Kosten der Klimakrise: Wer soll das bezahlen?
Der Hamburger Finanzsenator will Klimaaktivist*innen für die Kosten ihrer Aktionen bezahlen lassen. Damit adressiert er allerdings die Falschen.
T ödliche Überschwemmungen, Hitzetote, Starkregen und die Folgen einer drohenden Heißzeit: alles nicht so schlimm wie ein paar platte Reifen, ein unfreiwillig orangefarbenes Privatflugzeug oder ein besprühtes Rathausportal? Das könnte man meinen, wenn man hört, welche Prioritäten Andreas Dressel (SPD) aktuell in Hamburg setzt.
Nachdem in der Vergangenheit immer wieder nach härteren strafrechtlichen Konsequenzen für Klimaaktivist*innen gerufen worden war, ruft der Hamburger Finanzsenator nun im NDR dazu auf, Aktivist*innen für ihre Aktionen auch zivilrechtlich zu belangen.
„Alle öffentlichen Stellen und Unternehmen“ seien dazu „aufgerufen, ihre entstandenen Schäden zivilrechtlich geltend zu machen“, sagt Dressel. Und auch den Gedanken dahinter legt er offen: Klimaaktivist*innen sollen in Zukunft einkalkulieren, dass sie einen „Berg an Forderungen für ihre Aktionen vor sich herschieben“. Das heißt: Sie sollen bezahlen. Damit erhöht er den Druck auf Menschen, die sich dafür einsetzten, dass wir alle in Zukunft vielleicht noch halbwegs okay auf diesem Planeten leben können, immens.
Nun gut, könnte man sagen, wer einen finanziellen Schaden verursacht, der muss ihn eben auch bezahlen. Ob man nun ein Flugzeug blockiert oder sich aus Versehen auf die Brille der Kollegin setzt: Nur wenn man dieser Argumentation folgt, müssten ganz andere ebenfalls belangt werden: „Wenn vor dem Gesetz alle gleich sind, dann müsste man konsequenterweise auch die, die ihre eigenen Gesetzte nicht einhalten, juristisch verfolgen“, sagt Malte Siegert vom Naturschutzbund (Nabu) Hamburg.
Aktuell werden die Klimaziele nicht eingehalten
Und er hat recht: Politisch Verantwortliche wie Dressel und seine Kolleg*innen im Senat haben einen großen Anteil daran, dass Klimaziele verfehlt werden und das globale CO2-Budget weiter verbraucht wird. Die Stadt Hamburg hat sich in ihrem Klimaschutzgesetz das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. „2045 und damit fünf Jahre schneller als bislang vorgesehen, soll ganz Hamburg CO2-neutral leben und wirtschaften“, schreibt die Umweltbehörde.
Ob diese Ziele eingehalten werden – abgesehen davon, ob sie ausreichend sind – ist allerdings fraglich. „Mit den aktuell geplanten Maßnahmen wird der Senat die Hamburger Klimaziele nicht einhalten“, sagt Siegert. Und auch der Hamburger Klimabeirat, ein Gremium aus 15 Wissenschaftler*innen, die den Senat beraten, appellierte im März an Senat und Bürgerschaft, „die laufende Novellierung des Klimaschutzgesetzes und die Fortschreibung des Klimaplans für eine deutlich ambitioniertere Klimaschutzpolitik zu nutzen“.
Aber nicht nur die Politik ist in der Pflicht: Auch Unternehmen, die mit ihren Geschäften aktiv zur Klimakrise beitragen, müssten, wenn man Dressels Argument folgt, zur Kasse gebeten werden. „Wer übernimmt für den durch den Flughafenbetrieb in Hamburg verursachten gesamtgesellschaftlichen Schaden von 1,65 Milliarden Euro jährlich eigentlich die Verantwortung?“, fragt beispielsweise Martin Mosel von der Bürgerinitiative „Fluglärm Hamburg“, der die Emissionen des Flughafens mit den vom Umweltbundesamt bemessenen Umweltkosten von 809 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent verrechnet hat.
Menschen opfern ihre Gesundheit nicht ohne Grund
Dressels Aussagen sind unverantwortlich. Weil sie schon wieder den Blick auf Aktivist*innen und deren Bestrafung legen, statt auf die Bekämpfung der Klimakrise; statt zu fragen, warum Menschen eigentlich ihre Freizeit, ihr Geld und ihre Gesundheit opfern, um Flughäfen und Hörsäle zu blockieren. Und das gut drei Wochen nach dem weltweit heißesten Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnung und knapp sechs Jahre bevor das globale CO2-Budget für das Erreichen des 1,5-Grad-Limits aufgebraucht ist.
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