Joe Biden über Anschläge in Kabul: „Ihr werdet dafür bezahlen“
Der US-Präsident hat angekündigt, militärisch gegen die Verantwortlichen der Attacken vorzugehen. Gegen ihn werden Rücktrittsforderungen laut.
„Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen. Wir werden euch jagen und ihr werdet dafür bezahlen“, mit diesen deutlichen Worten machte Biden während einer Ansprache im Weißen Haus klar, dass die USA planen, militärisch gegen die Verantwortlichen der beiden Attentate vorzugehen.
Zu der Tat bekannte sich die lokale Terrorgruppe IS-Khorasan. Der 2015 entstandene Ableger des „Islamischen Staates“ gilt als die gewalttätigste unter den Dschihadistengruppen in Afghanistan.
Bereits vor Tagen verdichteten sich die Hinweise, dass es in Kabul zu einem Anschlag kommen könnte. Am Ende reichten die Geheimdienstinformationen allerdings nicht aus, um die Tat zu verhindern. Die Gefahr, dass es in den kommenden Tagen zu weiteren Anschlägen kommen könnte, ist weiter extrem hoch, sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt.
„Wir gehen davon aus, dass es zu weiteren Anschlägen kommen könnte. Und wir werden alles tun, um darauf vorbereitet zu sein“, so McKenzie während einer Pentagon-Videoschalte mit Journalisten am Donnerstag.
Innenpolitisches Nachspiel
Trotz dieser Gefahren geht die von den USA koordinierte Luftbrücke in Afghanistan vorerst weiter. Seit dem Beginn der Evakuierungsflüge am 14. August konnten mehr als 104.000 Menschen das Land verlassen. Innerhalb der letzten 24 Stunden konnten weitere 7.500 Menschen aus Kabul ausgeflogen werden. Doch noch immer warten tausende von Afghanen auf ihre Befreiung. Auch knapp 1.000 Amerikaner sollen sich laut State Department noch im Land aufhalten.
„Wir werden uns nicht von Terroristen abschrecken lassen. Wir werden uns von ihnen nicht aufhalten lassen. Wir werden die Evakuierungen fortführen“, sagte Biden.
Das Leid der afghanischen Bevölkerung und das anhaltende Chaos am Flughafen von Kabul könnte sich zu einem großen innenpolitischen Problem für Biden entwickeln. Kritik an der Evakuierungsstrategie der Regierung gibt es aus beiden großen Parteilagern. Sowohl Demokraten als auch Republikaner haben sich für Anhörungen im US-Kongress ausgesprochen, um die Hintergründe der Regierungsentscheidungen zu beleuchten.
Nachdem bekannt wurde, dass US-Soldaten bei den Anschlägen getötet wurden, hagelt es auf republikanischer Seite nur so von Rücktrittsforderungen und Amtsenthebungsgesuchen.
„An Joe Bidens Händen klebt Blut“, sagte die bekennende Trump-Anhängerin Lauren Boebert aus Colorado auf Twitter. „Joe Biden muss zurücktreten.“
Strittiges Verhältnis zu den Taliban
Der kalifornische Abgeordnete Kevin McCarthy forderte eine Sondersitzung, um die Regierung dazu zu zwingen, so lange in Afghanistan zu bleiben, bis auch wirklich der letzte US-Bürger in Sicherheit gebracht wurde. Der komplette US-Truppenabzug ist weiterhin für Dienstag geplant. Doch es existieren auch Notfallpläne, sollte sich die Lage in den kommenden Tagen dramatisch ändern.
Demokraten sehen die Fehler vor allem im Verhältnis zu den Taliban, auf deren Hilfe die US-Streitkräfte im Moment angewiesen sind. Senator Bob Menendez monierte, dass man den Taliban nicht trauen könne – schon gar nicht, wenn es um die eigene Sicherheit gehe.
Mit 13 gefallenen US-Soldaten verzeichnete das US-Militär am Donnerstag den tödlichsten Tag seit zehn Jahren in Afghanistan und die ersten Todesopfer seit Februar 2020. Mehr als 2.400 US-Soldaten sind seit Beginn des Krieges im Jahr 2001 in Afghanistan ums Leben gekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe