Blockadepolitik der FDP: Unerträgliche Hybris
Dass die FDP mit ihrem Nein zum EU-Lieferkettengesetz MittelständlerInnen schützen will, ist ziemlich gelogen. Aus Wahlflops lernt die Partei nicht.
D ie FDP befindet sich in der „Todeszone“. Wäre jetzt Bundestagswahl, würden die Liberalen aus dem Parlament fliegen. In Umfragen kommen sie auf etwa 4 Prozent. Also versucht die FDP panisch, „Sichtbarkeit“ zu organisieren, indem sie Opposition in der Regierung spielt und ständig querschießt.
Dieses destruktive Verhalten lähmt nicht nur Deutschland, sondern längst auch die EU. Im Juni stehen die Europawahlen an, und um Aufmerksamkeit zu generieren, opfert die FDP sogar ihre Werte und die eigene Identität. Zum Kern des liberalen Selbstverständnisses gehörte einst, für die Menschenrechte und für Europa einzutreten.
Beide Werte werden jetzt schwer beschädigt: Das europäische Lieferkettengesetz ist vorerst gescheitert, weil die Liberalen in allerletzter Minute ihr Veto eingelegt haben. Diese Dreistigkeit ist unfassbar, denn damit bremst die Mini-FDP sämtliche EU-Institutionen aus: Kommission, Rat und Parlament hatten sich in einem langwierigen Trialog auf einen Kompromiss geeinigt – bis die FDP die deutsche Regierung zwang, wieder auszuscheren. Wenn sich Parteien in anderen Ländern auch so verhalten würden, wäre die EU nicht mehr arbeitsfähig.
Noch schlimmer: Das Lieferkettengesetz sollte die Menschenrechte und die Umwelt im Globalen Süden schützen. Doch diese Ziele interessieren die deutschen Liberalen nicht mehr. Stattdessen behauptet die FDP, sie müsste „kleine und mittelständische Firmen“ vor allzu viel Bürokratie schützen. Das ist ziemlich gelogen. Denn das EU-Lieferkettengesetz sollte nur für Unternehmen gelten, die mehr als 500 Beschäftigte haben und einen Umsatz von über 150 Millionen Euro im Jahr erwirtschaften. Das trifft in Deutschland auf etwa 4.200 Betriebe zu – von rund 3,4 Millionen Firmen. Die FDP spielte sich als Retterin von „Tante Emma“ auf, die aber vom Lieferkettengesetz nie betroffen war.
Oberlehrer FDP
Unerträglich ist auch die Hybris der FDP. Die Liberalen tun so, als wüssten nur sie, wie Wirtschaft funktioniert. Mit dem Lieferkettengesetz haben sie ein EU-Vorhaben gestoppt, dem unter anderem Frankreich, Dänemark, Schweden, Belgien und die Niederlande zugestimmt hatten. Dies sind sehr erfahrene Exportnationen – aber die FDP gibt den Oberlehrer.
Die liberale Obstruktion ist auch deswegen erstaunlich, weil sie nichts bringt. WählerInnen erwarten von einer Regierungspartei, dass sie regiert und nicht stört. In Deutschland musste die FDP daher permanent Niederlagen hinnehmen. Bei der nachgeholten Bundestagswahl in Berlin vor einer Woche kam sie nur noch auf 3,3 Prozent der Stimmen. Aber die FDP ist unfähig, aus Flops zu lernen. Jedenfalls unter Parteichef Lindner.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen