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Israelische Offensive auf RafahHamas floriert auf verbrannter Erde

Kommentar von Lisa Schneider

Mit dem Angriff auf den letzten Landstrich in Gaza will Israel die Hamas endgültig besiegen. Dabei sind nicht mal die bereits eroberten Gebiete hamasfrei.

Nach einem israelischen Luftangriff auf den Osten der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen steigt Rauch auf Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

N ach monatelangem Hin und Her scheint die Bodenoffensive des israelischen Militärs auf Rafah in Süd-Gaza zu beginnen. Die Bewohner der Stadt sowie die über eine Million Menschen, die dorthin aus dem ganzen Gazastreifen geflüchtet sind, werden zur Evakuierung Richtung Norden aufgefordert.

Beinahe wie eine Einladung zur Offensive schoss die Hamas zuvor am Sonntag Raketen aus Rafah Richtung Israel ab. Die Geschosse schlugen nahe einem Stützpunkt am Grenzübergang Kerem Schalom ein, vier Soldaten wurden getötet, zehn teilweise schwer verletzt. Für manche in Israel ein Zeichen, warum die Bodenoffensive auf Rafah – trotz aller Kritik, vor allem aus Sorge um die vielen Zivilisten dort – doch so dringend nötig sei.

Dabei fliegen auch aus Orten, die das israelische Militär am Boden bereits kontrolliert, immer wieder Raketen. Etwa aus der Stadt Chan Yunis – nur kurz nachdem sich die Armee aus der Stadt, in der die Hamas bereits als besiegt galt, zurückgezogen hatte.

Hamas füllt Machtvakuum

Dass die Hamas und andere Gruppierungen die Kontrolle in Gaza längst zurückerobern, zeigen die wiederkehrenden Berichte aus diesen kontrolliert geglaubten Gebieten. Oder auch der glaubhafte Vorwurf, dass die Hamas Hilfslieferungen kapert und deren Verteilung an die Bevölkerung – und vor allem an sich selbst – kontrolliert.

Spektakulär ist auch ein Bericht der französischen Zeitung Le Monde vom Wochenende: Demnach sollen bewaffnete palästinensische Gruppen, darunter auch eine, die sich zur Hamas bekennt, im Laufe des Aprils insgesamt 66 Millionen Euro aus den Tresoren mehrerer Bankfilialen in Gaza-Stadt gestohlen haben. Damit zeigen sie eindrücklich: Das Gebiet ist derzeit ein gesetzloser Raum, in dem sich der Stärkste durchsetzt. In diesem Fall: die Hamas und ähnliche gewaltbereite Gruppen.

Es wird damit einmal mehr klar: Solange Israel keinen glaubwürdigen, umsetzbaren Plan für ein Gaza post Hamas entwickelt, wird sich dieser Ablauf immer wiederholen: Bodenoffensive des Militärs, israelische Kontrolle, Rückzug der Armee, Rückkehr der Hamas. Auch in Rafah.

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52 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Ja ich stelle auch die Frage wie Encantado:



    Wie unterscheidet man eigentlich zwischen Hamas-Terroristen und unschuldigen Zivilisten, wenn erstere sich unter letzteren verstecken und als Schutzschilde mißbrauchen?



    Die westliche Governance verlangt diese Unterscheidung von Israel. Und IDF-Militärsprecher nehmen darauf Bezug.



    Aber die internationalisierte Palästina-Solidarität erklärt medial und wie ich das vor Ort von einer Demo hörte:



    "Wir sind eins, wir werden immer eins bleiben, unzertrennlich."



    Was ja auch mit der Übernahme der Parole "From the River to the Sea" betont wird.

  • Einer der Vorwürfe, die in Israel permanent gegenüber Netanjahu erhoben werden, ist das sein jahrelanges Appeasement gegenüber der Hamas ein schwerer Fehler war. Der Vorwurf erfolgt zu Recht. Und dieser Kritikpunkt wurde auch schon in der taz mehrfach vorgebracht. Allerdings müsste man dann doch wohl einräumen, dass die Hamas auch auf nicht verbrannter Erde floriert, oder? Wenn die irrige Annahme, dass man friedlich mit der Hamas koexistieren könnte, einen Teil dazu beigetragen hat, dass sich das Massaker vom 7. Oktober ereignen konnte, wie kann man dann von Israel erwarten zum Status Quo ante zurückzukehren?



    Ich würde mir von denjenigen, die das jetzt verlangen, wünschen, dass sie mal auspinseln, wie sie sich das ungefähr vorstellen. Denn irgendwie kommt da nichts. Zumindest könnte man anerkennen in was für ein übles Dilemma Israel von der Hamas gestürzt wurde. Aber selbst das passiert nur selten.



    Dass Israel Krieg führt, will man nicht. Und nach Möglichkeit soll die Besatzung im Westjordanland genauso beendet werden wie die Blockade des Gazastreifens. Aber eine friedliche Koexistenz mit der Hamas ist nicht möglich, das hat sie nachdrücklich unter Beweis gestellt. Und würden die Palästinenser derzeit wählen, dann würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Hamas wiedergewählt. Also was tun?

    • @Taugenichts:

      Der Appeasement-Vorwurf gegen israelische Regierungen - nicht nur der Netanyahus, auch gegen Vorgängerregierungen - gegen die Hamas greift im Grunde sogar zu kurz.



      Einige Kritiker sprechen von einer Art „gentlemens agreement“ zwischen beiden Seiten (wenigstens zwischen den israelischen politisch Verantwortlichen und der Hamas) - was auf den ersten Blick etwas seltsam, fast wie eine Verschwörungstheorie anmutet, bedenkt man beispielsweise die regelmässiges Raketenangriffe aus Gaza und die reflexartig erfolgten militärischen Reaktionen Israels seit 2006.



      Letztlich läuft der Vorwurf auf eine bewusste, strategisch kalkulierte Stärkung der radikalen, nicht verhandlungsbereiten Kräfte unter den Palästinensern durch Israel hinaus, mit der Absicht, die gemäßigteren Kräfte international - wenigstens unter den eigenen Verbündeten - zu isolieren und so eine politische Kompromisslösung zu verhindern, die eine Eigenstaatlichkeit Palästinas umfassen könnte.



      Ein Spiel mit dem Feuer sozusagen, aus dem es am 7. Oktober ein bitterböses Erwachen gab. Einer solchen These - die sicherlich manchen ungeheuerlich erscheinen mag - steht übrigens nicht der fanatische eliminatorische Israelhass auf palästinensischer Seite entgegen - beides bedingt sich gegenseitig, es ist wie mit kommunizierenden Röhren.



      Und es stellt sich ernsthaft die Frage, ob es statt einseitigen Parteinahmen nicht klüger wäre, denjenigen in die Speichen zu fallen, die auf beiden Seiten mit dem Feuer spielen. Ein deutscher Verzicht auf jedwede Waffenlieferungen in die Region wäre da beispielsweise ein erster, verantwortungsbewusster Schritt in die richtige Richtung.

    • @Taugenichts:

      Er wird nicht einfach werden, der Weg zum Nebeneinanderleben, er wird in Stufen sich entfalten, er wird Zwang und Anreize beinhalten, er wird über Betätigungsverbote für diejenigen gehen, die sich an die Regeln der Koexistenz nicht halten wollen, er wird Arbeit an der Lebensfähigkeit eines palästinensischen Staates erfordern und eine begleitende internationale Komponente.



      Hier ein interessanter Artikel, der zeigt - bei aller Skepsis -, dass mehr möglich ist, als der andauernde Krieg:



      apnews.com/article...c29464eab234045438

  • Diese israelische Kriegspolitik erschafft hier eindeutig Märtyrer. Ob das hilfreich ist?

    • @realnessuno:

      Ja es ist hilfreich. Man schafft sich Feinde mit denen man ein eine Zweistaatenlösung verhindern kann.

      ( Am 16. Mai 2019 hat Netanjahu vor der Parlamentsfraktion seiner Partei erklärt: »Wer einen palästinensischen Staat verhindern will, muss die Hamas unterstützen und stärken.« www.zeit.de/2023/4...-hamas-ehud-olmert )

    • @realnessuno:

      "...Märtyrer. Ob das hilfreich ist?"



      Mal ab davon, dass die Hamas bei der Erzeugung dieser Märtyrer tatkräftig mithilft, würde mich doch interessieren, was für eine Kriegspolitik Sie stattdessen vorschlagen würden.



      Offengestanden sehe ich zwar deutliches Verbesserungspotenzial, aber die grundsätzliche Vorgehensweise ist für mich nachvollziehbar.

  • Mich würde ja mal interessieren, ob denn die Palästinenser einen Plan haben, wie sie das erneute Erstarken der menschenfeindlichen Terrortruppe verhindern können. Müsste eigentlich ja im Interesse aller Zivilisten sein.

    • @vieldenker:

      "...ob denn die Palästinenser einen Plan haben..."



      Das Problem dabei ist, dass es im Gazastreifen außerhalb der Hamas keine Palästinenservertretung gibt. Und in der derzeitigen Situation schon mal gleich gar nicht. Also würde ich sagen: nein, 'die Palästinenser' haben keinen Plan. Die meisten dürften momentan nur an ihrem Überleben interessiert sein.

  • "Beinahe wie eine Einladung zur Offensive schoss die Hamas zuvor am Sonntag Raketen aus Rafah Richtung Israel ab. Die Geschosse schlugen nahe einem Stützpunkt am Grenzübergang Kerem Schalom ein, vier Soldaten wurden getötet, zehn teilweise schwer verletzt."

    Endlich wird hier in der taz auch über den Raketenangriff der Hamas auf den Grenzübergang Kerem Schalom berichtet. Über diesen Grenzübergang kommt die humanitäre Hilfe und was die Hamas von humanitärer Hilfe hält sieht man an den Raketenangriffen.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Innerhalb der letzten Woche hat die Hamas mindestens zwei Übergänge für Hilfslieferungen angegriffen, systematisch Güter aus einem neuen Checkpoint in Beschlag genommen und einen Journalisten abgehört und GPS getrackt, der über sie kritisch berichtet hätte.

  • "Selbst wenn es möglich wäre, die Hamas auszulöschen, wenn [Israel] jeden auslöschen würde, jeden, also nicht nur die Kämpfer, sondern jeden, der für die Hamas arbeitet, einschließlich der Dienstleister, selbst wenn das möglich wäre, aber die israelische Besatzung bestehen bliebe, würden alle Missstände weiter wachsen und ein neuer Widerstand würde entstehen. Das ist natürlich, es ist fast ein physikalisches Gesetz. Die Geschichte bestätigt das."

    Franceska Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete

    www.theguardian.co...ion-un-expert-says

    • @Timothee Güsten:

      Das deckt sich mit den Umfrage zum Rückhalt der Hamas vor dem Attentat und nach den massiven Bombardierungen von Zivilisten, wo die Hälfte der Opfer Kinder und Frauen sind, durch Israel.

      Israel hat es geschafft, dass die Unterstützung der Hamas sehr stark von gegen die Hamas zugunsten der Hamas gekippt ist.

    • @Timothee Güsten:

      Meine Oma wurde von Nazi Herrschaft befreit und danach hab es etwas dass wesentlich besser war. Sie hat allerdings auch dagegen gekämpft, dass Leute mit Blut alten Boden zurückerobern wollten. Stattdessen auf Ausgleich und Anerkennung gesetzt.

    • 6G
      600539 (Profil gelöscht)
      @Timothee Güsten:

      Ziemlich lahm, gebetsmühlenartig UN und Guardian Content zu zitieren .



      Heisst die haben immer Recht und sind neutral ? weil grosse Auflage und amtlich.



      Nein , au contraire







      Kein Geheimnis welchen Kurs und Gesinnung das engl .Tagesblatt hat was Israel angeht.



      Und zu der UN ( die Sie anscheined für unfehlbar, und das Mass aller Dinge halten bes. Frau Albanese )



      Da muss ich echt schmunzeln

      Verdrängen Sie das bewusst oder fehlt der historische und aktuelle Bezug wo diese Organisation steht , was Israel angeht !?



      Die Positionierung dieser ist nicht nur traditionell, sondern gerade im aktuellen Konflikt klar einseitig ( raten Sie mal welche Seite ) und wenig an einer gemeinsamen , von beiden Seiten akzeptablen, pazifistischen und humanitären Lösung interessiert.

      Eher Teil des gesamten verknoteten Problem .

      Und noch was zu Ihrem re-post von Frau Albanese : Seit 2005 sind die Israelis komplett ! aus dem Gazastreifen raus , von wegen Besatzung , seitdem ist er „autonom" .

      • @600539 (Profil gelöscht):

        Also ich muss schon sagen: die Vielfalt der Stimmen und die Qualität der Beiträge im Guardian ist schon beeindruckend. Das fing quasi sofort nach dem 07.10. an; mir ist der Beitrag von Yair Wallach von der SOAS noch sehr gut in Erinnerung. Hierzulande: analytische Hilflosigkeit (hat sich verbessert) Überbietungswettbewerbe und immer die "wichtige" Frage: was macht das mit "uns"; dort: fundierte Expert*inneneinschätzungen und der Blick auf den Nahen Osten.

  • "Das Gebiet ist derzeit ein gesetzloser Raum, in dem sich der Stärkste durchsetzt." - derzeit? - War das nicht vor dem 7. Oktober auch schon jahrlang der Fall? Wie sonst hätte eine Terrorgruppe sonst derartige Waffenarsenale ansammeln können und hunderte Tunnelsysteme graben können?

    Da gibt also tatsächlich noch viel zu tun in der Terrorbekämpfung. Nur anstatt Israel dabei tatkräftig zu unterstützen kommt von der internationalen Staatengemeinschaft praktisch nur Kritik.

    Am meisten könnte Ägypten tun und die Zivilisten temporär beherbergen während die IDF die Hamas-Kämpfer bekämpft. In Ägypten wären Frauen, Kinder und Greise solange sicher.

  • Ist doch logisch. Und war nie anders. Zu einem klugen militärischen Plan gehört nicht nur wie man reinkommt, sondern vor allem wie man rauskommt. Meist hinterlässt das Militär ein Chaos. Warum sollte ausgerechnet Israel hier besser sein? Nein, die werden abziehen und hoffen, dass so etwas wie die UN übernimmt. Den Gefallen sollte man Israel nicht tun.

    • @Ernie:

      "Den Gefallen sollte man Israel nicht tun."



      Sollte man also lieber der Hamas einen Gefallen tun? Die hat -- wie schon die PLO im Südlibanon -- einen ganzen Landstrich und die Bevölkerung gekapert, und die "internationale Gemeinschaft" hat dabei zugesehen. Bzw. letztlich sogar kolaboriert, indem man über Hilfsorganisationen die zivile Infrastruktur halbwegs am Laufen hielt, während Hamas & Co. Geld in den Aufbau ihrer militärischen Strukturen und die Konsolidierung ihrer Macht stecken konnten.



      "Man" tut da schon viel zu lange viel zu vielen einen Gefallen ...

    • @Ernie:

      Richtig war nie anders.

      Der Zustand zwischen den israelischen Bodenoffensiven nannte man übrigens Waffenstillstand. Hieß dann, dass die Hamas solange Raketen nach Israel schickt, bis Israel zum Schutze seiner Bürger irgendwas unternehmen musste. Nun hat Israel Iron Dome und die Hamas beging Zivilisationsbruch.

  • @JIM HAWKINS

    Wenn's so weitergeht auch ohne Palästinenser*innen. Ben Gvir wird's freuen.

  • "Aber um einen Plan "post Hamas" zu entwickeln und vor allem umzusetzen, muss die Hamas erst besiegt, zumindest entmachtet werden."

    bitte ergänzen: mit den rechtsradikalen die in der Regierung sitzen und den etlichen Siedlern die Freifahrtscheine ausstellen, damit sie nahezu täglich im Westjordanland herum wüten und Palästinenser enteignen und ermorden!

    • @aberKlar Klardoch:

      Dass es um den Gazastreifen und die Hamas geht, haben Sie aber gelesen?



      Der Gazastreifen ist nicht das Westjordanland, und die Hamas ist in Gaza an der Macht (sofern man das noch so nennen kann).

      • @Encantado:

        es geht um die Palästinenser, da spielt die Region nicht die entscheidende Rolle, sondern der Fakt, dass in beiden palästinenser Gebieten, dass Leid der Menschen seit dem 07.10.23 noch stärker eskaliert.

        Seit dem 7. Oktober 2023 verschärft sich das Leiden der Palästinenser in beiden Gebieten rapide. Besonders im Gazastreifen führt die Blockade von Hilfsgütern durch Siedler zu verheerenden Folgen: Nahrung und Medizin fehlen, viele sterben, vor allem Kinder.

        • @aberKlar Klardoch:

          "Besonders im Gazastreifen führt die Blockade von Hilfsgütern durch Siedler zu verheerenden Folgen..."

          Wie sollen denn die Siedler im Westjordanland Lieferungen in den Gazastreifen blockieren?

        • @aberKlar Klardoch:

          "Es geht um die Palästinenser, da spielt die Region nicht die entscheidende Rolle..."



          Nun, das sieht die Hamas beispielsweise deutlich anders, sonst hätte sie wohl kaum die konkurrierende Fatah seinerzeit ähnlich brutal massakriert wie israelische Zivilisten vor einem halben Jahr.



          Gazastreifen und Westjordanland sind unterschiedliche Entitäten, werden von unterschiedlichen (einander feindlichen) Instanzen regiert, handeln getrennt und werden von Israel unterschiedlich behandelt.



          Und das spielt keine Rolle? Ich bitte Sie.

  • "Hamas frei", ist das wirklich eine gute Formulierung in dem Kontext?

    Ich empfehle dringend eine andere Formulierung.

  • Aber um einen Plan "post Hamas" zu entwickeln und vor allem umzusetzen, muss die Hamas erst besiegt, zumindest entmachtet werden.

    Dass dieser Plan dann ohne die Terroristen und ohne Netanjahu ausgearbeitet und umgesetzt werden muss, das muss so sein und wird so sein.

    • @Jim Hawkins:

      Warum wird die Hamas aber erst einmal größer gemacht und die Unterstützung nicht nur in der palästinensischen Bevölkerung durch Bombardierung derselben vervielfacht?

      Halten Sie das für einen richtigen Weg?

    • @Jim Hawkins:

      Nein, ein solcher Plan kann parallel zum militärischen Vorgehen oder davor entwickelt werden.



      Muss natürlcih immer wieder an die sich verändernden Realitäten angepasst werden. Bsp: Wenn der Gegner verbrannt Erde fährt, kann man lokale Infrastruktur nicht nutzen.

      Problem an der Sache ist natürlich – wie von Kurt Kraus unten angesprochen – dass ein solcher Plan israelischer Kolonismus wäre.

    • @Jim Hawkins:

      Roosevelt/Truman, Chrurchill und Stalin haben die Nachkriegsordnung auch schon während des Krieges geplant. Sowieso braucht jeder Krieg ein wohldefiniertes Ziel. Einfach nur "Zerstörung der Hamas" zu sagen ohne weiterzudenken schafft nur neue Terroristen.

  • Amateurs talk tactics, experts talk logistics.

    Solange die Hamas sichere Räume wie den Süden haben, solange können sie nicht primär in den Tunneln hocken und sich als Zivis tarnen.

    Natürlich braucht es Kräfte für danach, diese sollten aber bereits in ein halb gemachtes Nest gesetzt werden können.

  • Vor der Konfliktexplosion am 07.10.2023 wurde die Zahl der Hamasmitglieder in Gaza auf 80.000 geschätzt. Jetzt liest man, dass Israel Gaza Hamas-frei machen will. Oder Hamas endgültig besiegen, oder Hamas vollständig vernichten.



    Ich habe mal eine Frage: Nimmt Israel diese Hamas-Kämpfer gefangen, oder werden diese gar nicht gefangen genommen, sondern gleich an Ort und Stelle getötet und bestehen bei minderjährigen Hamaskämpfern Ausnahmen von der sofortigen Tötung? Erhalten die Hamaskämpfer einen fairen Prozess, so nach dem Muster der Nürnberger Prozesse?

    • @Nico Frank:

      "Ich habe mal eine Frage"



      Das war jetzt mehr als eine, aber eine andere hätte ich noch: wie unterscheidet man eigentlich zwischen Hamas-Terroristen und unschuldigen Zivilisten, wenn erstere sich unter letzteren verstecken und als Schutzschilde mißbrauchen?



      Hat mir noch niemand eine Antwort drauf geben können.

    • @Nico Frank:

      Die IDF nehmen die Hamas-Terroristen, die sich ergeben, gefangen. Das hätten Sie durch Benutzung einer Suchmaschine auch selbst herausfinden können, statt hier über sofortige Tötungen zu raunen.

      • @Budzylein:

        gefangen genommen werden die überlbenden, nicht jeder der sich ergibt überlebt.

        Da selbst Geiseln die eine weiße Fahne schwenkten erschossen wurden gibt es leider ernste Zweifel an der offiziellen Darstellung.

        Ich möchte nicht sagen das jeder erschossen wird aber Tote erzählen keine Geschichten. Und es werden nunmal Drohnen und Fernkampfwaffen genutzt, welche auch schon nicht wenige Journalist:innen und Helfer:innen getroffen haben, von Zivilist:innen mal ganz zu schweigen.

        Somit ist die Aussage: "wer sich ergibt, wird verschont mit Vorsicht zu genießen"

        Wenn die sich Ergebenden rechtzeitig gesehen werden und diesen geglaubt wird ist dies sehr wahrscheinlich.

  • Wieso sollen die Israelis einen "Plan für Gaza post Hamas" entwickeln? Wäre das nicht genau der Kolonialismus, den man Israel vorwirft? Die Palästinenser müssen etwas ändern, schon deshalb, weil die Israelis im Gegensatz zu den Palästinensern ewig so weiter machen können. Solange die Endsieg-Parolen von Hamas und Co. verfangen, ist keine Ende in Sicht.

    • @Kurt Kraus:

      "Wieso sollen die Israelis einen "Plan für Gaza post Hamas" entwickeln? (...) Die Palästinenser müssen etwas ändern..."



      Stimmt grundsätzlich. Allerdings liegt es im vitalen Interesse Israels dabei mitzuwirken. Was passiert wenn man den Gazastreifen bzw. dessen Entwicklung komplett den Palästinensern überlässt, haben wir im Oktober gesehen.

      • @Encantado:

        Die Palästinenser können nichts ändern, denn Israel verlangt immer die Kontrolle und die Hoheit und das Recht jederzeit in das Gebiet einzumarschieren, hineinzuschießen mit allem was das Israelische Militär zur Verfügung hat. Es verlangt Kontrolle über die Grenzen, den Handel, die Küste, verhindert sogar die Küstenfischerei. Und eine Staatsangehörigkeit für die Menschen gibt es auch nicht - sie sind staatenlos.



        Und Netanjahu hat über 2 Jahrzehnte ja gezeigt, was Israel bevorzugt: Die Unterstützung der Hamas solange sie als gefährlicher Gegner innenpolitisch nützlich ist. Und verhindert, daß "die Palästinenser etwas ändern"...

        • @Monomi:

          "...hineinzuschießen mit allem was das Israelische Militär zur Verfügung hat."



          An solchen Dingen haben die Palästinenser natürlich ü-ber-haupt kein Interesse.



          "...eine Staatsangehörigkeit für die Menschen gibt es auch nicht - sie sind staatenlos."



          Erstaunlich was ein kleiner Staat wie Israel in der Welt so alles diktieren kann. Muss an der jüdischen Weltverschwörung liegen.



          Ernsthaft: dass kein Staat Palästina (und damit eine Staatsbürgerschaft) existiert, ist wohl kaum alleine Israel anzulasten. Eine Zweistaatenlösung könnte es seit Jahrzehnten geben, wenn sich die Palästinenser bislang dem nicht immer verweigert hätten.



          "...was Israel bevorzugt: Die Unterstützung der Hamas solange sie als gefährlicher Gegner innenpolitisch nützlich ist."



          Sie wollen jetzt nicht ernstlich andeuten, dass Israel an dem Oktober-Massaker selber schuld ist, oder?

          • @Encantado:

            Sie wollen jetzt nicht ernstlich andeuten, dass das Scheitern der Zweistaatenlösung allein palästinensischen Akteuren zuzuschreiben ist, oder?



            Haben Sie sich die Karten mal angesehen, auf denen die von den Israelis bevorzugte Lösung für Ostjerusalem skizziert sind? Stellen Sie sich Berlin als Jerusalem vor: Schmöckwitz hätte dann als palästinensische Hauptstadt herhalten sollen. Lesen Sie nach, zu welchen konstruktiven Maßnahmen die PA im Rahmen der Sicherheitskooperation bereit war. Über Jahre hinweg. Einem eigenen Staat sind die Palästinenser*innen damit auch nicht näher gekommen.



            Israel trägt keine Schuld am Terror der Hamas; israelische Rechtsregierungen haben durch eine Vielzahl von Fehlentscheidungen (nicht intendiert) und Entscheidungen für das einseitige Konfliktmanagement und gegen die politische Lösung beigetragen zu einem Umfeld, in dem Terror gedeihen kann. Schulddebatten sind hier nicht angebracht. Es geht um Verantwortung. Und von einer Mitverantwortung, einem Beitrag zum Entstehen der verfahrenen Situation wird man Israel nicht freisprechen können.

  • Mit jedem toten Zivilisten entsteht mehr Hass im Volk. Der Hass ist der Nährboden für noch mehr Hamas "Mitglieder". Es wird Israel nie gelingen die Hamas durch Krieg zu besiegen. Sie kann sie klein bomben, die Städte zerstören und so die Menschen im Gazastreifen um Jahrzehnte zurück werfen, aber die Hamas werden sie so nie besiegen.



    Bei allem Verständnis für die militärische Antwort auf die Entführung der Hamas-Terroristen rechtfertigt diese grauenhafte Tat trotzdem nicht die beliebige Wahl der Mittel. Irgendwann muss der Dialog kommen, mit dem beide Seiten langfristig leben können. Aber er kommt nicht, also fliegen von beiden Seiten Bomben und sterben Unschuldige - grauenhaft.



    Mich beschleicht das Gefühl, dass Israel den Gazastreifen nie mehr verlassen wird.

    • @Rudi Hamm:

      "Mich beschleicht das Gefühl, dass Israel den Gazastreifen nie mehr verlassen wird."

      Damit könntest du recht haben, den Jared Kushner, Schwiegersohn des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und bekannter Immobilienentwickler, hat mit kontroversen Äußerungen bei einem Vortrag an der Harvard-Universität für Aufsehen gesorgt. Er deutete an, dass er eine dauerhafte israelische Besetzung des Gazastreifens unterstützen könnte – im Interesse von Immobilienprojekten. Kushner schlug vor, palästinensische Zivilisten aus Rafah zu vertreiben und nach Ägypten umzusiedeln, um Platz für seine Immobilienentwicklungen zu schaffen.

    • @Rudi Hamm:

      "Es wird Israel nie gelingen die Hamas durch Krieg zu besiegen. Sie kann sie klein bomben..."



      Das Bittere dabei ist, dass es Israel technisch durchaus möglich wäre, alle Palästinenser im Gazastreifen umzubringen. Sie tun es aber nicht, und darauf wiederum kann die Hamas setzen.



      "(...) Irgendwann muss der Dialog kommen, mit dem beide Seiten langfristig leben können. Aber er kommt nicht..."



      Das Problem am einem (ernsthaften) Dialog ist immer, dass beide Seiten daran interessiert sein müssen. Das kann ich so leider nach wie vor nicht sehen.



      "Mich beschleicht das Gefühl, dass Israel den Gazastreifen nie mehr verlassen wird."



      Das halte ich leider auch für ein mögliches Szenario. Ihn komplett den Palästinensern zu überlassen, hat ja nicht geklappt.

      • @Encantado:

        Meine Güte, Sie schreiben aber viel, das korrigiert gehört. Gaza war nicht komplett den Palästinenser*innen "überlassen". Der Gazastreifen war blockiert: von Wasserfragen über Fischerei, Flughafen, Finanzströme, Steuereinnahmen... die Liste ist noch lang. Israelische Regierungen hatten ihre Gründe, gute wie schlechte. Auf ideologische Märchen ("Freiluftgefängnis" hier, "autonomes, nicht von der Besatzung tangiertes Gemeinwesen" dort) sollten wir dennoch verzichten.

        • @My Sharona:

          "Der Gazastreifen war blockiert: von Wasserfragen über Fischerei, Flughafen, Finanzströme, Steuereinnahmen... die Liste ist noch lang"

          Diese Fakten wird sehr gerne von den Kriegsbefürwortern gezielt ausgeblendet,.....

      • @Encantado:

        "Das Problem am einem (ernsthaften) Dialog ist immer, dass beide Seiten daran interessiert sein müssen."

        Und auch zum gleichen Zeitpunkt, was diesen Dialog zusätzlich erschwert. Vielleicht öffnet sich nach dem Krieg wieder ein Zeitfenster, wie 1948 und 2005.

      • @Encantado:

        "Das Bittere dabei ist, dass es Israel technisch durchaus möglich wäre, alle Palästinenser im Gazastreifen umzubringen. Sie tun es aber nicht, und darauf wiederum kann die Hamas setzen."

        Also die Erschießung von über 2 Millionen Menschen könnte nicht mal die Bundesrepublik ignorieren. Mal abgesehen davon, dass dann wohl der Rest der arabischen Welt + Türkei Israel den Krieg erklären würden.

        Ist also nur ein theoretisches Szenario.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          "Ist also nur ein theoretisches Szenario."



          Einerseits ja.



          Andererseits wäre ich nicht so sicher, ob die Hamas in derselben Situation dieselben Bedenken hätte.

          • @Encantado:

            Das ist auch egal. Nur weil andere vielleicht keine Bedenken hätten, kann man nicht sämtliche Moral und Menschlichkeit über Bord werfen.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Es ist leider nicht egal. Dass die Hamas selbst die Zurückhaltung nicht zeigen würde, auf die sie sich bei Israel verlassen kann, ist ein wesentlicher Punkt, wenn man überlegt, wie dieser Krieg beendet werden kann.