piwik no script img

Carolabrücke in Dresden als SymbolbildBrüche überall

Carolina Schwarz
Kommentar von Carolina Schwarz

Die Carolabrücke ist ein Symbol für ein marodes Deutschland. Statt sich um zentrale Probleme zu kümmern, diskutiert die Politik nur über Migration.

9 Minuten vor dem Teileinsturz fuhr noch eine Straßenbahn über die Carolabrücke Foto: Sylvio Dittrich/imago

M anchmal schafft die Realität bessere Bilder, als jeder Film es tun könnte. Die eingestürzte Carolabrücke in Dresden, bei der in der Nacht zum Mittwoch ein 100 Meter langes Stück herunterbrach und nun in der Elbe liegt, ist so ein Bild. Denn ein besseres Symbol als eine eingebrochene Brücke könnte man sich für den Zustand dieses Landes und seiner Politik kaum ausdenken.

Gerade einmal neun Minuten liegen zwischen dem Einsturz (2.59 Uhr) und der letzten Straßenbahnfahrt (2.50 Uhr). Dank dieser neun Minuten hat der Einsturz keine Menschenleben gefordert. Glück im Unglück könnte man sagen. Doch für die Dresdner_innen ist die Situation trotz allem schlecht. Eine wichtige Verkehrsader fehlt, die Elbe ist für die Schifffahrt gesperrt, der Elberadweg und die Terrassen­ufer sind nicht nutzbar.

Die Ursachen für den Einsturz werden noch untersucht, bislang gehen Expert_innen von einer Korrosion bei den Stahlteilen aus. Fest steht aber: Die Brücke war sanierungsbedürftig – und das war seit Jahren bekannt. Und damit ist die Carolabrücke kein Einzelfall, viele Brücken, Straßen und Gleise in Deutschland sind im schlechten Zustand. Der Städte- und Gemeindebund fordert nun von Bund und Ländern eine „Investitionsoffensive für die Infrastruktur“.

Es bröckelt

Doch es ist nicht nur die Infrastruktur. Wer versucht, in diesem Land ein gutes Leben zu führen, merkt schnell, dass es an allen Enden und Ecken bröckelt.

Die Bildungssituation beschreiben viele als Desaster: Die Schüler_innen werden immer schlechter, es mangelt an Lehrer_innen und die Schulgebäude sind im maroden Zustand. Und obwohl alle predigen, dass Bildung ihnen am Herzen liege, verbessert sich nichts.

Die Mieten steigen Jahr für Jahr. Doch obwohl Deutschland das Mieterland Nummer 1 in der EU ist und über die Hälfte der Deutschen zur Miete wohnt, ist bezahlbares Wohnen kein Großthema in der Politik.

Die Gewalt gegen Frauen nimmt immer weiter zu, mittlerweile wird fast jeden zweiten Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Doch selbst auf diese schwerste Gewaltform reagiert die Politik mit Schulterzucken.

Und wer ist schuld?

Die Wirtschaft steckt in einer Dauerkrise, die sich aktuell bei Autobauer VW zeigt. Der will sein finanzielles Problem auf dem Rücken der Beschäftigten lösen und machte diese Woche den Weg für betriebsbedingte Kündigungen frei.

Doch egal, wie viele Menschen betroffen sind, egal, wie drängend die Situation, in letzter Zeit scheint kein einziges politisches Problem mehr in der Politik durchzudringen, da ein Thema dominiert: Asyl und Migration.

Denn für viele Politiker_innen und leider auch für einen Teil der Bevölkerung lassen sich damit eh die meisten Probleme erklären.

Du bekommst keine Wohnung? Die Ausländer sind schuld. Du bekommst keinen Zahnarzttermin? Die Ausländer sind schuld. Dein Kind sitzt in überfüllten Klassen und lernt nicht mehr richtig? Die Ausländer sind schuld.

Dieses vereinfachte und falsche Erklärungsmuster führte in den letzten Wochen seit dem mutmaßlich islamistischen Anschlag in Solingen zu einem Überbietungswettkampf zwischen den Regierungs- und Oppositionsparteien, wie man die Asyl- und Migrationspolitik weiter verschärfen könne. Je härter, desto besser scheint bei diesem Wettkampf die Devise. Mit der Folge, dass teilweise nicht mehr auszumachen ist, wer da gerade etwas fordert: die AfD, die Union oder eine der Regierungsparteien.

Zeit für eine Überraschung

Die Verlierer_innen des Ganzen sind in erster Linie Geflüchtete und Migrant_innen. In zweiter Linie die gesamte Bevölkerung, denn neben Asyl- und Migrationsfragen bleiben alle politisch brisanten Themen links liegen.

In Dresden liegt ein Teil der Brücke weiter in der Elbe. Ein Hochwasser droht die Situation zu verschlimmern. Denn laut Wetterdienst werden im Südosten Europas lang anhaltende Niederschläge erwartet, die auch bei der Elbe zu steigenden Pegeln führen können. Die Betonteile der Brücke wirken in der Elbe wie ein Staudamm, der zu einer Überflutung in Dresden führen könnte.

Aus der Politik kommen nun zwar erste Warnungen und Versprechungen, dass nun wirklich etwas passieren müsse. Doch glaubhaft wird das erst dann, wenn die Ampelregierung sich von ihrer Schwarzen Null verabschiedet und beginnt, die Brücken in diesem Land zu reparieren, bevor alles auseinanderbricht. Das allerdings wäre eine Überraschung – und bislang bleibt die einzige Überraschung, dass noch niemand den Ausländern Schuld an dem Einsturz in Dresden gegeben hat.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
Mehr zum Thema

33 Kommentare

 / 
  • In Bremen gibt es einen Sanierungsplan für die Brücken.

    Dort aber regt sich die Kritik dahingehend, dass gleich alle Brücken auf einmal repariert werden und dass es dann zu Staus im Verkehr kommen könnte.

    DE ist zu einem Land von Meckerfritzen verkommen.

  • Danke für den Artikel. Endlich mal die richtigen Probleme angesprochen. Aber wie man in den Kommentaren sieht: rot-grün ist schuhld. Erstaunlich, das die Migranten noch nicht verantwortlich gemacht wurden. Wir hatten 16 Jahre CDU Regierung. In dieser Zeit wurde der Ausbau der erneuerbaren Energien zugunsten fossiler Brennstoffe ausgebremst. Dringende Sanierungen an der Infrastruktur sin unterblieben. Jetzt haben wir einen Finanzminister, dessen Kenntnisse daraus bestehen zu wissen, wie man Pleiten hin legt. Nicht, wie man erfolgreich wirtschaftet. Und der der längst als nicht existent belegten Idee des "Triple down Effekt" anhängt. Kann nur schlimmer werden

  • @GREGTHECRACK

    Das ist doch ein Riesenquatsch.

    Schon mal "Bild" gelesen? Die Äusserungen von Seehofer gehört ("Mutter aller Probleme")?

    Sie wissen, wie Propaganda funktioniert?

    Frau Schwarz hat recht. Diese unwürdige Diskussion über Migration soll von den Schäden der Austerität ablenken. Vom "Schlanken Staat" -- der mittlerweile das Stadium der Anorexia erreicht hat.

  • Alle verfügbaren Ressourcen sollten nun durch den Staat -- und vor allem durch weitgehende Änderung der Fiskalregeln über den Bundestag mit 2/3 Mehrheit und über die EU-- aktiviert werden.



    Denn ein Staat kann in eigener Währung nicht pleite gehen. Er kann immer Ausgaben tätigen, auch ohne dass diese durch Einnahmen gedeckt sind.



    Grund: Er ist Schöpfer seiner eigenen Währung und tätigt seine Zahlungen über ein Konto bei seiner eigenen (!) Zentralbank.



    Unternehmen oder Verbraucher müssen Geld erst einnehmen, um es ausgeben zu können.



    Ein Staat hingegen muss Geld erst in Umlauf bringen - also ausgeben - , um es wieder einnehmen zu können.



    Eine Grenze für ein höheres Staatsdefizit sollte lediglich bei einer drohenden Überlastung der Wirtschaft gezogen werden, also bei Vollbeschäftigung. Davon sind wir aber (leider) weit entfernt.



    (Such-Empfehlung: Maurice Höfgen, Geld für die Welt, Dirk Ehnts)

  • Denn ein besseres Symbol als eine eingebrochene Brücke könnte man sich für den Zustand dieses Landes und ihrer Politik kaum ausdenken.

    Genau alles schlimm und Deutschland geht es ganz schlecht.

    Ok bad news are good news, aber was sollen solche Artikel, die wie immer ohne Lösung geschrieben werden.

    Einfach nur wieder ein Artikel, der "rund" um das Thema Migration geschrieben wurde, ohne auch hier einen Lösungsansatz zu nennen?

  • Heizpumpe ,E-Autos, Windräder und Solar aber all dies braucht eine funktionierende Infrastruktur ,dass haben die Grünen in ihrer Träumerei wohl ausgeblendet.

  • "Denn für viele Politiker_innen und leider auch für einen Teil der Bevölkerung lassen sich damit eh die meisten Probleme erklären.



    Du bekommst keine Wohnung? (...) Dein Kind sitzt in überfüllten Klassen und lernt nicht mehr richtig? Die Ausländer sind schuld."



    Seit 2012 sind jedes Jahr über 1 Mio Menschen nach Deutschland eingewandert - in Spitzenjahren gar deutlich über 2 Mio.



    Geblieben sind natürlich nicht alle, aber sehr viele. Jetzt mal ungeachtet der Auswanderer etc verschärft die Zuwanderung natürlich den Wohnungsmarkt. Punkt. Gerade im Sektor der günstigen Mietwohnungen, wo am meisten Mangel herrscht.



    Und viele Zuwandererfamilien haben mehr als die 'üblichen' 1,35 Kinder die einheimische Frauen haben.



    Einwanderung hält unsere Wirtschaft am Laufen und ihre Kinder helfen unseren Geburtenrückgang auszugleichen - nichtsdestotrotz ist das sowohl für den Wohnungsmarkt als auch den Bildungssektor eine riesige zusätzliche Herausforderung.



    Leider kommt von allen Parteien seit 10 Jahren viel zu wenig in Sachen Integration - und so ist halt die Geduld der Bürger so langsam erschöpft...



    de.statista.com/st...-nach-deutschland/

  • Ich finde den Artikel einseitig: es ist nicht lange her, da hat auch die taz in den meisten Artikeln dafür getrommelt, dass Gesellschaft und Politik nicht genug für Klima und Gerechtigkeitsthemen machen, also mehr Geld und Stellen in die Sichtbarkeit von marginalisierten Menschen, Diversitäts-Sensibilisierungsprogramme, Forschungsstellen an Unis dafür etc. Vom Straßenbau war keine Rede.

    Jetzt bräuchte es vor allem Straßenbauer, Brückenbauer, Gleisbauer, Handwerker zum Wohnungsbau und Waffenbauer für den Ukrainekrieg.

    Die bekommen aber kein Dankeschön, sondern die Ermahnung mit auf den Weg, dass die wirklich Leidtragenden Ausländer seien. Dem ein oder anderen Nicht-Ausländer wird vielleicht die Lust vergehen, sich überhaupt noch irgendwo zu engagieren, wenn die Fahne morgen sowieso wieder in eine andere Richtung weht.

    Ich finde die Einstellung im Artikel wenig respektvoll und aufmerksam für die Situation und Leistung anderer Menschen.

  • Eigenartige Assoziation.



    Allerdings wird eher so ein Schuh daraus:

    So wie sich die Regierungen üblicherweise viel zu wenig um Erhaltungsinvestitionen kümmern und Sanierungsbedarf sich aufhäufen lassen, so haben sie auch fast ein ganzes Jahrzehnt die illegale Migration einfach laufen lassen.

    Und bei aller Ampel-Schelte sollte man einmal festhalten:



    Die aktuelle Regierung investiert so viel wie kaum eine zuvor.



    Selbst wenn man die Rechentricks wieder herausnimmt und nur echte Investitionen zählt.



    Genauso hat sie getan, was ebenfalls lange als nötig bekannt war: Nämlich eine deutlich verbesserte Ausstattung der Bundeswehr. (Auch wenn das ohne die passende Gelegenheit nicht so gekommen wäre.)

    Vielleicht wird sie ja auch noch zur Regierung, die die Migration ordnend unter Kontrolle bekommt. Davon bin ich allerdings noch nicht überzeugt.

  • Eine sanierte gewöhnliche Brücke gewinnt keine Wahl. Eher noch eine wiederaufgebaute Kirche (oder Kirchturm..). Deswegen ist für das eine Geld (und Medien) da, für das andere nicht. Bis Person (vielleicht) merkt, was wichtiger ist..

    • @Falkner2010:

      Das ist ja das paradoxe. Solange etwas funktioniert (in diesem Fall die öffentlichen Ausgaben, die die Infrastruktur erhalten) wird es nicht bemerkt und merkwürdige Theorien, die genau dagegen schießen können entstehen. Gewinnen diese Ansichten überhand und werden Grundlage der Politik, dann passiert zunächst gar nichts, was als Beweis für die Richtigkeit angesehen wird. In Wahrheit lebt man da aber von der Substanz. Irgendwann ist dieser Bonus verbraucht und es wird evident, dass etwas im Argen liegt. Die Politik gesteht sich dies aber erst nach der Bevölkerung ein, so entsteht ein Wundergebräu, das den Populismus wunderbar gedeihen lässt.



      Nun diese Reparaturen (Investitionen) nachzuholen, zahlt aber nicht mehr auf das Konto der (etablierten) Politik ein, sondern auf das Konto der Populisten, schließlich waren diese es, die sich darum "kümmern"....



      Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen....

  • Schon Pispers sagte in den 90 igern, dass Migration ein tolles Thema sei, wo sich alle unterhaken und auf andere Menschen herabschauen können. Das Thema Migration ist so ein leidiges Nullthema, dass immer wieder von Rechten und rechten Medien gepusht wird, weil es dich super als Vehikel eignet um Emotionen zu generieren. Dass das Thema gar nicht in Deutschland geklärt werden kann oder sogar entschieden wird, interessiert die aufgebrachten Wutbürger innen aber auch so gar nicht.



    Erschreckend wie zurückgeblieben doch so viele in diesem Land sind.

  • Ist die Migration nicht eines der zentralsten Probleme? Vielleicht ist das Thema der rechtsextremen geistigen Nachfolger der Nazi-Verbrecher und ihrer Wahlerfolge das schlimmste Desaster in Deutschland. Dazu kommt die Rechtsbewegung der CDU, die Erstarkung einer Partei einer 'Königin' BSW und das Chaos der Ampel. Nein, die kaputten Brücken möchte ich nicht herunterspielen. Was dabei herauskommen kann, haben wir bei der Autobahnbrücke in Genua vor wenigen Jahren gesehen!

  • Kalaueralarm:



    Es war kein Trump, der den Brückenbruch verursachte, aber vielleicht ein Haarriss.

    Zielgerichtet investieren und unsere Gesellschaft nachhaltig umbauen statt Nebendebatten über "identity", Messer, wasauchimmer.

  • "...und bislang bleibt die einzige Überraschung, dass noch niemanden den Ausländern Schuld an dem Einsturz in Dresden gegeben hat."

    Doch doch, quasi direkt danach. Aber auch nur in den asozialen Medien

  • Über sieben Brücken sollst Du gehen - solange die noch nicht eingestürzt sind.

    Statt uns ablenken zu lassen: Mittel aktivieren (Steuern wieder auch von Reichen erheben, Umweltschädliches besteuern statt bezuschussen, Stopp von Autobahnbauten etc.) und in Schienen, Brücken und Schulen stecken.



    Wenn jeder Infrastruktur und etwas Wohnraum hat, kümmern ein paar mehr oder weniger herzlich wenig.

  • Unser Problem ist wohl eher, dass immer genügend Menschen „Nein“ rufen, wenn wirklich mal etwas verändert werden soll. Egal bei welchem Thema. So bleibt alles im Stillstand vergangener Gewissheiten - und wundert sich dann über den großen Knall. Viele Fakten sind seit Jahren bekannt, aber die meisten Ertüchtigungen scheitern am Budget und/ oder unterschiedlichen politischen Prioritäten. Da kann man ehrlicherweise nicht nur einer politischen Richtung Blockade vorwerfen. Ist wohl eher ein gesamtgesellschaftliches Problem.

  • Wehklagen über alles und überall. Nur mit den eingefahrenen Denkgewohnheiten will auch die Kommentatorin keinen Bruch wagen. 'Das System ist gut! Die (falschen) PolitikerInnen sind schlecht!' Und das schon seit 75 Jahren im 'demokratischen' Deutschland und so vielen anderen Ländern. Es reicht aber nicht, wenn nur davon geredet wird, man müsse mal grundsätzlich alles anders denken, man muss es auch mal tun. Man muss auch bei der Sprache anfangen und falsche Begriffe von z.B. Demokratie, WählerInnenwillen, Mehrheit, Freiheit usw. einer Prüfung unterziehen und nicht als leere Floskeln nachplappern.

  • Die Probleme in der Infrastruktur sowie im gesamten öffentlichen Sektor sind lange bekannt und eigentlich jeder wußte Bescheid, es war aber in der medialen Öffentlichkeit lediglich ein Randthema.



    In der Bevölkerung seit langem ein Gefühl, omnipräsent, aber doch irgendwie nur individuell greifbar.



    Plötzlich dringt es in die mediale Öffentlichkeit, in den Mainstream. Plötzlich wird es thematisiert, dass es eigentlich allenthalben solche Probleme gibt.



    Betrachtet man es aus einer rein (mainstream-) medialen Perspektive, ist diese Thematik völlig neu. Aus der informellen Perspektive lange evident. Diese Diskrepanz erklärt auch die (mainstream-) mediale Verwunderung über die plötzliche Stärke der Populisten. Nur deshalb können sich Mainstream Medien wundern, wieso Populisten stark werden, obwohl es uns doch so gut geht... Es gibt einen sehr großen blinden Fleck im Mainstream.



    Das aktuelle Eindreschen auf vermeintlich Schuldige, nämlich die Migranten ist ein logischer Reflex, der aus solchen Gemengelagen resultiert.

    • @nutzer:

      Ja, individuell war es greifbar, denn der mainstream der medialen Öffentlichkeit sorgte für mediale Verwunderung aus der öffentlich rein medialen Perspektive auf den großen blinder Mainstremfleck.

    • @nutzer:

      Die Mängel bei der Infrastruktur in Deutschland sind bekannt und werden seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten diskutiert.

      Aber es gibt kein Geld, um in die Infrastruktur zu investieren. Dazu müssten Schulden gemacht werden und das will in Deutschland leider die Politik nicht.

      Wie schon bei Corona und auch vielen anderen gilt: There is no glory in prevention. Man muss Geld ausgeben für Dinge, die man nicht sieht, die keine wirkliche Außenwirkung haben. Und das wird Nicht oder zu wenig gemacht.

  • Es gab da letztes Jahr mal so eine Debatte in der Ampel bei der die Grünen ausschließlich für den Erhalt der bestehenden Strassen gestimmt haben. Die FDP aber vehement für den Bau neuer Strassen und 1200km neuer Autobahnen.

    Da mutet es schon ziemlich bizarr an, wenn jetzt die Grünen für den Einsturz der Carolabrücke verantwortlich gemacht werden.

    Aber das passt schon in die Diskursverschiebung, die seit dem satt gefunden hat. Irgendwie scheint das ganze Land sich in eine (von der afd und der Merz CDU beförderte) Hysterie hinein zu steigern.

    Und naja Hysterie passt auch prima zur deutschen Autofahrermentalität.

    Und überhaupt wo kommen wir da hin, wenn nicht in Zukunft noch 1200 weitere Km für das fahren ohne Tempolimit zur Verfügung stehen..

  • Erinnerung daran das Städte/Kommunen eine viel restrektivere Schuldenbremse haben als der Bund und auch nahezu garnicht ihre Steuereinnahmen steuern können sodass manche Städte/Kommunen im Grunde zum sparen gezwungen sind

  • Die schwarze Null ist schon okay. Was nicht richtig ist, viel Geld für Rüstung auszugeben und der Ukraine zu schenken.

  • Das ist eine Überschätzung von "Agenda setting". Was ein Thema ist, entscheiden immer noch die Wähler. Wenn für sie marode Brücken wichtig sind, das ist das so.

    • @GregTheCrack:

      "Egal, was meine Wähler denken!"

      Denken Sie mal daran, dann wissen Sie, dass die Politik nicht auf der Straße gemacht wird, sondern von Leuten, die nicht den Wählern, sondern nur ihrem "Gewissen" verantwortlich sind.

      Was aber, wenn da, wo eigentlich ein Gewissen sein sollte, bloß eine Leerstelle ist?

      Anders formuliert: Die Politiker:innen sind in aller Regel von ihren eigenen Entscheidungen nicht betroffen - ob das Infrastruktur ist, Wohnen, Gesundheit, Soziales, Kosten für "Doppelwumms" & Krieg oder Klima & Umwelt.

      Währen die Regierenden und Parteien von ihrer eigenen Politik selbst genau so betroffen wie die Wähler:innen, dann wäre die Politik eine völlig andere.

  • 'Statt sich um zentrale Probleme zu kümmern, diskutiert die Politik nur über Migration."

    Welche Politik und auf welcher Ebene?



    Wie unter einem anderen Artikel zu diesem Thema kommentiert, war es die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat, die verhindert hat "aus Kostengruenden", daß die notwendigen technischen Kontrollen stattfanden.

    • @Werner2:

      Über - tatsächlich - notwendige Kontrollen beschließt kein Stadtrat. Was abgelehnt wurde, war der Wunsch nach nicht näher benannten Sonderinspektionen. Und auch die hätten nichts daran geändert, dass bei Brücken dieser Bauart das Restrisiko bei ZERSTÖRUNGSFREIER Bauteilprüfung höher ist als bei anderen Bauarten.

      Was man zum Zeitpunkt des Baus im Osten noch als Ergebnis "kapitalistischer Kostensenkung und Gewinnoptimierung" bezeichnet hat, als man im Westen meinte, das mit "technologischen Lösungen" (die natürlich Geld gekostet haben), in den Griff zu bekommen. Faktisch wäre die Brücke vor knapp 40 Jahren nirgends mehr genau so gebaut worden...

    • @Werner2:

      Es gibt im Dresder Stadtrat keine rot-grüne Mehrheit.

    • @Werner2:

      Der Stadtrat konnte vermutlich kaum anders entscheiden, da die Kommunen im ganzen Land chronisch unterfinanziert sind.



      Die von Union eingeführte und nun vor allem von der FDP verteidigte schwarze Null des Bundes hat daher mindestens genauso große Verantwortung zu tragen.



      Und um die Stadträte (vorläufig) in Schutz zu nehmen: man wird untersuchen müssen, welche Experten dort angedeutet haben, auch ohne zusätzliche Kontrollen genug Sicherheit zu haben, oder ob die Abstimmung tatsächlich gegen sämtliche Vernunft gelaufen ist.