piwik no script img

Essensausgabe bei der TafelNicht anfassen!

Essay von Lisa Reim

Als alleinerziehende Mutter ist unsere Autorin auf die Tafel angewiesen. Doch sie geht dort nicht mehr hin, weil sie sich gedemütigt fühlt.

Es gibt einen Stand, für den sich der Besuch lohnt: Es sind die Brote Foto: M. Popow/imagov

Nicht anfassen!“, raunzt jemand durch den Raum. Das Erste, was man bei unserer Tafel lernt, ist: „nichts anfassen“. Dabei wollte ich nur sehen, ob Zucker in dem Zwieback ist. Jetzt weiß ich es. Doch immer, wenn jemand neu ist, höre ich das „Nicht anfassen“-Raunzen durch die Kirche hallen.

Man lernt auch das Wartesystem kennen: Vor dem Eingang verteilt jemand Nummern, die darüber entscheiden, wie lange man warten muss. Der Mann, der die Karten verteilt, mag es nicht, wenn die Leute drängeln. Dann macht er besonders langsam, zieht den Kartenfächer ein und sagt: „So nicht“. Er scheint dieses Machtspiel zu mögen. Er sitzt am längeren Hebel.

Bei mir hält er den Kartenfächer fest, als ich eine Nummer ziehen möchte, und fragt, in welcher Gruppe ich sei. Die Nachnamen sind in Gruppen und Zeitfenster eingeordnet. Ich nenne meinen Nachnamen, und er lässt den Kartenfächer locker, ich kann eine Karte ziehen. Es ist eine 7, Glück gehabt. Es gibt auch eine 25, dann muss man sehr lange warten.

Wessen Nummer aufgerufen wird, der bezahlt einen Euro und wird auf der Liste abgehakt. Zuvor habe ich mich und meine Kinder mit meinem Bescheid registrieren lassen. Man bekommt drei laminierte Karten: ein Erwachsener, zwei Kinder, und darf sich eine Süßigkeit nehmen.

Ein distanzierendes Wir/Sie-Gefühl

Ein Ehrenamtlicher kommt mit einer riesigen Kiste Schokoladeneier und sagt: „Für die Kinder.“ Doch Ostern ist schon lange vorbei. Ich soll meinen Beutel aufmachen, und bevor ich widersprechen kann, habe ich Massen von Schokoladeneiern darin.

Dann geht es zum Gemüse. Ich sage, was ich möchte, und bekomme es. Beim Tisch mit dem Obst staut es sich. Der Ehrenamtliche dort führt gern Gespräche und lässt sich nicht hetzen. Schließlich wollen wir was von ihm und nicht andersrum. Ein distanzierendes Wir/Sie-Gefühl ist sofort bemerkbar.

Ich will nur schnell nach Hause, die Lebensmittel verstauen und ab zur Kita, mein jüngstes Kind abholen. Das Gespräch an der Obstausgabe zieht sich in die Länge. Ich schaue nervös auf die Uhr. Gerne würde ich das Obst überspringen und zum nächsten Tisch gehen, doch das wird nicht gern gesehen.

Beim Stand mit der Fertignahrung gibt es Pudding und Trinkpäckchen mit Zuckerwasser. Ich entscheide mich für die Haferflocken. Pudding für die Kinder wird mir trotzdem hingestellt. Bei meinem dritten Tafelbesuch schaffe ich es endlich, all das abzulehnen. Die vorherigen Male habe ich mich nicht getraut und nicht gewusst, was ich mit dem Zuckerwasser – nach der Sonne benannt – machen soll. Keinem Kind wollte ich so etwas anbieten. Schließlich nahm es mir dankbar der obdachlose Mann am Bahnhof ab – der hatte keine Zähne mehr.

Zucker ohne Ende

Gesunde Ernährung ist bei der Tafel nicht so leicht. Salat, das meiste Gemüse und Obst halten sich auch im Kühlschrank nicht lange. Schließlich stand es vorher auch schon eine Weile im Supermarkt herum. Kartoffeln, Mohrrüben, Kohl und Wurzelgemüse halten sich dagegen lange.

Sehr hilfreich sind das gute Vollkornbrot und die Milch, zwar meistens halbfett, aber immerhin. Wenn ich Glück habe, gibt es auch mal Naturjoghurt, den essen wir zu Hause oft mit Müsli. Ansonsten gibt es viele hochverarbeitete Lebensmittel. Fleisch und Fleischersatz mit vielen Zusatzstoffen. Es gibt auch Basics wie Haferflocken, Senf oder Frischkäse. Ansonsten haben viele Produkte Zucker und viele Zusatzstoffe. Kann man mal mitnehmen, aber ich möchte es nicht als festen Bestand in unserer Ernährung.

Viele Lebensmittel sind abgelaufen. Ich habe Kinder und bin gerade bei Milchprodukten eher vorsichtig. Manchmal muss ich zu Hause Lebensmittel wegschmeißen, da beispielsweise Gemüse oder Aufschnitte verschimmelt sind.

Ungesundes Süßes gibt es on top, wenn ich die Karte mit der Aufschrift „2 Kinder“ vorzeige. Auch hier lerne ich mit der Zeit abzulehnen. Limonade, Kekse, Frühstücksflocken, die eigentlich zerbröselte Kekse sind, Schokoriegel oder Gummitiere sind mal drin, doch nicht in dem Ausmaß und nicht jede Woche.

Gerade in ärmeren Familien mit wenig Bildungsressourcen besteht ein Zusammenhang zu weniger gesunder Ernährung. Wenn Kinder eines nicht zusätzlich brauchen, sind es Süßigkeiten. Selbst dem ärmsten Kind in der Stadt mangelt es nicht an Süßigkeiten, im Gegenteil. Süßigkeiten und Fertignahrung gibt es an jeder Ecke. Meine Kinder bekommen auch ständig Süßigkeiten zugesteckt.

Davon abgesehen haben das Essen und der Nachtisch in Schule und Kita auch nicht gerade wenig Zucker. Das besagte Trinkpäckchen hat beispielsweise mehr Zucker, als an einem Tag für Kinder empfohlen wird. Mit Blick auf die Zunahme von Diabetes Typ 2 ein nicht unerhebliches Problem.

Draußen kommen mir Kinder, die kreischend die Kirchentreppe hinuntersteigen, mit Chipstüten entgegen. Hinter ihnen kommt die Mutter. Ihre schwere Tasche schlägt gegen den langen Rock. Ich sehe Pudding mit Kühen drauf, Tiefkühltorte und Kekse.

Demütig und gedemütigt

Bei meinem ersten Tafelbesuch zitterten meine Knie. Es riecht nach fauligen Gemüse. Ich bin demütig und gleichzeitig fühle ich mich gedemütigt. Ich bin dankbar und gleichzeitig denke ich Undankbares. Mir fällt der Spruch ein: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

Es gibt hier ganz spürbar eine asymmetrische Machtbeziehung. Hinter den Tischen stehen die Ehrenamtlichen, die Gutes tun und sich gut fühlen dürfen, und vor der Kirche warten diejenigen, die die Spenden in Empfang nehmen und brauchen.

Ich möchte nicht Projektions­fläche für das berechtigte gute Gefühl von Ehrenamtlichen sein

Ich möchte nicht Projektionsfläche für das berechtigte gute Gefühl von Ehrenamtlichen sein. Mir wäre es lieber, Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen würden sich selbst organisieren. Ich spüre den Machtunterschied. Ich schäme mich.

Ich habe einen Master mit einer Note von 1,0. Doch es gibt nur ein Einkommen, in der Elternzeit nichts und es ist unmöglich, zwei kleine Menschen mit einer halben, wenn auch nicht schlecht bezahlten, Stelle großzuziehen. Die Miete frisst einfach alles auf. Für mich allein würde es locker reichen. Alleinerziehende werden durch das System arm gemacht. Fast die Hälfte aller Alleinerziehenden gilt in Deutschland als arm, und das nur, weil sie eben alleinerziehend sind.

Spürbare Machtunterschiede

Ich finde die Tafel nicht falsch. Essen denjenigen zukommen zu lassen, deren Regelsatz so niedrig ist, dass vieles nicht möglich ist, hilft vielen. Es würde auch den Grenz­gän­ge­r*in­nen helfen, die knapp über der Bedarfsgrenze liegen, aber nicht wie ich von allen möglichen Vergünstigungen (ÖPNV, reduzierter Beitrag für das Mittagessen in der Kita, ermäßigte Eintrittspreise etc.) profitieren.

Letztendlich ist es ja auch eine Maßnahme gegen Lebensmittelverschwendung. Doch durch die Rahmenbedingungen, durch das ganze Ambiente und die spürbaren Machtunterschiede fühlt sich der Besuch für mich unwürdig an. Immerhin – beim dritten Mal heule ich nicht mehr.

Ich merke, dass die Tafel für mich, die sehr auf gesunde Ernährung achtet, nur minimal finanzielle Erleichterung bringt. Weil Obst und Gemüse nicht lange halten, gehe ich ein paar Tage später doch wieder Salat, Gurke, Tomaten und Paprika einkaufen. Und 79 Cent für Haferflocken, die die Kinder fast täglich mit Rosinen, Nüssen oder Tiefkühlbeeren essen, habe ich noch übrig. Ich entscheide mich, nur noch selten hinzugehen. Denn der Tafel-Besuch kostet auch viel Zeit, Wartezeit, und ich komme in Abholstress.

Doch es gibt einen Stand, für den sich der Besuch lohnt. Es sind die Brote. Gute, dicke, gesunde Laibe Vollkornbrot, die im Laden fast 5 Euro pro Stück kosten und die mein ältestes Kind so liebt. „Das beste Brot“, sagt es und genießt es mit Gouda. Ich bekomme zwei ganze Brote, schneide sie zu Hause in Scheiben und friere sie ein. Alle paar Tage taue ich ein paar Scheiben auf. Das reicht dann fast drei Wochen, da das ältere Kind auch oft bei Freund*innen, Großeltern oder dem befreundeten Nachbarskind isst.

Mitnehmen zur Tafel würde ich mein ältestes Kind nicht. Es würde mein Schamgefühl und die Anspannung wahrnehmen. Es würde den fauligen Geruch riechen. Es würde den manchmal rauen Ton hören. Es würde viele Menschen auf Bänken, die Arme auf den Einkaufskarren gestützt, warten sehen. Es würde viele Fragen stellen. Ich müsste die Themen Machtunterschiede, Gerechtigkeit und Geld erklären.

Doch dafür braucht es einen anderen Ort und eine gefasste erklärende Mama und nicht eine, die sich selbst bei der Tafel völlig fremd und beschämt fühlt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

118 Kommentare

 / 
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Da ist es doch beruhigend, dass es in Deutschland so viele Milliardäre wie noch nie gibt, wie ich soeben auf tagesschau24 erfahren habe.

  • Gar nicht leicht für die Ehrenamtlichen: Sie dürfen sich ja nicht gut fühlen aufgrund ihres großen Engagements; Sie sollen ja keine Regeln durchsetzen; Sie sollen anscheinend erahnen, ob man Bio oder Süßes / kein Süßes gerne mag; und wenn einer freundlich mit den Leuten spricht, dann ist es auch nicht recht…

  • Bei uns nimmt die Tafel schon keine neuen Leute mehr auf. Es gibt tatsächlich viel ungesundes dort. Das ist besonders für "arme" Kinder doppelt schade, denn einige Eltern haben andere Prioritäten - auch weil sie es selbst nicht anders kennen. Auch sind die Tafeln auf freiwillige Helfer angewiesen, sonst funktioniert dort garnichts. Persönlich habe ich dort aber auch viel Freundlichkeit erlebt, nur ist das eben auch manchmal sehr stressig dort.

    Ich habe auch bei einer Lebensmittelverteilung mitgeholfen (nicht bei der Tafel). Da gibt es immer wieder Dankbare, aber auch sehr freche Kunden, die sich vordrängeln und hamstern wollen. Die holen dann 3x was oder schicken zusätzlich ihre Kinder / Verwandten. Das ist wohl auch ein Grund für solche "Warte- und Verteilsysteme" Von daher würde ich auch mal zu einem Perspektivwechsel raten.

    Mein Fazit: die Tafeln & Co fangen das auf, was unser System vermasselt. Da läuft schon seit Jahrzehnten etwas schief und der Staat wird das nicht hinbebommen, solange die Politiker immer wieder auf Lobbyisten hören und sich "Sachzwängen" fügen. Die Tafeln jedenfalls sind keine Lösung, sondern federn die Schäden nur etwas ab.

  • Ich verstehe den Frust, denn zur Tafel zu gehen ist nicht leicht. Es würde mich allerdings freuen, wenn einige der Vorwürfe auch erklärt würden:

    - Dass die Mitarbeiter nicht wollen, das gedrängelt wird –wo ist das Problem?



    - Dass eine Reihenfolge eingehalten werden muss –würden Sie sich lieber durch Schlangen drängeln?



    - Dass viele ungesunde Lebensmittel dort sind – liegt das an der Tafel oder an den Supermärkten, die spenden?



    - Dass das Gemüse und der Salat nicht direkt vom Feld kommen –siehe oben.



    - Dass Sie ungern Waren ablehnen –verstehe ich.



    - Dass die Dinge nicht angefasst werden dürfen –möchten Sie Produkte, die durch 20 Hände gegangen sind? Außerdem gibt es dafür Bestimmungen.



    - Dass die Ehrenamtlichen das immer wieder sagen müssen und dabei genervt sind –wären Sie das nicht?

    Ich bin seit zwei Jahren bei der Tafel in München. Und ich sehe dieses Machtgefälle nicht. Vielleicht auch aus meiner Perspektive. Es gibt sicher Gäste, die es auch bei uns nicht leicht haben. Aber mit den meisten plaudern wir, wenn wir sie ein wenig kennen. Und ich habe sogar den Verdacht, dass sie gerne kommen.

    Möglicherweise ist das eine Sache der Perspektive.

  • Wer die Beschreibung der Abläufe und Regeln liest, bekommt ein bedrückendes Gefühl. Die Wahrnehmung der Demütigung wird nachvollziehbar. Aber es gibt diese Tafeln seit Jahren, anfangs gab es diese Abläufe nicht. Sie haben sich entwickelt, um die Tafeln gegen Missbrauch zu schützen und bei dem großen Andrang zu verhindern, daß nur die Starken , Schnellen Rücksichtslosen etwas bekommen.



    Damit nicht Grossfamilien mehrfache Rationen abgreifen, Warteschlangen komplett übernommen werden. Kofferräume beladen werden.



    Kern des Problems ist : daß es die Tafeln gibt, geben muß weil der viel gelobte Sozialstaat offensichtlich versagt. Seit Jahren. Auch so ein Afd Stimmengenerator.

  • Danke für den Artikel - er zeigt unfreiwillig aber ehrlich die Doppelmoral der taz: Vor ein paar Tagen gab es noch einen Artikel, der die schlechte Bezahlung bei Tesla anprangerte.Und die Mitarbeiter von der taz gehen zur Tafel.... (und beschweren sich über das ungesunde Essen). Was für eine Jammergemeinde.....

  • "Ich habe einen Master mit einer Note von 1,0. Doch es gibt nur ein Einkommen, in der Elternzeit nichts und es ist unmöglich, zwei kleine Menschen mit einer halben, wenn auch nicht schlecht bezahlten, Stelle großzuziehen. Die Miete frisst einfach alles auf. Für mich allein würde es locker reichen. Alleinerziehende werden durch das System arm gemacht."



    Wieso in der Elternzeit nichts? 🤨



    Da gibt es - vereinfacht gesagt - 66%. 33% wenn man sich zwei Jahre Elternzeit gönnt. Erst im Dritten Jahr gibt es nichts.



    " Die Miete frisst alles auf" deutet für mich auf ein Großstadtproblem hin, es gibt sehr viele Regionen wo Mieten für 5€ der qm noch die Regel sind - mit einem 1,0 Master findet man auch dort sicherlich gut bezahlte Arbeit - es gibt halt kein Anrecht drauf in Berlin Mitte im Altbau zu wohnen...



    Was ist mit Kindergeld und Unterhalt?



    Das müssten nochmal mindestens 1500 Euro netto im Monat on top sein - je 250 Kindergeld und Unterhalt 500 ist eher die untere Grenze...



    Mir ist schon klar dass das sehr persönliche Informationen sind, aber so kann man sich nur sehr schlecht ein Bild machen

  • Ich habe genau das auch erlebt, als ich auf der Straße lebte. Einige Ehrenamtliche sind gute Menschen, andere sind richtige Arschlöcher. Aber das ist gar nicht relevant. Schon durch die unfreiwillige Unterteilung in "Helfende" und "Hilfsbedürftige" ist die Würde des Menschen, dem geholfen wird, verletzt. Ihm steht es nämlich nicht frei zu sagen: "Danke, ich möchte ihre Hilfe nicht". Hilfe ist idealerweise staatlich organisiert und anonymisiert, und der, dem geholfen wird, muss die Möglichkeit haben, dieses vor Anderen zu verheimlichen, sonst ist er immer gesellschaftlich stigmatisiert, ob die Gesellschaft das zugibt oder nicht.

  • Ich unterstütze seit mehreren Jahren eine Familie, die aus Syrien geflüchtet ist, und habe auch festgestellt, dass einige der Menschen, die das gleiche tun, sehr schnell frustriert oder sauer sind, wenn die Menschen, denen geholfen wird, sich nicht genauso verhalten, wie sie das gerne hätten. Als ob das Jemandem-Helfen einem das Recht gibt, deren Leben mitzubestimmen oder jede ihrer Entscheidung zu bewerten. Ich glaube schon, dass die Wahrnehmung in dem Artikel stimmt, dass Helfen oft was mit Machtstreben zu tun hat, vielleicht sind sich viele Helfende dessen gar nicht bewusst. Aber selbst so Kleinigkeiten wie, wieviel Zucker man seinen Kindern zumuten will, sind Fragen der Selbstbestimmung, die jedem Menschen zusteht, ohne sich undankbar oder beschämt fühlen zu müssen.

  • ich würde der Dame empfehlen, mal selber dort als Ehrenamtliche zu arbeiten und zu erleben, was da abgeht:



    - Drängeleien bis hin zu Handgreiflichkeiten beim Anstehen inkl. Beschimpfungen der Ehrenamtlichen



    - Menschen die sich nicht an Regeln halten und sich mit begehrten Lebensmitteln die Taschen vollstopfen wollen, ohne an andere zu denken



    - Menschen die vor der Ausgabe die Hälfte der Lebensmittel in die Tonne werfen anstelle gleich nein zu sagen

    Zudem finde ich es bezeichnend, dass bei den Tafeln meist nur SeniorInnen helfen - aber von den vielen gesunden Bürgergeldempfängern, die dort Lebensmittel holen, will keiner helfen.



    Sowas nennt man überzogene Ansprüche.

  • Bei den Tafeln wird es, wie überall, sone und solche geben.

    Die Arbeit bei den Tafeln (neben dem eigentlichen mehr oder weniger stressigen Job) kann psychisch ziemlich belastend sein, da können die Ehrenamtlichen schonmal gereizt reagieren. Man darf auch nicht vergessen, dass nicht alle Tafelbesucher Engel sind, sondern es tatsächlich eine ganze Menge gibt, die unausstehlich, aggressiv oder "weird" sind. Aus Selbstschutz haben sich etliche Tafelmitarbeiter ein dominantes Auftreten angewöhnt, um sich solche Leute vom Hals zu halten.

    Das Angebot richtet sich nach den eingehenden Spenden, was nicht reinkommt (gesundes Essen), kann auch nicht verteilt werden.

    Aaaber: Eine Bekannte von mir, Mitarbeiterin einer Tafel, erzählte mir, dass ein lokaler Landwirt ein paar Stiegen Spargel gespendet hatte. Gute Ware, kein Ausschuss. Bei den Tafelbesuchern kam keine einzige Stange an.

  • Bitte nochmal genau lesen, bevor man hier Undankbarkeit oder das Schlechtmachen von Ehrenamtlichen sieht. Das ganze ist eine Meinung und hier zwei wichtige Sätze, einer direkt unter der Überschrift:

    Doch sie geht dort nicht mehr hin, weil sie sich gedemütigt fühlt.

    Ich möchte nicht Projektions­fläche für das berechtigte gute Gefühl von Ehrenamtlichen sein

    Natürlich ist da ein Machtgefälle was aber so auch seien muss. Es ist ja keine Leistung, die einem Zusteht. Man ist Bittsteller. Die einen können Hilfe leichter annehmen, die anderen haben damit Proleme. Sie fühlt sich Gedemütigkt.

    Und sie schreibt auch "das berechtigte gute Gefühl von Ehrenamtlichen"

    Das ganze ist ein Essay, also eigene Überlegungen und Positionen stehen im Vordergrund: absichtlich subjektiver & wertender Kontext.

  • Diabetiker*innenhaben kein Problem mit Zucker, sondern mit Ihrer Bauchspeicheldrüse.

  • Und nächste Woche dann bitte einen Erfahrungsbericht eines Menschen, der ehrenamtlich bei einer Tafel tätig ist. Einfach, um das Gleichgewicht zu halten.



    Viele dieser Ehrenamtlichen erleben ebenfalls ständig unglaubliche Situationen, die eigentlich kaum zumutbar erscheinen.



    Was die Autorin alles zu bemänglen hat: Schokoeier, obwohl Ostern doch längst vorbei ist, süße Kindergetränke, die sie ihren eigenen Kindern nicht geben will, aber für den nächsten wohnsitzlosen Menschen, den sie trifft, sind sie gut genug? Naja...



    Wie toll die Abschlussnote im Studium auch gewesen sein mag - das alles berechtigt nicht dazu, Menschen, die ihre Zeit opfern, um anderen zu helfen, derart pauschal zu verurteilen.

    • @tazziragazzi:

      Der Unterschied, ob erwachsene Menschen Süssigkeiten essen oder man die seinen kleinen Kindern gibt sollte jedem klar sein. Etwas Negatives daran zu finden, dass eine Mutter ihren Kindern so etwas nicht geben will ist schon sehr fragwürdig.



      Ich lese auch absolut keine pauschale Verurteilung. Erstens ist nichts pauschalisiert, sondern mit konkreten - subjektiven - Eindrücken belegt. Zweitens ist eine "Verurteilung" auch nur mit einiger Phantasie herauslesbar.

    • @tazziragazzi:

      Wir wissen alle, dass viele Ehrenamtliche gerne ihre Macht zeigen. Von dem her verstehe ich diese Mutter durchaus. Und ich verstehe ihren Unmut ob des ungesunden Angebots für Kinder.

    • @tazziragazzi:

      Das ist für mich eine sehr negative Lesart, die ich dort überhaupt nicht gesehen habe, im Gegenteil, sie drückt klar ihre Dankbarkeit aus, aber auch ihre ehrlichen Gefühle bzgl. Demütigung usw., was absolut berechtigt ist das zu empfinden! So viel Unehrlichkeit und Bitterkeit gibt es heute überall, wo wir stattdessen genau diesen ehrlichen, reflektierten Umgang mit der Realität brauchen! Und ja, dazu gehören widerstreitende Gefühle usw., denn genau das ist die Wahrheit für extrem viele Menschen.



      Ich kann die Autorin sehr, sehr gut verstehen und würde es wohl genau so empfinden in ihrer Lage, fühlen Sie sich bitte mal rein in die Lage als Bittsteller! Selbstverständlich besteht da ein Machtgefälle. Die Ehrenamtlichen sollten versuchen möglichst nett zu sein, kein Abfertigen, z. B. ein "Bitte..." statt nur "Nichts anfassen!" wäre wichtig! Zeichen des Respekts, der Würde! Ja, es gibt leider auch viele, die die Ehrenamtlichen, die eine tolle, wichtige Arbeit leisten, schlecht behandeln, richtig! Aber jede:r kehrt vor der _eigenen_ Tür! Wir brauchen unbedingt mehr Nettigkeit, mehr Respekt und Positives im Umgang der Menschen miteinander!

    • @tazziragazzi:

      Na dann... ich war 7 Jahre ehrenamtlich bei einer Tafel im Sortierdienst. Dort kommen jeden Morgen die Lieferungen an, die andere Ehrenamtiche in den Supermärkten abholen. Manches wirklich gut, bei anderen Märkten wird die Tafel gerne mal als kostenlose Müllabfuhr benutzt.

      Faulig riecht es bei uns in der Ausgabe nicht. Dafür sorgen 5 Tage die Woche die Sortierteams, die auch die Ware in den Kühlzellen und -schränken prüfen. Ausgabe ist nur 2x pro Woche. Manche Produkte sind immer schlecht, Fertigsalate in Tüten z.B. die stinken wirklich. Abfälle und was nach den Ausgaben an Resten bleibt holen verschiedene Bauern als Tierfutter ab.

      So weit so friedlich und produktiv. Bei der Ausgabe sieht es anders aus. Ja, Menschen werden regelmäßig heruntergeputzt weil sie es z.B. "wagen" nach einer Kartoffel mehr zu fragen, oder weil sie manche Nahrungsmittel ablehnen, oder weil sie nicht sofort verstehen, was die Ehrenamtlichen von ihnen wollen (manchmal ist jemand im Team der Arabisch spricht, oft nicht). Manche Teams werfen lieber Essen weg als es "denen" zu geben. Machttrip pur. Wer sich wehrt flieg, sowohl Kunden als auch Mitarbeiter.

    • @tazziragazzi:

      Ja, die Perspektive einer Ehrenamtlichen wäre interessant.

      Ich lese aber keine pauschale Verurteilung, im Gegenteil. Es kommt sehr gut rüber, dass die Ehrenamtlichen sich zu recht gut fühlen aber dass es zu Situationen kommt, in denen ein Machtgefälle oder ein Herabschauen auf die Konsumenten besteht.

      Das mit den Getränken: Soll man das wegwerfen oder den Kindern trotzdem geben, obwohl das ungesund ist? Wohnsitzlose können ja selber entscheiden, ob sie das trinken wollen.



      Ist auch nicht viel anders als beim Alkohol. Der ist auch ungesund, trinken Kinder nicht - Obdachlose aber schon.

    • @tazziragazzi:

      Ich finde die Idee mit einem Erfahrungsbericht aus der Sicht einer ehrenamtlichen Person sehr gut !!!

  • Ja schrecklich...wahrscheinlich ist das dort angebotene auch nicht mal Bio oder fair trade...(Ironie aus)



    Wenn die Miete das ganze Geld auffrisst wäre es vielleicht sinvoll ein günstigere Wohnung zu suchen, z.B. auch in einer anderen Stadt. Oder einen anderen Job, bei dem man als Halbtagskraft genug verdient (ja, gibt es) um nicht zur Tafel zu müssen.

    • @charly_paganini:

      Klar, weil es ja auch so viele günstige Wohnungen gibt - grade mit mehreren Kindern. Und in eine andere Stadt ziehen ist auch ein toller Vorschlag - wie kommt man dann zu seiner schlecht bezahlten Teilzeitstelle? Ein Auto kann sich die Autorin sicher nicht leisten.

    • @charly_paganini:

      Ja. Neee iss klar. Mit 2 Kindern alleinerziehend mal eben eine billigere Wohnung finden. Mit geringem Einkommen. Oder leicht den Umzug in eine andere Stadt, kostet ja nix. Keine Kaution, kein Umzugswagen, kein neuer Kitaplatz, alles easy.



      OMG. Muss man so eine denke wirklich unbedingt posten?

    • @charly_paganini:

      Bei den Tafeln gibt es auch Bio, auch Biosupermärkte oder andere Biobetriebe geben Überschüsse oder Spenden weiter.

      Ihr Kommentar liest sich so, als wären Sie der Meinung, arme Menschen müssten mit möglichst billigen, schlecht produzierten Lebensmitteln zufrieden sein. Das ist eine sehr feudale Einstellung!

    • @charly_paganini:

      Eben, als Alleinerziehende wechselt man halt spontan mal die Wohnung oder die Stadt und reißt die Kinder aus ihren sozialen Zusammenhängen.

      Wovon träumen Sie eigentlich nachts?

    • @charly_paganini:

      Das Angebotene ist zum Teil wirklich Bio, Sie Scherzkeks! Man kann allerdings mit Kind nicht einfach die Stadt wechseln und sehr viele bekommen neben dem Job noch Bürgergeld. Sie sollten sich besser informieren!

  • Die Ehrenamtlichen werden mit Unterstellungen nur so zugepflastert - das finde ich wirklich schlimm.

    Die Benachteiligung von Alleinerziehenden ist real - auch schlimm.

    Die Haltung, dass der Staat jede Form von "weniger haben" irgendwie abfangen soll - habe ich nicht. Er soll dafür sorgen, dass niemand verhungert, alle ein Dach über dem Kopf und Gesundheitsfürsorge haben. Das tut er nachweislich.

    Die Tafeln gibt es nicht, weil Menschen sonst verhungern müssten. Es ist vielfach nachgewiesen, dass die staatlichen Unterstützungen zum Essen ausreichen.

    Tafeln gibt es, weil zu viel Lebensmittel sonst verschwendet würden. Alles, was dort angeboten wird, kann man lassen.

    Kein Mensch muss dort irgendwelche Dankbarkeit zeigen oder deshalb schlechtes Zeug essen.

    • @agtaz:

      Bei der Berechnung des Regelsatzes fließt die Möglichkeit sich bei der Tafel einzudecken mit ein.



      Ukrainische Flüchtlinge wurden sogar von offizieller Stelle aus zu den Tafeln geschickt, wo sie dann sehr erstaunt waren, dass sie keinen Rechtsanspruch haben, sondern es sich um eine freiwillig organisierte Vereinshilfe handelt.



      Die Tafeln produzieren inzwischen sogar selbst Lebensmittel, weil gerade sowas wie Nudeln zu selten gespendet wird.



      Von "Wir verhindern Verschwendung" ist der Verein zwangsweise sehr weit entfernt.

  • Ich habe lange überlegt, ob ich das kommentiere. Wenn man jemanden hilft entsteht fast natürlich eine Gefällesituation,, die für die Hilfesuchenden sicher nicht angenehm ist, vor allem wenn er/sie persönlich sich nicht zur Selbsthilfe in der Lage sieht, soll man es deswegen lassen im ehrenamtlichen Sozialbereich zu arbeiten?M. E. kann nur die Situation verbessern, wenn auch etwas in die Ehrenamtlichen, z. B. Durch Schulung oderSupervision investiert und sie nicht selbst strukturell in Überforderungssituationen bringt.

  • Schlimm, wenn das so ist. Würde dazu passen, was manchmal Leute in einer sehr guten Berliner Wohngegend auf nebenan.de zum verschenken anbieten. Da bin ich manchmal versucht zu schreiben, dass man auch als Gutmensch mal den Mut aufbringen kann, Müll einfach in die Tonne zu schmeissen. Und daß selbst Menschen, die weniger haben, nicht mit jedem scheiß was anfangen können. Dito für Sammelstellen.

  • "Der Ehrenamtliche dort führt gern Gespräche und lässt sich nicht hetzen. Schließlich wollen wir was von ihm und nicht andersrum. Ein distanzierendes Wir/Sie-Gefühl ist sofort bemerkbar."



    Ich lese hier ein deutliches Anspruchsgefühl heraus, wenn bemängelt wird, dass sich der ehrenamtliche Helfer nicht hetzen lässt. Denn das ist richtig so! Untergeordnete Dienstboten, die man nach Belieben herumscheuchen kann, sind es nämlich nicht.



    Von wem hier das distanzierende Gefühl kommt, sei dahingestellt.

  • Joar, ne halbe Stelle finanziert eine Familie nicht. In der Pflege aber z.B. sind überall tausende Vollzeitstellen frei, die selbst ungelernten 3k Netto bringen. Aber da müsste man dann richtig arbeiten

    • @Samvim:

      Und die Kinder lässt man als alleinerziehende Mutter in der Zeit wo genau?

      • @Gagman:

        In Schule, Hort und Kita - so wie alle anderen auch.

    • @Samvim:

      Und die Kinder stellt man in den Besenschrank.

    • @Samvim:

      Lässt sich so leicht sagen, und wie bringt sie die Kinder unter? Das ist für meine Kollegin mit Teilzeitstelle UND Partner schon schwierig, und die hat nur eins..

    • @Samvim:

      Und die Kinder stellt die Autorin mal eben beiseite, alles kein Problem. Arbeiten Sie in der Pflege? Warum nicht?

    • @Samvim:

      Volle Stelle (im Schichtdienst?), alleinerziehend mit zwei Kindern, wer sowas mit dem deutschen Betreuungssystem für möglich hält, dem fehlt jeder Bezug zur Realität.

    • @Samvim:

      Was für ein dummer Kommentar! In der Pflege wird nicht gut bezahlt.

  • Die äußeren Umstände hier zu ändern, könnte in der Tat schwierig werden. Aber wer sich ein bisschen mit Psychologie auskennt, weiß genau, wie man ein solches "Machtgefälle", das letztendlich eine Illusion des Geistes ist, aus seinen eigenen Gedanken eliminieren kann. Das bedeutet nicht, dass sich an der Einstellung irgendeines Ehrenamtlichen etwas ändert. Aber das bedeutet, dass man selbst die Perspektive auf die Dinge dermaßen ändert, dass man die Macht erhältnisse als etwas erkennt, das man sich selbst vorspielt. Es kann frustrierend sein, wenn man sich in so einer Hierarchie wiederfindet, aber diese Vergleiche zwischen sich selbst und anderen Menschen nicht zu machen, ist etwas, das man einüben kann. Ich bin noch drei Jahre von meinem Master entfernt, und bin dennoch zuversichtlich, dass ein Mensch mit solch gutem Abschluss mit entsprechendem Vorwissen aus der Psychologie zumindest die negativen Gefühle in kürzester Zeit eleminieren könnte. Man muss unbedingt darauf achten, dass man sich nicht um diese Ehrenamtlichen schert, sollen die doch machen was ihnen beliebt solange sie nicht gegen das Gesetz verstoßen. Man darf sich nicht so mental abhängig machen.

    • @m' 30:

      Ein interessanter Ansatz. Daran arbeite ich im Alltag seit geraumer Zeit.

      Hier und da sind kleine Erfolge erkennbar geworden, aber jahrzehntelange Prägung lässt sich leider nicht so einfach ändern.

  • Vielen Danke für diesen Bericht; auch hier in HH habe ich beie einem ehrenamtlichen Essensprojekt mit Lebensmittelausgabe ähliche Strukturen und Verhalten festgestellt.



    Schämen sollten sich die Personen, die der Autorin Undankbarkeit vorwerfen - seid froh, dass ihr nicht die Tafel nutzen müsst - Solidarität statt Selbsgerechtigkeit sollte die Devise sein..

    • @Insieme:

      Niemand muß das! Und diese Tafeln sind das Letzte. Es gab mal einen Artikel über die "Vertafelung der Gesellschaft". Tafeln gab es bis 1993 gar nicht in Deutschland und auch damals sind Sozialhilfeempfänger nicht verhungert!!!

    • @Insieme:

      "Solidarität statt Selbstgerechtigkeit sollte die Devise sein."



      Stimmt.



      Es sei dennoch immer wieder angemerkt: Solidarität ist keine Einbahnstraße. Und selbstgerecht kann jeder unabhängig vom Einkommen sein.

  • Traurig dass es immer wieder zu solchen Zuständen auf den Tafeln kommt. Doch müsste diese Situation nicht entstehen, wenn unser Sozialstaat und unsere gestaltenden Politiker für ausreichend Unterstützung sorgen würden. aber solange die Politik sich nur über Zahlen unterhält und die Wirklichkeit nicht wahrnimmt, überlässt sie die Überlebensversorgung auf Ehrenamtlich gestützte Konzepte. Das diese ebenfalls mangels staatlicher Unterstützung wiederum froh sind um jeden Helfer und Helferin kann dazu führen, dass es zu solchen "Ausblühungen" kommt, die richtigerweise nicht hinzunehmen sind; mit oder ohne Note 1 in der Masterarbeit. Denn jeder hat Respekt verdient. Und Respekt hört bei der Qualität der Lebensmittel nicht auf. So schafft unsere Verwaltung gestützt durch unsere Politik eine Grundlage auf der eine immer größer werdende Menge Bürger zu ungesunder Ernährung gezwungen werden und betreibt damit einen "Teufelskreis" der Gesundheitskosten nach oben treibt, welche wiederum von den "Armen" Mitbürgern nicht getragen werden können. Somit versagt hier der Sozialstaat fundamental. Danke für die Schilderung der erlebten Zustände und mehr Glück in ihrer Zukunft mit Ihrer Familie.

    • @Sonnenhaus:

      Der Staat verlässt sich darauf, dass ein gewisser Teil der Armen von Angehörigen und Tafeln unterstützt wird. Wie die besser gestellten, unfreiwilligen Helfer über ihre finanziell benachteiligten Angehörigen oder Kund:innen denken, lässt sich an den Kommentaren hier ablesen. Die weniger "Glücklichen", ohne support system, obdachlos, bettelnd oder mit sichtbaren Mangelerscheinungen, wirken als Drohung für alle, die noch in Lohn und Brot stehen. Die Langzeitfolgen von Armut, wie Depression, Diabetes und Panik werden mangels Facharzttermin kaum noch aktenkundig. Wir haben es geschafft, Empathie auszurotten. Angst war der Schlüssel, der die Herzen zusperrt.



      Viele, nicht alle, aber doch viele Leute helfen, um sich besser zu fühlen. Sie wollen Essen retten, und dankbare, deutsche Menschen in sauberer, wenn auch geflickter Kleidung. Vielleicht glauben die Helfenden, sie würden niemals in Armut geraten. Das liegt vermutlich daran, dass sie irrtümlich annehmen, Armut sei selbst verschuldet. Der Staat hätte es in der Hand, diese würdelosen Spiele zu beenden. Macht er nicht. Ergo - Armut ist gewollt.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob hier die Ehrenamtlichen ein Machtgefälle ausnutzen. Die Beispiele finde ich doch eher bemüht. Ein Ehrenamtlicher unterhält sich gerne, die Autorin hat keine Zeit und möchte das nicht. Der alleine lebende Rentner kommt vielleicht genau deswegen, damit er jemanden hat, der ihm ein paar Minuten Zeit schenkt. Die meisten, die zur Tafel kommen, freuen sich vermutlich, wenn sie den Kindern was Süßes mitbringen können. Ein Ehrenamtlicher will nett sein und gibt der Autorin dieses Teufelszeug (mit dem man als zahnloser Obdachloser endet). Für mich liest es sich so, dass hier Menschen (Ehrenamtliche) schlecht gemacht werden, da sie nicht die Vorstellung der Autorin zu 100% treffen. Das ganze noch garniert damit, dass diese ihre Zeit nur deshalb aufbringen, damit sie auf die Empfänger herabblicken können. Puh. Ich fand den Artikel schwer zu lesen bei soviel Selbstgerechtigkeit.

    • @Strolch:

      Mir ging es ähnlich. Ich habe lange bei der Tafel ausgeholfen und kann gut verstehen, dass man sich unwohl fühlt wenn man dort als Kunde aufschlagen muss.



      Die Helfer können da allerdings bestimmt nichts für. Die nehmen sich sehr viel Zeit um dort ehrenamtlich zu helfen.

    • @Strolch:

      Es kommt darauf an, wie die Reaktion ist, wenn man das nettgemeinte ablehnt. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie es sich anfühlt. Man muss nicht alles nehmen, was einem angeboten wird, nur weil man arm ist. Auch dann hat man das Recht, zu entscheiden.



      Wenn Ehrenamtliche das nicht verstehen und respektieren können, gilt: nett gemeint ist nicht nett.

      • @blutorange:

        Dann müsste die Reaktion geschildert werden und dann bin ich ja auch einverstanden. Davon steht aber wenig im Artikel.

    • @Strolch:

      Es ist halt eine Perspektive. Lesen Sie doch was anderes...

      • @Klaus Klabuster:

        Wofür ist die Kommentarfunktion dann gut, wenn nicht, um seine Meinung zu einem Artikel zu schreiben?

    • @Strolch:

      Ich muss Ihnen leider sagen, dass der Artikel die Problematik sehr gut beschreibt. Ich kenne eine Tafel in der die Bedürftigen nehmen müssen, was man ihnen gibt und sie werden sogar vor dem Laden angeschnauzt, wenn sie Sachen untereinander tauschen wollen.

      • @sandoftime:

        Auch hier: Ja, Ihr Beispiel, dass man nicht tauschen darf oder dafür angeschnauzt wird, kann ich nachvollziehen. Aber nicht die Beispiele im Ausgangstext.

        • @Strolch:

          "Ich schaue nervös auf die Uhr. Gerne würde ich das Obst überspringen und zum nächsten Tisch gehen, doch das wird nicht gern gesehen."



          Woher weiß sie wohl, was nicht gern gesehen wird, wenn sie es nicht ausprobiert hat?



          "Bevor ich widersprechen kann..." Es wird nicht gefragt, sondern einfach reingeschaufelt.



          "Trotzdem stellt man Pudding vor mich" Getroffene Entscheidungen werden nicht respektiert.



          Da sind durchaus einige Beispiele drin, die ich auch als übergriffig und grenzwertig ansehe.



          Ja, das Zeug muss weg, sonst wandert es in den Müll. Genau das wollen die Ehrenamtlichen verhindern. Dann muss man es menschlich aber auch so vermitteln, dass die Käufer eben keine Bittsteller sind, sondern gerade dabei helfen, Lebensmittelverschwendung zu verringern.



          Der Verein ist aber seit längerem schon mehr als Wohlfahrt aufgebaut und dann entstehen grenzwertitge Situationen.

      • @sandoftime:

        Warum lassen die Leute sich das gefallen?! Und...diese "Ehrenamtlichen" sind oft auch Bürgergeldempfänger mit Minijob.

    • @Strolch:

      Diese Ehrenamtlichen haben auch wahrscheinlich keinen Master mit 1,0 und maßen sich dennoch sowas an...

  • So erging es uns auch als Mama und 2 groß zog und Papa nicht zahlte.



    Sie sind nicht undankbar sie sprechen nur das Gefühl aus welches sehr viele haben wenn sie demütig und gedemütigt zur Tafel gehen müssen. Qir sind eines der reichsten Länder der Welt und gehen so demütigend mit den schwächsten der Gesellschaft um.



    Ob es Standard ist in den Tafeln in Deutschland weiß ich nicht aber eine befreundete Familie hat für die Tafel die Lebensmittel in Hamburg eingesammelt und auch verteilt. Komisch fand ich es immer das die auch Tütenweise von der Tafel Lebensmittel mitgenommen haben und die waren weiß gott nicht berechtigt als Banker und Friseurmeisterin beide in Vollzeit.

    • @pablo:

      Ich weiß von anderen Helfern, dass dort teilweise tütenweise Lebensmittel übrig bleiben, die bis zur nächsten Ausgabe vergammeln würden, wenn die Helfer sie nicht mitnehmen. Das betrifft zum Beispiel Obst und Gemüse (Die Freundin weiß seither, dass man Avocado einfrieren kann) aber auch Produkte mit Schweinefleisch, die an manchen Tagen keine Abnehmer finden.



      Das erste Ziel der Tafeln ist das Beenden von Lebensmittelverschwenung, erst in zweiter Linie geht es um die Hilfe für Bedürftige. (So war es zumindest ursprünglich gedacht)

      • @Herma Huhn:

        Das ursprüngliche Ziel der Tafeln war die Obdachlosenhilfe. Wir haben damals auch noch unterstützt, geben aber inzwischen lieber an die örtliche Bahnhofsmission ab.

        • @Šarru-kīnu:

          "Über 970 Tafeln, eine Mission: Lebensmittel retten und armutsbetroffenen Menschen helfen."

          Die Reihenfolge ist eindeutig.

  • Zuerst war och natürlich skeptisch, aber das beobachtete Überangebot an Zucker- und stark verarbeiteten Waren ist ein Problem.



    Und NEIN, es ist nicht undankbar diese Lebensmittel abzulehnen.



    Alleinerziehend zu sein und eine hohe Miete bezahlen zu müssen ist das Problem.



    Die Lebensmittelausgabe ist eine Hilfe, aber keine Lösung. Und solche Politiker wie FDP Lindner wollen nicht ihren Job machen und Lösungen anbieten.



    Wen sollen wir denn wählen? Wer will denn an dieser Situation etwas ändern?

    • @Kai Kraatz:

      Die Lösung ist auf jeden Fall nicht "blau" - die wollen den sowieso schon armen Menschen noch mehr Geld weg nehmen, damit sie die Steuern für Reiche senken können...

  • Ich finde die Dame doch sehr undankbar. Das Gefühl von Scham als Bittstellerin auftreten zu müssen kann ich sehr gut mitfühlen, aber ihre negative Einstellung gegenüber den Ehrenamtlern und ihre herablassenden Urteile über sie finde ich schon ziemlich krass!



    Ich habe mich schon oft gefragt, warum bei den Tafeln Menschen teils deutlich über 60 schwere Kisten schleppen und deutlich Jungere nur Waren in Empfang nehmen. Warum bieten die Bedürftigen nicht öfter ihre Mithilfe an? Das wäre sicher auch gut für das Gefühl..ich bin nicht Bittsteller, ich helfe selber mit.

    • @LaPerla:

      Zum einen erfährt maus im Artikel vom "nicht anfassen"-Gebot, was sich schlecht mit dem Schleppen von Kisten vereinbaren läßt.

      Zum anderen wünschte sich die Autorin eine selbstorganisierte Tafel, was kistenschleppende Ehrenamtliche überflüssig machen würde.

      Außerdem ist die Organisaton mit "Fächerlotterie" schon eine gewissen Machtdemonstration. Wenn es nicht darauf ankäme, würden die Wartekarten fortlaufend vergeben.

      • @0 Substanz:

        Die Fächerlotterie dürfte dazu dienen, dass nicht immer die Menschen, die Zeit haben, zu erst da sind und die "besten" Sachen bekommen.

        Zum Thema selbstorganisiert: Die Autorin hat nicht mal Zeit, um zu warten, aber sie hätte Zeit das ganze zu organisieren und mitzuhelfen? Man finde den Widerspruch.

      • @0 Substanz:

        Äh, jeder kann sich da als Ehrenamtler bewerben, auch die Leute die da anstehen und dann dürfen die auch die Kisten anpacken und mitorganisieren. Ist jetzt nicht so schierig. Offenbar ist die Autorin aber mit Halbtagsjob und 2 Kita Kindern völlig ausgelastet, da reicht es nicht zum Ehrenamt. Vielleicht einfach mal in der Realität ankommen.

    • @LaPerla:

      Sozialkompetenz und Klassenbewusstsein: 6, setzen.

  • Mir fehlen da ein paar Infos. Gibt es Kindesunterhalt, vom Staat oder Erzeuger? Wohngeld? Ganztagskitaplatz / evtl. Hort um eine Vollzeitstelle anzunehmen? Das jüngste Kind geht ja auch in die Kita. Elternzeit?

    • @Carolin Rudolf:

      Wieso ist das für diesen Artikel wichtig?



      Ob sie Unterhaltsvorschuss oder Unterhalt bekommt, ändert doch nichts an der Tatsache, dass die zu wenig Geld hat, weil sie allein mit den Kita-Öffnungszeiten umgehen muss. (allein die 30-40 geplanten Schließtage sind allein in Vollzeit nicht abzufangen)



      Und selbst wenn sie irgendwo eine Möglichkeit übersehen hätte, noch eine Stunde aus dem Tag rauszuquetschen, was ändert das an der Situation, die sie beschreibt. Die ja auch für alle anderen so gilt. Auch für die, die es nicht als demütigend empfinden.



      Die sich über die Zuckerbomben vielleicht freuen, weil die Kinder satt sind. (Genährt sind sie deswegen aber nicht)



      Das System Tafeln hat ganz fiese Nebenwirkungen, egal wie gut die Helfer es meinen. Das muss angesprochen werden. Denn wir sind dabei ein Provisorium zu verstetigen, ohne uns die wahren Kosten dafür anzuschauen.

      • @Herma Huhn:

        Die Tafel ist ein freiwilliges Angebot von Ehrenamtlern. Wenn es ihnen nicht passt müssen Sie nicht hingehen. Normalerweise reichen die Sozialleistungen für das tägliche Leben aus. Klar ist es demütigend, wenn man nicht allein für seine Familie sorgen kann, da können aber die Tafeln nix für, soll sie sich beim Vater der Kinder beschweren.

        • @McMercy:

          "Wenn es ihnen nicht passt müssen Sie nicht hingehen."



          Niemand geht da freiwillig hin.



          Wie sind Sie auf den Namen McMercy gekommen?

        • @McMercy:

          Die Tafeln werden in die Regelsätze eingerechnet. Wer da nicht hingeht, muss an anderer Stelle sparen.



          Warum müssen freiwillige Ehrenamtler ihre Hilfe überhaupt von Berechtigungsscheinen abhängig machen? Dieser Verein hat sich institutionalisieren lassen.

        • @McMercy:

          Tafeln bestehen nicht nur aus Ehrenämtlern!!!

  • Danke für den Beitrag!

    - Wartezeit als Glücksspiel



    - Ungesundes für Kinder



    - kostet auch viel Zeit, Wartezeit



    - sage, was ich will … führt gern Gespräche



    - Nachnamen sind in Gruppen und Zeitfenster eingeordnet

    Das klingt danach, als wäre das nicht zufällig eine asymmetrische Machtbeziehung. Sondern als gäbe es Strukturelle Gründe, die diese Tafel in RIchtung Machtgefälle drängen.

    Wer organisiert das so, und warum?

    > "Ich müsste die Themen Machtunterschiede, Gerechtigkeit und Geld erklären."

    Vielleicht in einer Kolumne in der Taz?

    Die würde ich meinen Kindern dann auch regelmäßig schicken.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Es können ja nicht alle gleich zur Öffnungszeit da sein, weil z. B. ja Leute arbeiten. Und es gibt Grossfamilien, die eine Warteschlange übernehmen, wenn es nach first-come first-serve geht.



      Diese Verfahren haben sich im Laufe der Zeit und mit steigendem Andrang entwickelt, um ein Ausnutzen der Tafel zu verhindern. Und Gerangel zu verhindern.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Man braucht ja nicht hinzugehen, und könnte seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften...

    • @Arne Babenhauserheide:

      "Wer organisiert das so, und warum?"

      Vielleicht, damit es keinen Streit gibt, wer zuerst da war? Damit nicht Stunden vorher angestanden wird? Da es beliebte Produkte gibt, die schnell weg sind und durch den Zufall des Nummer-ziehen hat jeder die Chance mal vorne zu sein? Wie würden Sie es denn organisieren, damit es gerecht zugeht und nicht der körperlich stärkste und schnellste sich immer als erster durchdrückt?

      Ich will nicht behaupten, dass die Organisation nicht anders oder besser ginge. Aber so ganz abwegig finde ich das jetzt nicht.

      • @Strolch:

        Man könnte zum Beispiel fragen, wer noch Termine hat und die berücksichtigen. Oder beliebte Produkte nach und nach rausstellen, damit sie bis zum Ende reichen. Oder die Gruppen anders einteilen, damit die Drängler gemeinsam an anderen Tagen dran sind. (ok das wäre noch fieser als Lose ziehen, es ging mir nur drum zu zeigen, das "anders" nicht unmöglich ist)

        • @Herma Huhn:

          Mensch, das sind ehrenamtliche Mitarbeiter. Die das in ihrer Freizeit ohne Vergütung machen. Bei solchen Ansprüchen wundert es mich nicht, dass sich immer weniger Leute finden, die da mitmachen wollen.

        • @Herma Huhn:

          Ich ende ja damit, dass es vielleicht besser geht... Aber allein daraus abzuleiten, dass ein Machtgefälle genutzt wird, also dies mutwillig schlecht gemacht wurde, um die Leute zu gängeln, geht mir zu weit.

        • @Herma Huhn:

          Klar was sollen die Leute denn noch alles ehrenamtlich machen. Ich bin ohnhin erstaunt, dass sich jemand sowas für umme antut. Riesen Respekt für die Menschen, die dafür ihre Freizeit opfern und sich von den Besserwissern auf dem Sofa noch anhören müssen, wie man es angeblich besser macht.

  • Danke für diesen wichtigen Beitrag - und alles Gute!

    Alleinerziehende gehören zum Rückrad unserer Gesellschaft und werden strukturell mit Armut bestraft. Wahnsinn. Und alle Armutsbetroffenen, die zur Tafel gehen, selbst dort, wo es gut läuft, mit Demütigung. Ich wünsche so, dass wir das als Gesellschaft in den Griff kriegen.



    Es ist eine hoheitliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Sozialeistungen bedarfsdeckend sind. Die Tafeln, so gut und hilfreich sie akut sind, hätten niemals eine Dauereinrichtung und damit teils des Systems werden dürfen.

    • @HanM:

      Das ist überall so. Ehrenamtliche halten den maroden Karren am Laufen, überall wo sich die Hand des Staates zurückzieht.



      Sei es an den Tafeln (dafür kann ja das Bürgergeld gekürzt werden, ist ja eh zu üppig laut Lindner), sei es bei den freiwilligen Feuerwehren, dem THW, sei es bei Müllsammelaktionen, in der Kommunalpolitik, der Flüchtlingshilfe usw.

      Die unterfinanzierten Kommunen lagern vieles an Ehrenamtliche aus, die meisten davon sind Rentner:innen.

      Die ehrenamtlichen Organisationen haben massive Probleme, Nachwuchs zu gewinnen. Ehrenamtliches Engagement ist halt langfristig angelegt und oft harte Arbeit, neben einem Job, bei dem jede Ineffizienz = "Luft" wegoptimiert wurde. Das wollen sich immer weniger Menschen antun.

      Wenn mal all die Boomer, die soziales Engagement noch von "früher" kennen, in Rente, zu altersschwach oder gestorben sind, wird die Zivilgesellschaft echt in Schwierigkeiten kommen. Und dann will ich nicht die Wahlergebnisse sehen.

  • Es tut mir leid, ich Versuche hier gerade wirklich Verständnis aufzubringen aber für mich klingt das einfach nur undankbar.



    Muss ich schreiben dass es mir "schlimmer" geht damit das legitim ist? Oder ist es vielleicht völlig egal in welcher Lebenssituation man sich befindet und wie man damit umgeht, es gibt keinen Anspruch darauf dass es einem gut geht. Weder finanziell, noch gesundheitlich.



    Schwierig finde ich auch ehrlich gesagt die Betonung der guten Ausbildung (Master mit 1,0 und gute Stelle) heißt das im Umkehrschluss wenn man "nur" eine Ausbildung hat und die mit mittelmäßiger Note bestanden dann hat man Demütigung verdient weil man selbst schuld ist?



    Wir in Deutschland haben keinen Anspruch auf wirtschaftliches Wohlbefinden. Armut ist demütigend, überall. Umso schöner dass es Menschen gibt die anderen helfen möchten. Aber Hilfe ist immer ein Ungleichgewicht oder nicht? Jede Spende sagt ich habe mehr Geld als du, jede Nachhilfe sagt ich habe das besser verstanden als du. Ist Hilfe schlecht? Ich glaube wenn wir uns noch darüber beschweren können was wir geschenkt bekommen dann haben wir eigentlich keinen Grund zum klagen.

    • @Cassandra79:

      Die Betonung der Masternote sehe ich anders. Hätte sie es nicht erwähnt das sie einen akademischen Abschluss besitz, wäre man hier sicher damit gekommen sie hätte einen höheren Abschluss anstreben müssen um einen besseren Job zu bekommen. Und eben das ein guter Abschluss nicht vor Armut schützt. Wenn ich spende oder helfe mache ich das nicht für mein Gefühl, sondern gebe etwas an andere weiter, die nicht so viel Glück hatten wie ich, oder weil es mir ein Anliegen ist (Spende an die NABU z.B.). Ich habe auch schon mehrfach anonym gespendet. Oder dieses Jahr beim örtlichen Hochwasser der Feuerwehr als freiwilliger Helfer geholfen. Ich weiß nicht wie andere erzogen worden sind, für mich ist es selbstverständlich zu helfen wo ich es kann.

    • @Cassandra79:

      Die Erwähnung des guten Abschlusses diente wohl dazu, mit Vorurteilen aufzuräumen. Nicht jeder, der zu den tafeln geht, ist ein Verlierer, der nichts auf die Kette bekommt. Die Autorin wollte damit (so wie ich das lese) nicht sich persönlich aus der Menge der Bedürftigen heruasheben, sondern die Menge der Bedürftigen mit ihrem Beispiel insgesamt näher an die Mitte der Gesellschaft rücken. Jedem kann es passieren, bedürftig zu werden.

      Und was die Demütigung angeht: Wir haben hier in Deutschland eigentlich einen Sozialstaat, der zwar keinen Luxus garantieren soll, aber zumindest ein würdiges Leben. Demütigung hat da keinen Platz.



      Das Problem ist nicht, dass es Menschen gibt, die helfen wollen. Das Problem ist, dass der Staat sich diese Hilfe anschaut und sagt: geht doch, ich muss nichts mehr tun.



      Ein Geschenk kann auch verletzen. Es ist nicht gesund, ungeachtet des Inhaltes immer Dankbarkeit zeigen zu müssen.



      Geht ein Mensch zum Staat und sagt: Ich brauche Gemüse und der Staat sagt: da verschenkt einer Bonbons, dann ist das kein Grund für Dankbarkeit.

      • @Herma Huhn:

        Die Demütigung und die lange Wartezeit waren auch der Grund warum meine Frau früher lieber Containern gegangen ist... Würdevoller und bessere Ausbeute.

      • @Herma Huhn:

        Das sehe ich genauso.



        Hinzu kommt eine Prise Verwunderung, die ich durchaus verstehen kann:

        Ihr habt gesagt, geh studieren.



        Ihr habt gesagt, dann hast du die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt.



        Ihr habt gesagt, das Studium ist zwar keine anrechenbare Zeit für die Rente, aber dafür wirst du überdurchschnittlich viel verdienen.



        Ihr habt gesagt, du sollst Kinder bekommen, in Deutschland wird viel für Familien mit Kindern getan.

        Reingefallen.

      • @Herma Huhn:

        „Die Autorin wollte damit (so wie ich das lese) nicht sich persönlich aus der Menge der Bedürftigen heruasheben, sondern die Menge der Bedürftigen mit ihrem Beispiel insgesamt näher an die Mitte der Gesellschaft rücken."



        So habe ich das auch gelesen.

  • Es ist und bleibt ein Skandal,das es Tafeln gibt. Sie gehören abgeschafft. Es wird einfach hingenommen,das sich der Staat aus seiner Verantwortung zieht und diese in die Verantwortung von Institutionen mit dubiosen Moralvorstellungen übergibt. Eine noch größere Fremdbestimmung ist die Konsequenz. Freiheit,die so oft hochgehalten wird,gilt halt nur für die,die es sich leisten können.

    • @fmraaynk:

      Genauso ist es! Klügster Kommentar von Allen. Die Tafeln sind eine Erfindung der USA (erste 1963) und die ist alles Andere als Sozial!!!

    • @fmraaynk:

      "Es ist und bleibt ein Skandal,das es Tafeln gibt. Sie gehören abgeschafft."

      Falsch formuliert. Es ist und bleibt ein Skandal, dass es Tafeln geben muss. Die Umstände, die sie notwendig machen, gehören abgeschafft.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Liest sich in der Theorie ausgezeichnet. Welche Umstände gehören denn wie abgeschafft?



        Ich bin froh, dass es in Deutschland so viel gemeinnützige Freiwillige gibt. Nicht nur bei der Tafel.



        Feuerwehr, Übungsleiter, Jugendhilfen etc. Auch hier kann man natürlich alle Umstände die dies nötig machen abschaffen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wow!



        Treffend auf den Punkt!



        Danke

  • Die Kinder haben doch bestimmt einen Vater? Der ist doch in die Pflicht zu nehmen. Und "kann nicht zahlen" oder "die Mutter will keinen Kontakt " o.ä. dürften da nicht immer gleich als Ausrede genügen.

    • @Anboto:

      Weil jeder Vater freiwillig Unterhalt zahlt oder zahlen kann? Gibt auch Möglichkeiten Kinder zu haben ohne einen Vater, auch welche die nicht freiwillig waren. Was du als Ausrede ansiehst, ist im Leben Alleinerziehender nicht so einfach wie du glaubst.

    • @Anboto:

      Das wird doch gleich aufs Bürgergeld angerechnet. Hinterher ist auch nicht mehr im Geldbeutel. Und wenn der Vater selber Bürgergeldempfänger ist, ist da halt nix zu holen.

    • @Anboto:

      "Kann nicht zahlen" heißt aber Mindestunterhalt. Was denken Sie, wieviel das ist?

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank für den reflektierten Beitrag.

  • Ich habe ähnliche Erfahrung mit der Tafel gemacht - demütigendes Verhalten der Ehrenamtlichen, mehr oder weniger deutliches Unterstellen von Undankbarkeit, wenn man etwas nicht nehmen möchte, sehr viele ungesunde und wenige hilfreiche Lebensmittel.



    Und wenn ich so darüber nachdenke, finde ich das System Tafel schon falsch. In vielerlei Hinsicht.

  • Eigentlich sollte es in einem Land wie Deutschland keine Tafeln geben und eine gesunde Ernährung scheint auch nur schwer möglich zu sein bei der geschilderten Auswahl.



    Ich hab den Artikel jetzt zwei mal gelesen und eigentlich kein einzig gutes Wort über die ehrenamtlichen gehört. Egal was sie machen, es ist falsch. "... die Gutes tun und sich gut fühlen dürfen. "selbst das hat ein negativen Beigeschmack in meinen Augen.

    Das mit dem gefühlten Machtgefälle kann ich aber gut nachvollziehen. Die Situation ist mir nicht fremd. Vllt schafft die Autorin sich ja dort zu engagieren und bekommt noch ein paar andere Bürgergeldempfänger ebenfalls dazu, dann würde das Machtgefälle, wie in ihrem Vorschlag, wesentlich geringer.

    Ich finde ehrenamtliche müssen nicht mit überbordend Dank überschüttet werden, aber ein bisschen Respekt für die freie Zeit, welche die Menschen investieren könnte man haben, auch wenn ich den Zeitdruck der Autorin verstehe. Vllt ausgebende person die ganze Woche niemanden zum sprechen hat... Manche die Anstehen freuen sich vllt über ein schönes kurzes Gespräch. Man ist dort halt leider nicht die einzige Person.



    Vllt gibt es noch Alternativkonzepte um es zu beschleunige

    • @Hitchhiker:

      Viele von denen sind Minijobber und keine Ehrenämtler. Ausserdem was ist daran Ehrenvoll das Tafelsystem zu unterstützen?!

  • Ich wohne in einem anderen Land, aber ebenso unter der Armutsgrenze. Ich kenne alle lokalen Tafeln (food pantries) und alle anderen Tipps und Tricks in meiner kleinen Heimat hier. Ich nehme meine kleine Tochter oft mit zur Salvation Army, oder wir gehen zu einer lokalen Kirche, oder zu einem von zwei Gemeinschaftskuehlschraenken (community fridges) und ich muss sagen, ich schaeme mich nicht. Ich stehe mit anderen Menschen fuer ein Mittagessen an und fast immer sind die Menschen freundlich, oft wird sich unterhalten oder man macht einander auf die ausliegenden Waren aufmerksam ("Oh, did you see there is ground meat in this cooler.") Einmal nur hat eine sichtlich gestresste Frau die Freiwilligen beschimpft und wurde von den anderen Anstehenden fast ausgebuht. Und die Menschen, die dort arbeiten, sind einige der liebsten, freundlichsten, geduldigsten Engel im Training, die ich je getroffen habe. Oft legen sie ein kleines Spielzeug fuer meine Tochter beiseite und bringen es raus, wenn sie mich sehen. Ja, manches ist verdorben, aber was solls. Niemand in meinem Haus muss Hunger leiden. Ich habe einen Ort, wo ich um Hilfe bitten kann und sie bekomme, auch mal nur eine Umarmung.

    • @Sophie Kowalski:

      Wenn ich das richtig sehe, haben Sie die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern. Das plus die kulturelle Sicht auf die Dinge, dass die Spender ebensoviel bekommen wie die Bedürftigen, scheint eine ganz andere Umgangsweise zu fördern.



      Diese zu finden, scheint hierzulande Glückssache zu sein. Habe ähnliche Beschwerden schon aus anderen Tafeln gehört. Auch von Helfern, die sich über andere Helfer beschwert haben.

  • Beschämend ist das für die ganze Gesellschaft, die zulässt, dass man hier so arm sein kann, dass man sich nicht genug zu Essen leisten kann,.

  • Ich kann, aus eigener Erfahrung mit dee Münchner Tafel als Tafelbesucher stellvertretend für eine Nachbarin mit einem Kind, ihre Erfahrungen vollkommen Nachvollziehen und Teile Ihre Einschätzung.



    Hier wurden Kartoffeln von der Tafel zugekauft, so wie andere Trockenprodukte erreichen diese im Groß- und Einzelhandel selten das Ende des Shelflife.



    Ich bin hier keinem Bedürftigen begegnet der sich von allen 'Ehrenamtlichen' mit Respekt behandelt fühlte.



    Natürlich gibt es einige sehr angenehme Ehrenamtliche. Der, bei den Bedürftigen entstehende Gesamteindruck leidet aber sehr unter den Amtlichen ohne Ehre.

    Mein negativstes Erlebnis war an einem Tag an dem keine Bananen im Portfolio waren und der Tafelheld kolportierte dass die Bananen an die vielen Flüchtlinge gegangen seien. Es war kurz nachdem die Flüchtlinge aus Budapest per Zug nach München gereist waren.



    Aus zuverlässiger Quelle wusste ich dass zu dieser Zeit mit dem lokalen Dienstleister für Bananenreife erhebliche Probleme bestanden und ein erheblicher Teil der Einzelhändler einige Chargen aus Qualitätsgründen gar nicht abnahm.

  • Ganz genau, die Menschen welche bei der Tafel aushelfen machen das um Ihr Ego aufzuwerten und eine Machtposition gegenüber Ihnen auszuüben. Zu wenig gesundes Essen und zu viel zuckerhaltige Lebensmittel sind das große Problem das die Tafel angehen müsste. Statt dem "rauen" Ton sollte Ihnen möglichst noch jemand die Tür aufhalten und beruhigend auf Sie einreden, denn schließlich haben Sie ja einen Masterabschluss mit der Note 1,0. Eine wichtige Information damit Sie sich von dem Rest der Menschen dort abgrenzen können. Ich helfe selbst bei der Tafel aus, wenn ich Zeit habe am Wochenende und finde Ihr Text offenbart eigentlich auch schon sehr viel über Sie selbst.

    • @Ralf Güntert:

      Sarkasmus sollte, damit er nicht als total überzogene Polemik wahrgenommen wird, nur sanft anklingen, aber nicht fingerdick von jedem einzelnen Wort eines jeden einzelnen Satzes heruntertropfen. ;-)

    • @Ralf Güntert:

      Recht haben Sie!

      • @McMercy:

        Blödsinn, die Frau wollte nur zeigen, dass jeder in solch eine Lage kommen kann.

    • @Ralf Güntert:

      Sehr guter Kommentar, so sehe ich das auch!

    • @Ralf Güntert:

      Ich war auch schon bei der Tafel....



      Wenn man dort ist, sollte man lieber etwas demütig sein, weil die meisten dort ehrenamtlich arbeiten... Peinlich war mir das ganze doch... Aber die Sache mit dem Master mit 1,0... das geht gar nicht..... Da muss dann wohl doch im Leben was schiefgegangen sein.... Das ist so, wie wenn ich auf der Straße leben und den Leuten erzähle, eigentlich habe ich studiert.... Ja und???

      • @BMW R1200GSA:

        Was schiefgegangen ist? Die Frau hat sich erdreistet, Kinder in die Welt zu setzen. (Ey, was wollt ihr eigentlich? Tradwives oder finanziell unabhängige Frauen?)



        Dann hat sie nicht alles Menschenunmögliche getan, um deren Erzeuger bei sich zu halten, und vielleicht hat sie den Master in einem nicht zu 120% wirtschaftskompatiblen Fach gemacht.

        Ich selbt bin Ingenieurin mit 1,3er-Diplom, seit 7 Jahren arbeitslos. Was ich falsch gemacht habe? Mich neben dem Job um die dementen Schwiegereltern bis zur eigenen physischen und psychischen Zerrüttung zu kümmern. Ich muss nicht zur Tafel gehen, weil ich keine Kinder habe. Ich selbst brauche nicht viel zum Leben, aber wenn man sieht, was allein die Schulsachen kosten...



        Und die FDP will das Bürgergeld kürzen.

    • @Ralf Güntert:

      Ihrer auch über Sie!