Christlicher Sozialethiker über die AfD: „Der Mensch ist nicht nur gut“
Bürgerliche Konservative wenden sich der AfD zu und verrohen in den Filterblasen des Internet, sagt Andreas Püttmann. Kirchen müssten sich verstärkt abgrenzen.
taz: Herr Püttmann, in 40 von 92 Abgeordnetenbüros der AfD sitzen Menschen mit Kontakten in die extreme oder Neue Rechte. Was bedeutet das?
Andreas Püttmann: Das überrascht überhaupt nicht. Es entspricht dem durch empirische Studien nachgewiesenen erhöhten Prozentsatz Rechtsradikaler unter AfD-Anhängern. Fremdenfeindliche, nationalistisch-chauvinistische, antisemitische, sozialdarwinistische und eine Diktatur befürwortende Einstellungen sind im AfD-Klientel ungefähr dreimal so häufig wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Spätestens seit dem Sturz des Gründungsvorsitzenden Lucke ist offensichtlich, dass die AfD ein Gemeinschaftsprojekt deutschnationaler Konservativer mit Rechtsradikalen ist. Gleichsam 1932/33 reloaded. Diese Sorte Konservativer hat nichts aus der Geschichte gelernt. So wird die AfD auf lange Zeit nicht koalitionsfähig sein mit Union und FDP.
Der AfD-Politiker Peter Boehringer schreibt: „Die Merkelnutte lässt jeden rein.“ Alice Weidel findet, die Mitglieder der Bundesregierung seien „Schweine“ und „Marionetten der Siegermächte des 2. Weltkriegs.“ Solche Töne müssten die bürgerlichen Konservativen schon aus reiner Selbstachtung auf die Barrikaden bringen. Tun sie aber nicht. Warum?
Weil auch dieses Milieu in den Filterblasen und Echokammern des Internets schleichend verroht. Ich habe diesen Effekt aus nächster Nähe bei langjährigen Freunden beobachtet, die sich binnen kurzer Zeit über bestimmte Onlineportale radikalisierten, inhaltlich wie verbal. Diesen Dynamiken erliegen auch manche Christen und „Bürgerliche“. Der Attentäter gegen die Kölner Bürgermeisterin Henriette Reker sah sich selbst als „wertkonservativen Rebell“. Darin ist er gewiss durch andere irgendwo bestätigt worden.
Das Internet ist also schuld?
Nicht nur. Hinzu kommt eine jahrzehntelange Dauerfrustration Konservativer und auch Nationalliberaler durch die kulturelle Hegemonie von Sozialdemokratie und Linksliberalismus. Die lässt sich kaum bestreiten, zumal in den Medien, wenn man repräsentative Journalistenumfragen heranzieht. Da hat sich in der Rechten langsam eine „Schnauze voll“-Befindlichkeit aufgebaut, die sich nun entlädt und auch bei vielen moderat Konservativen auf ein gewisses Verständnis stößt.
Andreas Püttmann, 53, ist Politologe und katholischer Publizist. Er war Mitglied der CDU-Zukunftskommission 2014/15 und hat umfassend zu christlicher Sozialethik und der religiösen Rechten veröffentlicht. Er lebt in Bonn.
Das klingt nun so, als seien die 68er der Grund für das Erstarken der Rechtspopulisten.
Auch das kann man so vereinfacht nicht sagen. Es gab schließlich immer schon 10 bis 15 Prozent Rechtsautoritäre, die äußerlich konservativ angepasst lebten, sich aber jetzt durch die Trendwahrnehmung und Bestätigung in ihrer Blase zum politischen Coming out ermutigt fühlen. Zumal die Erinnerung an die faschistischen Verheerungen und ihre rechtskonservativen Wegbereiter drei Generationen später verblasst ist.
Warum sind immer weitere Teile des bürgerlichen Lagers bereit, Angela Merkel anzugreifen, obwohl sie Wohlstand und letztlich dann doch die Macht für die Partei erhalten hat – und kaum noch Flüchtlinge kommen?
Zunächst: 57 Prozent für Merkel als gute Besetzung im Kanzleramt laut ARD-Deutschlandtrend sind doch nach drei Regierungsperioden und angesichts der systematischen Dämonisierung Merkels durch die Rechten noch recht gut. Die Unionsanhänger stehen laut ZDF-Politbarometer vom März sogar zu 85 Prozent hinter ihr. Man darf nicht zu sehr diejenigen zum Maßstab nehmen, die am lautesten schreien und im Netz am eifrigsten sind. Ich warne zudem davor, die Bedeutung materiellen Wohlstands für die Systemzufriedenheit zu überschätzen.
Warum?
Menschen haben auch kulturelle Bedürfnisse nach Identität und Beheimatung sowie nach Sicherheit auf längere Sicht. Mit Ressentiments und Angst vor Überfremdung ließ sich leider immer schon gut Wahlkampf machen. Eine Million Flüchtlinge in kurzer Zeit, so verkraftbar sie für eine reiche 80 Millionen-Nation eigentlich sein müssten, haben viele Bürger verunsichert. Rechten Agitatoren ist es gelungen, den Unmut darüber ganz auf Merkel zu fokussieren, obwohl deren humanitär großherzige und europäisch solidarische Politik ja von einem breiten Bündnis in Staat und Gesellschaft getragen wurde.
Bei der AfD sind Professoren, Polizisten, Richter, Beamte. Warum ist der Hass auf die Institutionen ausgerechnet bei denen so verbreitet, die sie mit aufgebaut haben?
Dass alle diese Berufsgruppen überproportional zur AfD neigen, bezweifle ich. Zumindest haben höher Gebildete im AfD-Klientel gegenüber der Gründungszeit an Gewicht verloren. Menschen mit mittlerem Bildungsabschluss dominieren das Milieu und agitieren das Bildungsprekariat, inspiriert von einer kleinen Intelligentsia der Neuen Rechten. Unter AfD-Anhängern mit formal höherem Bildungsabschluss ist die so genannte technische Intelligenz überrepräsentiert, der es an geistes- und sozialwissenschaftlicher Kompetenz, auch an Geschichtskenntnissen oft fehlt. Die nützt aber ungemein bei der Beurteilung politischer und gesellschaftlicher Grundfragen. Was die Polizisten betrifft: Die haben besondere Tuchfühlung mit der Verrohung in Teilen der Gesellschaft, auch mit den Folgen misslungener Integration. Da kann man leicht irgendwann zu autoritäreren Ideen gelangen.
Jen e Teile der bürgerlichen Kultur, die gegen die Verrohung immunisieren könnten, scheinen keine Rolle mehr zu spielen. Warum?
Das würde ich so pauschal nicht sagen. Ganz stark dagegen haben sich etwa die Kirchen positioniert, deren Mitglieder auch weit unterdurchschnittlich AfD wählen. Auch im Bereich Kunst und Kultur sehe ich sehr bemühte Gegenkräfte. Für unser Bildungswesen spricht, das junge Leute sich bisher überdurchschnittlich immun zeigen. Eine konstitutionelle Schwäche gegenüber der rechtsautoritären Welle sehe ich dagegen ausgerechnet beim FDP-Liberalismus, der rhetorisch beträchtliche Anpassungstendenzen aufweist und nicht von ungefähr das Jamaika-Projekt platzen ließ.
Auch aus der CDU gibt es aber kaum prominenten Konservative, die die Konfrontation mit der AfD führen.
Doch, die gibt es. Man darf nur nicht zu sehr auf diejenigen schauen, die gerade zum Personalreservoir des Talkshow-Wanderzirkus gehören. Eine moralische Autorität ist zum Beispiel der ehemalige bayerische Kultusminister Professor Hans Maier, der noch im Januar seiner CSU per Brief und in Zeitungen die Leviten las. Oder Bischöfe wie die Kardinäle Marx und Woelki, Bischof Dröge und Präses Rekowski, die sich klar gegen AfD, Pegida und Co positionierten. Im Bundestag hat ausgerechnet der jüngste und konservative CDU-Abgeordnete Philipp Amthor die AfD neulich vorgeführt. Tapfer gegen die Rechten streiten auch andere eher Konservative wie die Staatssekretäre Peter Tauber oder Marco Wanderwitz. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass es viel zu wenige sind, auch in der Publizistik, wo Konservative wie Dominosteine nach rechts gekippt sind.
Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen sprach vom „links-rotgrün versifften 68er Deutschland“. Sie schreiben, solche Parolen seien bei einem katholischen Wirtschaftsprofessor „früher schwerlich vorstellbar“ gewesen. Warum sind sie es heute?
Einerseits spielt hier eine lange aufgestaute Frustration eine Rolle, anderseits gleichen wohl viele Ökonomen von heute auch nicht mehr denen der frühen Bundesrepublik, die man noch als Bildungsbürger im umfassenden Sinn bezeichnen konnte. Heute dominiert in zu vielen Bereichen der Fachidiot. Sein Hauptkennzeichen ist die Anmaßung des sektoralen Experten, dem es an Demut fehlt, sich mit selbstbewussten Ratschlägen auf sein Kompetenzgebiet zu beschränken. Bezeichnend ist ja, dass sich die AfD-Gründer und Wirtschaftsexperten Lucke und Henkel binnen kurzer Zeit in der Rolle des Zauberlehrlings und nützlichen Idioten der Rechtsradikalen wiederfanden und jammerten, sie hätten „ein Monster geboren“. Hochmut kommt vor dem Fall.
Der Aufstieg der Rechtspopulisten hängt eng mit der Euro- und Schuldenkrise, sowie den Auseinandersetzungen um die Flüchtlingsankünfte zusammen. Was hatten diese Konstellationen, was andere Krisen nicht hatten?
Sie haben das Sicherheitsgefühl lädiert, erst das wirtschaftliche, dann das kulturelle. Sicherheit steht aber am Beginn der Staatszwecke. Ich halte diese Krisen allerdings nicht für allein ursächlich. Der Rechtspopulismus ist ja ein internationales Phänomen. Es hat gewiss wesentlich mit der Revolution der Kommunikation zu tun. Basisdemokratisierung ist hinsichtlich der politischen Bildung oder der Bildung überhaupt, auch der Herzensbildung, ein riskantes Unterfangen. Der Mensch ist nicht nur gut. Die Netzkommunikation hat auch seine destruktiven Kräfte entfesselt, die Bildungshierarchie aufgelöst, Fake News, Verschwörungstheorien und Hetze Tür und Tor weit geöffnet.
Wie lange wird der Konsens der Union, eine Koalition auszuschließen, halten?
Im Bund sehr lange. Es würde die Union zerlegen, wenn sie mit den Rechtsradikalen koalierte. Und die AfD scheint sich ja nicht zu mäßigen, im Gegenteil. In den ostdeutschen Ländern bin ich mir weniger sicher. Bei teilweise 40 Prozent für die ideologischen Randparteien sind ja die Koalitionsoptionen extrem reduziert, und die Linkspartei regiert schon lange mit. Da kann es sein, das größere CDU-Teile irgendwann sagen: Das versuchen wir mit den Rechten jetzt auch, sonst wachsen sie auf der bequemen Oppositionsbank weiter an. Ich hielte das angesichts der Radikalität gerade der ostdeutschen AfD-Landesverbände allerdings für falsch.
Die Kooperation: Die taz hat in Kooperation mit dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) und dem Magazin Der Rechte Rand in den vergangenen Monaten den Hintergrund von mehr als 350 Mitarbeitern der AfD-Fraktion recherchiert: Aus welchen gesellschaftlichen Bereichen rekrutiert die AfD ihr Personal? Welche rechten Netzwerke profitieren so vom Bundestagseinzug der Partei? Und welche neuen Milieus kann sich die AfD über ihre Mitarbeiter erschließen?
Die Dokumentation: Entstanden ist eine umfangreiche Dokumentation, die nun als Grundlage für vielfältige Veröffentlichungen zu diesem Thema dient. Ab Freitag finden Sie unter www.taz.de/netzwerkafd eine interaktive Visualisierung der Ergebnisse, am Samstag ein dreiseitiges Dossier in der gedruckten taz. Das Rechercheprojekt wurde finanziell gefördert mit Mitteln der Otto-Brenner-Stiftung.
An immer mehr Stellen wird argumentiert, man dürfe der AfD dieses oder jenes nicht verwehren, sonst könne sie sich wieder als Opfer hinstellen. Ist das eine gute Idee?
Es kommt darauf an. Wo es ohne erhebliche Risiken möglich ist, zum Beispiel bei Talkshows oder bei der Besetzung von Ausschussvorsitzen im Parlament, kann man sie schlecht ausgrenzen. An anderer Stelle darf und muss man aber doch klar machen, dass sie nicht eine Partei wie jede andere sind. Auf Kirchentagen zum Beispiel halte ich eine Inklusion der AfD für völlig unangebracht, ja geradezu obszön.
Genau das wird aber im Mai in Münster passieren.
Wenn schon die Kirche mit ihrem religiösen und moralischen Anspruch kein glasklares Zeugnis der Abgrenzung mehr gibt, von wem soll man es dann noch erwarten? Für eine Kirche ist nicht alles diskutabel und damit auch nicht jeder, jedenfalls nicht vor kirchlichen Mikrofonen. Da hat der kommende Katholikentag eine kapitale Fehlentscheidung getroffen, zumal der eingeladene kirchenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion die „Erfurter Erklärung“ des Höcke-Flügels unterzeichnet hat. Zum „Opfer“ wird sich die AfD übrigens dennoch stilisieren, dann eben wegen der Diskussion im Vorfeld oder der Resonanz im Saal.
Die Union hat dort am meisten an die AfD verloren, wo sie ihr am stärksten nach dem Mund redet: In Sachsen und Bayern. Warum, glauben Sie, geht sie diesen Weg trotzdem weiter?
Überproportionale Verluste können verschiedene Ursachen haben. Wo man schon vorher schwach war, verliert man meistens weniger als in Hochburgen. Der Versuch einer „Bekämpfung durch Nachäffen“ oder gleich durch inhaltliche Kapitulation ist gewiss dem Meinungsklima geschuldet. Das Bündnis von Rechtsradikalen und Rechtskonservativen hat sich erfolgreich als Taktgeber etabliert. Sie sind ja auch extrem emsig. Da egalisiert ein glühender Fanatiker zehn habituell laue Moderate. Ohne eine kämpferische Mitte in der Alltagskommunikation ist es schwer, die Radikalen einzudämmen.
„Selbst der letzte Versager kann sich noch zur Elite zählen“ schreiben Sie, wenn er weiß und deutsch ist. Warum ist das für viele Hartz IV-EmpfängerInnen ein attraktiveres Angebot, als etwa das Versprchen, Hartz IV zu erhöhen?
Linken wird in Umfragen die Wirtschaftskompetenz traditionell mehrheitlich abgesprochen. Da ist es für viele sozial Schwache nahe liegender, zumindest die Befriedigung des eigenen Selbstwertgefühls bei den Populisten zu suchen, die einem den Ausschluss der Ausländer versprechen, die um den zu verteilenden Kuchen jetzt auch noch massenhaft mit konkurrieren. So simpel ist wohl leider das Kalkül. Populisten wissen Ängste und Ressentiments eben effektvoll anzusprechen und auf Sündenböcke zu lenken.
Viele glauben, dass das Genderthema dasjenige ist, mit dem die AfD am weitesten in die Mitte vordringen kann. Ist damit tatsächlich ein konservatives Milieu an die Seite der Rechtsextremen zu ziehen?
Ja. Das gilt für drei Gruppen besonders: Für rechtskonservative Christen, chauvinistisch angehauchte Maskulinisten meist mittleren Alters und reaktionäre ältere Männer. Beim Antifeminismus stehen oft auch biographische Frustrationen und Brüche dahinter. In der Politik der Antidiskriminierung ist die gleichgeschlechtliche Ehe für ein Fünftel der Bevölkerung der Schritt zuviel gewesen.
Warum ruft nicht die offensichtliche Instrumentalisierung des „christlich-jüdischen Erbes“ durch atheistische Fremdenhasser mehr Widerstand bei christlichen Wählergruppen hervor?
Tut sie doch. Nach der jüngsten Allensbacher Zählung der Sonntagsfrage kommt die AfD bei den kirchennahen Christen nur auf 3 bis 4 Prozent, bei kirchenfernen auf 16 und bei denen ohne christliche Konfession auf 23. Die Kirchen sind eine starke Bastion gegen den Rechtspopulismus. Viele Bischöfe haben sich scharf distanziert, Kardinal Marx hat als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz im März 2017 konkrete Rote Linien gegen den rechtspopulistischen Diskurs markiert. Papst Franziskus warnte vor ihnen sogar in historischer Rückschau auf Hitlers Aufstieg.
Eine ganze Reihe von ChristInnen aus dem Lebensschützer-Milieu ist aber aufs Engste mit Beatrix von Storch verbandelt.
Auf Hedwig von Beverfoerde und einige besonders fanatische weitere Aktivisten mag das zutreffen, aber ich kenne etliche sehr engagierte Christen in der Lebensschutzbewegung, die die AfD abstoßend finden und niemals wählen würden. Ich warne davor, Christen, die sich für dieses Anliegen einsetzen und vielfach auch Frau in Notlagen helfen, pauschal als „rechts“ zu verdächtigen.
Sie ziehen die historische Parallele zur Weimarer Republik: Eine geschwächte bürgerliche Mitte, die unfähig ist, ihrer Entmachtung durch die Nationalisten entgegen zu treten. Ist das nicht übertrieben?
Natürlich kann man die Weimarer Erfahrungen nicht einfach Eins zu Eins übertragen. Aber strukturelle Ähnlichkeiten sind doch unverkennbar: Die Schrumpfung der SPD von über 30 auf 20 Prozent, die Kollaboration Rechtskonservativer mit Rechtsextremisten, die Schwäche der Liberalen, die Sonderrolle der Bayern, deren Volkspartei bei der Reichspräsidentenwahl 1925 Hindenburg statt den Zentrumskandidaten Marx unterstützte, die kriselnde Kompromissbereitschaft der Demokraten, die Verdächtigung einer ganzen Weltreligion, die Proklamation einer „Konservativen Revolution“, die Polarisierung bis hin zu blankem Hass.
Teile der AfD beschwören den Putsch von rechts, die Partei arbeitet aber gleichzeitig daran, sich eine Basis in den Institutionen zu schaffen. Worum, glauben Sie, geht es letztlich: Koalitionsfähigkeit oder eine wie auch immer geartete „Systemalternative“?
Arbeit an der Koalitionsfähigkeit kann ich bei der AfD kaum erkennen. Mit jedem Wechsel des Parteivorsitzes hat sie sich als radikaler gehäutet. Der rechte Flügel hat die Schiedsgerichte infiltriert, eine Abgrenzung nach extrem rechts findet nur mehr deklaratorisch und symbolisch durch Rügen und Ermahnungen, aber nicht effektiv statt. Das Schönreden von Putins Gewaltpolitik oder die skandalöse Syrienreise von AfD-Abgeordneten sagen doch alles. Wer verächtlich von „Systemparteien“ redet, der betrachtet sich offensichtlich als Systemalternative. Die Verleumdung unseres demokratischen Rechtsstaats als Quasi-Diktatur schon im Grundsatzprogramm hat die ganze Partei zu verantworten. Ganz abgesehen davon, dass allein schon der Dilettantismus der meisten ihrer Politiker die AfD regierungsunfähig macht. Ihr Rechtspopulismus ist Ausdruck einer erschreckenden bürgerlichen Dekadenz. Für Konservative mit liberaler oder christlicher Grundierung ist diese Partei ein Gräuel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe