Kommentar SPD gegen Wagenknecht: Zahmer Partner gesucht

Die SPD stellt Sahra Wagenknecht gern in die rechtspopulistische Ecke. Dabei will sie die Linke-Kandidatin aus ganz anderen Gründen diskreditieren.

Eine Frau in einer Menschenmenge

Soll in die rechte Ecke gestellt werden: Sahra Wagenknecht Foto: dpa

Kleine Quizfrage: Welche der beiden folgenden Äußerungen stammt von einer in der SPD hochgeachteten Genossin? Und welche von einer Politikerin, die Sozialdemokraten als Frau sehen, deren Äußerungen „manchmal von rechtspopulistischen Aussagen nicht zu unterscheiden“ seien, wie Generalsekretär Hubertus Heil am Mittwoch sagte? A: „Menschen, die unser Gastrecht missbrauchen, haben keinen Platz in unserer Gesellschaft.“ B: „Wer sein Gastrecht missbraucht, hat sein Gastrecht eben auch verwirkt.“

Äußerung A stammt von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), B von Sahra Wagenknecht (Linkspartei).

Schmutzige Anleihen in rechter Rhetorik sind weder SPD noch Linkspartei fremd. Heil, der gestern gleichzeitig Dietmar Bartsch lobte, geht es daher ebenso wenig darum, Populismus zu geißeln, wie Olaf Scholz in seinen Attacken auf Wagenknecht bei „Anne Will“.

Sie soll aus anderen Gründen diskreditiert werden: Wagenknecht erscheint den Sozialdemokraten wie der Rächer aus dem Horrorfilm „I know what you did last summer“, wenn sie immer wieder erwähnt, dass es die SPD war, die Hartz IV und Rentenkürzungen durchgesetzt hat. Sie konterkariert den SPD-Gerechtigkeitswahlkampf, an dessen Spitze mit Schulz, Scholz und Heil Personen stehen, die den Sozialabbau zu Schröder-Zeiten durchgewinkt haben.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stuft größere Teile der Linkspartei als "weder regierungswillig noch koalitionsfähig" ein. Die Linke sei eine tief gespaltene Partei, sagte Heil der Zeitung Die Welt vom Mittwoch. Seine Partei führe keinen Koalitionswahlkampf. Wer mit der SPD ein Regierungsbündnis eingehen wolle, müsse sich inhaltlich auf die Sozialdemokraten zubewegen und in der Lage sein, verantwortlich zu regieren. Es gebe in der Linken konstruktive Kräfte, "aber eben auch Leute wie Frau Wagenknecht, die ich nicht für regierungsfähig halte".

Noch wichtiger aber ist: Wagenknecht wäre in zukünftigen Koalitionsverhandlungen wohl weniger nachgiebig als Bartsch, der zum Ost-Reformerflügel zählt. Vielleicht mit Ausnahme der aktuellen Berliner rot-rot-grünen Koalition agiert die Linke in Regierungen auf Landesebene kaum anders als Sozialdemokraten: Sie hat in der Vergangenheit Wohnungsbaugesellschaften privatisiert, fördert heute Braunkohleabbau oder legt in Thüringen Kreise zusammen.

Die SPD will eine Linkspartei, die so zahm ist, dass sie überflüssig wird. Weil Wagenknecht dem im Weg steht, wird sie als Populistin angegriffen.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.

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