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Dobrindts Aussagen zu Angriffen im IranWer klatscht, wird zum Komplizen

Kommentar von Daniela Sepehri

Wer den israelischen Angriff auf den Iran lobt, vergisst die zivilen Opfer. Politiker wie Alexander Dobrindt entwerten so das Völkerrecht.

Besuch in Israel am 29. Juni: Innenminister Alexander Dobrindt (l.) mit dem israelischen Außenminister Gideon Saar Foto: Schlomi Amsalem/Government Press Office

D er Krieg in Nahost ist kein Spiel. Und doch benehmen sich deutsche Politiker wie Alexander Dobrindt (CSU) und Friedrich Merz (CDU) so, als sei es ein Sportwettkampf: Team Israel gegen Team Iran. Ihren Favoriten haben sie dabei schon längst auserkoren.

Dobrindt reiste als erster Spitzenpolitiker seit Beginn des Krieges nach Israel und lobte dort explizit die israelischen Angriffe auf iranische Infrastruktur. Deutschland stehe „an der Seite Israels bei den Maßnahmen der vergangenen Wochen“, so Dobrindt. Bundeskanzler Merz sekundierte zuvor aus der Heimat: Israel mache „die Drecksarbeit“ für den Westen. Aussagen, die an Zynismus nicht zu überbieten sind.

Wer so redet, denkt nicht an die über zehn Millionen Zi­vi­lis­t*in­nen in Teheran oder die politischen Gefangenen. Er denkt nicht an die europäischen Geiseln, wie die französischen Lehrkräfte Cécile Kohler und Jacques Paris, von denen es seit dem israelischen Angriff auf das Evin-Gefängnis am Montag kein Lebenszeichen mehr gibt. Sie waren zuvor im Isolationstrakt 209 inhaftiert, der bei den Angriffen zerstört wurde. Auch die Familien anderer politischer Gefangener suchen seit Tagen verzweifelt nach ihren Angehörigen.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Mit ihrem Verhalten zeigen Dobrindt und Merz ihnen, dass ihr Leid nicht zählt. Wer Israels Angriffe vorbehaltlos unterstützt, entwertet nicht nur das Völkerrecht, sondern auch jede deutsche Beteuerung von „Nie wieder“. Amnesty International sagt: Das vorsätzliche Angreifen ziviler Objekte kann ein Kriegsverbrechen sein. Das gilt überall und für alle.

Das iranische Regime ist mörderisch, seine Staatsräson die Vernichtung Israels. Wer es bekämpfen will, sollte den Menschen helfen, die ihm seit Jahren die Stirn bieten. Und nicht diejenigen mit Applaus überschütten, die Widerständige noch weiter in Gefahr bringen. Deutschland muss sich an die Seite der iranischen Zivilgesellschaft stellen, nicht die Bomben gutheißen, die sie treffen. Wer schweigt oder Beifall klatscht, macht sich zum Komplizen – ob gegenüber Teheran oder gegenüber Tel Aviv.

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7 Kommentare

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  • Was die Netanjahu-Regierung in Gaza und in der Westbank veranstaltet, ist aus Sicht der Palästinenser blanker Terror: anlasslose Gewalt, gegen die es keine Möglichkeit zur Abwehr gibt.

    Es ist mir unverständlich, wie deutsche Politiker dies unterstützen können, ohne dass dies strafrechtliche Konsequenzen hat.

  • "Wer klatscht, wird zum Komplizen"

    Ist doch immer und überall das Gleiche. Links, Rechts, Mitte. Spielt langsam keine Rolle mehr.

    Kein Wunder, dass da auch der Kanzler mitmacht.

    Beispiel: Einige linke Aktivisten wie Ramsy Kilani (ehem. Die Linke) rechtfertigten den 7. Oktober als legitimen Widerstand. Gruppen wie Young Struggle oder Samidoun verbreiteten ähnliche Narrative, verteilten Süßigkeiten nach dem Massaker etc...Auch auf linken Plattformen wie „The Left Berlin“ wurde der Hamas-Angriff relativiert oder verharmlost, teils mit antisemitischen Untertönen.

    Präsident Ebrahim Raisi (Iran) gratulierte Hamas offiziell zu ihrem „glänzenden Sieg“ und forderte muslimische Staaten zur Unterstützung auf.

    Vielleicht sollte man das klatschen einfach einstellen.

  • Sollen wir Nachsicht mit den beiden deutschen Politikern haben, denen einfach die notwendige Ernsthaftigkeit fehlt, um solche Taten grundsätzlich korrekt kommentieren zu können.Beides keine Staatsmänner mit Weitblick und diplomatischem Gefühl. Daher auch die Nichtbeachtung von Menschenleben im Iran wie in Israel oder Gaza. Ihre Lebenssituation ist weit weit weg von der meissten Menschen in den betroffenen Gebieten. Ihre Vorstellungskraft reicht in keinster Weise zu jeglicher Einschätzung. Im Gegenteil, sie machen sich aufgrund ihrer unüberlegten Stellungnahmen und Formulierungen zu Unterstützern von Kriegsverbrechern und helfen in keinster Weise diesen katastrophalen Irrsinn zu beenden.



    Mit zugesagten Waffenlieferungen und Ermunterung zu weiterem Angriff befeuern Sie die menschenverachtende Lage im nahen Osten. Wenn Dein Wahlkreiskandidat noch z u unreif für den politischen Job ist, solltest Du ihn besser vor der Wahl darauf ansprechen, bevor es zu spät ist und wir alle die Zeche zahlen müssen. Eine Schande für unser Land und das Judentum.

  • nur mal so eine Frage ? wer denkt an all die zivilen Opfer die gestorben sind der Angriffe der Hisbollah und Hamas gesponsert vom Iran? als die Hamas Israel angerufen hat, woher flogen dann die Ratten von der Hisbollah? Auf welchem Staatsgebiet wurden Sie gestartet und wer hat sie bezahlt?

    ich denke wir dürfen es uns nicht so einfach machen. Noch immer hält die Hamas Geisel zurück....

  • Deutsche Politiker zeigen schon lange, dass für sie Araber und Iraner nicht gleich viel wert sind wie Europäer, US-Amerikaner, Israelis.

  • Nicht falsch gedacht, Respekt! Vielleicht ein Minikritikpunkt sprachlicher Natur: Kann man vorab „sekundieren“? Erscheint mir irgendwie paradox, hat aber beim näheren Nachdenken doch was…

  • "Er denkt nicht an die europäischen Geiseln, wie die französischen Lehrkräfte Cécile Kohler und Jacques Paris, ... "



    Der israelische Angriff war - da sind sich die meisten Rechtsexperten einig - völkerrechtswidrig. Nun kann man sich natürlich ein wenig über die Weltferne einer Debatte wundern, nach der eine Reaktion Israels erst dann legal wäre, wenn der Abschuss atomarer Waffen quasi unmittelbar bevorstände. Derlei Vabanque-Spiele kann man natürlich aus sicherer Distanz fordern.



    Aber darum geht es gar nicht. Sondern um die scheinbare Selbstverständlichkeit, mit der akzeptiert wird, dass das iranische Regime europäische Bürger als Geiseln nimmt. Nicht zum ersten Mal übrigens. Aber dahinter verbirgt sich ein merkwürdiger Doppelstandard. Denn natürlich ist die Geiselnahme völkerrechtswidrig. Ebenso der von Hamas und Hisbollah ausgeübte Terror. Da wird dann schulterzuckend darauf hingewiesen, dass solche Organisationen nicht dem Völkerrecht unterlägen.



    Insofern ist die moralische Empörung in diesem Fall doch etwas arg billig. Denn zu der Frage, wie man mit Akteuren umgehen soll, die für ihre Völkerrechtsverstöße nie belangt werden können, weiß auch die Autorin keinen Rat.