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Illustration: Oliver Sperl

Rechte Heil­prak­ti­ke­r*in­nenIn der braunen Ecke der Pseudomedizin

Die „Germanische Neue Medizin“ ist antisemitisch, rassistisch, homofeindlich – und fordert immer wieder Todesopfer. Dabei bei einem Seminar für ihre An­hän­ge­r*in­nen im Allgäu.

K arsee liegt im äußersten Süden Deutschlands, nur 30 Kilometer vor der Grenze zu Österreich. Im Zentrum der 700-Seelen-Gemeinde im Allgäu steht der „Adler“, nur scheinbar ein gewöhnlicher Landgasthof mit Gästezimmern.

Im Wirtshaus hat ein Verein seinen Sitz. Er trägt den Namen „Tafelrunde“ und hat sich offiziell der „Förderung der Gesunderhaltung von Mensch und Natur“ verschrieben. Die Pächter des Adler stehen ihm vor. Die Webseite sieht harmlos aus, ein paar Werbefotos, ein bisschen Kitsch. Doch die „Tafelrunde“ bringt rechte „Reichsbürger*innen“, staatsfeindliche Gruppen und An­hän­ge­r*in­nen der esoterisch-rassistischen Anastasia-Bewegung zusammen.

Gäste kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Karseer Wirtshaus. Fast wöchentlich finden dort Veranstaltungen statt: Rohkostabende, Druschba-Fahrten, die die Freundschaft zu Russland zele­brie­ren, sowie Treffen der Querdenkerpartei „dieBasis“. Auch eine Heilpraktikerin aus dem Umfeld der mutmaßlich rechtsterroristischen „Patriotischen Union“ referierte hier schon. Das geht aus den Telegram-Kanälen des Vereins hervor.

An diesem Wochenende Anfang des Jahres ist der Parkplatz vor dem „Adler“ voll. SUVs, ein Wohnmobil und eine Schrottkarre stehen vor dem Wirtshaus. Die Angereisten wollen im Adler an einem Seminar teilnehmen, das es in sich hat. Zwei Tage lang geht es hier um die „Germanische Neue Medizin“ (GNM) und „Individuelle und Kollektive Traumata“ – eine pseudowissenschaftliche Lehre, gespickt mit antisemitischen Elementen. Und teils tödlichen Folgen, weil Erkrankte oder die Eltern erkrankter Kinder auf die GNM setzten, statt auf eine professionelle Behandlung, wie etwa der NDR und das Schweizer Fernsehen berichteten.

Die Coronapandemie steigerte das Interesse

Die „Germanische Neue Medizin“ fristete lange ein Nischendasein. Ein paar Reich­sbür­ge­r*in­nen experimentierten mit ihr, unter anderem aus Kreisen des kürzlich verbotenen „Königreich Deutschland“, ebenso wie An­hän­ge­r*in­nen der Anastasia-Bewegung. Diese pflegen einen naturnahen Lebensstil mit völkischen Siedlungsprojekten. In den Lehrbüchern der Bewegung finden sich rassistische und antisemitische Narrative. Der Verfassungsschutz hat die Anastasia-Bewegung im Juni 2023 als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft.

Mit der Coronapandemie stieg das Interesse an der „Germanischen Neuen Medizin“ – und damit die Gefahr, die von ihr ausgeht. Auf dem Messengerportal Telegram folgen Zehntausende Accounts Kanälen, die diese Ideologie verbreiten. Drinnen im Gasthof Adler erinnert vieles an die Siebziger Jahre: Karo-Gardinen, Holzvertäfelung. Doch es riecht nicht mehr nach Bier und Zigarettenqualm, sondern nach veganem Linseneintopf und Kräutertee. In Vitrinen liegen Esoterikratgeber aus, Tarotkarten und Flyer: für Anti-Windkraft-Kampagnen und Versammlungen auf Höfen der Anastasia-Bewegung.

Auf den Tischen des Seminarraums sind Rosenquarze spiralförmig auf Samttüchern drapiert, „zur Raumenergetisierung“, erzählt Bianca* aus dem Organisationsteam gleich bei der Anmeldung. 220 Euro kostet die Teilnahme – inklusive „energetisiertem“ Wasser, aber ohne Verpflegung und Unterkunft. Im Gasthof stellt einer der Hauptreferenten gleich zu Beginn klar: keine Ton- oder Videoaufnahmen, keine Fotos. Was hier geschieht, soll auf keinen Fall an die Öffentlichkeit. Doch die taz ist dabei im Gasthof Adler, ihre Recherche veröffentlicht sie in Kooperation mit dem Schweizer Investigativportal Flimmer Media.

Viele derer, die hier zusammengekommen sind, kennen sich. Sie umarmen sich zur Begrüßung, schwatzen, lachen. Es sind junge Frauen in Röcken dabei, und ältere Männer in Leinenhemden und Wollpullovern. Sie kommen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich – sind teils weit gefahren, um hier zu sein. Manche berichten in der Pause von ihren Besuchen bei anderen Szeneveranstaltungen, etwa der „Anti-Zensur-Konferenz“ (AZK) in der Schweiz. Die „Organische Christus Generation“, kurz OCG, um den Schweizer Ivo Sassek veranstaltet sie jährlich.

Illustration: Oliver Sperl

Kontakt zu Gleichgesinnten

Neben Ver­schwö­rungs­ideolog*in­nen kommen dort auch immer wieder Ho­lo­caust­leug­ne­r*in­nen zu Wort. Etwa Bernhard Schaub, Gründer der rechts­ter­ro­ris­tischen „Europäischen Aktion“ oder die Nationalsozialistin Sylvia Stolz, die mehrfach wegen Volksverhetzung Haftstrafen absaß und sich mit dem Hitlergruß aus dem Gerichtssaal verabschiedete. Ihr Auftritt bei der AZK führte 2015 zu einem Verfahren wegen Volksverhetzung. Das Landgericht München verurteilte Stolz zu 18 Monaten Haft ohne Bewährung. Auch Harald Baumann, der an diesem Wochenende Ehrengast im Adler ist, trat bereits bei der AZK auf. Eine ältere Frau erzählt, sie sei seit Corona in keinem Restaurant mehr gewesen – weil die Gastronomie in der Pandemie Impfzertifikate verlangt habe, wolle sie die Branche nicht mehr unterstützen.

Für sie scheint die Teilnahme hier eine gewisse Befreiung zu sein. Im Gasthof Adler sucht sie vor allem Kontakt zu Gleichgesinnten. Ein Elternpaar berichtet im Gespräch am Tisch wiederum von der schwer magersüchtigen Tochter. Die beiden seien bei zahlreichen The­ra­peu­t*in­nen gewesen, auch in Kliniken, hätten aber nicht die erhoffte Hilfe bekommen. Sie fänden keinen richtigen Zugang mehr zu ihrer Tochter. Sie sei nur noch in ihrem Zimmer, esse seit Wochen nichts mehr, es gehe ihr immer schlechter. Man merkt den beiden die Verzweiflung an – sie setzen scheinbar all ihre Hoffnung in dieses Wochenende.

Eine andere Frau, Ende vierzig, Seidenschal und Batikhose, sagt während einer Zigarettenpause: „Wir müssen das selber in die Hand nehmen, auf das System ist seit der Pandemie kein Verlass.“ Sie bläst den Rauch aus und schwärmt von ihrer Tochter, einer Hebamme, die sie sonst zu diesen Seminaren begleitet.

Auf einer interaktiven Karte, die sich auf einer der Szene-Webseiten findet, sind Heil­prak­ti­ke­r*in­nen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verzeichnet. In den Gasthaus-Vorträgen erfährt man, was Gegenstand der „Germanischen Neuen Medizin“ ist. Ihr zufolge werden Menschen erst durch Medikamente krank. Statt diese einzunehmen, könne man sich selbst heilen. Manchen, die aufgrund schlimmer Diagno­sen in einer Krise sind, erscheinen solche Aussagen wie ein Ausweg, eine Erlösung.

Eine gefährliche Paarung

In Karsee ist Stefan Lanka einer der Hauptreferenten. Lanka ist in der pseudomedizinischen Szene eine kleine Berühmtheit. Der promovierte Biologe vom Bodensee leugnet, dass es Viren gibt, die Krankheiten verursachen. Aids beispielsweise hält er für eine Erfindung der Pharmaindustrie. „Hamer hat uns vor dem Bösen gerettet“, sagt er und meint damit Ryke Geerd Hamer, den 2017 verstorbenen Begründer der „Germanischen Neuen Medizin“.

In Hamers Lehre sind es angebliche innere „Konflikte“ und „Schockerlebnisse“, die eine zentrale Rolle bei der Entstehung und auch bei der Heilung von Krankheiten spielen. Unterschiedliche Erkrankungen gingen demnach auf unterschiedliche Arten von Konflikten zurück. Durch die Auflösung der Konflikte würde sich der Körper selbst heilen. Medizinische Operationen duldete Hamer, Medikamente aber seien gefährlich – selbst bei schweren Krankheiten wie Krebs. Hamer warnte vor Chemotherapien. Auch die Idee, dass durch Injektionen Chips implantiert würden, tauchte bei Hamer auf – eine Verschwörungserzählung, die sich während der Coronapandemie in vielen Köpfen festsetzte.

Die gefährliche Ablehnung medizinischer Behandlung paart sich in Hamers Lehre mit rechtsextremen Verschwörungselementen. Die „Germanische Neue Medizin“ knüpft an den Antisemitismus der Nazis an, die bereits gegen die „jüdische Schulmedizin“ zu Felde zogen und dagegen „Heilpraktiker“ förderten. Hamer glaubte, Jüdinnen und Juden würden mit evidenzbasierter Medizin die nichtjüdischen Menschen ausrotten und kontrollieren wollen.

Immer wieder fallen in den zwei Tagen Beispiele und Anekdoten, hinter denen sich antisemitische Narrative verbergen

Die Chemotherapie zum Beispiel sei „eine Waffe der jüdischen Menschen“. Auch Stefan Lanka erklärt in seinem Vortrag im Allgäu: Die evidenzbasierte Medizin sei eine „Sklavenmedizin“. Freie Menschen heilten mit dem Geist. Masern bei Kindern gebe es nur, weil sie in die Kita müssten – ein „Bindungstrauma“. Ihm zufolge könnten zudem nur Zweitgeborene eine Bluter­erkrankung haben – diese schreibt Lanka einem „Revierkonflikt“ zu, da Zweitgeborene „nicht mehr König werden können“.

Im Gasthof Adler geht es betont freundlich zu, die Feinde lauern draußen: die evidenzbasierte Medizin, Linke und Progressive, Queers, Mi­gran­t*in­nen, jüdische Menschen – und nicht zuletzt der Staat. Auch der Vortrag von Michael Loidl ist gespickt mit Antifeminismus und erschreckender Homo­feind­lich­keit.

Kein Orgasmus wegen den Grünen

Der Österreicher ist ehemaliger Karate-Weltmeister und neben Lanka einer der Referenten im Adler. Er war Schüler von Hamer und besuchte ihn regelmäßig in Spanien, wohin dieser auf der Flucht vor den österreichischen Behörden zog. Hamer sah sich nach Verlust seiner ärztlichen Approbation 1986 mehreren Strafverfahren ausgesetzt und wurde unter anderem 2004 in Frankreich zu drei Jahren Gefängnis wegen Betrugs und „illegaler Ausübung der Medizin“ verurteilt, wie der Standard berichtete. Mehrere seiner Pa­ti­en­t*in­nen waren verstorben, nachdem sie dem Rat zweier seiner Anhängerinnen gefolgt waren.

Referent Loidl zeigt im Gasthof Adler Fotos von sich und Hamer unter der spanischen Sonne. Der Staat sei es, der die Menschen traumatisiere, um sie gefügig zu machen, sagt Loidl. Er spricht von einem „kollektiven Stockholm-Syndrom“, unter dem unsere Gesellschaft leide. Verantwortlich für diese „Kollektivtraumatisierung“ sei der Staat. „Die Grünen stehen ja auf Nachhaltigkeit, deswegen wollen sie Frühsexualisierung“, behauptet er dann noch und nutzt damit einen rechten Kampfbegriff.

Fast wöchentlich finden Veranstaltungen statt: Rohkost­abende, Druschba-Fahrten, die die Freundschaft zu Russland zelebrieren, sowie Treffen der rechten Querdenkerpartei dieBasis

Beim Publikum zieht das. Loidl erklärt: Durch die Berührungen im Intimbereich bei Kindern komme es zum „Revierkonflikt“ oder „Sexualkonflikt“. In seiner Erklärung, wie das Hirn durch Traumata umgebaut wird, bedient er sich an medizinischen Fachbegriffen, die im Publikum niemand zu verstehen scheint, die aber wohl seriös wirken sollen. Bei Frauen werde demnach beispielsweise die „Gebärmutter-Herz-Verbindung“, die angeblich für einen vaginalen Orgasmus und „tiefe Liebesfähigkeit“ nötig sei, „von den Grünen kaputtgemacht“. Die weibliche Seite werde „blockiert“ und Frauen würden männlich.

„Männer werden zu Softies, auch sexuell“, erklärt Loidl weiter. Bei diesen Männern sei „das Rektum weit offen“. Loidl sieht hier, ähnlich wie etwa die antisemitische QAnon-Verschwörungserzählung, die Gefahr einer Dezimierung der Menschheit durch Unfruchtbarkeit und Kastration. Die „Germanische Neue Medizin“ könne helfen, wird hier geglaubt, indem man die „Konflikte“ behandele und sich vor dem Staat schütze. „Alle Homosexuellen haben einen Sexualkonflikt“, fügt Loidl noch hinzu.

Anekdoten mit antisemitischen Narrative

Ursachen von Traumata, das erfährt man im weiteren Verlauf des Seminars, seien nicht nur die Grünen. „Das Robert-Koch-Institut verängstigt Leute, um den Ukrainekrieg durchführen zu können“, erklärt Stefan Lanka. „Unsere Medizin ist Teil einer psychologischen Kriegsführung, um Städte zu erobern.“ Das sei, so heißt es, genau wie die „Schulmedizin“, Teil eines militärischen Angriffs.

Immer wieder fallen in diesen zwei Tagen Beispiele und Anekdoten, hinter denen sich antisemitische Narrative verbergen. Eine der Geschichten, die Michael Loidl erzählt, handelt von einer Person, die er als „offensichtlichen Juden“ bezeichnet. „Bei Juden muss man immer ein bisschen aufpassen, wegen Spionage“, auch diese Äußerung fällt auf dem Seminar.

Besonders viel Zuspruch zu Loidls Thesen gibt es von einem Paar aus der ersten Reihe, dem Schweizer Harald Baumann und seiner Partnerin Arlette Büchel. Baumann betreibt in der Schweiz ein Schulungszentrum für die „Germanische Neue Medizin“. Gemeinsam mit einer anderen Hamer-Anhängerin veröffentlichte er eine sechsteilige Kinderbuchreihe, die Kindern und Eltern die Hamer’sche Lehre zugänglich machen soll. Um „Lisa und die roten Flecken“ geht es etwa in Band 1, oder um „Lisa und der Mumms“ in Band 3. Band 6 heißt: „Mama Knautsch hat einen Brustknoten“. Auch Baumanns Partnerin Arlette Büchel ist Anhängerin der „Germanischen Neuen Medizin“. Die Heilpraktikerin hat eine Praxis in der Schweiz, am Rande des Seminars erzählt sie, wie sie damals das Auto von Hamer nach Spanien gefahren und ihn so bei der Flucht vor den österreichischen Behörden unterstützt habe.

Der Fall, wegen dem Hamer in den 1990er Jahren die Flucht nach Spanien antrat, betraf eine Sechsjährige aus Österreich. Das Mädchen litt an einem Tumor im Bauchraum. Die Genesungsprognose wäre im Falle einer Behandlung sehr gut gewesen. Die Eltern aber ließen sich von Hamer anderweitig beraten. Ihnen wurde schließlich das Sorgerecht entzogen, das Kind von Me­di­zi­ne­r*in­nen behandelt und geheilt, die österreichische Presse berichtete.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

„Man muss nicht Arzt sein, um Spinnerei zu entlarven“

2009 starb außerdem ein vierjähriges Mädchen aus der Lüneburger Heide an multiplem Organversagen. Die Eltern hatten ihre Tochter, die an Diabetes litt, nicht ausreichend versorgt. Sie hatten zuvor Rat in der „Germanischen Neuen Medizin“ gesucht, die Mutter soll Kontakt zu Hamer aufgenommen haben. 2015 wurden die Eltern wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, der NDR berichtete.

Nach dem Tod einer 17-jährigen Italienerin forderte der Schweizer Onkologe und ehemalige Nationalratsabgeordnete Franco Cavalli 2017 einen Strafgesetzbuch-Artikel gegen Scharlatane. Die Eltern der jungen Krebskranken waren Anhänger von Hamers Pseudomedizin. Cavalli sagte: „Man muss nicht Arzt sein, um Hamers Theorien als absurd und totale Spinnerei entlarven zu können.“ Ein Artikel im Strafgesetzbuch wurde jedoch nicht umgesetzt.

Auch im deutschen Strafgesetzbuch fehlt ein Artikel, der sich mit Scharlatanen beschäftigt. Zudem ist das Selbstbestimmungsrecht der Pa­ti­en­t*in­nen ein hohes Gut. Kompliziert wird es auch dadurch, dass die Lehre nicht nur antidemokratische und antisemitische Anteile hat, sondern auch therapeutisch-medizinische.

In Deutschland wenden Heil­prak­ti­ke­r*in­nen die GNM teilweise offen an und bewerben sie in Onlineforen. Manche tarnen die Lehre auch durch Begriffe wie „5bN“ oder „Neue Medizin“. Auf Anfrage der taz schreibt das Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass für die Zulassung der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker die Länder zuständig seien.

Grenzen ihres Könnens bewusst sein

Wer auf Grundlage einer allgemeinen Heilpraktikererlaubnis behandeln wolle, müsse bei dem zuständigen Gesundheitsamt eine entsprechende Erlaubnis beantragen. Die Erteilung der Erlaubnis setzt unter anderem voraus, dass die antragstellende Person in einer Überprüfung nachgewiesen habe, dass sie keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder die Gesundheit der sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten darstelle. Die Überwachung der Berufsausübung, schreibt das BMG, sei Aufgabe der Länder und zudem in einer freiwillig auferlegten Berufsordnung der Heil­prak­ti­ke­r*in­nen geregelt.

Doch die setzt auf Eigenverantwortung und fordert von den Heil­pra­kti­ke­r*in­nen etwa, dass sie sich selbst den Grenzen ihres Könnens bewusst sind. Indes warnen Fachleute vor den Folgen der Pseudomedizin. „Die ‚Germanische Neue Medizin‘ ist mit allem Nachdruck als gefährlich und unethisch zurückzuweisen“, schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft in einer Stellungnahme.

Schon vor der Pandemie wurden rund 140 Todesopfer der „Germanischen Neuen Medizin“ auf einer inoffiziellen Liste dokumentiert, die Betroffene zusammengestellt haben. Es ist mit einer weitaus höheren Dunkelziffer zu rechnen. Durch den Aufschwung der GNM seit Corona liegt die Befürchtung nahe, dass die Todeszahlen weiter steigen.

Im Gasthof Adler geht das Seminar der „Germanischen Neuen Medizin“ derweil mit herzlichen Verabschiedungen dem Ende zu. Kontakte werden geknüpft, Tipps für weitere Seminare ausgetauscht, man sieht sich. Für die Menschen, die das Wirtshaus im Allgäu verlassen, hat Ryke Geerd Hamer mit seiner „Germanischen Neuen Medizin“ die Welt vor dem Bösen gerettet, die Welt in Ordnung gebracht – in eine Ordnung, die lebensgefährlich sein kann.

* Bis auf öffentlich bereits bekannte Personen wurden alle Namen in diesem Text anonymisiert.

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64 Kommentare

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  • Ich selbst hätte kein Problem damit, wenn im StGB wieder Paragraph "Kurpfuscherei" (welchen es im preußischen StGB von 1851 gab). Und Homöopathie und so, nur noch im Rahmen von Wellness erlaubt - d.h. bei Schlaflosigkeit, dürfen solche Praktiker Vorträge machen, aber z.B. bei Krebs, ist an approbiertes Medizinpersonal zu verweisen. Und auch etwas schärfer, bei Dingen, wie wenn Arzt der Einnahmen wegen irgendwelche Mittel verschreibt (weil dafür Geld von Pharmavertretern bekommt, u.ä.).

  • Spontanheilung: Wer heute 39° Fieber hat und in zwei Wochen nochmal misst, ist dann voraussichtlich wieder gesund, egal, was er inzwischen eingeworfen hat.

    Regression zur Mitte, wenn die Messung selbst ungenau/fehlerbehaftet ist, z.B. Laborparametern: Wenn mein Cholesterinwert heute zu hoch ist und ich messe in einem halben Jahr erneut, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Wert wieder in den Normalbereich rutscht, als dass der Wert schlechter wird, egal, was ich inzwischen für Nahrungsergänzungsmittel genommen habe.

    Placebo: kennen wir ja

    Verzweiflung: siehe oben, magersüchtige Tochter

    Multimorbidität: gerade bei älteren Menschen zwickt es überall irgendwie, da kann die Schulmedizin auch nicht viel ausrichten. Siehe auch nächster Punkt

    Nebenwirkungen: man bekämpft ein Symptom, z.B. Neuroleptika gegen Wahnvorstellungen, das Medikament führt dann aber zu Tremor, dann nimmt man dagegen irgendwas dämpfendes, das legt die Verdauung lahm, dann muss man dagegen wieder ein Abführmittel nehmen usw.

    Überlastung: Man kriegt eh keinen Termin beim Arzt, und wenn ja, hat er keine Zeit.

    Will sagen, es gibt viele Gründe, auf der alternativmedizinischen Schiene zu landen.

    • @derzwerg:

      Fortsetzung: Opioidkrise. Die pain killer, von denen dann massenhaft Patienten abhängig wurden, wurden von Schulmedizinern verordnet. Ich verstehe durchaus, wenn Leute da misstrauisch werden.

  • "Schon vor der Pandemie wurden rund 140 Todesopfer der „Germanischen Neuen Medizin“ auf einer inoffiziellen Liste dokumentiert, die Betroffene zusammengestellt haben. "

    Es wird Zeit, dass die 140 Todesopfer auch zur Anklage kommen und die Verantwortlichen hinter Gittern. Oder ist das bereits geschehen?Dazu hätte ich mir mehr Informationen gewünscht im Artikel.

  • "Die „Germanische Neue Medizin“ ist antisemitisch, rassistisch, homofeindlich"

    Sie wäre auch nicht besser, wenn es Schulmedizin wäre, die da antisemitisch, rassistisch, homofeindlich daherkommt. Es waren Schulmediziner, die in den Konzentrationslagern ihr Unwesen getrieben haben. Und da gibt es noch einiges aufzuarbeiten an den Krankenhäusern und Universitäten

  • Da gibt’s im Übrigen auch eine Verbindung zur Anthroposophie, aus deren “Medizinvorstellungen” sich Hamer bediente, und gleichzeitig tummeln sich auch viele Angänger gleichzeitig in der Anthroposophen/Waldorfblase und in der GNM. Wundert mich , dass das im Artikel gar nicht thematisiert wird.

    • @Karla Columna:

      Sie wissen schon, dass Sie in einer Zeitung kommentieren , die seit Jahrzehnten enge Verbindung zur Anthroposophie hat.

      Was soll man da nur über Sie jetzt denken? Zumal sich die "Waldorfblase" explizit konträr zu rechts aufstellt.

      • @Rudolf Fissner:

        Erfreulicherweise ist die taz ja nicht das Zentralorgan der Anthroposophen und die Leserschaft recht divers, daher gibt es anthroposopiekritische Artikel und Kommentare - ob Ihnen das passt oder nicht.

      • @Rudolf Fissner:

        "Waldorfblase" explizit konträr zu rechts?



        In Corona-Zeiten gab es im Südwesten, wo diese Blase ihre Hochburgen hat, erhebliche Schnittmengen zur Schwurbler-Szene. Und der völkische und antisemitische Quark von Rudolf Steiner ist ja noch mal ein ganz anderes Kapitel.

        • @Schalamow:

          Lesen Sie einfach mal was die Wikipedia über den Schwurbler zusammengefasst hat. Da ist nichts mit Anthroposophie. de.wikipedia.org/wiki/Ryke_Geerd_Hamer

          Er entwickelte "eine Theorie über die Entstehung von Krebserkrankungen, die ihm, wie er behauptete, von seinem verstorbenen Sohn Dirk mehrfach in Träumen bestätigt wurde.

          Aus welchen Belegen schöpfen Sie ihre Behauptungen, das Hamer Anthroposoph sei? Oder ist das ach nur erträumt?

      • @Rudolf Fissner:

        Du weißt schon, dass du in einer Zeitung mit einem sehr pluralistischen Spektrum kommentiert?

        taz.de/Frau-Lea/!a136533/

      • @Rudolf Fissner:

        Also in den letzten Jahren gab es immer wieder sehr anthroposophiekritische Artikel in der taz.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Dir ist schon klar, dass die taz und die Grünen auch anthroposophische Wurzeln haben?

          • @Rudolf Fissner:

            Die haben jeweils ein sehr breites Wurzelwerk.

  • Ist doch schön, sie entlasten das Gesundheitssystem.

    • @A.S.:

      Für die betroffenen Kinder ist es nicht schön. Im Extremfall sogar mörderisch.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich denke, das was schon so zynisch gemeint, wie es klingt.

        • @Sonntagssegler:

          Garnicht schön mörderisch ☠️

  • Man mag es gar nicht glauben, dass solche Vereine gefährlich sind:



    Die „Organische Christus Generation", die im Verein mit der "Anastasia"-Bewegung "Germanische Neue Medizin" betreibt,

    Das klingt der dermaßen komisch und schwachköpfig und hinterwäldlerisch-verschwurbelt - man mag sich gar nicht vorstellen, was in diesen Köpfen vorgeht - wahrscheinlich gar nichts.

    Aber einerseits möchte man sich ausschütten vor Lachen und andererseits kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus.

    m 21. Jahrhundert. Mitten in Europa.

  • So richtig verstehe ich das nicht, warum Leute bei Ihrer Gesundheit auf allen möglichen Voodoo reinfallen.

    Niemand würde einen Elektriker dafür bezahlen, wenn er einen Sicherungskasten durch Hand-auf-legen repariert oder einen Klempner, der versucht, den Abfluss mit homöopathischen Mitteln frei zu bekommen.

    Aber bei der eigenen Gesundheit lässt man sich auf so etwas ein.

    • @Peter Schütt:

      Unter anderem auch deswegen, weil manche Krankenkassen Homöopathie bezahlen und Homöopathie-"Medikamente" in fast jeder Apotheke beworben und verkauft werden. Allein letzteres müsste streng verboten sein und Apotheken nur evidenzbasierte Mittel verkaufen dürfen.

      Und dass "Heilpraktiker" in Deutschland durch das Zulassungsverfahren quasi staatlich legitimiert werden, gehört auch dazu. Es sollte nur legal sein, evidenzbasierte Methoden wie Massagen oder Kräutermedizin anzubieten, und zu diesem Zweck sollte eine echte, jeweils spezifische Prüfung abzulegen sein - unter Aufsicht studierter Mediziner.

  • Erdnussallergie mit Willenskraft und richtiger Gesinnung überwinden.



    Krebs durch das Unterbinden negativer Emotionen im Keim ersticken. (Dazu gab's in der taz doch mal einen prima Artikel?)



    Vielleicht sollte man noch dazu überlegen, dass auch hier im Ideologiebunker Profit generiert werden soll (220euro für ein Glas Wasser, das eine Stunde auf dem Fensterbrett mit Staub und Sonnenlicht angereichert wurde.)

    • @non payclick:

      Kompletten Unfug zu verkaufen, ist in unserer Gesellschaft aber nicht strafbar.

  • Ich kannte so um 2016 rum eine Heilpraktikerin. Neben den ganzen Hokuspokus war sie motivierend für richtige Ernährung. Aber sie driftete auch rechts ab, auch durch die Flüchtlingskrise.

  • Was soll das Apotheken-A da? Es geht doch um Heilpraktikanten!

  • Grundsätzlich ist die Wahlfreiheit der medizinischen Behandlung durch Patienten begrüßenswert. Was aber dringend geändert gehört, ist die lasche Gesetzgebung bezüglich dieser "Heilpraktiker". 6 Monate Fernstudium an einer meist windigen Uni, keinerlei Nachweis der Wirkung diverser Behandlungsmethoden öffnet natürlich der Scharlatanerie Tür und Tor. jedes noch so geringfügige Medikament muss reihenweise Tests durchlaufen und seine Wirksamkeit beweisen, bevor es zugelassen wird, aber dubiose Wässerchen und Globuli und abstruse Apparaturen dürfen ohne diese Prüfungen an Patienten abgegebee werden, beziehungsweise sind frei im Handel erhältlich. Während der Coronapandemie hat sich ja gezeigt, welche erschreckenden Ausmaße das bereits angenommen hat und doch bleibt der Staat untätig.

    • @Minelle:

      Studium an einer Fernuni? Nee, für Heilpraktiker ist überhaupt keine Ausbildung nötig, weder an einer Uni noch sonst wo. Man muss nur ne Unbedenklichkeitsprüfung beim Gesundheitsamt ablegen, plus paar Sachen wie Gesundheitszeugnis, Führungszeugnis und paar Euro für die Prüfung, fertig.

  • Ein richtig gruseliger Bericht - danke taz. Leider kommen solche medizinischen Verirrungen aber nicht nur im rechtsextremen Kontext vor. Es gibt Heilpraktiker jedweder politischen und gesellschaftlichen Ausrichtung, die sich völlig von der evidenzbasierten Schulmedizin entfernt oder losgesagt haben. Das Heilpraktiker-Umfeld in Deutschland ist eine Schande, muss ich so klar sagen. Ich würde eine gründliche Überarbeitung der Gesetzeslage und damit einhergehend eine radikale Eindämmung des gemeingefährlichen Wildwuchses sehr begrüßen.

    • @TheBox:

      "radikale Eindämmung des gemeingefährlichen Wildwuchses"

      Dieses Vokabular erinnert mich an irgendwas...

      Um als Heilpraktiker*in in Deutschland zugelassen zu werden, muss man beim zuständigen Gesundheitsamt zwei Prüfungen bestehen, die fast ausschließlich schulmedizinisches Wissen und Gesetzesfragen beinhalten. Wer sich nach bestandener Prüfung nicht an die Gesetze hält und z.B. gegen die Sorgfaltspflicht verstößt, muss mit hohen Strafen rechnen und ist seine HP-Zulassung los. Auch wenn immer wieder einige Heilpraktiker Schlagzeilen mit fragwürdigen Behandlungsmethoden machen, so ist das doch eine kleine Minderheit. Und die gibt es auch unter den Ärzten. Nur das diesen gemeingefährlichen Wildwuchs (zurecht) niemand eindämmen will.

  • Natürlich gibt es verzweifelte Menschen, die nach jedem Strohhalm greifen. Für die Anderen fällt mir nur Einsteins Bemerkung zur Unendlichkeit ein...

  • Das liegt ja auch an den Länderministerien, die für die berufliche Gesundheitsüberwachung zuständig sind, Ärztekammern einschließlich ihrer Bundesarbeitsgemeinschaft eingeschlossen, die dazu nichts sagen, obwohl sie das eigentlich nach Berufsordnung der Ärzte sollten, denn dort heißt es ganz germanisch : "§1 Der Arzt dient der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes." Germanischer geht´s doch nicht. - "Gesundheit" ist ein unscharfer Begriff, der sich aus der Diskussion formt, deswegen auch (ver)formbar ist.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Hier geht es aber um Heilpraktiker- die bei der Prüfung offenbar nur nachweisen müssen, “…. dass sie keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder die Gesundheit der sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten darstelle”(n). Der Nutzen spielt hier offenbar keine Rolle… Und Ärztekammern- wie der Name schon sagt, sind für die Berufsausübung der approbierten Ärzte zuständig…- nicht für die allgemeine “Gesundheitsüberwachung”- was auch immer Sie damit meinen. Und inwiefern der Ausdruck Volk germanisch ist, erschließt sich mir auch nicht.

      • @Ohne…geht es nicht:

        Ich habe "berufliche", nicht "allgemeine" Gesundheitsüberwachung geschrieben. Gemeint habe ich die Aufsicht über alle Personen, die Gesundheitsberufe ausüben. Dazu gibt es die Heilberufsgesetze, die aber, wie im Artikel beschrieben , Länderangelegenheit sind. Die Ärztekammern sind in diesem Rahmen öffentliches Recht, deren Berufsordnung nicht nur die Berufsausübung der Ärzte selbst sondern die Aufgaben der Ärzte in der gesamten Gesellschaft betreffen. Das ist so, nicht weil die Ärzte das meinen, sondern weil es ihnen durch Gesetz und Verordnung so vorgegeben ist. Die "Neue Germanische Medizin", um die es im Artikel geht begründet sich ja über einen vermeintlichen Volksbegriff. Für die Gesundheit des Volkes sind aber die ganz normalen approbierten Ärzte zuständig, das steht so in der Bundesärzteordnung. Die Kirchen habe ihre Sektenbeauftragten, sollten die Ärztekammern und auch alle andere Gesundheitsberufe sich argumentativ um die gesundheitlichen Irreführungen des Volkes kümmern. Es ist sehr gut das die TAZ über diese Irreführungen berichtet, aber eigentlich ist es die Aufgabe der approbierten Gesundheitsberufe, sich damit auseinander zu setzen. So habe ich das gemeint.

  • Eugen Dühring behauptete schon 1881 in „Die Judenfrage als Racen-, Sitten- und Culturfrage“, dass jüdische Ärzte durch Impfungen Nichtjuden schaden wollten. Vielleicht sollte Friedrich Engels’ Anti-Dühring („Herrn Eugen Dühring’s Umwälzung der Wissenschaft“) wieder mehr gelesen und der Kontext diskutiert werden.



    „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit“ und „der Staat wird nicht ‚abgeschafft‘, er stirbt ab“ sind gute Erkenntnisse, die gegen den rechtsautoritären Zinnober von „linksgrünen“ Verschwörungen und ihre Wissenschaftsfeindlichkeit (bei teilweise gleichzeitiger Technikgläubigkeit) helfen könnten.

    • @Zangler:

      Es gibt zwar keinen Grund, ausgerechnet einen Dühring zu verteidigen, aber korrekt zitieren sollte man ihn schon. Dühring hat lediglich behauptet, dass die jüdischen Ärzten für den Impfzwang seien, weil er ihren Geschäftsinteressen entgegenkäme.



      Und der Anti-Dühring ist bereits 1877 erschienen. Abgesehen von dem kleinen zeitlichen Problem, das sich daraus ergibt, geht es in ihm auch nicht um den Antisemitismus Dührings.



      Was schließlich die Wissenschaftsfeindlichkeit angeht: Da geben sich Rechts und Links nicht so viel. Ich will da gar nicht erst vom Lyssenkoismus reden. Und auch wenn sie natürlich nicht alle links sind, aber die ganze Anthroposophie-Szene und Teile der Queer-Szene haben da so ihre Probleme mit den Naturwissenschaften.

      • @Schalamow:

        @zangler hat ja gar nichts (wörtlich) zitiert. Und Ihr Satz, "Dühring hat lediglich behauptet [...]" ändert, soweit ich sehe, nichts an der Aussage von @zangler. Deshalb neudeutsch gesagt: So what?



        Auch die 'Logik' Ihres Schlusssatzes erschließt sich mir nicht.



        Für mich riecht es (wieder einmal) nach Besserwisserei innerhalb der community, tut mir leid.

        • @Auweiowei:

          Auch wenn man nur paraphrasiert, muss die Aussage stimmen. Und das tut sie eben nicht, gerade wenn man den Satz im Kontext des Artikles betrachtet, in dem es um Pseudomedizin und die sich daraus ergebenden körperlichen Schäden geht. Und auch Engels hat sich eben nicht gegen den Antisemitismus Dührings gewandt. Was vielleicht auch nicht jeder Leser weiß.



          Was Sie als "Besserwisserei" bezeichnen, ist in meinen Augen schlicht Berichtigung der Fakten. Die halte ich, nicht nur und vielleicht auch nicht einmal besonders vordringlich, auch in der community für durchaus angebracht. "Alternative Fakten", und damit erschließt sich vielleicht auch für Sie die Logik meines Schlussatzes, sind nämlich keine exklusive Erscheinung auf der äußersten Rechten.

          • @Schalamow:

            Für Ihre inhaltliche Kontroverse mit @zangler wenden Sie sich bitte an ihn selbst. Ich bin nur beim Lesen Ihres Beitrags darüber gestolpert, dass Sie @zangler vorgehalten haben, er habe falsch zitiert. Jetzt hat er also ("nur?") falsch paraphrasiert.



            Auch was Sie nun über Engels, Wissenschaftsfeindlichkeit und "Lyssenkoismus" (?) ausführen, betrifft mich nicht und ist (jedenfalls für mich) eine nicht nachvollziehbare Besserwisserei.



            Natürlich habe ich versucht zu verstehen, warum Sie sich an @zangler[s] Meinung über Düring wohl derart empört haben - und habe mich dazu bei Wikipedia informiert. Ich paraphrasiere (!) und resümiere:



            Düring war als Antipode zu Herzl (Zionismus) der führende Antisemit/Judenhasser



            seiner Zeit, dessen Unwissenschaftlichkeit Friedrich Nietzsche angeprangert und ihn selbst als "Berliner Rache-Apostel" bezeichnet hat. Vielleicht sollten Sie sich zur weiteren "Berichtigung der Fakten" lieber direkt an Wikipedia wenden.

  • Naja, Lügen ist nicht strafbar.



    Wenn sie einen konkreten Schaden nachweisen können, dann können sie versuchen den einzuklagen.



    Bei vergleichender Werbung z.B. oder bei falschen Tatsachenbehauptungen in der Presse.

    Ansonsten wird das schwierig. Eine konkrete Gefahr für die Wahrheit oder eine abstrakte Gefahr durch falsche Ratschläge ist nicht stafbar und auch nicht irgendwie sonst sankionierbar.



    (Ausnahme: Als Zeuge vor Gericht)

    Und reine Meinungsäußerungen, sofern sie nicht diffamierend sind, darf man ja qua Grundgesetz frei äußern.

    Wenn da also eine honore Gestalt postuliert "ich bin der festen Überzeugung dass beste Mittel gegen Krebs sind Brennnesselblätter" ist das in keinster Weise angreifbar.

    Vielleicht ist es an der Zeit, der Wahrheit juristisch mehr Raum einzuräumen - aber da gibt es massive Widerstände.

    Oder kennen sie eine Seife die NICHT damit wirbt "schöner" zu machen ?

    Oder eine Creme für reife Haut die NICHT damit wirbt jünger zu machen ?

    Und Lüge ist Lüge. Mal harmlos. Mal tödlich.



    Aber juristisch nur schwer beizukommen.

    • @Bolzkopf:

      "Oder kennen sie eine Seife die NICHT damit wirbt "schöner" zu machen ?"

      Ich glaube Sie wollen uns in Punkto Seifenwerbung etwas vor schummeln. Seifenwerbung wirbt mit Sauberkeit nicht mit Schönheit. Vielleicht noch mit Duft oder Verträglichkeit.

      Nur gut, dass ihre Aussage nicht strafbar war! 🤓

      • @Rudolf Fissner:

        Seifenwerbung 1957: Lux : Schönheit auch für Sie.

        • @Bolzkopf:

          "1957" Das ist nun "der" Nachweis,, dass Seifenwerbung immer mittels Schönheit wirbt? Ich denke mal Korrelation= null bzw. eine Fliege macht noch keinen Sommer

          • @Rudolf Fissner:

            Es geht doch hier nicht um Seife - sondern darum, dass Lügen straffrei bleibt. Bis auf die extrem wenigen und bereits genannten Ausnahmen ...

        • @Bolzkopf:

          Man könnte noch hinzufügen:



          "An meine Haut lasse ich nur Wasser und CD".



          Die dazu verbreitete Bildsprache zielt eindeutig auf Schönheit, nicht auf Sauberkeit.

  • Meines Erachtens ist es nicht unbedingt verkehrt nach den Ursachen einer Krankheit zu forschen, inklusiver psychisch-somatischer Gründe. Das weiß ja mittlerweile auch die medizinische Forschung der Allopathie, dass das zu kurz kommt. Dennoch muss es vorsorglich und effektiv behandelt werden, ohne Pseudomedizin ,das kann durchaus auch mit natürlichen Methoden und einer allgemeinen gesunden Lebensweise geschehen. Medizin mit Volksmär und Antisemitismus zu verbinden ist milde gesagt, totaler Schwachsinn.

    • @Superlative:

      Ja, ganze Generationen von Psychologen haben sehr gut an der aufwendigen Hintergrundanalyse der psychischen Ursachen von Magengeschwüren verdient. Und waren natürlich die Letzten, die anerkannt haben, dass das in den allermeisten Fällen eine schnöde bakterielle Heliobacter- Infektion ist - manche tun das bis heute nicht.

      • @TheBox:

        Möchte ich zustimmen. Barry Marshall und John Robin Warren entdeckten 1983 Helicobacter pylori, obwohl seit 1905 Bakterien im Magen bekannt waren . 1984 schluckte Marshall ein Reagenzglas mit Helicobacter im Selbstversuch und wurde umgehend schwerst krank. Es dauerte dann trotzdem noch bis 1989 bis zur Anerkennung.

  • "Auch im deutschen Strafgesetzbuch fehlt ein Artikel, der sich mit Scharlatanen beschäftigt. "

    Wir sind in Bezug auf Homöopathie und Heilpraktikertum ja auch noch auf dem Stand der Nazis:



    www1.wdr.de/stichtag/stichtag4314.html

    Erschreckend an dieser Sache ist weiterhin, dass unsere Gesellschaft offenbar so durchsetzt ist von Menschen, die nicht einen Funken Ahnung vermittelt bekamen, was Wissenschaft ist. Diese Menschen fallen ja nicht nur auf diesen Unsinn herin, sondern es gibt derer viele. Aussagen werden kritklos geglaubt statt sie zu hinterfragen. Und diese Menschen wählen auch. Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt, was das heißt. Was unterscheidet die Aussage "Ich traue mich schon nicht mehr auf ein Volksfest, weil die Gefahr von einem afghanischen Messermörder angegriffen zu werden so hoch ist" vom Glaube an diese "Germanische Medizin"? Beides hat mit der Realität wenig zu tun.

    • @Jalella:

      Nein, wir sind eher hinterher.



      Die Nazis haben den Heilpraktiker zwar formal eingeführt, aber nur als Bestandschutz und unter erschwerten Bedingungen. Außerdem wurde die Ausbildung von Heilpraktikern verboten.

      Die Nazis wollten die Heilpraktikerei, die es vorher schon gab also offenbar auslaufen lassen. Nach 1945 war davon dann keine Rede mehr.

      Wuelle: Wikipedia.

    • @Jalella:

      Ob der Heilpraktiker nun ein Grüner, Linker, christlicher, atheistischer oder germanischer ist stört dem Kunden wenig. Der hat immer seinen richtigen gefunden und erhofft sich dort Entlastung von Leiden, für die die Schulmedizin keine Heilung hat oder die so banal sind, dass das verschriebene Nichts inklusive Gespräch zum gesunden Leben mehr bewirkt als nebenwirkliche Tabletten.

      • @Rudolf Fissner:

        Erinnert sei auch an gewisse Placenta-Heilprodukte, die im Internet immer "heftiger" empfohlen werden. Erst neulich habe ich in "meiner" Apotheke gefragt, ob denn gar nichts Medikamentöses gegen Arthrose auf dem Markt sei - und wurde prompt auf 1a Nahrungsergänzungsmittel verwiesen...

        • @Auweiowei:

          Es muss natürlich "Placebo" heißen und nicht "Placenta", peinlicher Fehlgriff.

        • @Auweiowei:

          Kijimea Pro hillft gegen alles.

          • @Sonntagssegler:

            Die Botschaft hör ich [täglich] wohl,



            Allein, mir fehlt der Glaube.



            ODER:



            Da steh [und staun] ich nun, ich armer Tor,



            Und bin so klug als wie zuvor.

        • @Auweiowei:

          Der Placebo Effekt ist sehr stark, sogar schädliches wird als nützlich empfunden. Ich denk, wie man sich fühlt hängt am ehesten von einem selbst ab. Es gibt Menschen, denen Herzinfarkt oder sogar Knochenbrüche nicht wehtun.

    • @Jalella:

      "Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt, was das heißt".

      Na dann hätten die Grünen bestimmt und die Linken vielleicht, mehr Stimmen haben müssen.



      Denn gerade diese Wähler sehen bei Heilpraktikern und Schamanen, die bessere gesundheitliche Versorgung.

      Einfach mal schauen was hier in den Kommentarspalten los ist, wenn z.B. Globuli nicht mehr von der Kasse bezahlt werden soll

      • @weather2018:

        Manchmal braucht man halt auch Placebos wenn man die Bevölkerung bei der Finanzierung des völlig überteuerten deutschen Gesundheitssystems mit nehmen will, wo schon der Versuch einen Arzttermin zu bekommen Unsummen an Zeit und Geld verschlingt.

  • Auch hörenswert die Episode der Quarks Science Cops zu dem Thema:

    www.quarks.de/podc...-ryke-geerd-hamer/

  • Es ist ziemlich erstaunlich, dass einigermaßen intelligente Menschen an einen solchen Schwachsinn glauben. Welcher Bereich des Gehirns funktioniert da nicht richtig?

    • @Aurego:

      Wer es noch nicht gemerkt hat:



      Unser aktuelles Gesundheitssytem ist mit den alternden Boomern bereits stark überlastet.

      Wenn man eine komplexe Krankheitslage hat (ich habe da auch was) merkt man schnell, das die Ärzte für tiefergehende Analysen gar keine Zeit mehr(?) haben.

      Für ein magersüchtiges Mädchen eine brauchbare Therapeutin oder einen Therapieplatz zu finden ist, ist sicher extrem mühsam und muss nicht klappen.

      Ich kann die Eltern voll verstehen. Mich hätte noch stark interessiert, was die beiden NACH dem Seminar für eine Meinung darüber gehabt haben.

    • @Aurego:

      Im Falle der Eltern der magersüchtigen jungen Frau dürfte es schlicht Verzweiflung sein.



      Bei manchen Krankheiten ist es für Ärzte sehr schwierig einen Zugang zu Patienten zu finden, der ihnen nachhaltig helfen kann.



      Wenn dann jemand mit Heilsversprechen kommt, welche die Schuld an der Erkrankung konkret nach außen schieben, klingt das fürs erste schon attraktiv.



      Verzweifelte Leute pauschal für verrückt zu erklären, hilft ihnen nicht weiter.

      • @Herma Huhn:

        Abgesehen von den Verzweifelten ist ja auch von vielen anderen die Rede und von denen, die solche Ideen propagieren. Es soll ja auch Menschen geben, die aus ähnlichen Gründen nach Lourdes pilgern.

    • @Aurego:

      Woraus schließen Sie, daß diese Menschen "einigermaßen intelligent" sind? Für mich hört sich das eher an als würden diese Leute versuchen den "Darwin Award" zu gewinnen.

      • @Alberta Cuon:

        Immerhin scheine Leute mit abgeschlossenem Studium dabei zu sein.



        So einfach gewinnt man den Darwin-Award aber auch nicht.