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Fehlerkultur in der SPDDie Identität wankt

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Sigmar Gabriel gibt zu, die russische Gefahr unterschätzt zu haben. Für die SPD wird es dennoch nicht einfach, Vertrauen und Ansehen zurückzugewinnen.

Liebevolle Blicke: Sigmar Gabriel und Wladimir Putin bei einem Gespräch 2017 Foto: Thomas Imo/imago

D as Osterwunder des Jahres 2022 lieferte Sigmar Gabriel: Der Ex-SPD-Chef, bisher vor allem fürs Austeilen bekannt, übte Selbstkritik. Die russische Gefahr unterschätzt zu haben, sei „eine berechtigte Kritik, die sich die allermeisten von uns in der Politik gefallen lassen müssen“, schrieb er in einem Gastbeitrag für den Spiegel. „Es war ein Fehler, bei den Einwänden gegenüber Nord Stream 2 nicht auf die Osteuropäer zu hören. Das war auch mein Fehler“, sagte er wenige Tage später der Welt.

Nun gut, nicht jeden konnte Gabriel damit überzeugen – was vor allem daran lag, dass er seine Selbstkritik direkt mit Gegenangriffen garnierte und dem ukrainischen Botschafter die Verbreitung von Verschwörungstheorien vorwarf. Zu hoch darf man den Anspruch an die Vergangenheitsbewältigung in der SPD aber auch nicht legen: Es ist erst acht Wochen her, dass sich mit dem russischen Überfall auf die Ukraine jahrelange Grundsätze sozialdemokratischer Außenpolitik als Irrtum erwiesen. Mit Verweis auf Willy Brandt und dessen Ostpolitik hatte die Partei diese Grundsätze stets historisch überhöht. Bei der Aufarbeitung eigener Fehler im Umgang mit Russland gerät also ein Kern sozialdemokratischer Identität ins Wanken. Kein Wunder, dass sich die SPD nur langsam rantastet.

Zumal manch überzogener Angriff von außen die Bereitschaft zur schonungslosen Selbstkritik sicherlich nicht fördert. Unter Beteiligung der SPD haben deutsche Regierungen die Abhängigkeit Deutschlands von Russland vergrößert und damit die Rahmenbedingungen für diesen Krieg verbessert, keine Frage. Sie haben aus einer Mischung aus Naivität und Gier nach günstigen Rohstoffen falsche Entscheidungen getroffen. Intendiert haben sie den Krieg damit aber nicht; die direkte Verantwortung liegt allein bei der russischen Regierung. Deutschlands Fehler haben auch nicht die Sozialdemokraten allein begangen, Konservative und Wirtschaftsvertreter waren ebenfalls beteiligt – sie neigen nur aus Tradition weniger stark zur Selbstkritik und geraten somit auch jetzt nicht in den Fokus.

Und schließlich: Wohlfeil ist es, mit dem Wissen von heute sämtliches sozialdemokratisches Handeln der Vergangenheit zu verdammen. Zum Beispiel das endlose Festhalten am Minsker Prozess zum Krieg in der Ostukraine, der eine politische Lösung anstrebte: Rückblickend war er zum Scheitern verurteilt, Anzeichen dafür mag es über Jahre gegeben haben. Gewissheit lieferte aber erst der 21. Februar, an dem Wladimir Putin die selbsternannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk anerkannte. Bis dahin hatten auch Paris, Kiew und am Ende sogar die neue grüne Außenministerin, Annalena Baerbock, in Berlin die Hoffnung auf den Erfolg des Minsker Abkommens nicht aufgegeben.

Alte Stärke – und der Kollaps

Damit aber fürs Erste genug des Verständnisses für die SPD und ihre schwierige Vergangenheit. Immerhin sitzt sie nicht in der Opposition, wo sie ihre Verhältnisse in Ruhe ordnen könnte. Sie ist ironischerweise gerade in dem Moment zu alter Stärker zurückgekommen, in dem der Kollaps ihrer Ostpolitik seinen Lauf nahm. Sie sitzt in der Verantwortung, selbstgewählt, und muss jetzt mit den Folgen ihrer unbewältigten Fehler zurechtkommen. Zuerst: mit dem immensen Misstrauen – ob sie es für ungerecht hält oder nicht.

Das Misstrauen schlägt der SPD entgegen in der Bewertung der deutschen Reaktion auf den Krieg. Die ist im internationalen Vergleich faktisch mittelmäßig. Ein sofortiger Energieboykott scheitert innerhalb der EU nicht ausschließlich an der Bundesregierung, aber auch an ihr. Waffen liefert sie bislang schon in nicht unwesentlichem Umfang, in Zukunft kommen über einen Ringtausch mit Slowenien offenbar auch Panzer hinzu. Manche Nato-Staaten machen bisher mehr als das, manche weniger.

Das Sondervermögen als Streckversuch

Trotzdem schlägt speziell der Bundesrepublik international die größte Kritik ob ihrer vermeintlichen Passivität entgegen. So wie national die Zweifel an der Führungsstärke des SPD-Kanzlers Scholz zunehmen, während die Umfragewerte der Grünen-MinisterInnen Habeck und Baerbock steigen – obgleich sie alle zusammen ein und dieselbe Regierungspolitik tragen. Wer in der Vergangenheit richtig lag, trägt jetzt einen Vorrat an Vertrauen mit sich. Wer falsch lag, steht dagegen unter besonderer Beobachtung. Er müsste sich schon ordentlich strecken, damit mal etwas genug ist.

Als Olaf Scholz vier Tage nach Kriegsbeginn das Sondervermögen für die Bundeswehr ankündigte, war das so ein Streckversuch. Dessen Effekt verpuffte aber, weil die 100 Milliarden nicht dazu gedacht sind, den Krieg in der Ukraine zu beenden, die grausamen Nachrichten von dort aber nicht abreißen. Was bleibt sonst? Personelle Konsequenzen für diejenigen in der Partei, die besonders daneben lagen – Stichwort Manuela Schwesig – will die SPD nicht ziehen. Für starke Symbole aus der Kategorie Kniefall ist Olaf Scholz nicht der Typ. Demut im Ton, Gelassenheit bei Kritik sind auch keine Stärken der Sozialdemokratie. So schnell wird das Vertrauen also nicht zurückkommen.

Innenpolitisch ist das verkraftbar, auch wenn die Union unter Friedrich Merz den Druck erhöht. Außenpolitik hat schließlich selten eine Wahl entschieden. International aber ist die Sache schwieriger: Frisch im Amt hat der Kanzler schon an Ansehen verloren, bevor er sich überhaupt welches zulegen konnte. Für gewöhnlich kostet so etwas Einfluss – nicht nur in Fragen des Krieges.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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53 Kommentare

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  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Ohne Ironie.



    Allen Respekt Herr Scholz.



    Vom Outsider zum Retter der Diplomatie.

  • Diese Diskussion ist sehr seltsam. Ich persönlich z.B. fühle mich in gewisser Weise "schuldig", weil doch alles auf der Hand lag und doch reagierte ich wie viele viel zu lange mit den deutschen Nachkriegsreflexen: Keine Waffen, Wandel durch Handel usw. Über Nord-Stream 2 sich wundern, aber das nicht zu Ende denken usw. Die Skrupellosigkeit der Putinschen Variante von Imperialismus lag aber schon seit Tschetschenien, Georgien, dann Krim, dann Syrien klar auf der Hand. Zu schweigen von den perfiden Morden, sogar mitten im verschlafenen Berlin!!! Aber immer so ein kleines Mäntelchen von Legitimation, oder Unschärfe, ob er es nun wirklich war oder sich nur daran ergötzt. Und Lachen über Sanktiönchen! Und dann dieser Krieg. Völlig stoisch vorbereitet und ohne jegliche greifbare Legitimation: Keine Volksabstimmung, kein vorheriger kleiner Putsch, kein Ruf nach russischen Friedenskräften, sondern einfach und brutal mit vielen Lügen gegenüber allen, die doch gerne verhandelt und eine Friedenslösung gefunden hätten. Spätestens jetzt muss jeder erkennen, wo der Marsch der Panzer hingeht: Dass dies ein dramatischer Schritt in einem Systemkrieg um Europa ist und wir wohl im nächsten Schritt mindestens die nächsten zwanzig Jahre entweder ohne Ende aufrüsten oder uns einem russischen Hegemon beugen müssten. Da sind schwere Waffen für die Ukraine, die in einem dramatischen Überlebenskampf steht, jederzeit das kleinere Übel. Wie zynisch ist es, den Ukrainern, die Unterstützung zu verweigen angesichts all der Furchtbarkeiten? Wer da Frieden statt Waffenlieferung fordert, ist doch nun wirklich seit 24.2. offenkundig in veralteten und naiven (mittlerweile nur noch zynischen) Denkmustern hängen geblieben. Slawa Ukraijni! Und Dank! So bequem bekommen wir es nie mehr! Kriegt Putin/der russische Imperialismus jetzt eins auf die Nase, kann sich was zum Besseren wenden. Ansonsten sehe ich für Europa: rabenschwarz.

  • RS
    Ria Sauter

    Nur mal so als Tipp:



    Wie lange läuft die gute Beziehung zu den Kriegsverbrechern in den USA?



    Da sind die Transatlantiker der CDU und der Grünen so was von mit dabei.



    Hat noch nie jemand infrage gestellt

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Ria Sauter:

      Mal gugg' wie die Wahl heute in F ausgeht.



      Evtl. bietet Macron der EU eine zweite Chance für ein von den USA unabhängiges Europa.

    • @Ria Sauter:

      Aber Aber - Frau Fiedler - am hillich Sündach ook!

      Müssens denn immer die schlafenden Hühner von der Stange scheuchen?!!

      unterm—widme ehna ein Kompliment



      Original geht so: Einer meiner hier immer mal erwähnten Lieblingsweggefährten - den es als RA mit zwei Pferden über die Alpen nach Florenz verschlagen hat. Sitzt mit einem Kollegen am Trevi-Brunnen a cappucho & wie passend ein älterer Herr - der markantes über die HäufigkeitsVerteilung guter Schauspieler in Italien gesagt hat - am Nebentisch. Marcello & Anita fehlen - aber sonst - alles pico & Er - hat gerade wieder eins von seinen Knackigen rausgehauen! “Jo! Du bist so ein feiner Kerl. Aber eine schlechte Eigenschaft hast du doch! Nein. Eigentlich zwei:



      Du sagst immer die Wahrheit &! immer im falschen Moment!“

      kurz - Vllt nicht das Wort zum Sonntag.



      Aber doch passend - wa - 🙀🥳 - •

      • 8G
        82286 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Man, hab ich Sie vermisst.



        Wie eine gut durchgebackene Scheibe Schwarzbrot mit mit Griebenschmalz und Salz - ohne gestelzten Coriander.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""--- was vor allem daran lag, dass er seine Selbstkritik direkt mit Gegenangriffen garnierte und dem ukrainischen Botschafter die Verbreitung von Verschwörungstheorien vorwarf."""



    ==



    Worum geht`s ?

    Melnyk wirft der SPD vor ""ein Spinnennetz"" an Kontakten mit russischen Offiziellen aufgebaut zu haben - was den Anschein erweckt, die SPD habe mit Russland ""gekungelt, "" europäische & deutsche Interessen vergessen - um russische Interessen unhinterfragt zu ""unterstützen.""

    Melnyks Totalausfall richtet sich allerdings leicht kaschiert, aber genauso ungerechtfertigt, gegen Steinmeier - wegen der sogenannten ""Steinmeierformel"".

    Der nachvollziehbare unkaschierte Ärger Gabriels richtet sich frontal gegen Melnyks Lücke im Gedächtnis,



    das das Minsker Abkommen ein Waffenstillstandsabkommen war, verhandelt von Merkel, Macron, Putin und ergänzt von Steinmeier, welches der Ukraine Luft verschaffte in den Kriegswirren 2014 - 2015.

    Ohne dieses Abkommen gäbe es heute die Ukraine nicht mehr weil der russische Krieg ohne das Abkommen weiter gegangen wäre.- Die relative Ruhe nach dem Minsker Abkommen machte dem Aufbau einer schlagkräftigen Armee in den Folgejahren erst möglich und die Bundesrepublik war unbestitten diejenige, welche sich den zvilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufbau in den folgenden Jahren Milliarden kosten ließ.

    Klartext:



    Als Genosse Steinmeiers & als Ex- Außenminister ist Gabriel natütlich sowohl aus erster Hand hinsichtlich der Rettung der Ukraine 2015 informiert - und hat selber seinen Teil als Funktionsträger beigetragen.

    Sich also angesichts von Melnyks Diffamierung und der tatsächlich abgelaufenenen Geschichte sich quasi als ""russisch gesteuerter Unhold"" beschimpfen zu lassen ist der Anlass von Gabriels verständlicher Replik.

    Warum nun allerspätestens ab 2014 nicht erkannt wurde, das "Wandel durch Handel" nicht MEHR funktioniert - daruf gibt es immer noch keine klare Antwort.

  • Ich denke, solange Baerbock um die Welt gondeln muss, um zuvor von Scholz Gesagtes in verständliche Sprache zu übersetzen, kann aus einem besseren Ansehen des Bundeskanzlers nichts werden. Hoffentlich versteht er seine Worte wenigstens selbst.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Ja, wo war den da die Kanzlerin ???"



    Nu werden Se hier mal nicht sachlich. Schließlich geht es gegen die SPD.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      @THÜRINGER

  • Mir gefällt die auf gut informierten Niveau hart und kontrovers geführte Diskussion hier in der Kommune. Ich würde mir wünschen, im redaktionellen Teil Ähnliches geboten zu bekommen, bisher Fehlanzeige. Warum werden aus Pazifisten postwendend Bellizisten? Wie konnte die SPD Führung sich bei northstream 2 auf Brandts Ostpolitik berufen? Auch noch nach der Krimokupation 2014? Sah selbst Trump klarer als er versuchte northstream 2 zu torpedieren- nur um amerikanisches fracking Gas an uns zu verkaufen?

    Ziemlich eindrücklich ist es gestern "extra3" gelungen, die Timeline der deutsch-putinschen Agnosie zu bebildern:

    youtu.be/P-QE_xIr3FE

    (Der Rest der Sendung ist auch sehenwert)

  • Man könnte den Eindruck gewinnen, die Selbstkritik sei der Hauptfehler der SPD.



    Denn deswegen meckert alle Welt über sie, während der blanke wirtschaftliche Opportunismus und blinde Marktgläubigkeit der CDU unbehelligt bleibt.



    Genau das hat die CDU mit Engagement in die Abhängigkeit getrieben.



    16 Jahre Kanzlerschaft der CDU. Dort liegt die Hauptverantwortung!

  • Eine Frage zu den aktuellen, permanenten Vorwürfen zum "Umgang der SPD" mit Putin:



    Gab es da nicht bis vor wenigen Monaten eine Bundeskanzlerin Frau Merkel, die "von Amts wegen" die Richtlinien der Politik zu bestimmen hatte ??? ... und ... war bei Frau Merkel denn dann Außenpolitik von ihrer Richtlinienkompetenz ausgenommen ??? ... oder gab es keine Kommunikation zwischen Kanzlerin und Außenminister ???



    ... und mit den Wirtschaftsministern, die z.B. auch Nordstream 2 eingefädelt haben !!!???



    Ja, wo war den da die Kanzlerin ???



    (außer auf schönen Fotos mit Herrn Putin) ???



    Jetzt nur auf der SPD herumzutreten ist dann wohl doch etwas zu einfach !!!

    • @Thüringer:

      Es geht doch schon lange nicht mehr um klare Analysen.



      Jetzt ist die Zeit der SPD Verurteiler und Russenhasser, die Zeit der Transatlantiker, deren Einsatz für Frackinggas ja bereits gefruchtet hat.



      In der EU gibt es momentan keine politische Kraft, die Ideen zumindest für einen Waffenstillstand entwickelt. Diejenigen, die sagen, dass Putin nur im Krieg besiegt werden kann, opfern die Ukrainer für ihren Heroismus, der nichts kostet. Aber als Maulheld war man auf der richtigen Seite.



      Ich wünschte mir nichts sehnlicheres als Frieden in der Ukraine. Aber ich sehe keine politische Kraft, die sich dafür einsetzt.

      • @Rolf B.:

        Hier opfert niemand die Ukrainer, die haben den Kampf gegen den Invasor selbst aufgenommen und moechten dafuer die geeigneten Waffen bekommen. Ausserdem, wie meinen Sie, könnte Putin, der diesen Krieg begonnen hat, sonst besiegt werden? In einem Boxkampf? In einer Partie Mensch-aergere-dich-nicht? Und wie sieht ein "Frieden in der Ukraine" nach Ihren Wünschen aus? Ukraine incl. Krim und Donbass oder ohne? Ukraine als souveraener Staat oder als Verhandlungsmasse fuer "russische Sicherheitsinteressen"? Also, ein bisschen konkreter darf es schon sein...

        • @Volker Scheunert:

          "Hier opfert niemand die Ukrainer,"

          Unsinn. Männer werden GEZWUNGEN, sich für diese Oligarchie zu opfern. Das ist Fakt. Da lassen sich leicht vom bequemen Sofa heroische Sprüche klopfen. Kostet ja nicht unser Leben.

          • @Rolf B.:

            Okay die Masse der ukrainischen Soldaten kämpft freiwillig gegen die Russen, darum hat Russland hohe Verluste und kommt nicht vorwärts. In der russischen Armee werden Deserteure nach Aussagen von Kriegsgefangenen erschossen gleichzeitig werden Ukrainer im Donbas in die Armee gepresst.

    • @Thüringer:

      Das frage ich mich auch. Frau Merkel ist abgetaucht und steht nicht mehr zur Verfügung. Trotzdem finde ich die Russlandpolitik nicht per se falsch. Hätten wir anders gehandelt - wer weiß was dann auch Schlimmes passiert wäre.

  • Die SPD hat sich spätestens seit Schröder von der Notwendigkeit der Verteidigung der einheimischen Konzerne gegenüber vermeintlicher ausländischer Konkurrenz 'überzeugen' lassen und damit beim Arbeitsplatzabbau (zur Not gibts Hartz 4) und dem Zugriff auf günstig zu erwerbende Rohstoffe mitgeholfen. Und das in einer Zeit, wo VW, Daimler, Bayer & Co selber die Angreifer auf einem globalisierten Weltmarkt waren und sich sogar der Hilfe der Chinesen bedienten, um ihre Vorherrschaft mit billigeren Arbeitskräften und mit deutscher Kompetenz erworbenen Produktivitätsfortschritten ausserhalb Mitteleuropas abzusichern. Da sind Menschenrechte und Demokratie, Umweltkatastrophen und Klimaänderungen kein Hindernis mehr in der globalen Profitschinderei.



    Im Kampf gegen die Klimakatastrophe können die Altparteien, die die industrielle Aufrüstung und die weltweite Plünderung der Ressourcen mit unterstützt haben, keine Koalitionspartner einer viel zu spät einsetzenden Umweltbewegung sein. Kein Gas, keine Kohle und kein Oel an die Globalisten !

  • Der Beitrag verwischt deutlich mehr, als dass er klärt, letztendlich ist er nicht viel mehr als eine weitere lauwarme Entschuldigung der SPD. Es reicht völlig sich eines klar zu machen, nämlich dass das aktuelle Versagen der SPD nicht wirklich viel mit der Vergangenheit zu tun hat, sondern mit Angst, Unentschiedenheit und Schonhaltung. Nord Stream 2 mit Willy Brandt in Verbindung zu bringen ist keineswegs erst seit dem 21. Februar eine Frechheit, das hatte nie etwas mit Friedenspolitik zu tun, sondern immer nur mit nationaler Energiepolitik und parteipolitischer Eitelkeit. Dass die Sicherheit der Ukraine durch diese Pipeline eher geschwächt wurde war immer offensichtlich, dass Russland irgendwann einmal angreifen könnte war spätestens seit der Krim- Annexion mindestens möglich. Und das Minsker Abkommen war nie eine Hoffnung sondern immer nur eine Hoffnung auf Vertagung. Das vergangene Versagen ist natürlich ebenso Frau Merkel und der Union zuzuordnen wie der SPD, nur käme es gar nicht auf dieses Versagen an, wenn Scholz sich jetzt anders verhalten würde. Die SPD benutzt sogar die Diskussion um die Vergangenheit um sich hinter ihr zu verstecken. Es ist aber keineswegs so, dass irgendeine frühere vielleicht auch teilweise nachvollziehbare Hoffnung ein Argument für jetzige Passivität sein kann. Selbst wenn die SPD früher alles richtig gemacht hätte und jetzt dafür ganz zu Unrecht kritisiert würde, kann man daraus doch nicht folgern, dass sie jetzt richtig liegt. Man sollte sich den Tatsachen zuwenden und von der peinlichen und jämmerlichen Selbstverteidigung und Pseudo- Vergangenheitsbewältigung abwenden, zumal wenn sie derart bissige und wehleidige Formen zeigt wie bei Gabriel, Mützenich oder Steinmeier.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Es wird hier zurecht auch ein verstörendes Gefühl über die Rufe nach mehr und schwereren Waffen laut. Auch stellt sich die Frage wie es weitergehen soll, wenn denn doch die Waffen schweigen sollten. Woran soll man anknüpfen? Aber andererseits ziehen Putins Soldaten mordend und vergewaltigend durch die Ukraine und über 60% der russischen Bevölkerung scheint das irgendwie ok zu finden. Pardon, aber ein ganz ganz ganz kleines kleines Bisschen erinnert mich das an Hitlerdeutschland mit seiner stillhaltenden Bevölkerung. Daher kann es nur sinnvoll weitergehen wenn Putin in die Schranken gewiesen wird. Dass der Preis sehr sehr hoch werden kann lässt sich erahnen und ohne Risiko geht es schon mal gar nicht. Das ist für uns im gefühlt ewigen Frieden lebende Deutsche wohl sehr gewöhnungsbedürftig. Und daher haben sich auch die meisten über die bisherigen Russlandpolitik von CDU, SPD und FDP nicht aufgeregt. Ab und zu gab es ein Kopfschütteln wenn ein russischer Oppositioneller seinen "Tee nicht vertragen hat", aber ansonsten gab es wenig Debatten. Was die gute alte SPD so besonders übel dastehen lässt ist das Dickelippe-Gehabe von Schröder und auch sehr schräge Interviews des Herrn Platzeck, der immerhin gestand sich getäuscht zu haben. Es gibt hier keine Sonderschuld der SPD und bitte auch nicht die Ostpolitik von Brandt mit den Geschäften von Schröder verwechseln.



      Dass es gerade jetzt einen SPD Kanzler gibt, dem es an einer klaren Sprache fehlt und der uns mit sprachlichen Rechtsverdrehergirlanden nervt, tja das ist leider so - nennt man Demokratie ;-)

    • @Benedikt Bräutigam:

      Sehr treffend!

  • Der Blick von Sigmar Gabriel ist wie der auf ein ungezogenes Kind, dem man wider besseres Wissen nachgibt.

  • Selbst Helmut Schmidt äußerte Verständnis für Putin hinsichtlich der Krimannexion.

    www.zeit.de/politi...schmidt-krim-putin

    Die SPD HAT ein gravierendes Putin-PROBLEM, die LINKE und die AFD sowieso. Und die Ukraine wurde ignoriert und mit Geld abgespeist.

    • @Ulrich Haussmann:

      Nicht zu Vergessen, das Putin-Problem von FDP und CDU: man muss dort nur mit Geld winken, oder unternehmerische Gewinne in Aussicht stellen - und sie machen hechelnd Männchen und bieten diensteifrig jede Hilfe an...

  • Ach was! © Vagel Bülow -

    “Wir sind gescheitert“ © Friedrich Küppersbusch -



    “ Der Westen war naiv zu glauben, er könne 13 Nato-Osterweiterungen durchziehen, ohne dass die Russen Einkreisungsparanoia bekommen. Oder dreist. Deutschland hat wegen dieser Psychose mal einen Weltkrieg angefangen. Das russische Regime hat die letzten Zuckungen der Entspannungspolitik – Scholz’ Statement in Moskau – bereits als Teil seiner Täuschungsmanöver benutzt. Nun sind beide – Putin und die Diplomatie – desavouiert.



    Die Entspannungspolitik unter anderem deshalb, weil sie nicht stattgefunden hat. Der russische Kriegsfürst ist nicht naiv, er ist auch kein „betrunkener Opa“, wie Nawalny sagt, er ist jetzt einfach der Dämon, als den ihn viele schon immer gesehen haben. Die Ukraine wird nun, nach vielen Toten, ein Marionettenregime bekommen. Die Alternative war, sie bündnisfrei zu stellen und dieses Fiasko zu verhindern. Was ist weniger Autonomie? Wir sind gescheitert. Ich weiß, das kann man feige und zynisch finden. Wer sich angesichts dieses Debakels nicht fragt, ob er Fehler gemacht hat, ist eindeutiger. So wie Putin.…“ - anschließe mich.

    kurz - SCHUUUUUULLLZZZ - 🙀🥳 •

    • @Lowandorder:

      👍

    • @Lowandorder:

      "Die Alternative war, sie bündnisfrei zu stellen und dieses Fiasko zu verhindern. "

      Ach, der Herr Küppersbusch! Immer gut für ein Späßken. Die Ukraine war zum Zeitpunkt des russischen Überfalls bündnisfrei - und ist es bis heute noch. Und der Dauerbrenner aus Opas ideologischem Setzkasten darf natürlich auch nicht fehlen: Die Osterweiterung und das sich bedroht fühlenden Russland. Wer schenkt Herrn Küppersbusch mal eine Landkarte? Von den 13 neuen Nato-Mitgliedern grenzen genau 3, nämlich Estland, Lettland und Litauen an russisches Territorium. Kein Wunder, dass da in Moskau mit seinen gerade mal 6375 Atomsprengköpfen Panik ausbricht und man eine "Einkreisungsparanoia" entwickelt. Da steht man dem Feind ja buchstäblich mit bloßen Händen gegenüber!

      • @Schalamow:

        Klar - so ähnlich - wie bei russischen Raketen in Kanada & Cuba - wa.



        (Noch sonn Späßken von Küppi. Woll!)



        Hab allerdings den schweren Verdacht:



        Daß unser Trallafitti-Jäckchen vande AA & Smørgazbrød Robert zu Mazepan so ähnlich moven wie Sie & viele andere im around & den übrigen Medien.

        kurz - Nich to glöben & Rein tonn katolsch warrn! Liggers.

    • @Lowandorder:

      Vielleicht hätte Russland nicht in Georgien Krieg führen sollen 91-93, in Transnistrien 92, in Tschetschenien 94-2000, bei letzterem mit massiven Kriegsverbrechen und Massenmord. Dann würden sich Russlands Nachbarn nicht bedroht fühlen. Russland hat großen Anteil daran gehabt das die Balten, etc. alle in die NATO wollten, sollte man auch erwähnen.

      • @Machiavelli:

        🦆 🦆🦆 - das Ganze ist auf dem Zeitstrahl ja äußerst komplex & nicht nur wg der vielen beteiligten Akteure.



        Was gern übersehen wird - wiederhol mich - das Selbstbestimmungsrecht der Völker/Staaten - endet bei Bündnissen - grundsätzlich erstmal an der Aufnahmefreiheit der Bündnismitglieder! Berechtigte (Sicherheits)Interessen Aufnahmewilliger - sind halt - zunächst einmal - “nur die Halbe Miete“! •



        Die Pointierung von Küppi geht voll in Ordnung. Für die Vergangenheit!



        &



        Es ist klug - das für die derzeit komplett verfahrene aktuelle Situation & für die nahe Zukunft mitzubedenken!

        • @Lowandorder:

          Es ist nicht so komplex. Russland war und ist eine imperialistische Macht, die kleineren Staaten fürchten sich davor und suchen Schutz. Anstatt ein bischen Selbstbetrachtung zu betreiben und vom Imperialismus zu lassen ist Russland beleidigt das man ihm nicht seine imperialistische Machtsphäre zusteht. Hätte Russland vom Imperialismus gelassen hätte man über die NATO-Erweiterung diskutieren können.

          Sie haben natürlich Recht jedes Land hat nur das Recht anzufragen nicht aufgenommen zu werden, Deutschland hat aber aufgrund der Geschichte und seiner Stärke nicht das Recht schwächeren Demokratien den Schutz zu verweigern.

          • @Machiavelli:

            Gut. But.

            “ Deutschland hat aber aufgrund der Geschichte und seiner Stärke nicht das Recht schwächeren Demokratien den Schutz zu verweigern.“

            So ♦️ einfach - hängt die Sache aber nicht.



            Sie wissen - daß bereits die Westmächte - bereits Willy Brandts Ostpolitik - vorsichtig ausgedrückt - keineswegs goutiert haben.



            & die Wende - multikausal klar -



            Gorbis Angebote - erst recht nicht.



            Gründe sind klar: kein Interesse an einem starken Schland in Mitteleuropa •



            Sondern alles lief über Deals - €/Mitterand erc - m.E. einschließlich Glacis (Genscherstatement/Flugzeit etc)



            &



            Wenn man das Pferd mal nicht - wie letztlich auch Sie & im around/Medien sowieso: Sei mit McNamara Kissinger (Brief der 40) Egon Bahr Kennan & den darin artikulierten geostrategischen Überlegungen Warnungen Befürchtungen (bekannt/x-fach zitiert) -



            Doch mal gefragt: Ob statt des heutigen Scherbenhaufens plus eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges - nicht eine diesen Argumenten Rechnung tragende West-Politik die größere Sicherheit garantiert & den Interessen aller gedient hätte!



            Gemäß Egon Bahrs knochentrockenen Statement ~ es geht immer um Interessen der beteiligten Staaten - nie im Menschenrechte - was immer man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt hat.

            kurz - “Wir sind gescheitert.“ Indeed!



            & paraphrasier mal Onkel Herbert -



            “Wer rausgeht - muß auch wieder reinkommen.“



            & Das!



            Das gilt für beide Seiten - für alle Beteiligten. Newahr.



            Normal Schonn •

            • @Lowandorder:

              Natürlich kann man darüber spekulieren, anderseits könnte ein"respektieren" des russischen Sicherheitsbedürfnis auch von Russland als respektieren imperialistischer Ambitionen gewertet worden sein und schon früher geweckt haben.

              Das derzeitige Zögern Deutschlands offenbart auch niemand braucht sich vor Deutschland zu fürchten, schon die Drohung mit 1% weniger Wachstum und der Deutsche hat die Hosen voll.

  • Mich wundert, dass es anscheinend für Gabriel bis jetzt ok war, dass Putin andere Menschen vergiften ließ, Syrien zerbombt hat und in Russland jede Art von Opposition mit allen Mitteln bekämpft. Von den vielen anderen Verbrechen ganz zu schweigen. Kann man das wirklich alles „falsch eingeschätzt“ haben?

    • @Gnutellabrot Merz:

      Ich vermute, er hat die Kritik an seinem Handeln falsch eingeschätzt.

  • Ich frage mich, von wessen Vertrauen und Ansehen hier die Rede ist - die veröffentlichte Meinung mag sich ja mit wenigen Ausnahmen (und frei von jeder tatsächlichen Analyse der Hintergrunde des gegenwärtigen Konfliktes) bedingungslos an die mentale Ostfront begeben haben; es gibt in diesem Land aber nicht wenige Menschen, denen diese neue Enthemmung unheimlich ist - und die erleichtert sind, dass zumindest einige Vertreter der Regierung noch über langfristige Konsequenzen nachdenken. Der Fehler war nicht die auf Dialog angelegte Russland-Politik, sondern deren mangelnde Umsetzung gerade in einer Phase, in der eine diplomatische Lösung noch möglich war.

    • @O.F.:

      Ich habe ein Problem mit ihrem Dialog-Begriff, denn anscheinend leben sie gut damit, komplett auszublenden, was gerade in den russischen Medien über die Ukraine gesagt wird, und gleichzeitig zu glauben, dass Dialog Lösungen hervorbringen muss.

      Dialog ist erst einmal nur der Austausch von Meinungen. Das Recht an einem Dialog teilzuhaben, haben in einem demokratischen Rechtsstaat alle und im Sinne des Völkerrechts auch jeder souveräne Staat. Dialog bedeutet hier aber nicht Diktat. Russland hat nicht das Recht, der Ukraine oder anderen Staaten seine Interessen aufzuzwingen.

      Wenn Staaten weiterhin sourverän am internationalen Dialog teilhaben wollen und zum Schluss kommen, dass eine NATO- oder EU-Mitgliedschaft das geeignete Mittel dafür ist, um sich gegen einen übergriffigen Nachbarn zu schützen, dann ist das deren Recht.



      Es ist doch auch Russlands Dialog-Verhalten, warum sich Staaten größeren Allianzen anschließen.

      Wenn ich Ihnen in einem Dialog ständig über den Mund fahren würde, Sie bespucken, Ihnen eine Backpfeife verpassen würde, und Sie dann die Polizei rufen, Ihre Freunde um Hilfe bitten, sich dem Dialog mit mir entziehen würden, würden Sie dann ernsthaft noch glauben, sie hätten eine Dialogpflicht mit mir? Nein, natürlich nicht.

      Also hören Sie auf, hier Russland als armes Opfer an die Wand zu malen und wenden Sie Ihre Gefühlswelt lieber den Opfern dieses Angriffskrieges zu. Enthemmt ist aktuell die Grausamkeit des russischen Imperialismus und unheimlich wird mir, wenn ich mich frage, zu was Putin und seine Entourage noch alles fähig sind.

    • @O.F.:

      "Der Fehler war nicht die auf Dialog angelegte Russland-Politik, sondern deren mangelnde Umsetzung gerade in einer Phase, in der eine diplomatische Lösung noch möglich war."

      Wie hätte diese diplomatische Lösung bitte ausgesehen? Das Zugeständnis eines cordon sanitaire aus halbautonomen Staaten an der russischen Westgrenze, mit russlandfreundliche Diktatoren à la Lukschenka an deren Spitze?

      Ich staune immer wieder über die Beharrlichkeit, mit der bis heute die imperiale Agenda Putins einfach ignoriert wird.

      • @Schalamow:

        Ich wiederum staune immer wieder über die Beharrlichkeit, mit der ignoriert wird, dass andere Staaten westliches Militär mit gutem Grund als Bedrohung empfinden; wie die Lösung ausgesehen hätte, wurde ja oft genug erklärt: eine neutrale Ukraine und ein umfassendes Sicherheitssystem, das Russland einbindet. All das wäre möglich und für alle Seiten von Vorteil gewesen (auch rein finanziell). Das setzt aber voraus, die russische Perspektive auf diesen Konflikt zu verstehen und russische Sicherheitsinteressen als solche zu erkennen, statt Konflikte in eine simple "gut vs. böse"-Logik zu fassen; ich weiß ja nicht, wie der Autor des Artikels das sieht, aber mein Vertrauen und Ansehen haben Politiker, die zu einer andere Perspektiven mitreflektierenden und so einen modus vivendi ermöglichenden Diplomatie willens und fähig sind, statt mit den moralischen Wertigkeiten eines zweitklassigen Spielfilms auf die Welt zu blicken.

        • @O.F.:

          Es geht nicht um russische "Sicherheitsinteressen", sondern um russische Machtinteressen. Sie sollten es genauso gut wie ich wissen, dass niemand es wagen wuerde, die Atommacht Russland militärisch anzugreifen - deshalb steht auch jetzt die Ukraine als Kriegspartei Russland allein gegenueber. Russland dagegen hat unter Putins Herrschaft mehrfach innerhalb und ausserhalb seiner Grenzen Krieg gefuehrt und Kriegsverbrechen begangen. Und ich bezweifle sehr stark, dass Russland sich - zumindest unter Putins Fuehrung - so ganz ohne hegemoniale Ansprueche in ein umfassendes Sicherheitssystem haette einbinden lassen.

          • @Volker Scheunert:

            Ich finde es schwer nachvollziehbar, wieso man nicht erkennt, dass russische Sicherheitsinteressen tangiert sind, wenn Nato-Strukturen immer näher an seine Grenzen heranrücken und gleichzeitig Regierungen in seiner Nachbarschaft untersützt und hochgerüstet werden, die ihm gelinde gesagt feindlich gesonnen sind. Der Verweis auf Atomwaffen macht hier wenig Sinn: denn erstens beginnt eine militärische Bedrohung schon vor dem Einmarsch und zweitens will auch eine Atommacht Handlungsmöglichkeiten unterhalb der Weltuntergangs.



            Russland hat seit dem Ende des SU nach einer stärkeren Westbindung und die Schaffung eines umfassenden Sicherheitssystems gesucht - das ist nicht an Moskau gescheitert, sondern an einem Westen, dessen eigene Hegemonialpolitik in diesem Kontext allzu oft ignoriert wird.



            Dass Russland auch Kriege geführt hat, ist nun wirklich kein Argument: das gilt für beide Seiten.

        • @O.F.:

          "... die russische Perspektive auf diesen Konflikt zu verstehen"

          Das arme, dauermissverstandene Russland... Tschetschenien, Georgien, die Ukraine 2014 und 2022, alles ein stummer Schrei nach Liebe? Was Sie hier beharrlich ausblenden, ist die jahrzehntelange militärisch aggressive Politik Russlands.

          Denn wie darf man sich bitte konkret das von Ihnen beschworene "umfassende Sicherheitssystem" vorstellen? Russlands Sicherheitsbedürfnis, das ist nun seit langem rauf und runterdekliniert worden, geht auf Kosten des Sicherheitsbedürfnisses seiner militärisch deutlich unterlegenen Nachbarn. Deren Bedürfnis nach Sicherheit VOR Russland kommt aber auch bei Ihnen überhaupt nicht vor. Oder was meinen Sie, warum Schweden und Finnland jetzt der Nato beitreten wollen?

          Was sich Putin unter Sicherheit vorstellt, hat er - vor dem Überfall der Ukraine - ja bereits in Kasachstan demonstriert. Erneut an der kurzen Leine des Selbstherrschers aller Reußen geführt zu werden - dazu haben Balten, Polen, Ukrainer aber begreiflicherweise keine Lust.

          • @Schalamow:

            Ich finde den Tonfall Ihrer Antwort einigermaßen unangemessen; leider ist das bezeichnend für ein Milieu, das sich so sehr im Recht fühlt, dass es glaubt, Argumente durch Polemik ersetzen zu können. Das wirft kein gutes Licht auf unsere demokratische Kultur, die ja gerade davon lebt, Dissens und Kontroverse nicht als Problem, sondern als Stärke, als Mittel auch zur Selbstkorrektur zu verstehen. Das nur als kleiner Denkanstoß; zur Sache:



            -Sie können es gerne ins Lächerliche ziehen, aber Politik funktioniert eben nur, wenn man die Perspektive anderer Akteure versteht und berücksichtigt, andernfalls eskalieren Konflikte (an den von Ihnen genannten Beispielen kann man das eigentlich recht gut sehen...).



            Ein umfassendes Sicherheitssystem berücksichtigt die Interessen aller Seiten, das ist ja der Punkt! Ich ignoriere nicht die Sicherheitsinteressen anderer Staaten, sondern ich verstehe lediglich, dass man diese nur in Kooperation mit Russland durchsetzen kann - der Krieg in der Ukraine (der eine Vorgeschichte hat!) zeigt das ja gerade.

            • @O.F.:

              Ihnen ist bewusst, dass in Kaliningrad russische Atomwaffen stationiert sind? Russland ignoriert damit nicht nur die Sicherheitsinteressen der EU sondern provoziert mit diesem Erstschlagspotential, erst zuletzt wieder mit der Atomkriegsdrohung. Sie ignorieren damit sehr wohl die Sicherheitsinteressen anderer Staaten zu Gunsten Russlands.

            • @O.F.:

              Ich schätze Sie - bei allen Differenzen - durchaus als sachlichen Debattierer, und es liegt mir daher fern, Sie persönlich anzugreifen.

              Allerdings erlaube ich mir gelegentlich durchaus einen gewissen Sarkasmus. In diesem Fall auch deshalb, weil Sie meinem zentralen Argument ausweichen, das mitnichten polemisch gemeint war.

              Politik funktioniert nämlich auch nur, wenn man den Realitäten ins Auge blickt. Das was Sie vertreten, ist aber im Grunde unverändert der alte Steinmeier-Ansatz (ich verkürze das jetzt mal auf diesen Begriff). Russland hat aber spätestens 2014 deutlich gemacht, dass es seine politischen Ziele auch mit Waffengewalt durchsetzen wird. Ihren Einwand, man könne Sicherheit nur mit Russland durchsetzen, und das ausgerechnet unter Verweis auf die Ukraine, empfinde ich da nachgerade als absurd. Putin hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass ihn die territoriale Integrität der Ukraine nicht die Bohne interessiert. Dahinter stecken aber keine vermeintlichen Sicherheitsinteressen, sondern eine imperiale, großrussische Ideologie, in die sich Putin und sein Regime schon vor Jahren eingesponnen haben. Das möchten Sie aber einfach nicht zur Kenntnis nehmen und deuten die russische Politik ausschließlich in den Kategorien des alten Ost-West-Konfliktes.

              Eine gemeinsame Sicherheitspolitik setzt ein gewisses Vertrauen voraus. Abgesehen von seiner hinlänglich dokumentierten Skrupellosigkeit, belügt Putin systematisch seine Gesprächspartner, was ja schon Merkel und Obama aufgefallen war. Noch im November letzten Jahres, als bereits massiv russische Truppen an der Grenze zur Ukraine stationiert waren, wurden alle Invasionspläne dementiert. Wie wäre es daher, wenn wir zur Abwechslung mal die Sicherheitsgarantien diskutieren, die Russland gegenüber seinen westlichen Nachbarn erbringen muss?

              • @Schalamow:

                Kein Problem; ich bin gerade etwas dünnhäutig, weil mir der ganze Russland-Diskurs und seine Auswirkungen auf Deutschland bedenklich erscheint.



                Aber zu Sache: Der Steinmeier-Ansatz war nie maßgeblich für die westliche Russland-Politik (in deren Kontext die deutsche gesehen werden muss); natürlich haben Teile des politischen Establishments in Frankreich und Deutschland aud Deeskalation gesetzt, etwa indem man 2008 den Nato-Beitritt der Ukraine verhindert hat - aber gleichzeitig wurde diese, gerade von amerikanischer Seite, massiv aufgerüstet und auf einen späteren Nato-Beitritt vorbereitet; ich sehe nicht, dass man Russland in irgendeinem entscheidenden Punkt entgegengekommen wäre. Und das betrifft Sicherheitsinteressen; die imperiale Agenda ist primär nach innen gerichtete Propaganda - Russland stemmt sich dagegen, dass ein strategisch wichtig gelegener Staat zum Aufmarschgebiet gemacht wird (und hat diese Sorge oft genug kommuniziert). Das legitimiert nicht den Angriff - aber es zeigt, dass diesem eine Eskalationsdynamik vorausging, zu der der Westen massiv beigetragen hat. Zugespitzt: Das Problem war nicht der Steinmeier-Ansatz, sondern dass dieser nicht konsequent umgesetzt wurde.



                Vertrauen ist nötig, aber das kann man aufbauen (und seien wir ehrlich - Putin ist nicht der einzige mit einem tiefenentspannten Verhältnis zur Wahrheit; nicht ohne Grund fühlen sich auch die Russen betrogen).



                Die Pointe an einem funktionierenden Sicherheitssystem ist eben, dass es reziprok ist - d.h. es geht eben auch um die Interessen von Russlands Nachbarn, die (wie man gerade deutlich sieht), eben nicht konfrontativ durchsetzbar sind, zumindest dann nicht, wenn man nicht einen dauerhaften Krisenherd mittten in Europa möchte.

    • @O.F.:

      Danke, sie formulieren kurz und treffend auch meine Einschätzung.

    • @O.F.:

      Ich denke ja er wär es immer noch mit einer Art Appeasement Politik gegenüber Putin versuchen will denkt Grade nicht langfristig oder rational sondern lässt sich von augenblicklichen Ängsten leiten.

    • @O.F.:

      Ich zähle mich mit befreundeten oder bekannten Menschen zu denjenigen,



      -wie Sie es richtig formulierten- denen "... diese neue Enthemmung unheimlich ist - und die erleichtert sind, dass zumindest einige Vertreter der Regierung noch über langfristige Konsequenzen nachdenken."



      Es ist schon bizarr, dass Führungsstärke durch die Bereitschaft, schwere Waffen ins Kriegsgebiert zu liefern, ganz neu definiert wird.

      • @Rolf B.:

        Ich kann mich da anschließen. Sämtlichen Freund:innen kommt dieser neue Militarismus "spanisch" vor - manche assoziieren den einhelligen Ruf in Medien, Politik UND von Intellektuellen und Künstler:innen die Zeit vor dem ersten Weltkrieg.

        • @resto:

          Da überfällt ein größere Land, in dem die Demokratie durch den amtierenden Praesidenten weitgehend abgeschafft worden ist, ein kleineres Nachbarland, das sich in Sachen Demokratie gegenteilig entwickelt und Ihre "sämtlichen Freund:innen" wundern sich, dass man das kleinere Land nicht so einfach dem grösseren zum Frass überlassen will? In was fuer einer Blase leben Sie?