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Integrationsbeauftragte über Silvester„Es geht um abgehängte Jugendliche“

Bei der Debatte über Gewalt an Silvester sei der Fokus auf ethnische Herkunft falsch, sagt die Berliner Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial.

Soziale Sprengkraft: Ein ausgebrannter Reisebus in der Sonnenallee Foto: Paul Zinken/dpa
Dinah Riese
Interview von Dinah Riese

taz: Frau Niewiedzial, in Berlin gab es in der Silvesternacht besonders heftige Angriffe auf Polizei und Feuerwehr. Seither wird hitzig über Migration diskutiert – der CDU-Politiker Jens Spahn etwa sprach von „gescheiterter Integration“. Aus Ihrer Sicht als Berliner Integrationsbeauftragte: Ist das der richtige Fokus?

Katarina Niewiedzial: Eindeutig nein. Die Gewalt an Silvester geht auf eine Gruppe randalierender Jugendlicher zurück. Diese verurteile ich auf Schärfste. Aber wer das zu einem „Ausländerthema“ machen will, dem sei ­gesagt: 1,4 Millionen Menschen in Berlin haben einen sogenannten Migra­tionshintergrund, das sind 38 Prozent der Bevölkerung. Wir tun dieser großen Gruppe Unrecht, wenn wir sie in Gänze stigmatisieren und kriminalisieren.

Laut Polizei gab es unter den Festgenommenen 18 Nationalitäten. Etwa ein Drittel waren Deutsche, dann folgten Afghanen und Syrer. Was sagen diese Zahlen aus?

Grundsätzlich spiegeln die Zahlen relativ unaufgeregt die Bevöl­kerungszusammensetzung in Berlin wider. Hier leben Menschen aus 190­ ­Nationen friedlich zusammen. Deswegen sollte nicht die ethnische, sondern die soziale Herkunft in den Blick genommen werden. Es geht um abgehängte Jugendliche – und zwar um unsere Jugendlichen. Jetzt zu signalisieren: „Ihr gehört nicht dazu“, ist das völlig falsche Signal. Was wir stattdessen brauchen, ist eine Debatte darüber, wie eine Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik aussehen muss, die auf eine Migrationsgesellschaft ausgerichtet ist.

Im Interview: Katarina Niewiedzial

45 Jahre alt, ist seit 2019 die ­Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration.

Also ist es doch ein Migrationsthema?

Nicht insofern, dass Migration ein Problem ist. Aber es ist nun mal Fakt, dass Jugendliche mit Migrationsgeschichte häufiger von Unterrichtausfall betroffen sind, keinen Schulabschluss haben und daher auch keine berufliche Perspektive bekommen. Die Startbedingungen in unserer Gesellschaft sind ungleich verteilt. Wir müssen darüber reden, in welchen sozialen Realitäten und mit welchen Rassismus­erfahrungen Menschen in unserer Stadt aufwachsen. Und genau da müssen wir ansetzen.

Die Täter haben gezielt Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr angegriffen. Was sagt das aus über ihr Verhältnis zum deutschen Staat?

Die Botschaft hinter den Angriffen lautet: Wir gehören nicht dazu. Es ist enorm wichtig, darauf als Staat nicht einzig und allein mit Law-and-Order-Politik zu reagieren. Als Ber­liner ­Beauftragte für Integration und Migration treibt mich die Frage um, wie wir es schaffen in einer von ­Migration geprägten Gesellschaft, Brücken zu bauen, mehr Teilhabe zu ermöglichen und strukturellen Rassismus abzubauen.

Über welche Bereiche sprechen wir da?

Die Situation in den Berliner Schulen zum Beispiel ist katastrophal – gerade in den sozial benachteiligten Stadtteilen und Regionen. Es fehlt an neuen Schulgebäuden, technischer Ausstattung und mehr Personal, das die Lebensrealitäten der jungen Menschen besser versteht. Es muss uns gelingen, den jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu geben. Das heißt: Schulabschluss, Ausbildungs- oder Studienplatz.

Was hat das konkret mit Zugehörigkeit zu tun?

So gut wie jedes zweite Kind hier in Berlin hat eine familiäre ­Migrationsgeschichte. Im Unterricht kommt das aber, wenn überhaupt, im Ethik­unterricht vor. Ich stelle mir vor, ich sei eine Jugendliche und mein ­Leben spielt in der Schule gar keine Rolle – das macht etwas mit einem. Das meine ich mit den zielgenauen Lösungen: Präventions- und Bil­dungsarbeit muss in sozial benachteiligten ­Stadtteilen deutlich besser aus­gestattet werden. Es kann nicht sein, dass gerade dort die Ressourcen immer am Limit sind, dass Leh­re­r*in­nen und So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen immer am Limit sind. Genau dort müssen wir investieren – weil wir die Jugendlichen eben nicht als verloren auf­geben ­dürfen.

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46 Kommentare

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  • "Die Situation in den Berliner Schulen zum Beispiel ist katastrophal – gerade in den sozial benachteiligten Stadtteilen und Regionen"

    Ähnlich sieht es in den Bremer Schulen aus. Wohnungen in den hochpreisigen Stadtvierteln können sich Migranten oft nicht leisten. Der Zuzug von Migranten findet daher vor allem in den ärmeren Stadtteilen statt. Dies wird auch durch die Verteilung von Flüchtlingsheimen nicht abgepuffert.

    Dies führt nicht nur zu einer Überlastung der dortigen Schulen. Auch andere Infrastrukturen wie z.B. das Gesundheitswesen (zu wenig Ärzte) sind betroffen.

    Die Bildungs- und Gesundheitspolitik Berlins, Bremens und vieler weiterer Kommunen ist sozial ungerecht.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, da haben Sie sicherlich recht!







      "Deswegen sollte nicht die ethnische, sondern die soziale Herkunft in den Blick genommen werden."

      Die ungerechte Bildungs- und Gesundheitspolitik läuft leider immer noch wie ein roter Faden, nicht nur durch einzelne Kommunen sondern, durch ganz Deutschland, Europa und darüber hinaus...

      • @Nilsson Samuelsson:

        Man muss sich nicht einmal die soziale Herkunft von irgend jemanden anschauen. Die Stadtteile in denen Aktionsbedarf besteht, in den Geld und Arbeit investiert werden müssen und Schulen mit mehr Personal ausgestattet werden müssen, snd bekannt.

        • @Rudolf Fissner:

          Ja, stimmt!



          Umgebung oder Umfeld wäre hier wahrscheinlich treffender.

  • Wie kommt Frau Niewiedzial zu der Aussage, dass die Herkunft der Täter die Bevölkerungszusammensetzung Berlins widerspiegelt? In Berlin haben laut Amt für Statistik 79 % der Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit, unter den Festgenommenen sind es jedoch lediglich 31 %. Noch gravierender ist die Diskrepanz bei afghanischen Staatsangehörigen. Diese stellen lediglich 0,36 % der Berliner Bevölkerung, jedoch 18,6 % der Festgenommenen.

    Des Weiteren wird eine politische Motivation hinter den Straftaten verschwiegen, obwohl einige der Täter auf Videos den türkischen Wolfsgruß der rechtsextremen Grauen Wölfe zeigen.

    • @JoJo Stonie:

      Das ging mir auch durch den Kopf. Teilweise, gerade auch für Neuköln, mag das nachvollziehbar sein. Der hohe Anteil afghanischer und syrischer Täter erklärt sich durch die Statistik nicht. Da muss genauer hingeschaut werden.

      Werden bspw. speziell afghanische Mitbürger besonders benachteiligt?

      Türken (sie erwähnten die Grauen Wölfe) waren übrigens keine besonders auffällige Gruppe. Insofern ist ihre Videobeobachtung wohl kaum repräsentativ.

  • Klar, 150 abgehängte in Berlin (von mir aus auch 500 mit den nicht erfassten) und das muss man natürlich genauer beleuchten!?



    Manchmal stelle ich mir schon eine Frage....da gibt's mehr Kleinkriminelle, Dealer, Drogenabhängige, Obdachlose.. bekommen die auch so viel Aufmerksamkeit und Arbeitskreise und Sozialarbeiter, Feuerwehr, zusätzliche Mittel.... jetzt? Liste keineswegs vollständig.

  • "Prima" Ablenkung, "Wer waren die Knallerwerfer?", von den tatsächlichen wichtigen Fragen: Verteilung, Demokratie, Klimawandel. Insoweit gut, dass man hier Frau N. fragt. Und an das Land Berlin, d.h. alle politisch verantwortlichen Parteien der etwa letzten 25 Jahre, einen ganz persönlichen Gruß: Den öffentlichen Dienst und das andere Öffentliche gekonnt vorurteilskonform runiert, "Respekt"!

  • Das Gefühl "nicht dazuzugehören" ist keine Rechtfertigung dafür, mit Gaspistolen oder Böllern auf Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten zu schießen.

    • @Wolferich:

      Wieso finde ich das Stichwort "Rechtfertigung" nur in Ihrem Beitrag?

    • @Wolferich:

      Vor allem ist die Frage, "warum" man nicht dazu gehört. Wäre es wegen der Herkunft, wäre das eine Schande. Ist es wegen des Verhaltens - sollte man vielleicht sein Verhalten ändern. Bei mir gehören Leute auch "nicht dazu", die Sanitäter angreifen oder Raubüberfälle auf die Feuerwehr begehen oder Busse anzünden.

  • Bitte mit Sofortmaßnahmen erstmal die Feuerwehr, Krankenwagen etc. vor diesem Mob schützen. Danach kann man in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, was die Ursachen sind und wie man damit umgehen kann. Ignorieren und Aussitzen ist wohl kaum noch akzeptabel.

  • Finde den Fehler

    Aussage 1: "38 Prozent der Bevölkerung" haben Migrationshintergrund.

    Aussage 2: "Grundsätzlich spiegeln die Zahlen relativ unaufgeregt die Bevöl­kerungszusammensetzung in Berlin wider. "



    3) Nur rund 40 von 140 Böllerwerfern hatten Migrationshintergrund.

    • @Rudi Hamm:

      Korrektur:



      Nur rund 40 von 140 Böllerwerfern hatten KEINEN Migrationshintergrund.

      • @Rudi Hamm:

        Sie kennen die Größe Berlins, sie kennen die MÖGLICHEN Straftäterzahlen. Interessant das aus dem konservativen-rechten Milieu hier zuerst gewettert wurde, ja alles nur Ausländer, abschieben pipapo. Jetzt wo die die Deutschen die größte Zahl an MÖGLICHEN Straftätern (KEINER ist von denen bisher für die Sache überführt und verurteilt worden!) stellt, rudern jene zurück und sagen, ja Deutschen muss man ja gegen Personen mit Migrationshintergrund im generellen vergleichen (bei 18 verschiedenen Nationalitäten...) und da gewinnt dann wieder die Person mit Migrationshintergrund. Herrlich Opportunismus von konservativ-rechts...wie man es eben kennt.

        • @Daniel Drogan:

          Daniel, ich mache bei diesem Migraten versus Deutsche nicht mit. Es gibt für Menschen, und die können Straftäter sein oder auch nicht.



          Dieser Kommentar diente allerdings nur dazu einen krassen Widerspruch der Aussagen von Frau Niewiedzial zu zeigen.

      • @Rudi Hamm:

        Genauer: 45 von 145 vorläufig Festgenommenen (in Berlin) hatten die deutsche Staatsbürgerschaft.

      • @Rudi Hamm:

        40 hatten keinen deutschen Pass, ob Migrationshintergrund, wird nicht öffentlich gemacht

        • @maddinose:

          Quelle? Und die 40 ohne Pass sind die Teil der 45 Deutschen? Also laut Ihnen wohl nur 5 Deutsche? ;)

        • @maddinose:

          Was ist die Quelle für Ihre Behauptung - die das genaue Gegenteil dessen ist, was alle von der Polizei bis zur taz sagen?

  • Spahn reproduziert da altbekannte CDU-Manieren:

    "Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!", sagte Kanzlerin Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Potsdam. (2010)

    Zuvor hatte Seehofer in der Integrationsdebatte mit drastischer Wortwahl nachgelegt: "Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot."

    www.spiegel.de/pol...tert-a-723532.html

    Frau Niewiedzials Ausage bringt es auf den Punkt:



    "Deswegen sollte nicht die ethnische, sondern die soziale Herkunft in den Blick genommen werden. Es geht um abgehängte Jugendliche – und zwar um unsere Jugendlichen. Jetzt zu signalisieren: „Ihr gehört nicht dazu“, ist das völlig falsche Signal. Was wir stattdessen brauchen, ist eine Debatte darüber, wie eine Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik aussehen muss, die auf eine Migrationsgesellschaft ausgerichtet ist."

    • @Nilsson Samuelsson:

      Ich wüsste nicht, das die Integration gelungen ist. Migranten erleben Diskriminierungen, haben die schlechteren Arbeitsplätze und erleben Rassismus und Gewalt. Da gibt es schon einiges an „gescheiterter Integration“ (Spahn)

      • @Rudolf Fissner:

        Das ist sicherlich Wahr, dass wir als Gesellschaft lange nicht die guten Absichten aus unserem Grundgesetz in der Praxis nachkommen und es gibt nach wie vor viel zu tun. Insebosndere in sachen Rassismus, Fremdenfeinlichkeite und für die Sträkung von sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe.



        Wahr ist aber auch, dass die Gesellschaften Europas stark von Migrationsgeschite geprägt sind und das Europa im globalen kontext durchaus funktionierne und stabile demokratisch organisreten Gesellschaften aufweisen. Europa ist also schon multikulurell unabhängig davon ob es CDU & Co gefällt oder nicht.



        Die Aussagen der Konservativen politker:innen erlebe ich als Versuche Menschen über ihren nationalen Identität anzuschwärzen und auszugrenzen. Gruppen wegen ihrer kulturellen Zugehöfrigkeit paschal schuldig zu machen. Das spaltet unsere Gesellschaft und ist dewegen, aus meiner Sicht sehr kontraproduktiv und - mit Blick auf rassitsischen Parteien in Europa - direkt gefährlich.



        Seehofer und Spahn war übrigens nicht wirklich diejenigen die sich in der Vergangenheit für gesellschaftlichen Zusammenhalt und inklusion eingestezt haben.

  • "Die Botschaft hinter den Angriffen lautet: Wir gehören nicht dazu."



    Ob da soviel Selbstreflexion hintersteckt, darf bezweifelt werden. Wenn ja, wären die Taten noch widerlicher, speisten sie ihre destruktive Energie doch aus wohlüberlegtem identitärem Kalkül. Diese Erklärungen verdrehen vielleicht Ursache und Wirkung. Dieser Logik zufolge erklären dann Autoren wie z.B. Olivier David, dass Verbote, deren Moral im Bürgertum wurzelten, zur Kriminalisierung führen, ja dieser sogar absichtlich dienten ("Schon in den 1980er Jahren gab die katholische Kirche unter der Losung „Brot statt Böller“ die Schlagrichtung vor" taz.de/Boellerverb...&s=olivier+david/). Herr Wimalsena konstruierte 2022 sogar besonders abstruse Theorien und adelte die "proletarische Sitte" als kulturellen Brauch (taz.de/Boellerverb...lvester/!5822021/).

  • CDU-Politiker Jens Spahn etwa sprach von „gescheiterter Integration“ -- und wer hat in den letzten 17 Jahren den Posten des Bundesinnenministers besetzt? Die CDU/CSU, oder?



    Immer wieder aufs Neue erheiternd, wie Herr Spahn anderen vorwirft, was sein eigener Verein (mit)verbockt hat.

    • @Libuzzi:

      Was bitte hat der Bund mit dem Land Berlin zu tun. Berlin ist zuständig wenn es um Integration geht. In anderen Bundesländern und großen Städten klappt es wesentlich besser.

      • @Der Cleo Patra:

        Und warum hat die FDP nicht Schuld? 🤪

  • Mit welcher Kompetenz hat eigentlich Jens Spahn etwas dazu zu sagen?

    • @t-mos:

      Warum sollten Politiker aus Berlin nichts zu sagen haben?

  • Wirre Aussagen



    Erst sagt Katarina Niewiedzial:



    "38% der Menschen in Berlin haben einen Migrationshintergrund.."



    und gleich darauf:



    "Grundsätzlich spiegeln die Zahlen relativ unaufgeregt die Bevöl­kerungszusammensetzung in Berlin wider. "



    Die Aussage ist total falsch!



    Wenn von rund 140 Festgenommenen 100 mit Migrationshintergrund waren, dann ist der Migrantenanteil dieser(!) "jungen Männer" um Faktoren höher als im Berliner Durchschnitt!



    Die Beteiligung "anderer Ethnien" war also auffällig hoch.

    Wobei ich ohnehin nicht in solchen Kategorien unterscheiden würde. Für mich gibt es Kriminelle und nicht Kriminelle, die Herkunft ist mir egal.

  • Schulen, Kindergärten, Erzieher und Lehrer besonders in den Wohngebieten, in denen sich Menschen zusammenfinden, die keine hohen Mieten bezahlen können, sind nicht auf die Situation des Nachwuchses eingerichtet, so dass das Thema 'gleiches Bildungsrecht für alle' ein sozialromantisches Märchen darstellt. Und bei zu erwartenden Klassenstärken von über 30 Kindern, dem Nachwuchsmangel im Bildungswesen, ist nicht abzusehen, wie diese sich noch verschärfende Katastrophe mit diesen von ihrer Wählerschaft völlig abgehobenen 'Politikern' in den Griff zu bekommen wäre. Alles ist darauf abgestellt, pädagogische Kompetenz (mit Lindner & Co) durch den Einsatz von Ellenbogen zu ersetzen. Hier sollte sich eine Kulturbeauftragte mal einbringen, statt sich in abgehobenen Kreisen feiern zu lassen. Es ist auch nicht zuletzt die Arroganz einer Mittelschichts-Elite, die wegschaut, sobald sie die 'Bildungs'-Tretmühle hinter sich gelassen hat. Es sind auch Schwächen in unserem Hochschulsystem, das für Absolventen viel zu lange dauert und völlig falsche Prioritäten setzt (wie wir das ja auch bei den Medizinern erleben), weil es Vorschulerziehung und Grundschulen zu wenig berücksichtigt. Kein Wunder, dass bei solch desolaten Zuständen niemand mehr dort tätig sein will !

    • @Dietmar Rauter:

      "...bei zu erwartenden Klassenstärken von über 30 Kindern ... diese sich noch verschärfende Katastrophe..."



      Ich war seinerzeit mit 38 Menschen in einer Klasse. Ging trotzdem.



      Katastrophe, meine Güte. Wo liegen hier eigentlich die Maßstäbe?

    • @Dietmar Rauter:

      Q Rauter



      " Es sind auch Schwächen in unserem Hochschulsystem, das für Absolventen viel zu lange dauert und völlig falsche Prioritäten setz t[...] weil es Vorschulerziehung und Grundschulen zu wenig berücksichtigt."

      ? Die Hochschulausbildung soll kürzer werden und dabei die Grundschule berücksichtigen?

      Stimmt, die die vernünftig schreiben können, haben an der Hochschule einen Vorteil.

      Einen Bachelorabschluss kann man nach 3 Jahren bekommen. Kürzer geht es nirgendwo. (ob es was nützt, sei dahingestellt).







      Und da schon von Medizinern die Rede war, man kann den Studiengang durchforsten, aber ein Arzt mit nur 2 Jahren Studium möchte man wohl eher nicht.

    • @Dietmar Rauter:

      "Alles ist darauf abgestellt, pädagogische Kompetenz (mit Lindner & Co) durch den Einsatz von Ellenbogen zu ersetzen." Eher durch den Einsatz von Tablets und Lern-Apps.

  • Sie macht einen guten Punkt. Einerseits sollte man mit Law & Order reagieren, um KURZFRISTIG die Symptome zu kurieren (wie mit einer Kopfschmerztablette). Langfristig ist die Kombination aus sozialen Angeboten und Polizei passend.



    Ich bin immer wieder erstaunt, dass beide Dinge als Gegensatz angesehen werden.

  • Ich bin sehr froh über diese besonnene konstruktive Sicht, die sich wohltuend von vielen anderen destruktiven Stimmen in der Politik und Presse abhebt.

  • Man wollte keine Migrationsgeschichte draus machen. Am Ende ist man aber doch in der Migrationsgeschichte. Schade der Beginn des Interviews war gut und repräsentierte meine Vorstellungen der Ereignisse und den Konsequenzen daraus. Am Ende muss man leider entnehmen doch nur die Migration angeblich Schuld. Was nicht stimmt.

    Was ich ganz verwerflich finde ist die Art und Weise wie die Polizei die Nationalitäten bekannt gab und die Medien dies verwenden. War es nach dem Pressecodex nicht so wenn die Nationalität kein Belang hat, dann wird sie auch nicht explizit aufgeführt? Wenn der Großteil Deutsche waren, im Grunde eine wilde Mischung von verschiedenen Nationalitäten. Ist DANN nicht die Nationalität komplett egal, weil es eben kein Schubladenproblem ist, sondern die soziale Herkunft eher betrifft und die es per se unabhängig von der nationalen Herkunft. Ja Migranten haben hier durch "Weißbrote" in deutschen Unternehmen und Behörden zusätzliche Probleme, Namen die sie diskrimineren, Aussehen die sie diskriminieren. Aber Problem ist die Politik, die lieber wirtschaftshörig, als sozialengagiert agiert.

    • @Daniel Drogan:

      Muss ich Recht geben. Sie beschreibt Migration als Problem. Damit ist der Käse schon gegessen.

      Es ist schon schlimm, wenn Menschen nen weiten Weg auf sich nehmen müssen, um weiter leben zu dürfen. Aber Migration ist kein Problem sondern ein Recht.

  • Spahn hat ja recht: wir haben bei seiner Integration total versagt. Obwohl wir ihn einen sehr wichtigen und gut bezahlten Job besorgt haben und ihm so viel Vertrauen geschenkt haben.

    Was haben wir mit dem Mann bloss falsch gemacht?

    Nun im Ernst: danke, Frau Niewiedzial, für die zutreffende und unaufgeregte Einschätzung, wo so viele versuchen, den Vorfall auszuschlachten, statt konstruktiv zu sein.

  • Der Blick auf die soziale Herkunft ist schon sehr wichtig , da die wirklich guten Menschen haben ganz selbstverständlich mindestens Millionen auf dem Konto, sind Politiker oder wenigstens Unternehmer! Alle anderen sind schon quas Definition Sozialschmarotzer und auch nur für niedere Arbeiten zu gebrauchen. Die haben doch alle keinen Respekt vor der unendlichen Leistung die die arbeitende Bevölkerung mit ihren hart , so unendlich hart erarbeiteten Besitztümern erschaffen hat!



    Ja, das war jetzt tatsächlich Real-Satire! Denn genau die Herkunft bestimmt immer noch den Lebenslauf und die Chancen in diesem Land. Natürlich ist Gewalt gegen die Bediensteten der Gesellschaft keine Lösung, aber wohin mit dem unendlichen Frust? Der Jugend wird die Zukunft gestohlen und es gibt keinerlei Hilfestellung: keine Jugendfreizeitheime, keinen regulären Schulunterricht, viel zu wenig Integration! Seit den frühen 80er Jahren ist dieses Land in absolut jeden Bereich kaputtgespart worden und der Kapitalismus ins schier unendliche gesteigert worden! Die Ernte holen wir jetzt ein: Umwelt kaputt, Fachkräftemangel, Armut ohne Ende usw. Wenn wir das wieder korrigieren wollen, müssen wir praktisch alles umbauen - nur wer will das?

    • @Karsten Wehrmeister:

      Schreiben Sie nicht von "der Jugend", wenn es sich um junge Männer handelt. Die Probleme der jungen Frauen sind andere - und oftmals auch von den Männern hervorgerufen.

  • vollkommen richtig. Die Politik sieht das sicher anders - siehe Äusserungen von Spahn bis Söder.



    Nicht ohne Grund sind die Resourcen im Bildungsbereich seit Jahrzehnten heruntergefahren, um eine Zweiklassengesellschaft zu ermöglichen und die große Masse als günstige "angepasste" Mitbürger zu haben. Stichwort Niedriglohnsektor!



    Das sichert die politischen Mandate, da sich schlechter gebildete Mitbürger leichter "lenken" lassen. So zumindest die politische Strategie, oder? Die Medien liefern ihren Beitrag on top dazu.

    • @Sonnenhaus:

      Und dann ja keine Vertrauenszeit beim Bürgergeld -- man muss schon sagen, die ein oder andere Partei hat schon ein stringentes sozialpolitisches Konzept ...

  • Man sollte nicht so tun, als gäbe es den Migrationshintergrund nicht. Nur ist der eben in Wirklichkeit einer sozialer Hintergrund. Und den darf man natürlich auch beklagen und die Verantwortlichen angreifen. Hat nicht gerade jemand eine Höchstgrenze für Schüler mit Migrationshintergrund an Schulen gefirdert. Richtig ist das, nur folgt daraus dann auch mindestens eine Mindestquote an allen Schulen. Da möchte man doch einen Söder mal erleben, wenn er das den Eltern beibringen soll. Insgesamt sollte man die Integrationsaufgabe sehr viel stärker angehen, statt sich auf die aktuellen Übergriffe, und dann auch noch nur die in Berlin, zu stürzen. Das ist reuchlich billig. Am Rande: wer jetzt am lautesten "Migrationshintergrund" schreit, schreit auch am lautesten "Freiheit", wenn es um ein generelles Böllerverbot geht. Und es riecht auch reichlich nach einer gewissen Freude, die guten von den bösen Böllerern zu scheiden. Ich glaube schon, dass solcher Mechanismus auch benutzt wird um diesen ganzen Unsinn zu schützen. Einfach verbieten, dann ist was gewonnen. Natürlich keine Integration, über die muss man auf anderem Niveau reden.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Wenn Sie auf Söder rumhacken: In Bayern gibt es diese Probleme aber kaum.

  • "Grundsätzlich spiegeln die Zahlen relativ unaufgeregt die Bevölkerungszusammensetzung in Berlin wider.". Bei einem Anteil von zwei Dritteln an festgenommenen Menschen mit ausländischem Pass? Dass ist deutlich höher als deren Anteil selbst in Neukölln. Da macht sich jemand etwas vor. Nicht ungewöhnlich in Berlin.