Gegen den Trumpismus: Amazon-Boykott, jetzt!
Den Lieferservice von Trump-Freund Jeff Bezos nicht mehr zu nutzen, ist nur ein Anfang im langen Widerstand gegen die Zerstörung der Demokratie.
E s klingelt. Ein Amazonbote steht vor der Tür. Flehend sagt er: „Paket. Nachbar“ und zeigt auf fünf Schachteln, eine davon sehr groß. Was er will, ist klar: Die Sendungen sollen bei mir zwischengelagert werden. Angesichts des gehetzten Eindrucks, den der Bote macht, sage ich, okay. Und dann liegen die Pakete drei Tage bei mir, weil der Nachbar verreist ist, und versperren den Flur.
Amazon war schon lange ein Ärgernis. Nicht erst, seit mir die Pakete im Weg sind. Empörend ist der Kampf des Unternehmens gegen Arbeitsrechte, Betriebsräte, Steuerbehörden, Umweltschutzauflagen weltweit.
Gründe, bloß nichts bei Amazon zu ordern, gibt es also schon lange zuhauf. Aber seit Trump hofiert von einer reichen Boy-Gang in den USA wütet, seit er die Demokratie in eine diktatorische Oligarchie umbauen will, seit er Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Umweltgesetze für Dreck hält, Rassismus pur predigt, Frauen und Transleuten das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper nehmen will, den Sozialstaat demontiert, die Wissenschaft und den Klimawandel lächerlich macht, hat eine demokratisch denkende Person keine Ausrede mehr, Amazon nicht zu boykottieren. Denn Jeff Bezos, der Amazongründer, ist einer der reichen Stiefellecker von Trump.
Klar, der Einwand kommt sofort: Amazon boykottieren, das ist nicht mal ein Tröpfchen auf den heißen Stein, das löst sich vorher in der Luft auf. Die Gefahr, dass sich nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande Demokratiezerstörer*innen durchsetzen, ist so groß, da müssen große Aktionen her. Nicht nur „F*ck Trump und seine reichen Bros“. Und die Rückfrage: Any ideas?
Wir stehen vor der drohenden Demontage der Zivilgesellschaft wie die Kaninchen vor der Schlange und mit irgendwas müssen wir anfangen, um unsere Wirkmacht wieder zu spüren. Würden nur die 20 Prozent der AfD-Wählenden in Deutschland bei Amazon ordern, der Konzern würde vier Fünftel seines Umsatzes bei uns einbüßen. Recht so. Statt 37,6 Milliarden US-Dollar wären das 7,52 Milliarden. Vielleicht wäre der Laden in Deutschland gar nicht mehr rentabel.
Das Argument, dass Arbeitsplätze mit so einer Aktion verlorengingen, zieht nicht. Neue Strukturen der Vermarktung würden entstehen, für die Leute gebraucht werden. Noch nämlich würde auch ohne Amazon nicht weniger konsumiert. Konsumverzicht ist Widerstand für Fortgeschrittene.
Ohnehin unterstellt dieses Argument mit den Arbeitsplätzen den falschen Leuten, sie störten den Betrieb. Der wahre Zerstörer ist Jeff Bezos selbst: Ab Februar etwa schließt er seine Lager in Kanada, weil sich die Angestellten gewerkschaftlich organisierten und höhere Löhne forderten. 1.700 Leute verlieren ihren Job. Hätten sie vorab kuschen sollen?
Es wird eingewendet: Amazon sei doch so bequem. Man kriegt das Zeug fast sofort. Und? Dann liegt es im Flur der Nachbarn rum. Wie wäre es stattdessen mit echtem, physischem Einkaufen?
Aber, wird mir weiter entgegnet, die Leute auf dem Land – was sollen sie tun? Hey, auch die brauchen Amazon bestenfalls als Rechercheplattform. Man kriegt da gut raus, welche Hersteller eines Produkts es gibt. Man kann bei den Herstellern selbst ordern. So gut wie alle haben einen Online-Shop. Bestellt man direkt, verdienen die besser.
Aber Achtung, nicht den Wettbewerbern von Amazon anheimfallen. Alibaba, Temu – der chinesische Diktator freut sich. Er braucht in Europa nicht mit Panzern einzufallen. Er hat es mit „made in China“ bereits okkupiert.
Konsum ist nicht Selbstverwirklichung, Konsum ist Politik. Da geht noch was.
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