Methode des kritischen Ansatzes (=Wissenschaft) genau dar?

      Und wie kritisch ist der eigene Ansatz, wenn man den Kampfbegriff "Schulmedizin" verwendet?

  • 6G
    652259 (Profil gelöscht)

    Blümchenkaffee hat absolut Recht: die Verklärung und Überhöhung der Wissenschaften wird von solchen Autoren wie Lamberty und Co. genauso wenig hinterfragt wie bei den Esoterikern ihre manchmal fragwürdigen Methoden.

    Überhaupt ist es nicht angemessen und sachlich,bei dem Thema Esoterik alles zu vermischen und alles in einen Topf zuschmeißen,was oft gar nicht zusammengehört.

    So ist zum Beispiel die Homöopathie erstmal ein alternativer gesundheitlicher Ansatz,der immerhin von einem deutschen Arzt,Samuel Hahnemann,begründet wurde.Was hat das denn mit rechten Ideologien und Pseudo-Heilmethoden wie der germanischen Medizin zu tun?

    Und die Esoterik an sich verspricht mit Sicherheit keine einfachen Lösungen,weil es die Esoterik an sich nicht gibt.Es wäre schön,wenn die selbsternannten Experten wie Lamberty und Nocun erstmal eine saubere und treffende Definition und Übersetzung des Begriffs der Esoterik hinkriegen würden:



    Esoterik meint eben nicht eine Gruppe von Erleuchteten,die vermeintlich Bescheid weiß,sondern bezieht sich auf ein,wie schon erwähnt,auf ein inneres,geheimes Wissen.

    "Esoterik ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist, im Gegensatz zu Exoterik als allgemein zugänglichem Wissen."

    Wikipedia

    Laut dieser Definition,die alle möglichen geistesgeschichtlichen Ideen und Strömungen seit vielen tausend Jahren umfassen kann,hat also Esoterik vom Ursprung her rein gar nichts mit rechter Ideologie,Corona Mythen,Wissenschaftsfeindlichkeit oder ähnlichem zu tun,wie hier in dem Artikel suggeriert wird.

    Eine sachliche und jouranlistisch saubere Analyse wäre hilfreicher,als die vermeintlichen Esoterik Experten auf das Thema Esoterik schießen zu lassen.

    • @652259 (Profil gelöscht):

      "So ist (...) die Homöopathie erstmal ein alternativer gesundheitlicher Ansatz,der immerhin von einem deutschen Arzt,Samuel Hahnemann,begründet wurde." (Raphael Haller)



      Na und? Natürlich war Hahnemann Arzt. Man sollte sich aber davor hüten ihn aus seinem historischen Kontext heraus zu reissen.



      Er lebte von 1755-1843 und ab ca 1811 begann er seine Lehre zu entwickeln. Und dies eben vor dem Hintergrund damaliger medizinischer Erkenntnis und Praxis. Gemessen am heutigen Standard von Forschung, Lehre und Behandlungspraxis bewegte er sich also quasi in der "Steinzeit".



      Das ist ihm nicht vorzuwerfen, er versuchte sicherlich sein Bestes. Aber genügt uns das "Beste" aus dem 18th Jahrhundert heute immer noch? Ich, für meinen Teil, würde vor ihm ebenso die Flucht ergreifen wie vor seinen zeitgenössischen Kollegen. Sie stellen alle mitsamt keine ernstzunehmende Alternative zur evidenzbasierten Medizin unserer Tage dar.



      Wer Wirkstoffe so lange verdünnt bis kein Mollekül davon mehr nachweisbar ist (was Hahnemann nicht wissen konnte) und heutzutage trotzdem noch immer behauptet sie würden wirken können, der bewegt sich auf einer Ebene die physikalische Gesetze nicht kennt, absichtlich ignoriert, oder versucht durch Mystizismus auszuhebeln. Und damit klappt deren Schulterschluss zur Esoterik prächtig. Ob die das nun auch so sehen wollen oder nicht spielt zumindest für mich keine wichtige Rolle.



      Nun aber zu sagen es gäbe keine Esoterik und gleichzeitig zu glauben es gäbe ein Gedächtnis des Wassers für Wirkstoffe (Homöopathie) ist gleichbedeutend mit dem Versuch eines jungen Hundes seinen eigenen Schwanz zu erjagen. Drollig anzusehen - aber auch nicht mehr.

    • @652259 (Profil gelöscht):

      >> Eine sachliche und jouranlistisch saubere Analyse wäre hilfreicher,als die vermeintlichen Esoterik Experten auf das Thema Esoterik schießen zu lassen.

      Ja, genau das ist "saubere Analyse", wie Sie sie fordern - Unmut äußern, weil man sich gerade bei Wikipedia "schlau" gemacht hat...

      Und klar, Homöopathie wirkt, weil den Quatsch ein deutscher Arzt erfand (ich würde eher von einem Quacksalber sprechen, aber nun gut). Mehr ad hominem ging wohl nicht?

    • @652259 (Profil gelöscht):

      Homöopathie ist ein pseudowissenschaftlicher Ansatz, der falsch ist. Ganz einfach. Und dass Hahnemann Arzt war, besagt gar nichts angesichts der Tatsache, dass er im 18. Jahrhundert lebte.

  • Nichts gibt den Autorinnen so recht wie die diversen Verteidigungsversuche hier in der Kommentarspalte... Auch und vor allem die Abgrenzungen zu vermeintlich "gutem" und nützlichem unwissenschaftlichen Schmonzes. Und natürlich ist das Eso-Zeugs nicht inhärent antisemitisch, nur zieht es wie durch Zauberhand jedwede Esoterik am Ende unweigerlich dort hin. Die Verwurzelung dieser dezidiert antiwissenschaftlichen Wirrnis ist erschreckend und ich verstehe die Motivation der Autorinnen nach Lektüre (einiger) der Beiträge genau.

    Übrigens ist "magisches Denken" gar nicht so eine gute Beschreibung, bedenkt man, dass Claude Lévi-Strauss damit einen Versuch einer regelbasierten Systematisierung des Geschehens in der Natur beschrieb, die zudem nicht ineffektiv ist. D.h. einen Teil der wirklichen Kausalzusammenhänge tatsächlich erfaßt (auch sehr schön zu sehen in Frazers "The Golden Bough").

    Der innerste Kern dieser aktuellen durchgeknallten Esoterik hier ist, dass sie eine arbiträre Kausalität propagiert. Schier alles kann alles verursachen. Es gibt außer diesem (sehr nazi-liken) voluntaristischen Ansatz das kausal wirksam ist, was irgendjemand will, dass es wirksam ist, keine stabilen Regeln folgende Kausalität.

  • Was man auch nicht vergessen sollte, oft handelt es sich da um Vorstellungen oder Glaubenssysteme aus anderen Kulturkreisen, mit denen die Leute hier nicht vertraut sind und auch deren Entstehung sie schwer nachvollziehen können.

    Oft sind es Krisenkulte, die aus großer Not oder von Gruppen die unter großem Druck standen erdacht wurden.

    Sei es etwa der Geistertanz verschiedener Indianervölker in Nordamerika, deren Gesellschaft am implodieren ist.

    Oder sei es die jüdische Kabbala, als die in Hollywood in Mode war, schwapptedie ja auch teilweise nach Europa. Die kam aus einer Community die teilweise schwersten Verfolgungen ausgesetzt war. Einfaches Beispiel, der Golem, bedrängte jüdische Gemeinde, magischer Diener wird erschaffen um die Probleme zu fixen, so was passiert aber in der Realität nicht.

    Das ist erstmal exotisch und ein interessanter Ansatz für viele Menschen die auf der Suche oder in Nöten sind, weil es eben nicht das ist, was sie kennen und es gibt Menschen, die damit Geld verdienen, keine gute Mischung.

    • @Sven Günther:

      Interessant, aber man sollte versuchen Religion und Esoterik auseinanderzuhalten.

    • @Sven Günther:

      "Was man auch nicht vergessen sollte, oft handelt es sich da um Vorstellungen oder Glaubenssysteme aus anderen Kulturkreisen, mit denen die Leute hier nicht vertraut sind und auch deren Entstehung sie schwer nachvollziehen können."

      Sehr richtig. Im Prinzip ist es kulturelle Aneignung :-)

  • Ich teile zwar die Gefahreneinschätzung der Autorinnen, will aber anmerken, dass zur Esoterikkritik auch ein wissenschaftstheoretisches Nachdenken über die Grenzen der Wissenschaft gehören sollte. Wenn man wissenschaftlichen Theorien und Modellen (im Streit gegen die Esoterik) mehr zutraut als sie zu leisten vermögen, ist auch das nichts anderes als „magisches Denken“ – mit umgekehrtem Vorzeichen.

    Spätestens seit T. S. Kuhn wissen wir, dass die sogenannte Normalwissenschaft nicht unbedingt tolerant ist. Doch insgesamt ist Wissenschaft viel toleranter, als viele Esoterikkritiker:innen meinen. Man wird der Wissenschaft und manchmal auch der Esoterik nicht gerecht, wenn man dies verkennt.

    • @Blümchenkaffee:

      Es mag ja Menschen geben, die sagen sie glaubten an die Wissenschaft. Die haben dann aber nicht verstanden was Wissenschaft bedeutet (oder sich verkürzt ausdrücken), nämlich der stetige Versuch, sich belegbarem Wissen anzunährern - also ein ständiger Prozeß - auch ein gesellschaftlicher. Die Entscheidungsprozesse, was geforscht wird sind gesellschaftlicher Natur.



      Nicht zu verwechseln mit Sinnsuche u.ä., die kann Wissenschaft nicht liefern, ist auch nicht die Aufgabe.



      Esoterik (jeede/r kann ja glauben was beliebt) ist insofern ein zweischneidiges Schwert, da es zwar manchen bei der Sinnsuche als Mittel der Wahl erscheint, aber es wegführt beim bemühen, herauszufinden was real ist, die Kriterien zur Beurteilung von Wirklichkeit (auch Heilsamkeit) verwischen.

    • @Blümchenkaffee:

      Bei Sätzen wie „ich glaube an die Wissenschaft“ werde ich genau so misstrauisch wie bei dem Glauben an die unbefleckte Empfängnis Marias … Gott sei Dank hatte ich damals in der Oberstufe einen Religionslehrer, der zugleich Naturwissenschaftler war. So hat sich mir ein Horizont erschlossen, der Spiritualität und (natur)wissenschaftliche Evidenz nicht als Widerspruch versteht.



      Esoterik als Geschäftsmodell, um damit arme Seelen auszunehmen und hinter die Fichte zu führen, entspricht allerdings nicht meinen Glaubensvorstellungen und ich lehne solche Praktiken entschieden ab … wie auch eine vermeintliche “Wissenschaftlichkeit“ als Glaubensersatz



      Ich kann Ihrem Kommentar also vollkommen zustimmen.

    • @Blümchenkaffee:

      anschließe mich & mach mal Feyerabend - Anything goes • ich hab

      • @Lowandorder:

        he techné „ich hab“ …bitte ignorieren

  • Wie Vera Birkenbihl schon treffend festgestellt hat: Abergläubische Teebeutelschwinger haben rein gar nichts mit Esoterik zu tun.

  • Was für eine undifferenzierte Darstellung. Dass esSpinner und Scharlatane gibt ist unbestritten. Dass deshalb aber jeder Alternative Weg unseriös sein soll, ist schlicht verkürzt.

    Wir finden auch Apotheker, die Krebsmedikamente strecken, Orthopäden, die unnötige OPs machen und Zahnärzte due unnötig Zähne ziehen. Deshalb ist die Schulmedizin doch nichts schlechtes.

    Heilpraktikern ist es per Gesetz verboten, bestimmte Krankheiten alleine zu behandeln. Deswegen helfen einige maximal adjuvant, um Nebenwirkungen abzumildern.

    Homöopathie ist eine Heilkunst, die ähnlich wie die TCM auf Erfahrung basiert und daher ebenso auch nicht esoterisch ist.

    Auch findet man im Artikel überhaupt keine Abgrenzung von Esoterik im Sinne von CG Jubg, Pythagoras oder Sokrates zu den billigen Thalia „Wünsch Dir was vom Iniversum“ Büchern.

    Auch gibt es Unterschiede zwischen der beschriebenen Gebärmutterreinigung und einem Tantra Kurs, der ggf. Doch den einen oder anderen in die richtige sexuelle Balance zurückbringen kann.

    Außerdem gibt es auch bewährte heilpraktische Methoden, wie Ernährungsberatung, basische Kuren oder Hydro Colon Therapie, etc.

    • @kai stuehrenberg:

      Gegen Ernährungsberatung und basische Kuren sagt ja auch niemensch was…aber, mit Verlaub:



      Wer Homöopathie als Heilkunst bezeichnet hat sich für eine ernsthafte Diskussion nachhaltig disqualifiziert!

      • @Saile:

        Obwohl das klassische Wirkungsmodell der Homöopathie nicht zutrifft, hat diese trotzdem Heilerfolge aufzuweisen. Wer das schlichtweg ignoriert, disqualifiziert sich ebenfalls für eine ernsthafte und glaubwürdige Diskussion.

        • @Mustardmaster:

          Klar gibt’s da „Heilerfolge“, nennt sich Placeboeffekt. Darüberhinaus gibt’s aber nachgewiesenermaßen wissenschaftlich bewiesen _keine_!

    • @kai stuehrenberg:

      "Wir finden auch Apotheker, die Krebsmedikamente strecken, Orthopäden, die unnötige OPs machen und Zahnärzte due unnötig Zähne ziehen. Deshalb ist die Schulmedizin doch nichts schlechtes."



      Der Unterschied: Bei der "Schulmedizin" (ein Kampfbegriff, der von den Nazis dann zusätzlich mit dem Attribut "verjudet" belegt wurde) ist das regelwidrig.

      Bei Homöopathie, Heilpraktikern etc. ist schon die Grundlage fragwürdig.

      "Homöopathie ist eine Heilkunst, die ähnlich wie die TCM auf Erfahrung basiert und daher ebenso auch nicht esoterisch ist."

      Kann die Wirksamkeit nicht belegt werden, ist es Quacksalberei. Die Mehrzahl von "Anekdote" ist eben "Anekdoten" und nicht "Evidenz".

      Der Grundlage der Homöopathie widerspricht dabei den Naturwissenschaften. Um das auszugleichen, werden immer neue Möglichkeiten erfunden, wieso das doch funktioniert (auch wenn es faktisch nicht funktioniert). Dabei greift man auf Schlagworte wie "Wassergedächtnis" und ähnliches zurück, die sehrwohl esoterisch sind.

      "Außerdem gibt es auch bewährte heilpraktische Methoden, wie Ernährungsberatung, basische Kuren oder Hydro Colon Therapie, etc."

      Ernährungsberatung ist nicht per se Heilpraktisch.

      "Bewährt" heißt ansonsten in dem Zusammenhang wohl "Leute lassen sich damit schon lange mit Erfolg ausnehmen."



      Denn weder bei basischer Ernährung, noch bei Colon-Hydro-Therapie (sprich: Einläufe) gibt es einen Nachweis, dass sie tatsächlich wirken. Einmal davon abgesehen, dass sie auf vollkommen falschen Annahmen zu Körperfunktionen beruhen.

      • @sart:

        "Kann die Wirksamkeit nicht belegt werden, ist es Quacksalberei. Die Mehrzahl von "Anekdote" ist eben "Anekdoten" und nicht "Evidenz".

        Der Grundlage der Homöopathie widerspricht dabei den Naturwissenschaften. "

        Die angenommene Grundlage der Homöopathie widerspricht den Naturwissenschaften, die tatsächliche Grundlage -"Placeboeffekt"- aber nicht.



        Die Wirksamkeit(=erfolgreiche Heilung), ist durchaus belegt, "Placeoeffekt" ist nicht synonym mit "Zufall".



        Gerade die Medizin ist eine evidenzbasierte Wissenschaft, die längst nicht immer und alle Therapieerfolge erklären kann. Deswegen auch der bekannte Spruch "Medizin ist keine exakte Wissenschaft."



        "Evidenz" ist die Summe vieler Einzelberichte /Anekdoten.

        Es gab in der herkömmlichen "wissenschaftlichen "Medizin genügend Erklärungsmodelle für Therapien ,die sich irgendwann als falsch erwiesen haben. Trotzdem wurden die Patienten geheilt. Das ist auch weiterhin der Fall: Bspw. ist Metamizol ,ein starkes Schmerzmittel, seit über 100 Jahren erfolgreich in Gebrauch,obwohl der genaue Wirkmechanismus bis heute nicht bekannt ist.(de.wikipedia.org/w...m#Wirkmechanismus)

        • @Mustardmaster:

          "Die angenommene Grundlage der Homöopathie widerspricht den Naturwissenschaften, die tatsächliche Grundlage -"Placeboeffekt"- aber nicht."

          Der Placeboeffekt ist aber nunmal keine Wirkung speziell der Homöopathie.

          Wirkt eine Therapie nicht über den Placeboeffekt hinaus, dann hat nicht die Therapie geheilt, sondern der Placeboeffekt.

          Etwas anderes zu behaupten (was die Homöopathie tut) ist letztlich unethisch.



          Damit Geld zu verdienen (was Homöopathen tun) ist letztlich Betrug.

          "Gerade die Medizin ist eine evidenzbasierte Wissenschaft, die längst nicht immer und alle Therapieerfolge erklären kann."

          Aber sie kann Therapieerfolge feststellen. Bei der Homöopathie selbst kann kein Therapieerfolg festgestellt werden. Denn nein: Der Placeboeffekt ist kein Erfolg der Therapie selbst.

          ""Evidenz" ist die Summe vieler Einzelberichte /Anekdoten."



          Das ist falsch. Eine Sammlung von Einzelberichten und Anekdoten ist eben keine Evidenz. Diese Einzelberichte müssen untersucht, gewichtet und verglichen werden.

          "Bspw. ist Metamizol ,ein starkes Schmerzmittel, seit über 100 Jahren erfolgreich in Gebrauch,obwohl der genaue Wirkmechanismus bis heute nicht bekannt ist."



          Du verwechselst hier wieder Wirkung und Wirkmechanismus.

          Homöopathie hat keine -->eigene

    • @kai stuehrenberg:

      Wo bitte steht im Interview, dass der Alternativmedizin per se das Existenzrecht abgesprochen wird? Dort ging es um die Vermischung von alternativer Medizin mit esoterischem Hokus Pokus.

      Ob "Ernährungsberatung" eine eigenständige heilpraktische Methode ist, wage ich an dieser Stelle auch zu bezweifeln ebenso wie die von dir/Ihnen genannte "Basische Kur" oder Ernährungsweise überflüssig ist (vgl. de.wikipedia.org/w...ertung_und_Kritik).



      Über die Probleme und Übergriffigkeiten im Kontext von Traumata und Tantra berichtete die taz unlängst: taz.de/Sexualthera...ra-Szene/!5885320/

  • Der Glaube an das Karma und an die Wiedergeburt ist Bestandteil des Hinduismus.

    Dies als Esoterik abzutun entspringt einer kolonialen Überheblichkeit, die selbstverständlich glaubt, dass die "westliche" Art von Fortschritt die einzige und absolute Wahrheit ist.

    • @Argonaut:

      Das problem ist, dass sich westlicher Esoterikerinnen aus „exotischen“ Religionen herauspicken, was sie anspricht. Ein bisschen Karma hier, ein bisschen Achtsamkeit dort, und dann noch eine schamanische Geistreise obendrauf. Gerade DAS ist koloniales Denken.

    • @Argonaut:

      Evidenzbasierte Wissenschaft gibt es auch in Buddhistischen und Hinduistischen Ländern.

      "Die Wissenschaft", eine heikle Generalisierung ist sie doch so divers, kennt keine absolute Wahrheit sondern nur die Annäherung an die Wahrheit.



      Einer der Gründe, wieso sie sich ständig weiter entwickelt, im Gegensatz zu den Religionen und aus ihren Fehlern lernt- ebenfalls gegensätzlich zu den Religionen.

      Gefährlich wird es, wenn Menschen ohne Glauben Wissenschaft als Ersatz für Religion oder Spiritualität verwenden.

      Daher sind gläubige Wissenschaftler oft die kompetenteren, egal ob sie ans Spaghettimonster, an irgend eine der klassischen Religionen oder einfach an ihr Haustier glauben.

      Glaube ist Teil unseres Wesens, das macht uns in Krisen auch so empfänglich dafür, angebliche, einfache Lösungen nicht kritisch zu hinterfragen.

      Die letzten Jahre haben hierzu reichlich Studienmaterial geliefert.

      • @Stubi:

        Übrigens entwickeln sich auch Religionen ständig weiter … nur nicht immer in eine gute, fortschrittliche Richtung, wie beispielsweise für den protestantischen Bereich - um mal vor der eigenen Haustür zu kehren und nicht immer bloß die “pöhsen” Katholiken an den Pranger zu stellen - der Siegeszug militanter evangelikaler Sekten in den USA, Lateinamerika oder einigen afrikanischen Ländern zeigt. In Brasilien könnten sie demnächst sogar über die Wiederwahl Bolsonaros entscheiden.



        Allerdings wäre die Geschichte der Aufklärung in Europa wohl anders verlaufen, wenn sich nicht auch einige mutige - und eben aufgeklärte - Kirchenleute für aufklärerische, humanistische Werte eingesetzt hätten, oft natürlich gegen den Willen der offiziellen Amtskirche und des etablierten Klerus.



        Man denke beispielsweise an den Jesuiten Friedrich Spee und seinen Einsatz gegen Folter und Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert.



        de.m.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Spee



        Aber natürlich sind solche Biografien immer auch Beispiele für das Einknicken und den Opportunismus gegenüber den kirchlichen Autoritäten, wider besseres Wissen und humanistischer Geisteshaltung … das muss aber immer im Zeitkontext gesehen werden, wie es so schön heißt und man kann trotzdem eine Menge davon lernen, auch hinsichtlich der selbstkritischen Reflexion der eigenen Haltung in unserer heutigen Zeit.

    • @Argonaut:

      Hm, gilt das dann auch für jeden der den Glauben daran ablehnt dass Jesus der Sohn Gottes ist und für unsere Sünden starb?

      Müsste ja eigentlich so sein, schließlich stammt der Glaube ja auch aus einer asiatischen Kolonie.

      Und unter uns: Ich kenne sehr viele Leute die das Christentum nicht für eine Form des medizinischen Fortschritts halten. Ich gehöre selbst dazu und das obwohl ich überzeugter Christ bin

      • @Questor:

        Das Motiv der Gottessohnschaft Jesu kommt ja ursprünglich aus dem Bereich antiker vorchristlicher Glaubensvorstellungen. Das Konzept funktionierte schon fast seit Beginn der Menschheitsgeschichte überaus erfolgreich zur Legitimation gewisser Herrschafts- und Machtverhältnisse … denken Sie an die Priesterkönige der Inka und Azteken oder im Zweistromland, an die ägyptischen Pharaonen oder später die römischen Kaiser. Da lag es doch sehr nahe, dass das frühe Christentum dieses Konzept übernahm.



        Auch ich würde mich als überzeugter Christ bezeichnen, vermute aber mal, dass mich viele religiöse Extremisten für solche Aussagen liebend gerne steinigen oder verbrennen würden (und zwar religions- und konfessionsübergreifend) … Gott sei Dank gibt es unter den taz-Lesern nicht allzu viele davon.

    • @Argonaut:

      Man sollte natürlich jede Art von Jenseitsglauben etc. mit aufnehmen.

      Der christliche Glaube an ein Jenseits und einen Gott, der belohnt und bestraft, ist genauso esoterisch wie Karma und Wiedergeburt.

    • @Argonaut:

      Religion ist nun mal Esoterik.



      Wozu gibt es Priester?

      Karma ist die perfekte Lehre für die Machterhaltung der Elite. Denn im hier und jetzt kannste nicht nach oben. Biste brav zur Elite, wird es nächstes Mal ganz, ganz bestimmt was.



      Wiedergeburt ist der Feind der Demokratie und Egalite.

    • @Argonaut:

      Und wenn Sie die verschiedene religiösen Traditionen Indiens als Hinduismus bezeichnen, sind Sie schon Teil der kolonialen Überheblichkeit.



      de.wikipedia.org/wiki/Hinduismus

    • @Argonaut:

      Es ging im Interview um Allmächtigkeit und Souveränitäts(-Macht-)Phantasien, die unterstellen, dass selbst jemand, der eine Krebserkrankung hat, selbst schuld sei. Das hat nichts mit Hinduismus oder kolonialer Überheblichkeit zu tun. Vielleicht beim nächsten Mal sich nicht nur von einem einzelnen Wort triggern lassen, sondern den Zusammenhang sehen.

    • @Argonaut:

      Tja , wer keinen Gott hat, der hat Wissenschaft. Und wir wissen ja aus der Geschichte wie "Gläubige" des jeweiligen Paradigmas, die jeweils anderen drangsaliert haben.

  • "Die dort weitverbreitete Fortschrittsfeindlichkeit und Antimoderne ist häufig ein Einfallstor für Antisemitismus."



    Warum? Mir fehlen hier irgendwie Zusammenhänge, die ich beim Lesen der Artikelüberschrift gehofft hatte, im Artikel selbst zu finden, aber Fehlanzeige. Kann jemand diesen Gedankensprung für mich aufdröseln, bitte? Wie kommt man von Antimoderne nach Antisemitismus?

    • @Tetra Mint:

      Die esoterische Szene ist mit Antisemitismus durchsetzt. Das bedeutet nicht, dass Esoterik inhärent antisemitisch ist, aber wenn man erstmal in esoterischen Kreisen ist, bekommt man auch den Antisemitismus mitserviert.

      Und da ist es nunmal so, dass die, die ihn nicht schlucken, ihn zumindest ignorieren.

    • @Tetra Mint:

      Kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich würde denken das es da keinen kausalen Zusammenhang gibt. Bildungsferne oder Spinnerte sind nicht zwangsläufig antisemitisch.

      Hier ( www.vielfalt-media...falt_mediathek.pdf ) lese ich sogar völlig gegenseitiges: "Historisch betrachtet waren Strömungen wie Spiritismus, Okkultismus oder New Thought eng verflochten mit radikalen politischen Reformbewegungen – die im 19. Jahrhundert vorwiegend sozialistischen, feministischen, oder anarchistischen Richtungen zuzuordnen wären"



      Ganz krude wird es dann, wenn man jüdische esoterische Traditionen wie die Kabala betrachtet. ( de.wikipedia.org/wiki/Kabbala )

    • @Tetra Mint:

      Es gibt keine direkte Verbindung zwischen Esoterik und Antisemitismus. Es gibt allerdings eine "braune" oder (politisch) "rechte" Esoterik, in der und nicht nur dort Antisemitismus häufiger vorkommt. Im besten Fall sind es statistische Korrelationen.

      Die Bundeszentrale für politische Bildung hat dazu vor Kurzem eine Tagung veranstaltet. www.bpb.de/veranst...ik-und-demokratie/

    • @Tetra Mint:

      Im Artikel steht: Weil sich z.B. in den völkisch (naturalistisch) angehauchten Strömungen auch viele Paralleln zu rechter/rechtsextremer Ideologie zeigen. Wer von einer "verjudeten Medizin" schwadroniert, ist antisemitisch. Auch der individualisierte Glaube an die eigene Allmächtigkeit führt z.T. dazu, dass einige glauben, die Juden und Jüdinnen seien selbst an der Shoa schuld (siehe Interview). Insofern laufen da diverse ideologische und milieuspezifische Stränge zusammen bzw. kreuzen sich an bestimmten Punkten.

      • @White_Chocobo:

        Im Artikel wird ein konkretes Beispiel genannt, die Germanische Neue Medizin von Ryke Geerd Hamer.

        Der sprach genau, die Schulmedizin sei jüdisch. Juden würden sich so wie von Hamers auch behandeln lassen und wollen alle Nichtjuden so umbringen. Das ist genau das Beispiel, auf das hier sprachlich eingegangen wird.

        de.m.wikipedia.org...i/Ryke_Geerd_Hamer

        • @Sven Günther:

          "Er behauptete, dass die Krebsärzte in Deutschland meist Juden seien, die bei der Chemotherapie Chips mit "Giftkammern" implantierten würden, um die Patienten per Satellit gezielt zu töten.

          "In Deutschland kriegt kein Jude Chemo", erklärte er. "Wir Nichtjuden werden gezwungen, weiterhin die jüdische Schulmedizin zu praktizieren." Auch mittels Impfungen würden Menschen mit Chips markiert."

          www.derstandard.de...eerd-hamer-ist-tot

          • @Sven Günther:

            Natürlich gibt es das. Das "dort" im Artikel wird aber nicht differenziert verwendet. Demnach sind alle Bäker braun.

  • Grundsätzlich muss man Esoterik und Spiritualität unterscheiden.

    Esoterik ist Weltflucht. Spiritualität das Gegenteil.

    Spiritualität geht grundsätzlich davon aus, dass wir mehr sind als ein Zellklumpen.

    Spiritualität wendet sich an unser Sein, dessen Essenz reine Bewusstheit ist.

    Und es führt kein Weg daran vorbei, diese mehr und mehr zu entdecken. D. h. zu meditieren. Nur in Meditation erkennen wir uns selbst. Mediation führt zur Nicht-Identifikation mit Gedanken und Gefühlen. Bewusstheit ist jenseits von männlich und weiblich, Leben und Tod, arm und reich, Glauben und Nicht-Glauben, Hautfarben, Nationen, Ideologien etc.

    Meditation ist eine Wissenschaft, Jahrtausende alt, die Wege führen über den Buddhismus, Taoismus, teilweise über den Sufismus (sofern dieser nicht von Politikern gekapert wurde). Seriöses wissenschaftliches Arbeiten, beginnend mit einem theoretischen Überbau, der "Natur des Geistes", individuell abgeglichen mit Erfahrungen in Meditation.

    In meinem Bekanntenkreis gibt es die unterschiedlichsten Leute. Leider muss ich feststellen, dass tatsächlich so manche in die Esoterik abgleiten. Esoterik ist einfacher, man muss nicht wirklich an sich arbeiten, man muss nicht die Disziplin aufbringen um seine Mediationen machen.

    Man kann rumspinnen. Und das geht ganz hervorragend über das Internet.

    Leider ist da auch Antisemitismus dabei. Da kann ich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, dass es manche Leute immer noch nicht gelernt haben ihr Unterbewusstes halbwegs zu reflektieren. Haben die noch immer nicht gelernt, dass Antisemitismus erbärmlichste Projektion ist?

    Sartre drückt es gut aus: Der Antisemit hat Angst vor der Welt. Er hat vor allem Angst: vor seinem Gewissen, vor seiner Freiheit, seinen Instinkten, seiner Verantwortung, der Einsamkeit, der Veränderung, der Gesellschaft und der Welt: vor allem außer den Juden.

    Und auf die projiziert er.

    • @shantivanille:

      Danke … ich hätte es nicht besser formulieren können. Ich habe nie verstehen können, wie man einen künstlichen Widerspruch zwischen gelebter Spiritualität und naturwissenschaftlicher Erkenntnis konstruieren kann, sowohl seitens religiöser als auch (vulgär)atheistischer Extremisten.

  • Schade dass hier nicht verstanden wird, was Manifestation wirklich ist, es ist nämlich natürlich keine "Zauberkraft" genauso wie der Placebo- und der Noceboeffekt viel stärker in der Schulmedizin berücksichtigt gehört. Meiner Meinung nach ein wenig undifferenziert dieser Artikel. Nicht jeder der sich selbst für Spirituell hält ist gleich Antisemit oder gar rechts. Ebenso die Auffassung, dass Menschen aus ideologischen Gründen zum Heilpraktikter gehen. Mitnichten ist das so. Die Menschen gehen dort aus Verzweiflung hin, weil die Schulmedizin sie nicht mehr ernst nimmt, es keine Termine bei Fachärzten gibt etc. Das Gesundheitssystem ist so marode, da müssen die Menschen Alternativen suchen.

    Ich suche aktuell einen Platz bei einem Psychologen und bekomme dann in einer Akutsituation die Aussage "ja ich setz sie auf die Warteliste, 1 Jahr müssen Sie aber rechnen!"

    BITTE!?!?! Und dann wundert sich noch jemand darüber, dass dieser Bereich so erstarkt und immer mehr schwarze Schafe sich dazwischen rumtreiben?

    Diese Lehren (mal von der GNM ganz abgesehen) gibt es schon tausende und abertausende von Jahren.

  • Sehr interessant. Auch berichtenswert: Verschwörungsteorien. Das ist ein Phänomen, das darin besteht, dass Menschen überzeug davon sind, dass alle möglichen völlig disparaten Übel in der Welt in Wahrheit miteinander verbunden sind & unter einer Decke stecken.

  • Viele richtige und wichtige Punkte, die hier aufgeführt werden. Ich war selber viel in dieser Szene unterwegs in Zeiten der Selbstfindung und war oft abgestoßen etwa von der Abschottung von der Politik "da oben", dem zwanghaften Selbstoptimierungswahn, dem Faken von Wissen und Erfahrung von Menschen, die höchst dubiose und lachhaft kurze Ausbildungspfade durchlaufen haben.

    ABER: So wie die Esoterik hier dargestellt wird, wird sie dem nicht gerecht, was sie oft leistet. Im Artikel wird darauf verwiesen, Esoterik würde sich auf etwas beziehen, "das gar nicht vorhanden ist, Wirkung erzeugen kann". Das ist einfach im Großen und Ganzen falsch und ignoriert die vielen erfolgreichen Unterfangen, dort Wissen zu vermitteln und erfahrbar zu machen, das unser menschliches Zusammensein betrifft. Weit vor diesem Zeitalter haben sich Menschen mit Ritualen, Zeremonien und Geschichtenerzählen über schwere Zeiten hinweggeholfen (Krankheit, Verlust, Identitätskrisen). Durch Menschliches Miteinander, Berührung, gegenseitiges Motivieren, Zuhören usw. - diese Dinge wirken nachweislich und machen meiner Erfahrung nach einen großteil "esoterischen Zusammenseins" aus. In unserer Gesellschaft das als schwurblerische Esoterik abzutun, die nichts bewirken kann, ist einfach traurig, weil sie etwas zum Feindbild macht, das im Kern gutes will und leisten kann. Wir wären gut daran, die Szene ernst zu nehmen und ihr beizuwohnen, sie weiter aufzuklären, Brücken in die aufgeklärte Welt zu bauen, da wo es notwendig ist und zu widersprechen, wenn Quatsch behauptet wird und lautstark gegen solche zu protestieren, die mit zusammengeschusterter Esoterik einfach Geld verdienen wollen.

    • @Frau in der Letzten Reihe:

      in der Tat beschreibt das Interview überwiegend missbräuchlich benutzte "rechte Esoterik", die aber nicht automatisch rechts sein muss... Und ja, seriös betriebene Astrologie, als Ur-Mutter antiker Esoterik, beschäftigt sich auch mit den "Göttern der Heimat". Gleichzeitig stehen die Heimat-Götter über ihre archetypische Bedeutung indigen weltweit in Verbindung - achtet die "fremden" Götter genauso, und das ist ganz klar nicht-rechts! Und nein, Homöopathie ist NICHT-esoterisch, sie war als eine "wissenschaftlich" gedachte Alternative zur teils noch gefährlicheren Medizin des 18.Jahrhundert von Hahnemann postuliert, um den damals starken Gift-Nebenwirkungen mancher (Quecksilber-)Therapien usw zu entgehen. Allein indem sie auch Glauben an die Selbstheilung -da wo möglich- aktiviert, ist sie ein Stückchen weit auch schamanisch, ohne jedoch das schamanisch-astrologische Weltbild zu teilen. Was ja indirekt durch dessen alttestamentarisches Verbot jeglicher "Zauberei" schon in der Bibel stand. Und dennoch durch die archetypische "Göttin" Lilith z.B., der Äskulap-Schlange um den paradiesischen Weltenbaum-der Erkenntnis tief in unsere seelische Psychologie eingrub, ...vom orthodoxen Monotheismus verteufelt. (Und diese Feststellung ist zunächst einmal wahr, und nicht vordergründig anti-jüdisch bzw. anti-islamisch zu werten) Bzw. in den 12 später 3 Weisen aus dem (babylonischen) Morgenland, die dem Stern von Bethlehem (Venus!) folgten, um uns alle -stellvertretend durch Jesu Geburt- als Kinder des Sonnen- & der Sternen-Gött:innen-in-uns zu erlösen. Um das Jahr Null der Antike noch auf aultruistisch-leidende "Fische"-archtypische Weise. Inzwischen abgelöst durch das "Wassermann"-Wissenprinzip in allen Bereichen. - Solche Esoterik, die in der menschlich-humanistischen Entwicklung bereits seit der Eiszeit vor 40000 Jahren fusst, ist niemals rechts, erkennt aber konservative, liberale und "sozialistische" Anteile in uns Menschen! Wer's möchte kann astrologischesabendmahl googeln

  • Nicht jeder, der (auch) Homöopathie nutzt, ist wissenschaftsfeindlich. Mit diesem Weltbild verbauen die Autorinnen sich den Zugang zu Lesern/Zuhörern selbst.



    Es gibt genügend Menschen, die differenziert z.B. Homöopathie bei leichten Beschwerden einsetzen, bei ernsten Erkrankungen genauso selbstverständlich zum Arzt gehen, Antibiotika nehmen, sich impfen lassen.



    Übrigens war bei mir die wirkungsvollste Behandlung gegen Migräne eine, die die Autorinnen vermutlich unter "Geistheilung" bzw. Schamanismus einsortieren würden. Hat geholfen, während Ärzte mir nicht helfen konnten, keine wirkungsvolle Hilfe angeboten haben.



    Noch mal ganz klar: ich bin nicht wissenschaftsfeindlich und lasse mir das auch nicht unterstellen. Ich bin z.B. 4 x gegen Corona geimpft usw. Geht eben beides. Wer sollte jetzt sein Weltbild ändern?

    • @abraxas:

      Man kann Homöopathie wissenschaftlich einsetzen - Indem man den Placebo-Effekt anpeilt.

      Da spricht gar nicht viel gegen, einzig das schlechtere Preis-Leistungs-Verhältnis in Relation zu Smarties. Problematisch wird es wenn man da noch Zusatzwirkungen reindichtet die so nicht zu halten sind, denn dann verlassen wir die wissenschaftliche Grundlage.

      Es spricht natürlich grundsätzlich auch nichts dagegen an eine Wirkung über den Placebo-Effekt hinaus zu glauben, aber das ist dann genau das: Ein Glaube. Wenn man das so differenziert für sich annimmt ist das kein Problem - es gibt viele Wissenschaftler die parallel zu ihrer Arbeit auch tiefreligiös sind.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @abraxas:

      Danke, so halte ich das ebenfalls.

  • Der Artikel erinnert mich an gewisse Schriften die früher von der ev. und kath. Kirche herausgegeben wurden. Esoterik wurde unumwogen als Teufelswerk abgetan.



    Nun verständlich, der Glaube machts, da ist Konkurenz unerwünscht.



    Eine derartige Vermischung von Faschismus und Esoterik hier zu finden beängstigt mich.



    Natürlich haben "esoterische" Lehren grundsätzlich etwas konservatives. Bei Ying und Yang gibt es eben keine Zwischentöne.



    Als Psychologe weiss ich aber , dass viele Konzepte die früher als esoterisch abgetan wurden , Eingang in die Psychologie gefunden haben.



    Betrachtet man alleine die Konzepte des NLP`s wird (der Fachmann/frau) sehr sehr viele Parallelen zu "esoterischen" Konzepten finden.



    Mal so ganz nebenbei. Wenn Siegmund Freud heutzutage seine Bücher veröffentlicht hätte, wären die Buchhändler am überlegen in welches Regal sie gehören. Wahrscheinlich hätten sie Freud unter Esoterik eingeordnet.

    • @lutz thomas:

      Vielleicht ist das NLP ja im Kern auch esoterisch.

      de.wikipedia.org/w...ogrammieren#Kritik

      Kennen Sie denn noch andere Konzepte, die als esoterisch galten, die Eingang in die Psychologie gefunden haben?

      • @Jim Hawkins:

        Victor Frankl - Logotherapie und Existenzanalyse, die gesamte Tiefenpsychologie von Freud, Adler und besonders Jung.



        Die Liste könnte lang sein und diskussionswürdig.



        Eine wissenschaftliche Standhaftigkeit gibt es nur bei der Verhaltenstherapie, die auf die Lerntheorie aufgebaut ist. Ansonsten kann alles in Bausch und Bogen verurteilt werden was am Psychomarkt ist. Insbesondere die Systemische Psychologie, von der sich die derzeitige "Möglichkeit" der Geschlechterwahl ableitet.



        Um als Psychologe in einer von den Rentenversicherungsträgern finanzierten Einrichtung arbeiten zu können , muss man ganz spezielle Zusatzqualifikationen haben. Mit Gestaltpsychologie z.B. , wird man da nix.

      • @Jim Hawkins:

        Könnte dann auch jegliche Methode der Psychotherapie als esoterisch bezeichnet werden? Schließlich hat sie als Instrument ja nicht das Skalpell oder knallharte chemische Mittel wie die Schulmedizin und kann erfolgreich sein oder nicht, was auch stark von der Persönlichkeit der therapierenden Person abhängt. Zudem gibt es physiologische Therapien, die anstelle von Operationen genauso oder besser wirken - im Bereich von Wirbelsäulenproblemen, Kopfweh etc. Auch wirkt oft schon die Zuwendung von Ärzt:innen positiv auf die Gesundheit. Die Frage ist, wo ist die Grenze zum Esoterischen.

      • @Jim Hawkins:

        die astrologische Psychologie eines C.G. Jung und Fritz und Claus Riemann bspws.

    • @lutz thomas:

      Yin und Yang ist eine reine Darstellung von Polen, welcher ohne Einander nicht existieren können und nahtlos ineinander über gehen und damit Zwischentöne eben dazwischen gleichwertig existieren. Nichts ist Yin oder Yang. Alles ist beides.

      • @Motte:

        "Nichts ist Yin oder Yang. Alles ist beides."

        Mal eine Zwischenfrage aus der mathematischen Ecke: Wenn alles beides ist, dann ist Yin ja auch Yang. Kann man das Konzept dann nicht auch von "Yin und Yang" auf nur "Yin" reduzieren, weil Yang darin enthalten ist?

        Falls ich gerade ein wichtige Problem gelöst habe möchte ich am Umsatz beteiligt werden. Falls ich hingegen gerade eine neue Sekte begründet habe möchte ich zumindest den Posten des Oberpropheten.

        • @Questor:

          Bezüglich "Umsatz" empfehle ich Ihnen auf Nummer Sicher zu gehen und Johnson & Johnson Aktien zu kaufen.

      • @Motte:

        Na mein ich doch ;-)

        Das Konzept ist jedenfalls seit tausenden (?) Jahren unumstößlich. Total konservativ.

  • Aus ideologischen Gründen zum Heilpraktiker? Frau Nocun irrt. Menschen gehen im Regelfall aus blanker Not dorthin, weil sie oft schwerwiegende gesundheitliche Probleme haben, bei der sie von der Schulmedizin keine Hilfe erfahren, in der 3-Minuten Kassenpraxis chancenlos. Fragen Sie mal die über 10 Mill. Patienten mit "Reizdarmsyndrom".

    • @independent:

      Richtig.



      Beim Psychiater* (der leider immer mit dem Psycholgen*) verwechselt wird bekommen sie 15 Minuten und Neuroleptika. Sonst nix.



      Thomas (Dipl. Psych)

      • @lutz thomas:

        Psychotherapeut ist kein geschützter Titel. Ich muss weder Dipl. Psychologe sein, noch Heilpraktiker, noch Arzt, noch muß ich 28 MC Fragen beantworten um als Coach psychotherapeutisch zu arbeiten. Bei der Masse der Angebote in Berlin, muß diese Stadt ein Hort des Rechtsextremismus und Faschismus sein, folgt man der Logik der Interviewten.

  • " Menschen fühlen sich extrem angegriffen, wenn man auch nur andeutet, dass ein Placeboeffekt bei ihnen gewirkt haben könnte. Sie fühlen sich in ihrem Schmerz nicht ernst genommen. Da muss sich für mich auch in der gesellschaftlichen Diskussion etwas ändern, damit der Placeboeffekt nicht mehr als etwas Schambesetztes empfunden wird."

    Der Begriff "Placebo" bzw. "Placeboeffekt" ist deswegen schambesetzt, weil darunter meistens "Einbildung" verstanden wird: Wenn der Placeboeffekt wirkt ,dann war die Krankheit eingebildet. Tatsächlich funktioniert der P.-Effekt über die Selbstheilungskräfte und weil viele sich körperlich manifestierende Beschwerden eine psychische Ursache oder zumindest Komponente haben. Ob nun Wallfahrt,Schamanen- Ritual, Globuli,etc. ist da im Grunde egal und hängt vom persönlichen "Geschmack" ab. Natürlich gibt es auch Anwendungsbeschränkungen . Dazu gehört u.a. Krebs. Nur Scharlatane behaupten mit "alternativen Methoden" heilen zu können.

  • "damit der Placeboeffekt nicht mehr als etwas Schambesetztes empfunden wird" ← das wäre der wichtigste Punkt: Erklären können. Dafür muss auch geforscht werden, was mit dem Placebo-Effekt möglich ist.

    "Generell ist mein Eindruck, dass Fakten immer weniger zählen" ← Bei jedem Artikel, der impliziert, dass die Hälfte der Leute Antisemitismus ignorieren (etwa so viele nutzen Homöopathie), wird es weniger.

  • Das Grundproblem der Esoterik als psychologischer Sicht ist, dass sie ganz überwiegend die Grundannahme vertritt, das Individuum sei spirituell, geistig und eben auch körperlich und überhaupt in allen Lebenslagen seines Glückes Schmied. Unglücklich? Du bist nicht achtsam genug. Oder du denkst nicht positiv genug. Krank? Du ernährst dich falsch. Oder du denkst nicht positiv genug. Erfolglos im Job? Du konzentrierst dich nicht genug auf deine Mantras. Oder du denkst nicht positiv genug.

    Die Esoterik suggeriert eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände, die es einfach nicht geben kann. Da sind "echte" Religionen immerhin zumeist so weit, dass sie zugeben, dass das Leben manchmal eben einfach unfair ist und man in dieser Welt auch nichts daran ändern kann. Esoterik predigt Selbstoptimierung. Damit setzt sie das Individuum letzten Endes unter massiven Druck.

    Und wie die Angst vor Kontrollverlust, bzw. davor, zugeben zu müssen, dass man eben manchmal keine Kontrolle hat, zum Teil nicht mal genug Wissen, um ein Lebensproblem rein intellektuell zu verstehen, sich auswirken kann, sieht man in der Pandemie. Die ganzen Esoteriker unter den Impfleugnerinnen, Maskenverweigerern usw. sind in erster Linie deswegen so, wie sie sind, weil sie Angst haben, auf andere und deren überlegene Kompetenzen vertrauen zu müssen.

    • @Suryo:

      Guter Kommentar, Suryo.

      Besonders der Satz: "Die Esoterik suggeriert eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände".

      Das ist der Unterschied zu Spiritualität. Hier liegt der Fokus wohl eher auf dem "Watcher". Beobachten von Gedanken, Gefühlen. Nicht-Identifikation. Haben wir schon von Buddha vor 2500 Jahren gelernt.

      Über Achtsamkeit kann man sicher einen positiven Effekt im Leben erreichen. Selbstverständlich.

      Doch man hat niemals alles im Griff. Niemals.

      • @shantivanille:

        Meinetwegen auch das gute alte Christentum: alles hat seine Zeit, auch Freude und Leid.

        Und gegen Selbstoptimierungswahn hilft Luther: der Mensch ist von Grund auf verdorben und kann sich nicht aus eigener Kraft aus diesem Zustand befreien. Gerade diese Erkenntnis befreit dann aber in dem Sinne, dass man nicht mehr darauf achten muss, ob das, was man tut, auch "gut" im Sinne eines Pluspunktes ist.

        Wie gesagt, "richtige" Religionen sind sehr viel weiter als die Esoterik. Ich würde sogar behaupten, dass der Umgang mit dem Leid und der Unvollkommenheit des Menschen Religion/Glauben von Esoterik unterscheidet. Erstere akzeptiert, dass es unverschuldetes und auch nicht zwingend abwendbares Leid gibt.

        • @Suryo:

          Da gebe ich Ihnen recht … dass Schuld, Versagen, Leid, Hass etc. genau so menschliche Grunderfahrungen sind wie deren gegenteilige Erfahrungen wie etwa Liebe oder Freude, ist eine Erkenntnis, die beispielsweise in der alttestamentarischen Geschichte von der Vertreibung des „ersten Menschenpaares“ aus dem Paradies zum Ausdruck kommt. Das kann nicht einfach „weggemacht“ werden, wie uns die esoterischen Heilslehren versprechen … es gehört zum Menschsein dazu.

  • "Da muss sich für mich auch in der gesellschaftlichen Diskussion etwas ändern, damit der Placeboeffekt nicht mehr als etwas Schambesetztes empfunden wird."

    Ein ganz wichtiger Satz!



    Der Placeboeffekt kann ziemlich stark sein. Dazu gab es im Arte Youtube Kanal eine Doku zu - "Macht der Gedanken". Bei leichten oder ganz bestimmten Beschwerden kann dieser Effekt also gezielt genutzt werden, um den Körper dazu zu bringen, das Problem selbst zu lösen und zwar nicht invasiv mit den Gefahren von unerwünschten Nebenwirkungen.

    Die Kunst besteht darin, zu bemerken, wann dieser Effekt nicht ausreichend ist oder sein kann und sich frühzeitig für eine wirkungsvollere Therapie zu entscheiden.

    • @sk_:

      Das Problem insbesondere der Homoopathie ist, dass sie nicht bereit ist, zuzugeben, dass sie höchstens per Placebo wirkt. Sie behauptet immer noch, eine Wissenschaft zu sein und verkauft reinen Zucker mit sagenhaften Gewinnmargen.