Israelische Offensive auf Rafah: Hamas floriert auf verbrannter Erde
Mit dem Angriff auf den letzten Landstrich in Gaza will Israel die Hamas endgültig besiegen. Dabei sind nicht mal die bereits eroberten Gebiete hamasfrei.

N ach monatelangem Hin und Her scheint die Bodenoffensive des israelischen Militärs auf Rafah in Süd-Gaza zu beginnen. Die Bewohner der Stadt sowie die über eine Million Menschen, die dorthin aus dem ganzen Gazastreifen geflüchtet sind, werden zur Evakuierung Richtung Norden aufgefordert.
Beinahe wie eine Einladung zur Offensive schoss die Hamas zuvor am Sonntag Raketen aus Rafah Richtung Israel ab. Die Geschosse schlugen nahe einem Stützpunkt am Grenzübergang Kerem Schalom ein, vier Soldaten wurden getötet, zehn teilweise schwer verletzt. Für manche in Israel ein Zeichen, warum die Bodenoffensive auf Rafah – trotz aller Kritik, vor allem aus Sorge um die vielen Zivilisten dort – doch so dringend nötig sei.
Dabei fliegen auch aus Orten, die das israelische Militär am Boden bereits kontrolliert, immer wieder Raketen. Etwa aus der Stadt Chan Yunis – nur kurz nachdem sich die Armee aus der Stadt, in der die Hamas bereits als besiegt galt, zurückgezogen hatte.
Hamas füllt Machtvakuum
Dass die Hamas und andere Gruppierungen die Kontrolle in Gaza längst zurückerobern, zeigen die wiederkehrenden Berichte aus diesen kontrolliert geglaubten Gebieten. Oder auch der glaubhafte Vorwurf, dass die Hamas Hilfslieferungen kapert und deren Verteilung an die Bevölkerung – und vor allem an sich selbst – kontrolliert.
Spektakulär ist auch ein Bericht der französischen Zeitung Le Monde vom Wochenende: Demnach sollen bewaffnete palästinensische Gruppen, darunter auch eine, die sich zur Hamas bekennt, im Laufe des Aprils insgesamt 66 Millionen Euro aus den Tresoren mehrerer Bankfilialen in Gaza-Stadt gestohlen haben. Damit zeigen sie eindrücklich: Das Gebiet ist derzeit ein gesetzloser Raum, in dem sich der Stärkste durchsetzt. In diesem Fall: die Hamas und ähnliche gewaltbereite Gruppen.
Es wird damit einmal mehr klar: Solange Israel keinen glaubwürdigen, umsetzbaren Plan für ein Gaza post Hamas entwickelt, wird sich dieser Ablauf immer wiederholen: Bodenoffensive des Militärs, israelische Kontrolle, Rückzug der Armee, Rückkehr der Hamas. Auch in Rafah.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen