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Erster Parteitag BSWEin Aufstand alter Menschen

Auf ihrem ersten Parteitag inszeniert sich das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ als bessere Linkspartei. Fragen zur Migrationspolitik werden ausgeklammert.

Auf dem ersten BSW Parteitag wird Stimmung gemacht, vor allem gegen die Ampel Foto: Liesa Johannssen/ Reuters

Berlin taz | Austeilen kann sie. Dass Deutschland dem saudischen Königshaus 150 Raketen liefern will, nimmt Sahra Wagenknecht als dankbare Vorlage, um gegen „unsere grünen Moralapostel“ und deren angeblich „feministische Außenpolitik“ zu giften – schon der Begriff sorgt im Saal für erste Lacher. „Wenn in den Rüstungsverträgen gegendert werde, dann sei wohl „die grüne Welt in Ordnung“, ätzt sie in ihrer Rede. Immerhin trügen die Raketen ja den weiblichen Namen Iris. „So viel Feminismus muss im Hause Baerbock wohl sein“, setzt Wagenknecht eine weitere Pointe. Das sitzt, der Saal ist begeistert.

Am heutigen Samstag begeht das neue „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in Berlin seinen ersten Parteitag, und durch das frühere Kosmos-Kino im Ostteil der Stadt weht ein Hauch von DDR-Nostalgie. Das liegt nicht nur daran, dass die nüchtern-modernistische Architektur des ehemaligen Kinos an der Karl-Marx-Allee an die Aufbaujahre des sozialistischen Staates erinnert. Sondern auch an der Art und Weise, wie straff und diszipliniert der Parteitag um dessen Große Vorsitzende herum organisiert wurde und nach Plan abläuft – und daran, dass sich das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ als eine Art bessere Linkspartei inszeniert.

Das ist weit weg von den manchmal chaotischen und kontroversen Parteitagen ihrer ehemaligen Partei, der Linken – aber auch von deren demokratischer Diskussionskultur. Hier ist alles vorab von oben geplant.

Zum Auftakt des Parteitags spricht Daniela Dahn, die als „Stimme der Friedensbewegung“ vorgestellt wird. Die 74-jährige Publizistin, die parteilos ist und es nach eigenen Angaben auch bleiben will, schlägt den Bogen zum heutigen Holocaust-Gedenktag und erinnert daran, dass die Rote Armee vor 79 Jahren das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit habe. Millionen Soldaten hätten dafür ihr Leben gelassen. „Dafür sind wir ihnen zu ewig zu Dank verpflichtet“, sagt Dahn – egal, wie sich die Weltlage ändere.

Die Linie des Parteitags

Sie habe mit der Linkspartei gebrochen, weil diese sich nicht an der Friedensdemonstration von Wagenknecht und Alice Schwarzer im Februar 2023 in Berlin beteiligt habe, so Dahn. Sie lobt Wagenknecht für „ihren Mut und ihre Kühnheit, der restaurativen Parteienlandschaft die Stirn zu bieten.“ Viel Applaus erhält sie für die Losung, von diesem Parteitag gehe „unmissverständlich das Engagement für Antirassismus und Antifaschismus aus“. Strittige Fragen, etwa zur Migration, erklärt sie dagegen für „nachrangig“

Das beschreibt die Linie des Parteitags. Viele Rednerinnen und Redner betonen Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit und einer anderen Außenpolitik, die mehr auf Diplomatie statt auf Waffenlieferungen setzt. Darauf können sich sich alle einigen.

Umstrittene Themen wie die Migrations- und Klimapolitik werden nur am Rande gestreift. Wagenknechts Rede folgt dieser Linie und markiert vor der Mittagspause einen Höhepunkt des Parteitags. „Lasst uns pfleglich miteinander umgehen!“, redet sie ihren Mitgliedern ins Gewissen. Man müsse „Toleranz und Respekt nicht nur in der Gesellschaft einfordern, sondern auch in unserer Partei leben“, sagt sie, und: „Wir sind keine Linke 2.0.“. Daher arbeite man an „Strukturen, in denen sich nicht die Rücksichtslosesten und Intrigantesten, sondern die Talentiertesten und Besten durchsetzen“.

Wenige Frauen in Führungspositionen

Wer das ist und wer das entscheidet ist allerdings nicht besonders transparent, die ersten rund 450 Mitglieder der Partei wurden handverlesen. Zu den BSW-Spitzenkandidaten für die Europawahl wurden schon Anfang Januar der Ex-Linke Fabio De Masi und Thomas Geisel, der ehemalige SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, erklärt.

An dritter Stelle soll nun der ehemalige deutsche UN-Diplomat Michael von der Schulenburg für das BSW in das Europaparlament einziehen. Das Programm für die Europawahl wurde vorab in einer Online-Delegiertenkonferenz durchgesprochen, damit es auf dem Parteitag keine langen Diskussionen gibt.

Es scheint dem Bündnis schwerzufallen, jenseits ihrer Spitze qualifizierte Frauen für Führungspositionen zu finden. Bis auf die beiden Vorsitzenden kandidieren fast nur Männer für wichtige Posten, und beim Parteitag führen überwiegend Männer das Wort. Auch der Altersdurchschnitt ist relativ hoch. Eine Parteijugend gibt es noch nicht, eine Frauenquote auch nicht. Deshalb erinnert der Parteitag ein wenig an einen Aufstand alter Männer (und Frauen).

Das Personal besteht hauptsächlich aus ehemaligen Mitgliedern der Linkspartei, nicht selten aus dem engsten Kreis um Wagenknecht. Als Vizevorsitzende wurden die Ex-Linken Friederike Benda und Amid Rabieh nachnominiert und gewählt, der vollständige Vorstand besteht aus 17 Männern und fünf Frauen. Die prominenten Quereinsteiger werden ins Schaufenster gestellt.

Einen Coup hat das BSW mit dem Islamwissenschaftler, Nahost-Experten und Beststeller-Autor Michael Lüders gelandet. Der prominente Publizist kandidierte für den erweiterten Vorstand und für die Europawahl auf Platz neun und erzielte mit jeweils über 98 Prozent beide Male das beste Ergebnis von allen. Das zeigt, dass er einen Nerv trifft.

Lafontaine – Neuzugang und Strippenzieher

Einen Tag vor dem Parteitag konnte das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ noch einen weiteren prominenten Neuzugang verzeichnen: Oskar Lafontaine gab bekannt, der Partei seiner Ehefrau beizutreten. Viele hatten ihn für einen der Strippenzieher im Hintergrund, und für die strategische Ausrichtung der Partei federführend.

Auf dem Parteitag hält der ehemalige saarländischen Ministerpräsident und Ex-Chef der Linken ein fulminantes Schlusswort, während die Auszählung der Stimmen läuft, und bringt den Saal am Abend noch einmal in Wallung. Es sei nicht falsch, in machen Dingen konservativ zu sein, sagt er, und zieht mit Verve gegen „Cancel Culture“ und Gender-Sprache zu Felde: „Ich möchte unsere Sprache bewahren, weil eine linke Partei die Sprache des Volkes sprechen muss“, sagt er unter Applaus.

Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ wolle eine „Lücke im Parteiensystem“ füllen, hatte er vorher erklärt. Es stimme aber nicht, dass seine neue Partei „rechts“ sei. Vielmehr würden alle anderen Parteien im Bundestag in der Wirtschafts- und Sozialpolitik „rechte Positionen“ vertreten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht sei zudem die einzige Partei, die sich konsequent für Frieden und Abrüstung einsetzt. Seine ehemalige Partei, die Linke, unterschlägt er an dieser Stelle einfach.

Deutsche Verantwortung und russische Energie

Dann kommt er auf den Holocaust zu sprechen, der alle Deutschen verpflichte, gegen Antisemitismus und für den Staat Israel einzutreten, so Lafontaine, aber auch für das Lebensrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser. Die Bundesregierung genüge diesem „moralischen Imperativ“ nicht. Den Krieg in Gaza bezeichnet er als „Kriegsverbrechen“, und fordert einen sofortigen Waffenstillstand dort und in der Ukraine.

Wenn Deutsche aus der Geschichte gelernt hätten, jüdische Leben zu schützen, dann sei es auch falsch, „Waffen zu liefern, mit denen wieder Russen ermordet werden können“, schlägt er einen wilden Bogen und ruft in den Saal: „Die Lehre unserer Geschichte aus zwei Weltkriegen ist doch ganz einfach: Von deutschem Boden soll niemals wieder Krieg ausgehen.“ Stattdessen solle man lieber wieder „Energie direkt aus Russland beziehen“. Seine Rede wird minutenlang rhythmisch beklatscht.

Wettern gegen die „irre Ampel“ und Grünen

Das Wagenknecht-Bündnis fordert eine „andere Diskussionskultur“ und mehr Respekt gegenüber anderen Meinungen, das ist eine der zentralen Forderungen. Im performativen Widerspruch dazu steht die rhetorische Härte, mit der viele Rednerinnen und Redner auf dem Parteitag gegen eine angeblich „abgehobene Polit-Blase“, die „irre Ampel“ und insbesondere die Grünen wettern.

Deutschland habe die „dümmste Regierung Europas“, sagt Wagenknecht – wortgleich hatte das Amira Mohamed Ali keine zwei Stunden zuvor formuliert. Und wie ihre Co-Vorsitzende weidet auch Wagenknecht genüsslich aus, dass Ricarda Lang nicht wisse, wie hoch die Durchschnittsrente in Deutschland sei. Die Grünen-Chefin hatte sich bei Markus Lanz verschätzt. Wagenknecht stempelt sie dafür zum „Sinnbild der Abgehobenheit“ und fragt: „Wie soll so jemand eine vernünftige Rentenpolitik machen?“

Wagenknechts Patentrezept gegen Rechts

Bemerkenswert sind auch die Gründe, die gegen die AfD ins Feld geführt werden. Viele hätten „ehrlich Angst“ vor dem Erstarken der AfD, sagt Wagenknecht. „Diese Angst habe ich auch.“ Wagenknechts Hauptvorwurf an die AfD aber lautet, diese sei „keine Friedenspartei“, sondern nicht weniger eng mit der Waffenindustrie verbandelt als Agnes Strack-Zimmermann mit Rheinmetall.

Auch Christian Leye, der neue BSW-Generalsekretär, warnt vor der AfD mit dem Argument, „das sei doch keine Anti-Establishment-Partei“ und „keine Anti-System-Partei“, sondern eine „Partei der sozialen Kälte“. An Bäuerinnen und Bauern, appelliert er, sich das Parteiprogramm der AfD durchzulesen. Er scheint das für eine sinnvolle Strategie gegen die Rechtsradikalen zu halten. Oskar Lafontaine führt am Abend noch ein anderes überraschendes Argument ins Feld: die AfD stehe wie alle anderen „an der Seite Israels“ und sei deshalb keine echte „Friedenspartei“.

Die Worte Rassismus und Rechtsextremismus kommen nur in einem anderen Zusammenhang vor. Es „empört mich immer wieder, wenn kritische Meinungen als rechtsradikal und rechtsoffen diffamiert werden“, sagt Mohamed Ali unter großem Applaus. „Damit werde die Gesellschaft gespalten“. Eine offene Debatte sei in diesem Klima der politischen Korrektheit unmöglich.

Auch Wagenknecht stößt ins gleiche Horn: Jeder werde heutzutage als rechts abgestempelt – ob er sich wegen „islamistischer Parallelgesellschaften“ sorge, die Corona-Maßnahmen kritisiere oder schlicht für den Frieden sei. Aber die Menschen hätten gute Gründe, wütend zu sein. Jetzt gingen die Ampel-Politiker selbst auf die Straße, um heldenhaft gegen die Ergebnisse ihrer eigenen Politik zu demonstrieren. Aber wenn die Ampel wirklich die AfD bekämpfen wolle, müsse sie ihre „miserable Politik“ ändern. Das ist Wagenknechts Patentrezept gegen Rechts.

Was bewegt Linke zum Wechsel?

Im Foyer des Kosmos-Kinos gibt es an einem Tresen Filterkaffee, Tee und Wasser für die Delegierten und Gäste, das Angebot ist etwas karg. Dort steht Andrej Hunko, der seit 2009 im Bundestag sitzt – erst für die Linke und nun in der Gruppe um Sahra Wagenknecht. Was ihn zum Wechsel bewogen hat? Das war ein längerer Prozess, der während der Corona-Zeit und der „Anpassung“ der Linken „an zentrale Narrative der Regierung“ begonnen habe, sagt er.

Hat der 60-jährige, der ukrainische Vorfahren hat und in der Linkspartei zur Parteilinken gehörte, kein Problem mit der Sahra Wagenknechts Haltung in Migrationsfragen? „Ich finde es wichtig, dass Probleme angesprochen werden. Das macht Sahra Wagenknecht“, sagt er. Und dass sie für Asylverfahren an den Außengrenzen und in Staaten außerhalb der EU eintritt, was die Linke strikt ablehnt? Da weicht Hunko aus. Wichtiger seinen für ihn andere Punkte: „Frieden ist für mich ganz zentral“, sagt er, und der „Protest gegen einen verengten Meinungskorridor.“

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53 Kommentare

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  • ENDLICH - eine neue, hoffnungsvolle, in vielen Punkten kompetente Partei - gerade noch zur richtigen Zeit, um dem Neoliberalismus Paroli zu bieten, und eine Politik zum Wohle der Mehrheit der Menschen in diesem Land zu erarbeiten !



    Politik darf nicht die Mehrheit der Bürger & Wähler aus dem Auge verlieren.



    Was wir gerade die letzten Jahrzehnten erleben " durften "- hat zu der gesellschaftlichen Entwicklung geführt, die wir z. Z. Erleben dürfen.



    Danke BSW - Glückwunsch zur Gründung !

  • Sahra Wagenknecht: Aber wenn die Ampel wirklich die AfD bekämpfen wolle, müsse sie ihre „miserable Politik“ ändern.

    Das stimmt ja auch; aber die Ampel (und die Union ohnehin) macht ja lieber weiterhin Politik für die Reichen und Mächtigen, und drängen mit ihrer unsozialen Politik die armen Leute auch noch in die Arme der AfD.

  • Mich hat diese neue Partei eher etwas von alternden Besserwissergruppe. Wenn man eine Partei nach einer Person nennt erinnert das eher an eine Monarchie als eine Partei aus die aus den den sozialen Bewegungen. Sie fordert vo oben herab Tolleranz ein und will gegen alle Intrigen - die sie und ihr Strippenzieher Mann nicht selber schmieden. Diese OneWomen-Show ist alles andere als fähig im fortschrittlichen Lager Bündnisse zu schmieden. Wer im Schatten der Faschisten der AfD sagt die Grünen sind die gefährlichste Partei im Bundestag, der hat seine Einordnung verdient. Hetzer und rechte Spalter.

  • Nach diesen kruden Reden, fast aller Redner, sorry, wünsche ich mir bei jeder Wahl 4,99% der Stimmen. Leider gibts bei der Europawahl am 9.6. keine Prozenthürde.

  • Die Argumente anhören. Die Inhalte.



    Bitte nie "Sportberichterstattung" zu Politik.



    Linke Wirtschaftspolitik, die common sense wäre, endlich wieder anpacken. Aber Solidarität auch sonst nicht vergessen. Etwas netter als die Rechtsrabiaten zu sein, das reicht nicht!

    • @Janix:

      „Die Argumente anhören. Die Inhalte.“



      Schon wahr. Wenn Lafontaine jedoch davon spricht, die AfD sei keine echte Friedenspartei, weil sie wie alle anderen an der Seite Israels stehe, wird‘s schon ein bisserl bizarr. Finden Sie nicht auch?

  • Die Rede, die Wagenknecht gehalten hat, war echt stark.



    Jeder, der sie noch nicht gesehen hat sollte das unbedingt tun.

    Bleibt nur die blöde Russland-Politik von denen...

    • @Ruhrpott-ler:

      Tja, wäre nur die „blöde Russland-Politik“ nicht - wäre nur der blöde Putin und der blöde Angriff auf die Ukraine nicht gewesen, könnten wir jetzt noch prima Geschäfte mit Russland machen. Und alles wäre gut.



      Ist es aber leider nicht und das BSW deshalb für mich auch keine Option.

  • Lassen wir das BSW doch erstmal machen.



    Immerhin glaube ich nicht, dass ich wegen meiner Meinung bei Nacht und Nebel deportiert werden würde unter einer BSW Verantwortung, wie es bei der AFD passieren könnte.



    Viel schlimmer als die derzeitigen Regierungsparteien können die es auch nicht mehr machen. Und die CDU will beim Wahlsieg das Bürgergeld streichen!!Vor solchen Truppen MUSS man warnen!Dann lieber eine leicht populistisch lackierte Halblinkspartei a la BSW...

  • Ich hatte mir vorgenommen, den Parteitag etwas im Hintergrund laufen zu lassen, aber ich musste nach der ersten Rednerin ausschalten. Ich kann das einfach nicht mehr, Parteitage (jedweder Partei) anzuschauen...

    Und ich meine gar nicht die charismafreie Vorlesestunde an sich, sondern die Chuzpe, Kritik an Fischers damaligem Missbrauch des Holocaustgedenkens zur Kriegsbegründung in eine Parteitagsrede zu verpacken, die die Parteineugründung und ihren Friedensauftrag in die Befreiung von Auschwitz durch sowjetische Soldaten einrahmt. Was dann irgendwas über Russland aussagen soll, aber vor allem über das BSW selbst. Das Ganze am Holocaust-Gedenktag. Kannste dir nicht ausdenken....

    Und dann wird kolportiert - gesehen habe ichs nicht mehr - dass Lafontaine vor dem Vorhangsfall noch standing ovations dafür erhalten hat, dass die AfD "voll an der Seite Israels" stünde, obwohl dieses Kriegsverbrechen beginge. Endlich mal neue Kritik an der AfD, Hut ab!

    Die wahrscheinlich für die Gruppe selbst kritischen Themen - Flüchtlinge, Umgang mit dem Klimawandel, Minderheitenrechte - wurden ja praktischerweise erst einmal ausgeklammert. Mal sehen wie viel Kohäsion bleibt, wenn man sich da nicht mehr wegducken kann...

  • Ein Schlusswort von Oskar Lafontaine.

    Dem Mitherausgeber der Querdenkeronlinezeitung "Demokratischer Widerstand".

    Wenns dann nur wirklich ein Schlusswort wäre......

    • @Friderike Graebert:

      "Oskar Lafontoine (...) Mitherausgeber der Querdenkeronlinezeitung "Demokratischer Widerstand" (Frederike Graebert)

      Ach was? Der auch noch?



      Diese Lüge hat man bereits Sahra Wagenknecht und Roger Waters versucht ans Bein zu binden. Und nun ist also Lafontaine an der Reihe ?!?

      taz.de/Querdenker-...enknecht/!5959557/

      Meine Güte, können sich die notorischen Dreckschmeisser und Schwurbler nicht mal nen anderen Gag ausdenken? Der Schmarren langweilt doch schon.

      Die Herausgeber dieser Net-Postille sind lt. taz (24.09.23) "die in der verschwörungsgläubigen Szene bekannten Querdenker und Coronaleugner Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp".

  • Danke für den sachlichen Artikel!



    Besorgniserregend, meines Erachtens, wenn Personen wie Wagenknecht eventuell an die Macht kommen, die sich ihrer eigenen ehemaligen Partei gegenüber schon ziemlich anstandslos verhalten haben - mir nicht erklärlich, warum diese Faktoren in den Medien quasi nicht vorkommen.



    Mir fehlen insgesamt strukturanalytische Untersuchungen dazu - heute schlägt geschickter Umgang mit Aufmerksamkeitsstrategien jeden redlichen Politiker.

    • @Toni Zweig:

      Super, Toni. Aufmerksamkeit ist alles, Inhalt dagegen nichts oder zweitrangig.

      Dazu kommen Widersprüche, wie "pfleglicher Umgang". Der endet nicht an Parteigrenzen, schon gar nicht, wenn man ihn gesellschaftlich einfordert.

  • Eine Partei ist links, wenn sie sich für Menschenrechte und vor allem die Menschen einsetzt, auch und besonders die, die am wenigsten haben in unserer Gesellschaft. Und wenn das ruhig, sachlich und weniger chaotisch vorgetragen wird als bei der Linke, der SPD und den Grünen, dann ist das sehr zu begrüßen. Ich habe den Livestream verfolgt: Große Klasse, super organisiert, kein Chaos, tolle Reden und gute Wahlergebnisse. So muss linke Politik sein. Rechte Politik machen andere.

    • @Frankenjunge:

      Asyl ist ja auch ein Menschenrecht und inwieweit BSW sich für Asylsuchende einsetzt, die ja auch zu denen zählen, die in dieser Gesellschaft am wenigsten haben, ist offenbar fraglich. "Und dass sie [Sarah Wagenknecht] für Asylverfahren an den Außengrenzen und in Staaten außerhalb der EU eintritt, was die Linke strikt ablehnt?" ... klingt bspw. nicht so danach.

  • Ich wuerde die partei erstmahl als eine positive berecheirung der demokratischen vielfalt in D werten. Hier in Dänemark gibt es schon länger eine partei der wagenknechts ähnlich ist “Enhedslisten” viele punkt sind gut manche eher problematisch. Wir haben in Dk ca 15 parteien im folketing finde das besser als das 3-4 parteien system in D. Entweder 2 parteien wie USA oder GB oder politische vielfalt wie in nordeuropa!

  • Wieder nur eine Dagegen-Partei ohne eigene Ziele. Außer der Unterstützung von Putin und Verbrennern - aber eigentlich auch das nur, um gegen die anderen zu sein.

  • Danke Sahra !

  • Die Ausrichtung der Partei kann wohl noch niemand wirklich abschätzen. Das machen die Mitglieder in den kommenden Wochen selbst.

    Vorab: (1) Flucht und Migration sind so wichtig im Diskurs, dass sie nicht in der eröffnenden Rede von Frau Wagenknecht fehlen dürfen.



    (2) Russland darf keinen Handel mehr mit Deutschland führen. Egal wie die Plätze der Ukraine heißen (Bedenken Sie bitte die Namen unserer Kasernen usw.) wurde hier ein souveränes Land angegriffen. Und nicht die verteidigende Ukraine ist hier (deswegen) dem Nazitum nahe.

    Auch wenn ich in ALLEN ÜBRIGEN PUNKTEN mit SWk übereinstimme, sind die elementaren roten Linien bereits überschritten.

    Nein zum Krieg heißt auch: Kein Handel mit Kriegsherren.

    (Die Reaktion zum Fluchtthema erfolgt nach offiziellen Infos.)

    • @-Zottel-:

      Weitgehend stimme ich zu, Zottel. Das ist DIE elementare rote Linie. Wie kann man mit DEM Putin auch nur denken, wieder Handel zu treiben?

      Pfleglich miteinander umgehen wäre zu begrüßen, fehlt mir an allen Ecken und Enden, endet aber nicht an der Parteigrenze.

  • Wagenknechts BSW Parteitagsrede gestern war professionell nahezu durchgehend in freier Rede gut verständlich vorgetragen ohne auf populisitsche Aneiehen verzichten zu wollen unter jeder Rücknahme Anflugs von Charisma und Furors nur um sich nicht festzulegen. Ihrer absolut sicher wirkenden Hervorhebung Friedensverhandlungen mit Russland, Ukraine seien möglich ohne Hinweise, dass sie u. a. ihr Recht als MDB in Anspruch genomen hätten oder wahrehmen würden nur ihrem Gewissen verpflichtet folgend eigene Sondierungen in Richtung Kiew, Moskau mit ukrainischen und russischen Stellen zu führen Möglickeiten auszulosten Fehlanzeige Warum?

  • Für mich ist diese neue Partei die letzte Hoffnung, hier in diesem Land noch etwas zu reißen. Es gibt außer Sahra Wagenknecht noch viele andere gute Persönlichkeiten: Christian Leye z.B. & der ist auch nicht alt. UND WENN DURCH DAS GUTE ALTE KINO KOSMOS EIN HAUCH DDR WEHTE, DANN WAR AUCH DAS EIN HAUCH DER HOFFNUNG - das wichtigste hatten wir nämlich geschafft: wir hatten den Kapitalismus abgeschafft & ich gäbe alles dafür, den wieder loszuwerden!!!

    • @Lorenz-Kliem Ulrike:

      Sie gäben alles dafür? Auch Leben und Freiheit?

      • @PPaul:

        Die *Freiheit*, sich zu verkaufen ein *Leben* lang? Sich entgegen der inneren Veranlagung ständig mit angewinkelten Ellenbogen zu bewegen & dankbar zu sein für ein bisschen Ausbeutung? Aber keiner Angst, BSW will ja keine Revolution, sie versuchen realistisch zu sein und schlagen vor, zu verbessern, was innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse geht. Das Volk wieder mehr in den Mittelpunkt der Interessen zu stellen & die schlimmsten Auswüchse zu begrenzen.

      • @PPaul:

        Ein Leben ohne Kapitalismus kann auch in Freiheit erfolgen. Den auch andere Wirtschaftssysteme sind denkbar. Vielleicht habe ich dann nicht mehr die Freiheit Luxusgüter zu besitzen, aber dafür haben alle Menschen ein existenzsicherndes Auskommen.

        Übrigens: Auch der Kapitalismus kostet Leben. Jeden Tag!

        • @Hans Dietrich:

          "Ein Leben ohne Kapitalismus kann auch in Freiheit erfolgen"



          Theoretisch geht alles. In der Praxis hat es halt noch nie geklappt.



          Auch wenn es von manchen als gerecht empfunden wird, wenn alle gleich wenig haben, so gibt es immer Menschen, die dann in andere Länder gehen, wo Arme mehr haben, selbst wenn dort Reiche noch mehr haben.



          Also entweder "BrainDrain", oder halt "Mauer drum".



          Darauf läuft es immer hinaus.

        • @Hans Dietrich:

          Ja, so ist es. Auf Luxusgüter sollten wir sowieso verzichten, schon wegen der Gerechtigkeit gegenüber dem Rest der Welt. Die Maßlosigkeit des globalen Nordwestens gehört für mich zu den schlimmsten Erscheinungen des Kapitalismus.

    • @Lorenz-Kliem Ulrike:

      Wagenknecht ist eine destruktive Egomanin, leicht braun angehaucht. Keine Lösung für irgendein Problem, dafür stinkfaul, nimmt man mal ihre Tätigkeit in Parlament und Ausschüssen. Sie spaltet, hat ihre einstige Partei fast zugrunde gerichtet. Sie und ihre Groupies stehen sicherlich nicht für Hoffnung. Reissen werdens nix, ausser billiger Selbstbespiegelung...

      • @Sebastian Kreibig:

        Der Vorstand der Partei „die Linke“ hat sie praktisch rausgeworfen. Und nicht nur sie. M.E. ist hier der Vorstand der Spalter. In der Basis der Partei hatte sie viele Sympathisanten.

    • @Lorenz-Kliem Ulrike:

      Ja Danke👍 ich teile ihre Auffassung/Deutung des BSW!!!

  • Reden und schreiben konnte sie schon immer. Für die Arbeit hat ihre Majestät ja das Volk. Darauf ein Rotkäppchen aus dem Nostalgieglas der Arbeiterklasse.

  • Reden und schreiben konnte sie schon immer. Für die Arbeit hat ihre Majestät ja das Volk. Darauf ein Rotkäppchen aus dem Nostalgieglas der Arbeiterklasse.

    • @vieldenker:

      Exakt so ist es.

  • Ui. Ich hoffe, daß die Truppe bei der Europa-Wahl der PARTEI keine Stimmen abnimmt.

  • "Ein Aufstand alter Männer (und Frauen)"

    Parteivorsitzende:



    Sahra Wagenknechtgeboren: 16. Juli 1969



    Amira Mohamed Aligeboren: 16. Januar 1980

    Generalsekretär:



    Christian Leyegeboren: 6. April 1981

    Stellvertretende Vorsitzende:



    Shervin Haghshenogeboren: 1975



    Friederike Maria Bendageboren: 3. Juli 1987

    Wer ist da alt?

    PS: Daniel Bax geboren 1970 😁

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ...Klasse Beitrag - von Ihnen W_D_K_N !



      Humor ist, wenn man trotzdem lacht - sacht ein Ü 50 - 🤣😂😅🤣

  • Was spricht dagegen, dass das "Patentrezept gegen Rechts" eine Politik ist, die sich an den Bedürfnissen der Menschen im Land orientiert? Der Umfrageerfolg der AfD ist nicht vom Himmel gefallen.

    • @Rolf B.:

      "Was spricht dagegen, dass das "Patentrezept gegen Rechts" eine Politik ist, die sich an den Bedürfnissen der Menschen im Land orientiert?" (Rolf B.)

      Dazu müßte man dann die Bedürfnisse der Menschen erstmal wahrnehmen und registrieren wollen und dann auch noch ernst nehmen. Das ist man nicht mehr gewöhnt in diesem Land. Das kann ja nur "Populismus" sein, gell.

    • @Rolf B.:

      Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen im Land, gute Idee.



      Stattdessen haben wir jetzt noch eine weitere Partei, die über "die Menschen im Land" salbadert und dabei ein homogenes Kollektiv der Mehrheit fantasiert, zu dem "abgehobene Eliten", "migrantische Parallelgesellschaften" und "skurrile Minderheiten" nicht gehören - mehr noch: was letztere für ihr Leben wollen, sei jenseits von "Gerechtigkeit" und "Vernunft", sei einfach "irre".



      Wer wirklich Politik für die Menschen im Land machen will, wird sich der Komplexität der heutigen Gesellschaft stellen müssen. Das BSW demgegenüber bietet nur Simpifizierung und hohle Schablonen.

      • @mats:

        Danke, sehe ich auch so!

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Aber wenn die Ampel wirklich die AfD bekämpfen wolle, müsse sie ihre „miserable Politik“ ändern.""



    ===



    Deckungsgleiche wenig differenzierte ätzende Rhetorik a la Friedrich Merz inklusive Abstinenz von BSW Vertretern -- gegen Rechts, Rechtsradikal, Rechtspopulismus ausgelöst durch die Wannseekonferenz vom 25.11.2023 stattgefunden in Potsdam ---



    auf die Straße zu gehen.

    2.. An Frau Daniela Dahm



    Es war der jüdische Bataillonskommandeur Anatoly Shapiro der 1. ukrainischen Front der nachdem er in Krakau 3 Tage vorher von Auschwitz erfahren hatte, das Konzentrationslager befreite.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Soweit ich weiß, hat die Rote Armee ihre Bataillone (bzw. Fronten) nach der Richtung benannt, aus der sie kamen. 1. Ukrainische Front = „Aus Richtung Ukraine kommend“. Da waren Kämpfer aus allen Sowjetrepubliken dabei. Und die Kommandanten kamen auch von überall her. Ich empfehle Ihnen den Film „Ich war 19“ mit Jäckie Schwarz in der Hauptrolle.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      "Es war der jüdische Bataillonskommandeur Anatoly Shapiro der 1. ukrainischen Front der nachdem er in Krakau 3 Tage vorher von Auschwitz erfahren hatte, das Konzentrationslager befreite."

      Allein?

      Letztlich waren es tatsächlich die Millionen Soldaten der Roten Armee aus allen Teilen der Sowjetunion, die die Nazis so weit zurück getrieben haben, dass Auschwitz befreit werden konnte.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Und darunter auch Millionen von Ukrainern

        • @Ruhrpott-ler:

          Ja natürlich. Aber da wird's kompliziert.

          So weit ich informiert bin, sagt die aktuelle ukrainische Regierung, die Rote Armee hat die Ukraine 1943/44 besetzt. Also wurde die Ukraine (auch) von Ukrainern besetzt...

  • Das Paralleluniversum der AfD-Fans wurde also nun um eine linke Alternative erweitert. Man muss es theoretisch wohl gut finden, wenn man dem Faschismus keine Chance geben will. Trotzdem ängstigt es, dass auch diese Partei die EU mit demonstrativer Nichtbefolgung der Richtlinien zerstören, die Genfer Flüchtlingskonvention aussetzen und den russischen Angriffskrieg mit einer blinden Unterwerfungsorgie honorieren will.

    • @hedele:

      Hier ist die Frage, ob das BSW weniger faschistisch ist. Immerhin sind sie sozialistisch und national.

      • @Peter Danziger:

        "national"

        Weiter oben habe ich mal ein paar Führungskräfte des BSW aufgezählt. Besonders "national" ist das nicht. Die Meisten ständen bei der AfD auf der Deportationsliste.

        Es ist eben ein Unterschied, ob man fordert, Probleme erst mal vor Ort anzugehen, satt auf Lösungen der EU zu warten, die nie kommen oder ob man nationalistischen Blut und Boden Schwachsinn verbreitet.

        Übrigens funktioniert die Bundesrepublik genau so. Durch die Aufgabenteilung von Bund und Ländern.

  • "Das ist Wagenknechts Partentrezept gegen Rechts." Ich glaube, das trifft es nicht. Aus Wagenknechts Sicht sieht es wahrscheinlich eher so aus, dass Rechts (oder auch Klima und einige andere Themen) nicht ihre Hauptthemen sind, d.h. sie sucht gar nicht nach einem Patentrezept gegen Rechts. Der erste Absatz zeigt wie scharf sie gegen Teile unserer Gesellschaft schießt - da drücken sich wahrscheinlich eher Schwerpunkte ihrer politischen Agenda aus. Das beruht auf Gegenseitigkeit, für viele Menschen ist auch umgekehrt Wagenknecht ein rotes Tuch. Insgesamt ist es für mich ein Ausdruck der Spaltung in der Gesellschaft. Für sehr viele Menschen und Gruppen ist der Toleranzbereich überschritten und mit jeweils vielen anderen Gruppen will man keine Politik mehr gestalten, auch nicht im Wettstreit oder scharfen Diskurs, sondern nur nach vorhandenen Kräften zeigen, dass man nicht mehr bereit ist noch einen Millimeter nachzugeben.