Flucht aus Afghanistan: Zurück zu #RefugeesWelcome

Statt zu flüchten sollten die Menschen in Afghanistan lieber für ihr Land kämpfen, fordern Wohlstandsdeutsche. Menschenleben scheinen ihnen egal zu sein.

Frauen und Männer flüchten mit ihren Kindern

Kabul am 16. August: Frauen und ihre Kinder versuchen, aus Afghanistan zu flüchten Foto: reuters

Die Menschheit zeigte sich in den vergangenen Tagen wieder von ihrer grausamen Seite. Die islamistischen Taliban nutzten die Gleichgültigkeit des sogenannten Westens, um in Afghanistan wieder Menschen zu unterdrücken, sie zu ermorden. Am Flughafen in Kabul klammerten sich verzweifelte Afghanen an Militärflugzeuge, mehrere Menschen könnten in den Tod gestürzt sein. Politische Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen in Washington, Brüssel und Berlin nannten den Einsatz trotzdem „einen Erfolg“ oder übten sich im lauten Schweigen. In Deutschland betonten Clown-Politiker*innen, „ein 2015 dürfe sich nicht noch mal wiederholen“. Hauptsache raus, Hauptsache nichts damit zu tun haben. Dabei kann man sich nicht raushalten, wenn man bis zum Hals in etwas drinsteckt.

Wer glaubt, das sei der Gipfel der westlichen Unmenschlichkeit, hat leider noch zu viel Hoffnung in diese herzlose Welt. In sozialen Medien musste ich lesen, wie sich Deutschdeutsche empören. Nicht darüber, dass ihre Regierung über zwanzig Jahre die Menschen in Afghanistan ins Verderben gestoßen hat. Diese Deutschdeutschen regten sich „über so viele junge Männer“ auf, „die sich auf die Flucht gemacht haben, anstatt für ihr Land zu kämpfen“.

Es war mir schon vorher klar, dass man aus einigen Deutschdeutschen die Obsession mit „Blut und Boden“ nicht herausbekommen würde, aber das Timing, während Flüchtende von Flugzeugen zerfetzt werden, ist schon hart über der Grenze der Geschmacklosigkeit.

Sie stellen Nation vor Menschenleben, das muss man emotional erst mal können. Ihnen ist egal, dass Menschen um ihr Leben fürchten; sie denken sich die Welt als Computerspiel, in dem man herumballert und dabei Spaß an der eigenen völkischen Verbohrtheit haben kann. Mit ihrem Hass, ihrer Freude über sterbende Menschen, ihrem grenzenlosen Unwissen bei gleichzeitigem Gratismut sind diese Deutschdeutschen eine Schande. Nichts mehr. Halt einfach deine Fresse, du hässliches, ekelhaftes, völkisches Deutschland! Niemand braucht dich.

Purer Rassismus

Das ist jetzt ein bisschen hart? Hier eine Zugabe: So ein hässlicher Deutschdeutscher schrieb in einem hässlichen Kommentar, dass die flüchtenden Afghanen doch ihre Frauen und Kinder schützen sollten, anstatt auf „unsere Kosten“ in Deutschland ein schönes Leben anfangen zu wollen. Er schrieb, es handle sich um Weicheier, die man hier nicht haben wolle.

Die Ironie: Jene afghanischen Männer, die es in den vergangenen Jahren nach Deutschland geschafft haben, werden von denselben Deutschdeutschen pauschal als gewalttätig und übermännlich dargestellt. Ja, was denn nun? Euer Rassismus widert mich an.

Umso wichtiger ist es in diesen Tagen zu betonen: Egal ob sie sich zuvor „nützlich“ gemacht haben, egal ob sie mit den ach so tollen „westlichen Werten“ kompatibel oder einfach nur in Gefahr sind, #RefugeesWelcome.

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Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Bei Twitter schreibt er unter dem Handle @mamjahid, bei Instagram @m_amjahid. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen.

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