Erdbeerverkauf in Berlin: Süße Früchte, saure Preise
Erdbeeren sind ein Luxusgut, daran sollten wir uns gewöhnen. Warum tun sich manche Anbieter wie Karls Erdbeeren so schwer mit dieser Einsicht?
Meine Hoffnung war, dass es die Kunden nicht merken“, entschuldigt sich der freundliche Mann hinterm Tresen des Verkaufsstandes von Karls Erdbeeren am nördlichen Stadtrand Berlins. Vor zwei Wochen gab es hier Kilokörbe für 8,90 das Stück, letzte Woche kosteten 750 Gramm 7,90 Euro – und jetzt das Pfund 5,45.
Mathe ist nicht jederfraus Sache, aber die Rechnung ist in diesem Fall nicht so schwer. Der Kilopreis hat sich von 8,90 Euro auf 10,50 und 10,90 erhöht – und statt das einfach ordentlich zu begründen, werden die Kunden rotzfrech an der Nase herumgeführt.
„Warum kaufst du auch diesen Nippes“, fragt eine Kollegin. „Niemand zwingt dich, da zu kaufen“, fügt ein anderer an. Spätestens seit der kritischen Berichterstattung der taz über die miesen Arbeitsbedingungen bei Karls unter dem Titel „Erdbeer-Nazis“ ist es in dieser Redaktion nicht en vogue, bei diesem Anbieter zu kaufen. Darauf kann die Antwort nur lauten: „Das Private ist politisch.“ Wer Kinder hat, weiß, dass viele von diesen drei Kilo Erdbeeren pro Woche als Grundrecht begreifen.
Und: Zumindest am strukturschwachen Stadtrand gibt es wenige schmackhafte Alternativen. Am späten Nachmittag sind die Bio-Erdbeeren überall aus, die zurzeit übrigens meist sogar um die 13,50 das Kilo kosten. Für deutsche Erdbeeren legt man im Supermarkt zwar ungefähr dasselbe wie bei Karls auf den Tisch, diese werden aber oft nicht wie bei Karls am Verkaufsmorgen geerntet, sind also in den allermeisten Fällen nicht so süß und so zart – und man hat wegen der faulen Früchtchen weiter unten viel mehr Verschnitt.
Anders aufziehen
Bleibt für Berufstätige, die vormittags nicht einkaufen können, oft nur Dürre-Obst aus Südspanien. Aus dem berühmten und nun von Trockenheit bedrohten Doñana-Nationalpark pumpen hunderte Agrarbetriebe illegal Wasser, und das soll nun auch noch von der Regierung erlaubt werden.
„Ich würde das auch anders aufziehen“, sagt der freundliche Verkäufer deshalb noch. Man könnte den Preisanstieg sehr leicht vernünftig rechtfertigen: Wechsel der Sorte, ausbleibender Regen, steigende Lohnkosten. Selbst der brennende Erlebnishof in Elstal am Dienstag wäre als Begründung besser als einfach kleinere Schalen.
Bleibt also nur, den Kindern künftig Aprikosen anzudrehen oder auf Selbstanbau umzusteigen. Die Pflanzzeit für Erdbeeren ist bis Mitte Juni, Pflanzen für einen Euro das Stück oder ein paar Cent mehr gibt’s manchmal immer noch beim Gärtner oder im Baumarkt, zur Not auch online. Und wer weder Garten noch Balkon hat, der kann sich auch Blumenampeln mit Erdbeerpflanzen kaufen und ins Fenster hängen. Die sind zwar teurer. Dafür sind es oft Monatserdbeeren, die bis in den Herbst hinein tragen.
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