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Schlankere VerwaltungWeniger Bürokratie kommt von allein

Seit die FDP regiert, sind die Ausgaben für Bürokratie entgegen allen Zielen immer weiter gestiegen. Das ist aber auch nicht weiter schlimm.

Aktenordner stehen vor dem Bundeskanzleramt im Rahmen einer Protestaktion des Zentralverband des Deutschen Handwerks in Berlin Foto: imago/Florian Gaertner

D iesen Konflikt kann Lisa Paus nur verlieren: Die grüne Familienministerin hat jüngst geschätzt, dass etwa 5.000 zusätzliche Stellen nötig seien, um die geplante Kindergrundsicherung zu verwalten. Die FDP konterte sofort, die Liberalen wollten den Sozialstaat „fitter, nicht fetter machen“.

Fakten zählen in diesem Streit nicht, denn „Bürokratie“ hat in Deutschland einen ganz schlechten Ruf. Politik und WählerInnen sind sich einig, dass sie „verschlankt“ werden muss. Das Schlagwort „Bürokratieabbau“ fand sich daher in allen Wahlprogrammen, auch bei den Grünen.

Entsprechend stolz war die Ampel, als sie kürzlich ein „Bürokratieabbaugesetz“ beschlossen hat, durch das die Wirtschaft 944 Millionen Euro im Jahr sparen soll. Wichtigster Punkt: Deutsche Gäste in deutschen Hotels müssen ihre Adresse nicht mehr hinterlassen. Tatsächlich war es lästig, ständig diese Formulare auszufüllen. Genauso hatten sich die WählerInnen den Bürokratieabbau schon immer vorgestellt.

Wer „Bürokratieabbau“ verspricht, hat einen politischen Konflikt schon gewonnen. Das nutzt vor allem die FDP kräftig aus. Sie tut in jeder Rede so, als ob es eine völlig neue Idee sei, die Behörden zu verschlanken. Doch tatsächlich währt der politische Kampf gegen die Bürokratisierung schon seit Jahrzehnten.

Deutschland geht nicht an seiner Bürokratie zugrunde

wochentaz

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So wurde 2006 der Nationale Normenkontrollrat gegründet, der die Regierung beim Bürokratieabbau beraten soll. Zehn ehrenamtliche ExpertInnen verfassen jährlich einen Bericht, inwieweit die Kosten gestiegen sind, die der Wirtschaft durch die staatliche Verwaltung entstehen. Ergebnis: 2021/22 nahmen die Belastungen um 125 Millionen Euro zu, 2022/23 waren es 164 Millionen Euro zusätzlich.

Diese Zahlen sind durchaus amüsant, weil die FDP bekanntlich seit 2021 mitregiert – und bisher nur Kosten produziert hat. Auch bleibt abzuwarten, wie viel das neue „Bürokratieabbaugesetz“ tatsächlich bringt.

Insgesamt muss die deutsche Wirtschaft etwa 65 Milliarden Euro ausgeben, um die Auflagen der staatlichen Verwaltung zu erfüllen. Das klingt viel, entspricht aber nur 1,58 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Deutschland geht nicht an seiner Bürokratie zugrunde. Zudem sind viele Anforderungen sinnvoll, ob es nun um Krankenkassenbeiträge oder Umweltschutz geht.

Auch ist oft gar nicht klar, wie berechtigt Beschwerden von Unternehmen sind. Werden sie tatsächlich von der Verwaltung ausgebremst? Der Normenkontrollrat ist daher begeistert von einem Projekt, das der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck angestoßen hat: In seinem Haus gibt es jetzt „Praxischecks“, die an konkreten Fällen nachverfolgen sollen, ob die Bürokratie Investitionen verhindert.

Die Bürokraten fehlen

Auch ist es nicht fair, nur auf die staatlichen Verwaltungen zu starren. In privaten Firmen ist auch nicht jede Stelle nötig. Der US-amerikanische Anthropologe David Graeber hat vor einigen Jahren eine Umfrage durchgeführt, die in Großbritannien und in den Niederlanden ergab, dass 37 bis 40 Prozent der Angestellten ihre eigene Tätigkeit als „Bullshit Job“ empfanden. Das Gehalt war gut, aber die Aufgabe sinnlos.

Allerdings dürften sich diese Debatten demnächst sowieso erledigen. Der Bürokratieabbau wird kommen – weil die Bürokraten fehlen. Der Fachkräftemangel hat längst auch die Verwaltungen erreicht. Vielleicht dauert es nicht lange, bis alle nostalgisch zurückblicken: Wisst ihr noch, wie schön es war, als der Staat viele MitarbeiterInnen hatte?

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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42 Kommentare

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  • Richtig, manchmal denke ich an ein fiktives Wörterbuch "Wirtschaft/Deutsch - Deutsch/Wirtschaft".

    Wirtschaft: Wir wollen keine Bürokratie



    Deutsch: Wir haben keine Lust auf Steuern, Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz

  • Eigentlich hat sich doch schon einiges in unserer Bürokratie getan. Viele Dinge, die man früher vor Ort in der Verwaltung erledigen musste kann man heute per App oder Email erledigen. Die Bürgerbüros machen Termine, die Umsetzung gelingt immer schneller. Sogar mit weniger Personal und fortschreitender Digitalisierung sollte sich der Bürokratieaufwand in den nächsten Jahren immer mehr reduzieren.

  • Noch ein Gedanke zu den 65 Milliarden Peanuts.

    65.000.0000.000 Euro entspricht in etwa dem Gehalt von 1.300.000 Gehältern a' 50.000 Euro.

    Mit überflüssiger Bürokratie wird also nicht nur Geld verbraten. Bürokratie bindet auch anderweitig nötige Fachkräfte.

    • @Rudolf Fissner:

      Sehr guter Einwand. Es ist sogar noch problematischer. Jede bürokratische Stelle bindet eine Arbeitskraft, die nicht produktiv tätig ist. Und das sind nicht nur die Jobs in der Verwaltung. Bürokratie bedeutet eben auch viele Stellen auf Seiten der Unternehmen, die Complience-Abteilungen werden immer größer, auch dort arbeiten weniger Menschen produktiv, sondern administrativ. Das hilft außerdem den Großunternehmen gegenüber den Kleinen, die den Aufwand nicht stemmen können. Bezahlen tut es am Ende der Kunde.

      • @FancyBeard:

        Na "jede" sicherlich nicht. Das ist mir schlicht zu populistisch. Bürokratieabbau bedeutet nicht Bürokratieabschaffung.

  • Gerade der Mangel an Bürokraten wird zu noch mehr Aufwand führen. Es wird dann nämlich noch mehr von den jeweiligen Ämtern bzw. den einzelnen Mitarbeiter abhängen welche Vorschriften umgesetzt werden und welche nicht.

  • "Deutschland geht nicht an seiner Bürokratie zugrunde" (wg. der Ausgaben)

    Das ist mir entschieden zu eindimensional.

    Bürokratie ist nicht allein das Problem, weil sie Ausgaben generiert. Sie ist ein Problem weil sie Änderungen behindert, gerade auch bei der Transformation der Wirtschaft wegen des Klimaschutzes.

    Nicht Deutschland geht an der Bürokratie zugrunde sondern eine zügige klimatische Transformation.

  • Es ist ja nicht diese "direkte" Bürokratie, die derartige Kosten verursacht, sondern die allgemeine Regelungsdichte, die überall zu komplexen Maßnahmen zwingt...

    Nehmen wir den Klassiker des Steuerrechts, das ist gemäß der Lesart mit der "direkten" Bürokratie überwiegend keine Bürkratie, tatsächlich zwingt das Steuerrecht aber zu ausladenden und komplexen Maßnahmen in den Unternehmen (Maßnahmen zur "Steuervermeidung" sind hier nicht gemeint).

    Offizielle Bürokratiekosten = gerimng, tatsächliche Kosten = erstaunlich hoch.

    Dass die Regelungsdichte, die dazu zwingt, aufgrund des Fachkräftemangels geringer wird, das glaube ich ja nicht...

  • Wieviel Bürokratie ist EU bedingt u trifft auch andere Länder , die besser dastehen als wir ? Hatten wir nicht einen Ex-Ministerpräsident aus BW,der nach Brüssel gegangen ist, um dort die Bürokratie abzubauen ? Ohne Bürokratie würden weiter Arbeitnehmer um ihre Überstunden betrogen, Hygienevorschriften verletzt und Umweltvorschriften verletzt. Bürokratie schützt auch vor skrupelloser Konkurrenz und Korruption. Wenn irgendwo ein Haus einstürzt oder abbrennt, wird sofort gefragt, ob der Staat den Bau auch richtig kontrolliert hat. Natürlich ärgert es den Bauherrn, wenn er es mit vielen verschiedenen Ämtern zu tun hat . Auch habe ich nie Konkretes bzgl Bürokratieabbau gelesen - außer Verdammung der Berichtspflicht.

  • "Seit die FDP regiert,..."



    Entschuldigung, seit "SPD,Grüne und FDP" regieren. Sie können nicht alles der FDP anhängen. Beispiel: Pauls unmögliche Kindergrundsicherung, ein Bürokratiemonster das sie mit 5000 Beamten erschlagen wollte. Beispiel: Habecks Heizungsverordnung, noch so ein Bürokratiemonster.



    Und das "seit die FDP regiert".

    • @Rudi Hamm:

      Wo regieren SPD und Grüne?

      Frau Herrmann hat schon recht, es ist die FDP, die als einzige Partei noch wirklich regiert! 🤪

    • @Rudi Hamm:

      In beiden Fällen wird mit einer verfälschten Argumentation hantiert, die zuvorderst das Ziel hat GRÜNE Bemühungen zu diskreditieren. Nicht dass ich alles gut und richtig finde was die GRÜNEN so tun - doch ich stoße mich an der unüberlegten "Haut-die-GRÜNEN" Strategie. Wenn die FDP das Maul so voll nimmt, dann sollte sie das auch schlucken können!

      • @Perkele:

        Verstehe ich jetzt nicht wirklich.



        Das mit der Kindergrundsicherung und den zuerst 5000 gewünschten Beamten kam von Paust/Grüne.



        Dass 2023 so neue Gas- und Ölheizungen gekauft wurden wie nie zuvor lag an der Angst vor der neuen Heizungsverordnung der Grünen.



        Hier wurde im Vorfeld kaum kommuniziert, aber schnell diktiert.



        In beiden Fällen haben die Grünen viel Mist gemacht. Das ist nur eine Kritik und weder ein "Haut-die-Grünen" noch Grünen-Bashing.



        Ihre Arbeit ist einfach schlecht, die der SPD noch schlechter und die der FDP Klientel-gerecht.

  • Ein Problem sind sicher auch die zu vielen Juristen, vor Jahren hat ja mal ein niedersächsischer Minister gesagt, dass jährlich tausende von Juristen zu viel auf den Markt drängen. Auf der einen Seite fehlen Richter, auf der anderen Seite werden gerade Behörden von Verwaltungsjuristen geflutet, die außer Verschärfung der Bürokratie keinen Mehrwert bringen. Wenn ich früher als Landesbehörde eine Genehmigung von einem Regierungspräsidium (RP) benötigt habe, dauerte das seine Zeit. Heute bekomme ich vom RP dann die Mitteilung, das alles in Ordnung ist, die Genehmigung geschrieben sei, aber die Juristen noch mal ein paar Wochen benötigen, bis die geprüft und versandt wird. Fachlich haben die NULL Ahnung, mäkeln aber trotzdem an allem rum und meist muss man ihnen nochmal alles haarklein erläutern, bis sie kapiert haben worum es geht.



    Wenn sie dann gar nichts zu tun haben basteln die neue kaum verständliche Regeln zur Ausführung bereits bekannter Regeln und Gesetze, die über Jahre auch ohne die zusätzliche Bürokratie erfolgreich umgesetzt werden konnten.

    • @Axel Schäfer:

      Ganz genau.



      Das ist auch meine Erfahrung.

    • @Axel Schäfer:

      Das ist fernab jeder Verwaltungsrealität, kein Amt darf eine solche Info geben, schon aus Haftungsgründen.

      • @Waldläufer:

        Gegenüber einer anderen Landesbehörde dürfte ein RP schon so offen sein, denke ich.

  • Liebe Frau Herrmann,

    wenn man 5% Umsatzrendite hat - wie zum Beispiel der Durchschnitt des mittelständischen verarbeitenden Gewerbes in unserem Land, das sind "läppische" 1,58% vom Umsatz ein knappes DRITTEL vom Gewinn, das da zum Fenster rausfliegt und dem Unternehmer die Frage stellt, ob er nicht anderswo besser fahren würde. Und noch nicht eingerechnet sind in dieser Zahl der wachsende Posten an Ausgaben für neue Bürokratieideen des Staates, die sich Unternehmen einfach sparen, weil sie das Kostenrisiko geringer einschätzen, wenn man sie bei der Verweigerung erwischt.

    Davon abgesehen hat Deutschland eine Staatsquote von derzeit gut 48%, die letztlich auch von der Wirtschaft finanziert werden muss und eben leider NICHT auch nur annähernd vollständig in Form von Leistungen an den Bürger zurückgegeben wird. Auch dieses Delta läuft grundsätzlich unter "Bürokratiekosten".

    • @Normalo:

      Falsch! die 1,58% sind ein Teil der 95% Kosten. Der Gewinn ist ja gerade das was nach Abzug aller Kosten (auch der Bürokratiekosten) übrigbleibt. Der Gewinn beträgt in Ihrem Beispiel somit weiterhin 5%.

      • @Grisch:

        ...und wäre OHNE diese Kosten ein knappes Drittel höher. Das war der Punkt.

      • @Grisch:

        Also der Gewinn sind 5%, die Bürokratiekosten sind 1,58%.



        Also sind die Bürokratiekosten 31,6% vom Gewinn. Also wirklich kein ganzes Drittel…



        Da hast du wohl recht….

  • "dass 37 bis 40 Prozent der Angestellten ihre eigene Tätigkeit als „Bullshit Job“ empfanden. Das Gehalt war gut, aber die Aufgabe sinnlos"

    Ich würde weiter gehen: manchmal sind ganz Firmen oder Berufszweige sinnlos. Was das Thema Fachräftemangel in einem anderen Licht erscheinen lässt.

    Weil die Produktivität in Deutschland so irrsinnig hoch ist, dass man bequem mit einer 20h Woche alles herstellen könnte, was man braucht. Das Problem ist der viele sinnlose Müll (und Dienstleistungen, die keiner braucht), der hergestellt wird. Nebst des ganzen Industriezweigs des Marketings, das nur dazu dient, den Müll dann trotzdem zu verkaufen.

  • Als ob Bürokratie immer etwas Schlechtes wäre. Es gibt viel Unsinn, aber sinnvolle Auflagen des Staates z.B: in der Agrarindustrie etc. zu kontrollieren, ist gut. Und bei all den Fremdenhassern in diesem Land ist es ja sakrosankt bei Flüchtlingen immer ganz genau zu wissen, wer da ins Land gekommen ist. Also der Schrei nach Bürokratie!

    Aber machen wir uns nichts vor. Wenn die FDP nach Bürokratieabbau schreit, sind meistens "lästige" - sprich: profitmindernde - Auflagen für ihre Lieblingsklientel gemeint. Wenn es darum geht, per Finanzamt Geld aus BürgerInnen zu pressen, ist die Bürokratie sicher höchst willkommen.

    Wer der FDP glaubt, glaubt auch an den Osterhasen.

  • @TEPAN

    "Was auf Dauer eher weniger Geld zu verteilen bedeutet..."

    Die verteilen doch ihre Gewinne sowieso eher an Steueroasen.

    Wo bleibt die Vermögenssteuer?

  • Als jemand, der schon einmal in der freien Wirtschaft gearbeitet hat ( von diesen Menschen scheint die Autorin wenige zu kennen) kann ich ihnen sagen, dass Deutschland eben doch an der Bürokratie kaputt geht. Und der personalmangel in der Verwaltung macht es schlimmer.

    Wer z.b. in Deutschland eine GmbH gründet braucht dafür 3 Monate. In Estland sind es 24 Stunden.

    • @Sybille Bergi:

      bei mir hat`s keine 3 Monate gedauert

  • Leider wurde der wichtige Aspekt: Zeitaufwand durch schlecht umgesetzte Bürokratie nicht beleuchtet. Durch den größeren Zeitaufwand wird Deutschland für wirtschaftliche Unternehmungen verstärkt unattraktiv. Was auf Dauer eher weniger Geld zu verteilen bedeutet, um unseren Sozialstaat zu stärken oder gar auszubauen. (Z.B. Mehr Lehrer:innen, Kitabetreuer:innen, Sozialarbeuter:innen etc.)

    • @Tepan:

      Falls Zweitaufwand (Zweifel, "wie berechtigt Beschwerden .. sind") ausschlaggebend ist, dann wird man im öff. Dienst hoffentlich die Bedienstetenzahlen erhöhen, aber nicht haftungsrelevante Schutzvorschriften abbauen.

      • @Gerhard Krause:

        Wenn man die Bürokratie auf "haftungsrelevante Schutzvorschriften" reduzieren würde, wäre verdammt viel gewonnen.

        Alternativ hätte man eben irgendwann niemanden mehr, der noch Zeit findet, diese Schutzvorschriften ernsthaft zu überwachen...

    • @Tepan:

      Dass Bürokratie, das ausschlaggebende Kriterium für die Wirtschaft sei, ist ein Ammenmärchen, um die Menschen zu beschäftigen. Es spricht das Bauchgefühl an, jeder kennt es, jeder hat sich schon drüber aufgeregt, also muß was dran sein...



      Dass was Wirtschaft wirklich bremst, ist etwas anderes, es sind die Aussichten auf Gewinne und wenn in D nicht mehr investiert wird und anderswo die Wirtschaft gefördert wird, dann ist klar wo die Reise hingeht.



      Wirtschaft kommt sehr gut mit Bürokratie zurecht, wenn der finanzielle Anreiz stimmt. Deutsche Firmen kommen auch mit dem chinesischen System zurecht, mit Sozialpunkten, Überwachung etc. eben weil die Rendite stimmt

      • @nutzer:

        "Dass was Wirtschaft wirklich bremst, ist etwas anderes, es sind die Aussichten auf Gewinne und wenn in D nicht mehr investiert wird und anderswo die Wirtschaft gefördert wird, dann ist klar wo die Reise hingeht."

        Es fehlen schlicht die Fachkräfte, nicht die fehlende Förderung. Und die Energiekosten sind in DE zu hoch.

        • @Rudolf Fissner:

          die immergleichen Argumente... ja es ist mglweise schwieriger geworden Fachkräfte schlecht zu bezahlen und die gehen jetzt auch lieber anderswo arbeiten und ja es fehlen mglweise auch die nachkommenden Jungen, die man billig anstellen kann, es ist aber nicht so schlimm, als dass Menschen über 50 der Teppich ausgerollt wird, in dem Alter ist es nach wie vor schwer neue Arbeit zu finden....



          (große) Firmen gehen dahin, wo sich leichter Geld verdienen lässt und das ist momentan u.a. die USA, wegen der Förderung.



          Fachkräftemangel, Bürokratie etc, sind Nachrangfaktoren, so lange wie die Kasse stimmt sind sie nicht so entscheidend.



          In D ist aber die Nachfrage schwach, weil das Lohnniveau niedrig ist. Die Förderung von neuen Industrien und die Investitionen in die Infrastruktur etc, ist dank Schuldenbremse zu gering. Es wird schlechter verdient in D.



          Auf lokaler Ebene bei den lokalen Firmen, die spüren vor allem die schwindende Kaufkraft der Konsumenten und die steigenden Lohnforderungen von Hilfskräften.



          Das jahrelange Wirtschaften mit billigen Arbeitskräften, durch ein durch Hartz4 gedrücktes Lohnniveau, wird jetzt gehörig erschüttert durch Inflation, höhere Energiepreise, höhere Lohnforderungen.



          Das Fachkräftegejammere ist ein Gejammere nach billigeren Arbeitskräften, 50jährige, mit hoherem Lohnanspruch, werden immer noch nicht umworben, es fehlt der billige Arbeiter...

          • @nutzer:

            "Das Fachkräftegejammere ..."

            So so, Sie wollen also sagen, dass gar keinen Lehrermangel (or whatever) gibt.

            Das ist doch mal ne richtig positive Analyse. 🤩

            • @Rudolf Fissner:

              nein, das meine ich nicht.



              es gibt einen Mangel schon ausdemografischen Gründen, aber die konkreten Hintergründe , wieso bestimmte Lobbies besonders laut aufheulen, hat daneben eben auch andere Ursachen...



              Und Lehrermangel ist nicht das selbe wie Fachkräftemangel in der Wirtschaft.

        • @Rudolf Fissner:

          Meine Energiekosten sind auf 28 Cent pro KWh gesunken seit ich neulich den Stromanbieter gewechselt habe. So billig war der Strom seit Jahren nicht...

          ...und nachdem Habeck nun zum Glück die Bremsklötze beim Wind- und Solarausbau beseitigt hat wird der Strompreis weiter fallen, das zeichnet sich jetzt schon ab...

          zumindest solange wie Vernunft regiert. Sollte die CDU wieder drankommen und Atomkraftwerke bauen wirds natülich wieder teurer werden...

          ...das beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird sicherlich auch noch Wirkung zeigen wenn die neuen Regelungen bekannt sind und wirken können...

        • @Rudolf Fissner:

          Dass es zum Fachkräftemangel kommt wusste man schon vor 30 Jahren, genau so wie das Renten- und Beamtenpensionsproblem.



          In der Zwischenzeit sind andere Länder viel interessanter für Fachkräfte, weshalb viele lieber dort hingehen, selbst deutsche Fachkräfte.



          Die Energiepreise sind weniger wegen der "sauberen Energie" so hoch, als wegen den zu hohen Steuern und Abgaben.



          Alles ruft "noch mehr Sozialstaat", kaum einer überlegt sich ernsthaft und seriös, wo das Geld dafür eigentlich herkommen soll.



          Also beschließen wir es mit dem Märchen "Von oben nach unten verteilen".



          Ihre Analyse ist leider schon richtig.

      • @nutzer:

        Ich kenne so einige kleine Unternehmer, die keine überzogenen Gewinnvorstellungen haben und mit einem Gewinn zufrieden wären, der ihnen zu einem "normalen" Leben reicht, ein Beispiel wäre Sina Trinkwalder.



        Gerade solchen engagierten Menschen macht die überbordende Bürokratie ihre Pläne kompliziert bis unmöglich, meine eigene Selbständigkeit haben mir Finanzamt, Handwerkskammer und Versicherungen beendet. Dazu kamen noch einige Vorschriften, von denen niemand weiß, warum sie überhaupt entstanden sind, außer vielleicht um Planstellen in Behörden zu kreieren und zu erhalten.



        Wenn es nicht um Gewinne allgemein, sondern in erster Linie um Renditen und Boni geht, trifft Gier auf Bürokratie, und das ist zu viel auf einmal.

        • @Erfahrungssammler:

          Sina Trinkwalder ist vor allem Medienunternehmerin, die verkauft sich selber, inklusive Gejammer über die "schlimmen" Zustände, das trifft eher die Erwartungen des Publikums, als dass es symptomatisch etwas erklärt.



          Wer mit einem Nischenprodukt, das hochpreisig nur eine kleine Klientel anspricht, sich als Wirtschaft empfindet und beklagt, dass behördlicherseits nicht der rote Teppich ausgerollt wird, nun, der ist vor allem gekonnter Selbstvermarkter.



          Ein Solartechniker z.B. macht immer noch gute Geschäfte und würde gerne noch mehr verdienen, weils grad so viele Aufträge gibt, ergo, das Klagen nach mangelnden Fachkräften. Ja Bürokratie nervt und es ginge viel einfacher, gerade wenn man uns mit anderen Ländern vergleicht, das beliebte Beispiel Estland, it volldigitalem Behörden ist toll, nur scheitert genau so etwas in D an den gleichen Leuten, die sonst lauthals klagen, wenn sie erfahren, dass die volldigitalen Behörden, alles über den Bürger wissen, weil die Daten zentral bei Staat gespeichert sind, nun dann wirds schwierig, das macht in D keiner mit. Schon gar nicht die "Fortschrittspartei" fdp.



          Wir sind schon selbst Schuld an der Misere, aber trotz allem, Wirtschaft läuft, solange es etwas zu verdienen gibt, Bürokratie hin oder her. Wenn in D aber das Geld für Investitionen fehlt, gibt es auch weniger zu verdienen. Und wer die Investitionen verhindert ist dank Medien ja auch bekannt.

  • Bürokratieabbau heißt ja, weniger bullshit als Bürger zu erledigen, nur weil das verlangt wird. Also Effizienz und Digitalisierung.



    Zuletzt einen internationalen Führerschein beantragt: Papier, Foto, Behördengang, Nummer ziehen... nur als ein Beispiel: von mir gibt's genug Fotos im System, dass ich da wieder rummachen musste mit nochmals einem eigenen Bild. Sowas müsste weitaus unkomplizierter laufen.



    Gegenbeispiel: Visa Vergabe für ein feines Land; Digitales Bild laden, Scanner vom Reisepass, Kreditkarte.War nach 15 min online erledigt, das Visa war dann in 2 min da.



    Dass das Personal einsparen...kommt dann halt dazu.



    Vom Papierkrieg als ich noch eine Firma hatte, will nicht anfangen. Ohne Steuerberater und Helferlein im Büro ist das nicht zu stemmen. Nicht zwingend weil das unnötig wäre, sondern die Abläufe so kompliziert und zeitraubend sind, seitens der Verwaltung.

  • Wenn die Fachkraefte fehlen, wirds halt laenger dauern, mehr nicht. Buerokratie ist in Deutschland wie Entropie: Die Marschrichtung ist vorbestimmt.

    • @elektrozwerg:

      1. Bürokratie ist notwendig richtigund berechtigt, um Handlungen der Verwaltung oder des Staates nachvollziehbar, rechtssicher, technisch und kaufmännisch richtig zu machen.



      2. Bürokratie ist für Demokratie und Rechtsstaat unabdingbar! Ohne können Gerichte, Parlamente nicht arbeiten.



      3. Wir brauchen eine Bürokratie 4.0, leicht bedienbare elektronische Formulare, volle Konnektivität zur Software aller Beteiligten.



      4. Die maschinell lesbare Beschreibung ist wichtiger Bestandteil jedes Produkts.



      5. Abbau von Bürokratie erfordert Infrage- Stellen von Rechtsgütern. Zu jeder Vorschrift müssen die zu schützende Rechtsgüter als Begründung angegeben werden. Dann kann ein Beschwerdeführer über zu viel Bürokratie entscheiden, ob er nur die umständliche Bedienbarkeit oder das Rechtsgut angreifen will.

    • @elektrozwerg:

      Die Akte oder der Bescheid, die die Bürger und Unternehmen so dringend brauchen, kommen dann eben später. Damit wird die Konjunktur abgewürgt, wichtige Projekte kommen nicht voran und Unternehmen suchen sich andere Standorte.



      Wahlreklame für radikale Parteien.



      Es kommt zur Verwaltungstriage: da eine Behörde nicht genügend Ressourcen hat, um alle Anforderungen zu erfüllen, entscheidet die Führung, was unerledigt bleibt. Wer die Akte braucht, hat Pech gehabt.