Amnesty-Bericht zum Gazakrieg: Die deutsche Mitschuld
Israel begeht einen Völkermord in Gaza – zu diesem Urteil kommt ein neuer Bericht von Amnesty. Da stellt sich die Frage: Ist Deutschland mitschuldig am Völkermord?
D ass Israel in Gaza einen Völkermord begeht, davon sind weltweit viele Menschen überzeugt, darunter renommierte Genozid-Experten wie Omer Bartov, Amos Goldberg und Raz Segal. Um einen möglichen Völkermord zu verhindern, hat Südafrikas Regierung schon im Januar Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingebracht, doch Israel hat dessen Anordnungen bisher ignoriert. Nun kommt Amnesty International in einem Bericht zu dem Schluss, dass Israel in Gaza einen Genozid begeht.
Die Belege sind erdrückend: Durch Angriffe auf Krankenhäuser, die Wasser- und Stromversorgung, auf Schulen und Helfer wurde das Leben im Gazastreifen unmöglich gemacht. Zehntausende wurden getötet, Hunderttausende vertrieben, die Einfuhr von Essen und humanitären Gütern wurde immer wieder blockiert. Die Mehrheit der Opfer sind Frauen und Kinder, also Zivilisten.
Die schiere Dimension lässt sich nicht mehr nur mit militärischen Notwendigkeiten, mit Fahrlässigkeit oder mit der Kriegsführung der Hamas erklären. Sie bestätigt vielmehr die Aussagen hochrangiger israelischer Politiker und Militärs, die aus ihren Absichten der Vertreibung, der Landnahme und, ja, der Auslöschung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza keinen Hehl gemacht haben.
Deutsche Realitätsverweigerung
Auch wer nicht von Genozid sprechen will, muss erkennen: Deutschland macht sich mitschuldig, indem es dazu schweigt und Israel weiter Waffen liefert, statt sich wenigstens für einen Waffenstillstand einzusetzen. Der Kanzler will weiter Waffen liefern, die Außenministerin gibt betroffene Statements ab und die deutschen Leitmedien fangen erst langsam an, das Ausmaß des Schreckens abzubilden, über das im Ausland viel ausführlicher berichtet wird. Das ist kollektive Realitätsverweigerung.
Denn die deutsche Mitverantwortung an Israels Kriegsverbrechen in Gaza steht außer Frage – auch wenn die Richter des IGH erst in Jahren abschließend urteilen werden, ob es sich dabei im juristischen Sinne um einen Völkermord handelt oder nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken