piwik no script img

Berufsverbot für KlimaaktivistinZulassung zum Referendariat wird untersagt

Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger darf definitiv nicht Lehrerin in Bayern werden. Das geht aus einem Bescheid des Bildungsministeriums hervor.

Die Aktivistin Lisa Poettinger Foto: Stephan Rumpf/sz/picture alliance

Berlin taz | Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger wird nun auch offiziell nicht zum Referendariat in Bayern zugelassen. Das geht aus einem Schreiben des bayerischen Bildungsministeriums hervor, das Poettinger am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky gepostet hat.

Schon im November hatte das von Anna Stolz (Freie Wähler) geführte Ministerium Poettinger mitgeteilt, dass es beabsichtige, ihr die Zulassung zum Referendariat zu versagen. Ohne Referendariat allerdings kann die 28-Jährige aber auch nicht Lehrerin werden.

Nun hat sie die Entscheidung auch schwarz auf weiß vorliegen: „Die Zulassung für den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien zum Termin Februar 2025 wird Ihnen untersagt“, heißt es im Bescheid des Ministeriums.

Poettinger hatte im vergangenen Jahr die Demos gegen rechts in München mitorganisiert. Außerdem protestierte sie gegen die Automesse IAA in der Landeshauptstadt und beteiligte sich an der Besetzung des Dorfes Lützerath, als es für den Braunkohleabbau von der Polizei geräumt wurde. Am kommenden Samstag will sie als Rednerin bei den Protesten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz auftreten.

In einem Zeitungsinterview hatte sie 2021 die Automesse als ein „Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima“ bezeichnet. Das wird Poettinger nun zur Last gelegt. „Nach Mitteilung des Verfassungsschutzes stammt der Begriff ‚Profitmaximierung‘ aus dem Kommunismus und wertet Gewinnstreben in der Wirtschaft ab“, heißt es in einem von Poettinger geposteten Ausschnitt des Ministeriumsbriefs. Auch ihr „Eintreten für den Klassenkampf ist mit dem Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht vereinbar“, heißt es an anderer Stelle.

Poettinger kündigt Klage an

Poettinger weist die Einschätzungen des Ministeriums zurück. „Kapitalismus ist nicht Demokratie, Kapitalismus steht nicht in der Verfassung“, schreibt sie auf Bluesky. Das stehe sogar in Artikel 151 der bayerischen Landesverfassung. Dort heißt es: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle.“ Sie werde daher bald Klage gegen das Berufsverbot einreichen.

Mehr als 4.000 Un­ter­stüt­ze­r:in­nen haben auf einer Webseite nach eigenen Angaben bereits ihre Solidarität mit Poettinger erklärt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

27 Kommentare

 / 
  • Klageweg nutzen.

  • In den Wirtschaftswissenschaften gehört "Profitmaximierung" zum Standardrepertoire der Begriffe. Das klingt so als hätten die "Experten" vom Verfassungsschutz das nicht mal gegoogelt.

  • Einfach mal präzise sein! Es handelt sich nicht um ein Berufsverbot. Sie erhält keine Zulassung zum Referendariat. Theoretisch kann sie in ein anderes Bundesland wechseln.



    Persönlich halte ich das Vorgehen in Bayern für falsch, aber alles übertrieben zu Labeln (Berufsverbot, Rassistisch, …) bringt nur die eigene Bubble weiter…

  • Sie sollte auf Abschiebeaktivistin umsatteln. Dann wird sie in Bayern mit Kusshand genommen.

  • Wieso wird im Artikel nicht darauf hingewiesen, dass Poettinger auch vorgeworfen wird Polizeibedienstete angegriffen zu haben und dementsprechende Verfahren gegen sie laufen?



    Wieso wird nicht genannt, dass das bayerische Kultusministerium Poettingers' Mitgliedschaft in zwei vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestufte Gruppierungen als maßgeblichen Grund benennt?



    Wer Staatsdiener werden will, und nichts anderes sind Beamte, kann nicht gegen den Staat kämpfen.

    • @Farang:

      Gut auch, dass Willy Brandt bei der Einführung des Radikalenerlasses nie die Rechtsausleger im Sinn hatte (vielleicht haben die ihm dann seine Nicht-Beteiligung am Nazi-Völkermord verziehen).

    • @Farang:

      Weil mer ned den ganzen Lebenslauf der in Bayern am Lehrerwerden repressiv behinderten Lisa Poettinger in jedem Artikel erklären kann, Du hattest des ja auch gleich aufm Schirm ;) .



      Anekdotisch weiß ich daß die in Bayern mit ihren Referandar*innen ned so umgehen als ob die jungen motivierten Nachwuchs bei der Schulplichterfüllung seitens des Freistaates nötig hätten. Kammer machen, der Maggus kann auch höchstpersönlich die Bestimmung, was "linnksextrem" ist, seinem VS diktieren und findet die Aussage: "Wer Staatsdiener werden will, und nichts anderes sind Beamte, kann nicht gegen den Staat kämpfen." vernutlich auch auf Frau Pöttinger gültig anwendbar, nur finde wohl ned nur ich nirgends staats(incl. frei-)feindliche Aktivitäten.

  • Einfach mal präzise sein! Es handelt sich nicht um ein Berufsverbot. Sie erhält keine Zulassung zum Referendariat. Theoretisch kann sie in ein anderes Bundesland wechseln.



    Persönlich halte ich das Vorgehen in Bayern für falsch, aber alles übertrieben zu Labeln (Berufsverbot, Rassistisch, …) bringt nur die eigene Bubble weiter…

    • @Andi S:

      in bayern ist ihr ein berufsverbot erteilt worden. etwas anderes zu schreiben, wäre unzutreffend.

    • @Andi S:

      Gratulation zum 1. Preis im Haare spalten.

      In Bayern hat sie praktisch Berufsverbot.

  • "Gewinnmaximierung (auch Profitmaximierung) ist in der Wirtschaftswissenschaft ein Unternehmensziel, bei welchem das Maximum des Gewinns erreicht werden soll. Pendant ist die Nutzenmaximierung des Nachfragers." (Wikipedia statt den Verfassungsschutz fragen... "Dümmste behördliche Begründung des Jahres"?)

  • Was bringt mehr: gegen Windmühlen zu kämpfen oder einen Ort zu finden, an dem sich ag(it)irren läßt.



    Opferrolle frißt Engagement...

    • @Vidocq:

      inwiefern resultiert aus poettingers beschluss, gegen die entscheidung der freistaates mit rechtsmitteln vorzugehen, eine opferrolle?

  • .. wenn man aus Österreich nach Bayern fährt, kam (kommt?) immer erst das weiß-blaue Schild "Freistaat Bayern". Und danach das Schild BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND.



    Das erklärt's, oder? Mia san mia.



    Auch ich rate dazu, woanders Lehrerin werden zu wollen.



    MfG.: B.Liebig

  • taz: *Poettinger weist die Einschätzungen des Ministeriums ('Freie Wähler') zurück. „Kapitalismus ist nicht Demokratie, Kapitalismus steht nicht in der Verfassung“, schreibt sie auf Bluesky. Das stehe sogar in Artikel 151 der bayerischen Landesverfassung.*

    Hört euch diese Frau an, jetzt kommt sie doch tatsächlich mit Bildung und Wissen um die Ecke, obwohl doch jeder weiß, dass der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger nicht einmal wusste was damals in seinem Schulranzen steckte. Wenn man Klimaschützerin ist und sogar von „Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima“ spricht, dann wird man natürlich keine Lehrerin in Bayern, denn dort ticken die Uhren noch anders. In Aiwangers Bayern und seinem "Bildungsministerium" gibt es bestimmt sogar noch ein *Königlich-Bayerisches Amtsgericht*, das für 'Recht und Ordnung' sorgt. www.youtube.com/watch?v=d7TP0ViKuk0

  • Ist Kapitalismus - also Macht allein vom Besitz statt vom Volk ausgehend - nicht das Gegenteil von Demokratie - und der ganze Sinn und Zweck unserer Verfassung und Regierung nicht gerade, diese Nachteile des Rechtes auf Privatbesitz und Kapitalerträge (was wir als Anreiz für Leistung gerne ermöglichen möchten), einzuhegen, damit eben die undemokratischen Aspekte dieses Rechtes nicht zu stark hervortreten? Ist das Eintreten für dieses "Einhegen" nicht gerade der Kern von Demokratie?

  • Kann mir kaum vorstellen, dass das Ministerium seine Argumentation nur auf eine, oder zwei Aussagen stützt. Das wäre sicher auch in Bayern nicht mehr gerichtsfest.

  • Die Überschrift suggeriert, dass sie nicht zugelassen wird weil sie Klimaaktivistin ist.



    Das bayerische Kultusministerium hat aber betont, dass dies nicht der Grund ist sondern ihre Mitgliedschaft in 2 Gruppierungen die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wurden.



    Man kann ja einige ihrer Ansichten teilen, aber ich möchte nicht, dass meine Kinder von Extremisten unterrichtet werden. Und da ist es mir egal ob der Extremismus von links oder rechts kommt.

    • @Thomas2023:

      wenn ich kinder hätte, würde ich mir wünschen, dass sie einmal von menschen wie lisa poettinger unterrichtet werden würden.

    • @Thomas2023:

      Eine Einstufung durch den Verfassungsschutz besagt für sich gesehen recht wenig. Wird die zitierte Begründung als Maßstab angelegt, kann es nur noch mit "lächerlich" beschrieben werden. Um ein Berufsverbot im Staatsdienst auszusprechen, bräuchte es schon einen nachweisbaren Verfassungsverstoss oder eine strafrechtliche Verurteilung von mindestens 12 Monaten. Beides scheint nicht ersichtlich zu sein. Insofern kann den bayrischen Behörden durchaus unterstellt werden, dass es sich um reine Konformitätsgründe handelt.

      Und was ihre Bedenken anbelangt. Lehrer bilden wie andere Berufsgruppen auch einen Querschnitt der Gesellschaft ab. Solange sie das Neutralitätsprinzip befolgen, ihre politische Einstellung nicht in den Fordergrund stellen und die Schüler indoktrieren, sollten persönliche Merkmale nicht von Belang sein, sondern eine pädagogisch wertvolle Durchführung des Unterrichts im Vordergrund stehen.

    • @Thomas2023:

      Tja, das unterscheidet Dich halt von den Eltern der von Lisa bereits betreuten Kinder, die einen offenen Brief geschrieben haben und ihre Arbeit offenbar gut finden: www.berufsverbote....efKindergarten.pdf . Und wohl dem, der es sich noch leisten kann, auf Lehrer*innen zu verzichten...

  • Nice, Berufsverbot für Sozialisten - gab's das nicht schonmal?

    Mal abgesehen davon wie weit es hergeholt erscheint eine Autokritikerin zur Kommunistin zu erklären.

    Bayern bleibt unterhaltsam und ich froh nicht dort leben zu müssen.

  • Können die machen. Im Ausland gibt es genug Arbeit und wer will in so einem Umfeld noch leben. Sollen die unabhängigen Rechten sich zu Tode verwalten und richten.

    • @BierzeltLeitkultur:

      Transparency International warnt: Korruption ist Klimakiller "Die Untersuchung betont aber auch die menschlichen Opfer der Klimakorruption. Natur- und Umweltschützer, die oft an vorderster Front im Kampf gegen die Klimakrise stehen, sind regelmäßig Opfer von Einschüchterungen, Gewalt und sogar Mord."

  • "stammt der Begriff ‚Profitmaximierung‘ aus dem Kommunismus" – meine Güte, was sind das für Knalltüten…

    • @smallestmountain:

      wir erinnern uns, in Berlin wurde ein Wissenschaftler verhaftet, weil er in seiner Dissertation den Begriff "Gentrifizierung" behandelte, den die Spezialisten von der Polizei nur aus Anarcho-Pamphleten kannten.

    • @smallestmountain:

      Oje. Man kann nur hoffen, dass das dann zuständige Gericht dem bayerischen Bildungsministerium ein Lerngeschenk mitgeben wird.