Debatte über Migration: Begrenzung ja, Schikane nein
Unbezahlte Arbeit und Sachleistungen statt Bargeld für Asylbewerber:innen ist unmenschlich. Wege zur Begrenzung der Zahlen sollte man aber suchen.
E s ist wie in einer Zeitreise, wenn man liest, wie die Ministerpräsident:innen der Länder die Zuwanderung von Geflüchteten begrenzen wollen: Arbeitspflicht in den Kommunen, Sachleistungen statt Geldleistungen. Die Maßnahmen sind unwürdig und schwer zu administrieren, wie man schon aus den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts weiß.
Ein alternatives Bezahlsystem mit speziellen Karten einzuführen, damit die Geflüchteten nur ja kein Geld an Angehörige zu Hause überweisen können: Das ist doch Irrsinn. Die Statistiken sagen, dass es derzeit vor allem Menschen aus der Ukraine, aus Syrien und Afghanistan sind, die nach Deutschland kommen und hier Schutz suchen. Jetzt den Eindruck zu erwecken, es kämen mehrheitlich Wirtschaftsflüchtlinge, die es sich im deutschen Sozialsystem gemütlich machen wollen, geht an der Realität vorbei.
Trotzdem ist es legitim, über die Optionen für die Begrenzung der Flüchtlingszahlen zu reden. Selbst tatkräftige Unterstützer:innen in der Helferszene fordern heute Begrenzungen und klagen darüber, dass die Situation für ihre Schützlinge hierzulande immer schwieriger wird. Denn die Geflüchteten stehen in ungewollter Konkurrenz zueinander, und die Möglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt, im Bildungswesen verschlechtern sich für jeden Einzelnen, wenn es so viele sind.
Jede Asyldebatte ist hässlich, denn sie trägt immer die Frage der Begrenzung in sich. Und es führt leider nicht zu mehr Humanität, wenn man die Lösung der praktischen Probleme auf andere abschiebt. Arbeitsverbote für Geflüchtete in Deutschland sollte man aufheben. Aber die Liste der sicheren Herkunftsstaaten kann man durchaus ausweiten und Asylverfahren für Menschen aus Ländern mit niedriger Anerkennungsquote beschleunigen oder auslagern aus der EU, soweit möglich. Begrenzungen ja, Schikanen nein.
Asylpolitik war schon immer ein unfreiwilliger Großversuch. Wir sind in einem unangenehmen Stadium und können nur daran arbeiten, den Schaden klein zu halten. Mehr ist nicht drin.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin