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Antisemitismus in DeutschlandNeue Welle des Hasses

Das Lagebild Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung zeichnet ein düsteres Bild: Die Zahl antisemitischer Vorfälle ist enorm gestiegen.

Gedenken an die Reichspogromnacht 2020 in Berlin-Moabit Foto: Stefan Boness/Ipon

Berlin taz | Seit dem Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel am 7. Oktober erleben Jüdinnen und Juden in Deutschland eine neue Welle des Antisemitismus wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Das ist eine der Erkenntnisse des „Zivilgesellschaftlichen Lagebilds Antisemitismus“ der Amadeu Antonio Stiftung, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Als Folge der judenfeindlichen Vorfälle in Deutschland würden Kinder nicht mehr in jüdische Kindergärten geschickt, Mesusot – die jüdischen Tür­segen – von den Türrahmen entfernt und Veranstaltungen aus Sicherheitsgründen abgesagt, berichtete dabei der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein.

„Es schmerzt mich, diese Sätze nur zwei Tage vor dem 85. Jahrestag der sogenannten Reichskristallnacht von 1938 sagen zu müssen. Dennoch möchte ich hier versichern: Es ist nicht das Jahr 1938“, so Klein. Das Gift des Antisemitismus existiere immer noch, aber „im Jahr 2023 leben wir in einer gefestigten Demokratie mit einem Rechtsstaat, der uns schützt und verteidigt“. Die deutsche Regierung lasse nichts ungeschehen, damit Jüdinnen und Juden in Deutschland frei und sicher leben können, denn „nie wieder ist jetzt“, appellierte Klein.

Erst vergangene Woche hatte das Bundeskriminalamt bekannt gegeben, dass es in Deutschland seit dem Angriff der Hamas über 2.000 Straftaten mit Bezug zum Krieg registriert hat. Auf der Pressekonferenz am Dienstag wies Beate Küpper, Sozialpsychologin und Professorin für Soziale Arbeit, nun darauf hin, dass jüngere Menschen in Deutschland inzwischen „antisemitischer sind als ältere“.

Antisemitismus auch unter Muslimen weit verbreitet

Es gebe außerdem bislang kaum Studien, die Aussagen über einen spezifischen Antisemitismus der muslimischen Bevölkerung erlaubten. Doch die bisherigen Hinweise ließen den Schluss zu, dass Antisemitismus unter eingewanderten Muslimen weit verbreitet sei. Die Fokussierung auf muslimische und migrantisierte Personen in der aktuellen Lage sei wichtig, dürfe aber nicht dazu dienen, „vom Antisemitismus in der Mitte der Bevölkerung“ abzulenken.

„Die Bilanz der letzten Wochen lautet: Antisemitismus hat einen Platz in Deutschland“, sagte Nikolas Lelle, Projektleiter der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung. Rechtsextreme setzten „im Windschatten der Verherrlichung des Terrors“ ihre Angriffe auf die Erinnerung fort, fügte er hinzu und forderte, diese Entwicklungen nicht aus den Augen zu verlieren.

Lelle betonte zudem, dass „jede Variante des Antisemitismus“ in Deutschland auch zu „Schlussstrich-Rufen“ und Angriffen auf die Erinnerungskultur führe. Laut dem am Dienstag veröffentlichten Lagebild wird vor allem die Arbeit in Gedenkstätten und Erinnerungsorten seit dem vergangenen Sommer behindert und Antisemitismus zur Zerschlagung der Erinnerungskultur genutzt. Vor allem wiederholte Attacken wie jene der AfD in den vergangenen Jahren, die eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ forderte, führten zu mehr antisemitischen Vorfällen sowie „zur sukzessiven Verschiebung des Mach- und Sagbaren“.

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49 Kommentare

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  • Ein paar Untersuchungen gibt es schon, die von David Ranan beispielsweise.



    Und klar ist: es gibt jene, die Antisemitismus den Muslimen qua ihres Muslimischseins zuschreiben, und jene, die argumentieren, dass nicht muslimische Kulturgeschichte auslösend ist (irgendwelche antijüdische Polemiken, die sich schon in Hagiographien aus dem 9.Jh. finden oder so etwas), sondern vor allem der Nahostkonflikt, der als Linse wirkt (die Sicht prägt und in der Lage ist Feuer zu entfachen).

  • Seit Jahren wird ein anti-liberales Weltbild immer offener propagiert, der soziale Ausgleich zwischen den Schichten ist kein poltisches Ziel mehr, Intoleranz wird hingenommen.



    Wenn Thilo Sarrazin einen rassistischen-rechtsextremen Bestseller schreibt und dafür Beifall von teilweise bürgerlichen Kreisen erhält, dann noch lange in der SPD bleiben darf, dann zeigt das auf, dass der Antisemitismus tief mit einem intoleranten Charakter unserer Gesellschaft zusammen hängt.



    Wer sich die Ergebnisse der Verhandlungen über die Aufnahme von Geflüchteten anschaut, der erkennt sofort diese Handschrift.

    Man kann Israel- und Judenfreundlichkeit nicht dauerhaft staatlich verordnen.

    Das ist die bittere Essenz, sondern es muss eine liberale, fortschrtitliche und leistungsfähige Politik geben. Eine liberale Demokratie muss vorbildlich, nicht abschreckend sein. Mann kann mit der evangelischen Kirche jährlich nach Ausschwitz fahren, das bringt es alleine nicht mehr. Und in HH hat man den Geschichtsunterricht eingedampft, viele Kinder wissen nur sehr wenig über Deutschland, immer weniger über die Jugendverfolgung und die NS-Diktatur. Die Politik muss dieses Thema endlich ernst nehmen und politische Bildung richtig wichtig nehmen. Wenn die AfD als rechtsextreme Partei so stark werden kann, ist das drei vor zwölf. Anti-Semitismus muss man beharrlich und jahrelang bekämpfen, es reicht nicht wenn Studenten und Abiturienten ab und an nach Polen oder Israel fahren.

  • Aktuell ist Antisemitismus im Gaza damit verbunden, dass wohl jeder Bewohner jemanden kennt, der durch die Bombardierungen von Hamas-Stellungen als Kollateralschaden gestorben ist. Menschen mit persönlichen Bezügen sind ähnlich schockiert. Traumatisierungen finden sich also nicht nur auf israelischer Seite.

    Das zu verdrängen und die Erinnerungen daran zu ignorieren wird der Bekämpfung von Antisemitismus einen Bärendienst erweisen. Die Welt hat sich geändert. Die Aufgaben der Erinnerungskultur und die Arbeit gegen Antisemitismus, Nationalismus und Rassismus sind größer geworden.

  • Wahrscheinlich gibt es auch keine Studien zur größten deutschen rechtsextremen Vereinigung, die einen eliminatorischen Antisemitismus predigt.



    Aber ich will ja nicht ablenken.



    www.verfassungssch...n-deutschland.html

  • To whom it may concern, hier eine sehr lesenswerte Analyse über Antisemitismus, seine Herleitung aus dem kapitalistischen Widerspruch von abstrakt und konkret und einer Erklärung des antisemitischen Charakters des islamistischen Hamas-Terrors.

    Immer gut beraten, bei "Emanzipation & Frieden":

    emafrie.de/antisemitismus-und-terror/

    • @Jim Hawkins:

      Dort ( hier der korrekte Link emafrie.de/antisemitismus-und-terror/) steht; "Im Antisemitismus erscheinen die konkrete Arbeit und die Fabrik als das Gute, während das Geld und seine Institutionen als das Böse erscheinen. Dann ist ja bereits jeder Antikapitalismus antisemitisch.

      Das hört sich aber ziemlich verquierlt an. Ist im Kapitalismus Geld etwa böse?

      • @Rudolf Fissner:

        "Dann ist ja bereits jeder Antikapitalismus antisemitisch"

        Nö, nur verkürzte Schmalspur-Kapitalismuskritik... Schon Marx war sehr viel klüger als dieser "Schaffendes-gegen-raffendes-Kapital"-Unsinn.

      • @Rudolf Fissner:

        Es geht um den Widerspruch von konkret und abstrakt, Gebrauchswert und Wert.

        Die Nazis sprachen von "schaffenden" und "raffendem" Kapital.

        Die gute Industrie und das böse Finanzkapital, das jüdisch identifiziert wurde.

        Im Übrigen kann ich ihnen Marx oder Postone nicht in fünf Sätzen erklären.

        Lesen Sie's doch einfach.

    • @Jim Hawkins:

      ...bitte den link überarbeiten - thx

    • @Jim Hawkins:

      Der Link läßt sich nicht öffnen.

  • Fremdenfeindlich ist wohl eine menschliche Eigenschaft, genau wie Kriege provozieren.

    • 6G
      665119 (Profil gelöscht)
      @Kappert Joachim:

      Israelis und Palästinenser sind sich wirklich nicht fremd.

      • @665119 (Profil gelöscht):

        20 % der Staatsbürger Israels sind Palästinenser.

  • Ja, gut; vielleicht etwas holzschnittartig formuliert von A. Kahane. Es gibt hier schon den einen oder die andere ohne antisemitische Grundausstattung. Aber im Wesentlichen trifft die Aussage in dem zitierten Artikel zu. Wie gerade zu erleben ist, nimmt sich die antisemitische Verfolgungsbereitschaft der überkommenen NS-Volksgemeinschaft ff dramatisch offen ihren Raum.

    • @Beate Homann:

      Es ist wohl nicht nur die überkommene NS-Volksgemeinschaft.

      Das ist ja das Erschreckende.

  • Weil nicht wahr ist, was nicht wahr sein darf?

    Für die Linken gab es Antisemitismus immer nur von "Rechten mit deutschen Wurzeln", dass er aber auch aus der islamisch/arabischen Ecke kommen kann wurde glatt verleugnet.



    Nun stellen sie fest, dass Antisemitismus auch andere als deutsche Wurzeln haben kann und machen auf schockiert.



    Leute, was gerade geschieht war Jahrzehnte absehbar, nur wehe jemand hat es ausgesprochen.



    Antisemitismus ist Antisemitismus und hat leider "international".

    • @Rudi Hamm:

      Der Antisemitismus hat weder deutsche noch muslimische, sondern christliche Wurzeln, wie man leicht an der Geschichte anitjüdischer Verfolgung in Europa sehen kann. Die deutschen sowie andere (Klerikal-)Faschisten (Kroatien, Ukraine, Litauen, etc.) haben die christlichen Antisemitismus übernommen und quasi industriell und buchhalterisch weitergeführt. Der Antisemitismus im nahen Osten wurde vor allem durch den Einfluss der deutschen Nazis, aber auch europäische Kolonial- und kulturelle Einflüsse bekannt gemacht und zum Teil abgekupfert.

      Das, was wir heute sehen, ist ein Art von Re-Import dieses europäischen Einflusses in Nahost. Der Islam selbst hat keinen Antisemitismus aus sich heraus entwickelt.

      In Europa ist der ursprüngliche christliche Antisemitismus wohl kaum dadurch verschwunden, dass fast alle europäischen Juden durch Ausrottung und Vertreibung verschwunden sind. Ich bin der Ansicht, der alte europäische Antisemitismus ist noch voll da, aber zum Teil umgeleitet auf andere Objekte und zum Teil sublimiert und hier selbstverständlich eher in rechtskonsverativen und rechtsxtremen bis neochristlichen Kreisen. Sicherlich gibt es aber auch Linke, die aus entsprechenden Elternhäusern stammen; das will ich gar nicht in Abrede stellen.

      Grundsätzlich ist die Linke aber auf Seiten der Menschenrechte, anders als die Rechten.

      • @Uns Uwe:

        Das ist wirklich ein spannendes Narrativ:

        "Der Antisemitismus hat weder deutsche noch muslimische, sondern christliche Wurzeln, wie man leicht an der Geschichte anitjüdischer Verfolgung in Europa sehen kann."

        Als würde es Mohammed, den Koran und diverse Hadithe nicht gegeben haben.

        Paternalismus?

        Deutschlandzentriertes Denken?

        Projektionen?

    • @Rudi Hamm:

      Ich will ihnen im Grunde nicht widersprechen, aber trotzdem darauf hinweisen, dass der arabische Antisemitismus in seiner heutigen Form ein Exportschlager aus Deutschland ist. Der Propagandaapparat des dritten Reiches hat maßgeblich dazu beigetragen den "modernen" Antisemitismus in den muslimischen Ländern zu verbreiten. Man könnte also auch bei dem Phänomen, was die hier beschreiben von einem Antisemitismus mit deutschen Wurzeln sprechen.

      • @BakuninsBart:

        Die Nazipropaganda hat zwar dazu beigetragen, den deutschen Antisemitismus in muslimischen Ländern zu verbreiten. Das ändert aber nichts daran, dass diese Propaganda dort auf sehr fruchtbaren Boden gefallen ist und anderswo nicht. Die Nazis haben auch z. B. im besetzten Dänemark antisemitische Propaganda verbreitet, ohne damit große Zustimmung zu ernten. Propaganda, die aus dem fernen Ausland kommt, kann nur Erfolg haben, wenn bei den Empfängern eine grundsätzliche Zustimmung zum Inhalt der Aussagen bereits vorhanden ist.

      • @BakuninsBart:

        "Der Propagandaapparat des dritten Reiches hat maßgeblich dazu beigetragen den "modernen" Antisemitismus in den muslimischen Ländern zu verbreiten."

        Das lese ich hier in den Kommentaren immer wieder. Können Sie halbwegs belastbare Quellen dafür nennen?

        • @Fairchild670:

          Hier einige Auszüge aus dem Buch

          "Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand."

          des Politikwissenschaftlers Matthias Küntzel, veröffentlicht und kommentiert im Deutschlandfunk am 17.10.2019 unter folgendem Link:

          www.deutschlandfun...emitismus-100.html

          Das lässt sich auch als Podcast herunterladen.

        • @Fairchild670:

          Ja, kann ich. Müsste jetzt länger nach originalquellen aus der Zeit suchen, aber falls einer sekundärquelle ausreicht, hätte ich spontan diesen Artikel vom Deutschlandfunk im Angebot: www.deutschlandfun...emitismus-100.html



          Sonst zur weiteren Eigenrecherche mal nachdem Großmufti von Jerusalem Mohammad Amin Al-Husseini und dem Radio Zeesen suchen.



          Das im Deutschlandfunkartikel vorgestellte Buch habe ich selber nicht gelesen, aber es lohnt interessant und könnte auch einen Blick wert sein, bei tieferem Interesse an der Thematik.

    • @Rudi Hamm:

      Derlei Aussagen über „linken Antisemitismus“ habe ich in der vergangenen Zeit recht zahlreich gelesen. Übrigens auch davor schon - gerade der Medienkonzern, dessen Name an ein Schachpferd denken lässt, strickt seit gefühlten Äonen an dieser Erzählung. Sie ist auch nicht falsch, dient aber sehr der Entlastung der (Ur-)Großelterngeneration und dem heutigen „ ‚Wir‘ werden doch jetzt endlich wieder frei sagen dürfen, dass…“ Denn: „Deutschland“ ist ja „Erinnerungsweltmeister“ (was allerdings kein Widerspruch dazu zu sein scheint, dass Reparationen und Entschädigungen nur in sehr geringem Maße geleistet wurden; zudem sind viele der Gedenkveranstaltung von einer merkwürdigen Abwesenheit der Nennung von Tätern geprägt). Ergänzend dazu auch noch die recht steile These, die „Nazis seien eine linke Partei“ gewesen. Wurde in der NSDAP permanent Marx gelesen und Engels zitiert? Waren Mussolini, Franco und auch die faschistoiden militaristischen Herrscher des Kaiserreichs Japan auch Linke? Wurden daher (deutsche) Kommunisten mit als erste in Konzentrationslager deportiert bzw. gleich umgebracht? War dann der Überfall auf die Sowjetunion eine Art ‚linker Bruderkrieg‘? Waren dann die ganzen Nach-NS-Karrieren in der Adenauer-Restauration ‚linke‘ Erfolgsgeschichten? Sind Neonazis ‚links`?



      Genug davon, zurück ins Hier und Heute: Der letzte Bericht des BMI nennt die Zahl von 84% aller antisemitischen Straftaten, die dem rechtsradikalen Milieu zuzuordnen sind. Äußerungen, die die Hamas-Barbarei verharmlosen, gibt es sicher, auch von Linken. Widersprecht dem, zeigt eure Haltung! Aber dieses Verurteilen von anderen Gesinnungen ist einem Ende des Mordens nicht dienlich. Auch nicht das endlose „Linke äußern sich viel zu …“ - für wie wichtig werden „Linke“ da eigentlich gehalten? Sitzen die seit Jahrzehnten an den Schalthebeln der Macht? Völlig am Ende und doch unglaublich einflussreich? Que teoría de conspiración más absurda!

      • @Earl Offa:

        Ihre Kontextualisierung imersten Absatz passt nicht.

        Aber Sie sagten ja selbst: genug davon.

        Die Zahlen des BMI beruhen aus einer Zuordnung, die teilweise ohne Kenntnis der Täter erfolgte.

        Ein aufgemaltes Hakenkreuz wird da rechts zugeordnet.

        Dass dieses auch islamistisch orientierte Täter aufmalen, die eigentlich ja auch rechts sind, relativiert die Differenzierung.

        In Deutschland muss man sagen, ja Linke sitzen seit Jahrzehnten an den Schalthebeln.

        Die SPD als Dauerpartner der CDU, reihenweise grüne Landesregierungen, in Berlin die Linke immer wieder in der Landesregierung.

        Unter Merkel rutschte auch die CDU nach links.

        Der Medien-Mainstream ist linksliberal.

        Linke Integrität ist da nicht.

    • @Rudi Hamm:

      Und das obwohl Antisemitismus gerade unter deutschen Linken weit verbreitet war und ist. Man werfe nur mal einen Blick auf die Biografie von Dieter Kunzelmann, geachtet und verehrt von Renate Künast und Karl Lauterbach, der Ende der 60er Jahre ein starkes Bedürfnis hatte etwas gegen den "Judenknax der Deutschen" zu unternehmen.

  • Seitdem die Leiterin der Amadeu Antonio Stiftung neulich bei Haaretz - einer ziemlich bekannten israelischen Tageszeitung - verkündet hat, dass, wenn alle Antisemit*innen Deutschland verlassen würden, nur noch Juden/Jüdinnen übrig bleiben würden, betrachte ich die gesamte Stiftung mittlerweile doch mit recht kritischen Augen:



    "Or, as Kahane puts it, much more bluntly: “If you deported everyone [in Germany] who was antisemitic, then this country would be Jewish.” Quelle: www.haaretz.com/wo...-a1cb-9fed7eb30000

    • @Patricia Jessen :

      Fügt man die Zeilen davor hinzu, sieht es etwas anders aus:

      "It’s also problematic, he adds, because antisemitism exists across German society and not only among its immigrants. Or, as Kahane puts it, much more bluntly: “If you deported everyone [in Germany] who was antisemitic, then this country would be Jewish.”

      Kahane wollte mit dieser Überspitzung darauf aufmerksam machen, dass es keinesfalls nur muslimischen Antisemitismus gibt.

      Diese Wortwahl würde ich einer deutschen Jüdin in diesen Zeiten nicht allzu übel nehmen.

      Und: Haaretz ist die weltweit bekannteste israelische Zeitung. Außerhalb Israels.

      • @Jim Hawkins:

        "Diese Wortwahl würde ich einer deutschen Jüdin in diesen Zeiten nicht allzu übel nehmen."

        Ich schon. Der Vorwurf des Antisemitismus ist ein schweres Kaliber - gerade, aber nicht nur in Deutschland: Wir sind gehalten, diesen Vorwurf persönlich zu nehmen, uns zu hinterfragen, ob etwas dran sein könnte und ein schlechtes Gewissen zu haben allein weil er erhoben wird. "Deutsche sind Antisemitisten" ist nicht auf einer Ebene mit "Soldaten sind Mörder" oder ähnlichen mehr grundsätzlich ethischen Streu-Urteilen. Ihn so übertrieben einzusetzen (und ja, das ist nicht bloß überspitzt), macht daher den Vorwurf kaputt - verletzt, raubt dem Vorwerfenden die moralische Autorität (siehe Ofarim) und wirkt inflationär. Wer damit als Jüdin leichtfertig umgeht, schadet sich selbst.

        • @Normalo:

          Hanna Arendt sagte:

          "Vor dem Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher."

          Würden Sie der auch vorwerfen, dass sie große Kaliber auffährt?

          • @Jim Hawkins:

            Nein, denn sie sagt (leider) die Wahrheit. SICHER ist man vor Antisemitismus wohl wirklich nirgends auf der Welt. Das ist aber etwas Anderes als die Behauptung, in Deutschland seien quasi nur Juden KEINE Antisemiten.

          • @Jim Hawkins:

            Hanna Arendt ist damit aber deutlich moderater als Kahane.

        • @Normalo:

          Na dann, Frau Kahane wird sich über diese Belehrung sicher freuen.

    • @Patricia Jessen :

      Ein Nachtrag: was ich übrigens auch selbst sehr schade finde, weil ich die Publikationen der Stiftung immer sehr geschätzt habe.

      • @Patricia Jessen :

        Warum kritisch? Sie hat doch recht?

        • @Troll Eulenspiegel:

          Daraus schließe ich also, das auch sie entweder Jude oder Antisemit sind.

          • @Volker Racho:

            Dann schließt du es halt. Ich will mich aber nicht mit fremden Federn schmücken. Was aber so schlimm sein soll, Jude zu sein, erschließt sich mir widerum nicht.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Sie behaupten also, sämtliche nicht-jüdische Migranten in Deutschland seien Antisemiten? ;)

        • @Troll Eulenspiegel:

          So, hat Sie wirklich Recht? Das heißt, nicht nur ich, sondern auch Sie und alle hier sind Antisemiten?

          Auch diejenigen, die sich seit Jahren gegen Rechte engagieren, alle Gegendemonstranten bei einem Nazi-Aufmarsch, sofern sie "biodeutsch" sind?

          • @ PeWi:

            ...hast du Jim Hawkins Beitrag gelesen? Weil sonst ist erstmal der Zusammenhang nicht gegeben.

            • @Troll Eulenspiegel:

              Wo genau ist da der Kontext, der die Aussage weniger pauschal und absolut macht?

  • "dürfe aber nicht dazu dienen, „vom Antisemitismus in der Mitte der Bevölkerung“ abzulenken."

    So allgemein theoretisch ist das natürlich richtig. Aber mich würde mal interessieren wie hoch dessen praktische Relevanz im Vergleich zum migrantischen Judenhass angesehen wird. Der klassische deutsche Judenhass, der auch eine physische Gefahr darstellt, betrifft doch eher Regionen, in denen es doch so gut wie keine jüdische Bevölkerung gibt oder? Gerade die israelisch-jüdische Community konzentriert sich doch in Berlin...

    • @Chris McZott:

      Berlin ist die Hauptstadt der rechten Straftaten und bei allen Deliktsformen von Rechtsradikalen stets Spitzenreiter in den Statistiken. Dieses Berliner Wunschdenken nur die doofen Hinterwäldler hätten solche Probleme übersteht keinen Realitätscheck. Von Berlinern wird ja auch immer gern behauptet, bei uns würde es NoGo Areas geben, während das eigentliche Risiko überfallen zu werden am Alexanderplatz um ein Zwanzigfaches höher ist als hier laut PKS.

    • @Chris McZott:

      Ehrlich gesagt, wenn ich im Moment solche Sätze lese (Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft), da habe ich den Eindruck, man versucht, gewisse politische Narrative zu "retten", nachdem seit den Ereignissen nach dem 7. Oktober kein Weg mehr daran vorbeiführt, dass auch Linke den Antisemitismus unter Muslimen wahrnehmen müssen.

      Und die früher von Konservativen vertretene These, letzterer sei viel schlimmer und viel gefährlicher als der "einheimische Judenhaß", läßt sich nun auch nicht mehr so leicht vom Tisch wischen.

      • @ PeWi:

        Inwiefern soll es irgendwie hilfreich bei der Bekämpfung von Antisemitismus sein, die deutsch-nationalistischen AntisemitInnen im Vergleich mit arabisch-nationalistischen AntisemitInnen als weniger schlimm zu labeln? Das Problem an den AntisemitInnen ist ihr Antisemitismus und nicht ihre Nationalität.



        Sie leisten mit seiner solchen Argumentation nur rassistischen Mobilisierungen Vorschub und sprechen die AfD und ihre Nazi-Freundinnen von ihrem Judenhass frei. Damit leisten sie dem Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst.

        • @BakuninsBart:

          Wie kommen Sie denn darauf, ich wolle den Antisemitismus der "Biodeutschen" verharmlosen?



          Selbstverständlich sind Nationalität oder Religion bei Antisemiten egal.

          Aber es war bis vor Kurzem gerade in liberalen und linken Kreisen eher üblich, den "eingeborenen" Judenhaß in den Vordergrund zu stellen, und den der muslimischen Migranten herunterzuspielen.

          Natürlich gibt es den Antisemitismus bei den Deutschen nach wie vor, aber im Moment ist der nicht das zentrale Thema der politischen Debatte.

          Und mit "gefährlicher" meinte ich, daß auch vor dem 7. Oktober in manchen Großstädten das Tragen einer Kippa, oder das Zeigen der israelischen Flagge, wohl eher bei Muslimen zu aggressiven Reaktionen geführt hat.

  • Wird tatsächlich zwischen Antisemitismus und Ablehnung der israelischen Regierungspolitik unterschieden oder wird nicht alles in einen Topf geworfen? Ich lehne das ultranationalistische Regierungshandeln der Regierung ab. Bin aber kein Antisemit. Ich wünsche mir eine israelische Regierung, die die demokratischen Werte verteidigt und nicht drauf und dran ist diese mit Füßen zu treten. Ich glaube so geht es vielen im Land.....

    • @KielerSprotte:

      exact! Da wird vieles an Protesten bezüglich des israelischen Staates (Mißhandlungen der Palästinenser durch konservative jüdische Siedlern) verwechselt. Das historisch bedingte Brauchtum und der Erfolg von Handel und Unabhängigkeit der Juden, weckt bei den Neidern Aggressionen.