Julia Klöckner für Nutri-Score-System: Grünes Licht für Lebensmittelampel
Ab dem kommenden Jahr soll eine bunte Farb- und Buchstaben-Scala auf der Packung anzeigen, wie gesund ein Nahrungsmittel ist.
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner will die farbliche „Nutri-Score“-Kennzeichnung von Lebensmitteln in Deutschland erlauben. Nach jahrelangem Streit über eine klarere Kennzeichnung etwa von Zucker, Fett und Salz sprach sich die CDU-Politikerin für das in Frankreich eingeführte System aus. In einer offiziellen Verbraucherbefragung schnitt Nutri-Score am besten ab, wie Klöckner am Montag in Berlin sagte.
Das System sei „leicht zu verstehen und nutzt die eingängige, bereits gelernte Farbwelt einer Ampel“. Zudem biete es eine zusammenfassende Bewertung. Weitere Informationen könne man weiterhin der Nährwerttabelle sowie der Zutatenliste entnehmen. Nutri-Score zeigt mit Hilfe von fünf Farben von Dunkelgrün bis Rot an, wie gesund ein Lebensmittel zusammengesetzt ist. Dabei berücksichtigt es zum Beispiel Zucker und Fett sowie den Obst- oder Gemüseanteil.
Für viele erscheine es bisher schwer, beim Thema gesunde Ernährung „vieles richtig zu machen und sich sicher bei der schnellen Kaufentscheidung zu fühlen“ – gerade in einer Zeit, in der vermehrt zu Fertigprodukten gegriffen werde, die teilweise zu viel Zucker, Salz oder Fett enthalten, sagte Klöckner. „Das hat gesundheitliche, aber auch volkswirtschaftliche Folgen, die ich nicht hinnehmen will.“ Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen ist stark übergewichtig (adipös). Zu viel Zucker, Fett und Salz erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.
Forderung nach Werbeverbot
Die SPD, die Verbraucherzentrale und Foodwatch begrüßten Klöckners Entscheidung. Da die Einführung aber freiwillig ist, forderte Foodwatch sämtliche Lebensmittelhersteller und den Handel auf, ihre Produkte mit dem Nutri-Score zu versehen. Zudem müsse sich Klöckner auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass der Nutri-Score zum verpflichtenden Modell in Europa werde.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft erklärte, die Kennzeichnung könne nur einer von mehreren Bausteinen sein. So müsse etwa an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte verboten werden. Der Lebensmittelverband der Wirtschaft dagegen bekräftigte seine Zweifel, ob bewertende Systeme geeignet für eine vereinfachte Nährwertkennzeichnung seien. Eine sinnvolle Bewertung könne nur mit Blick auf das gesamte Ernährungsverhalten am Tag, nicht aber für ein einzelnes Produkt erfolgen.
Klöckner will im Oktober eine Verordnung vorlegen, die den Rechtsrahmen für eine Verwendung des Logos auf der Vorderseite vieler Packungen schafft. Dem müssen Bundeskabinett und Bundesrat zustimmen. Dann könnten Richter den Nutri-Score nicht mehr als eine nicht genehmigte Gesundheitsangabe untersagen. Wenn alles klappt, könnte das Logo im kommenden Jahr in den Regalen auftauchen, sagte die Ministerin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin