Abschusspläne für Wölfe: Alternative Fakten
Klöckner wirft mit ihrem Abschussplan für Wölfe der Landbevölkerung einen Brocken hin. Mit so etwas ködern sonst nur AfD und FDP.
L andwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will mal wieder Wölfe zum Abschuss freigeben, um den rechten Rand zu bedienen. Sie hat die Idee schon mehrfach in die politische Arena geworfen, das letzte Mal 2019 während der Beratungen zur Lex Wolf. Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium einigten sich damals auf einen artenschutzrechtlich abgesicherten Kompromiss. Die Bundesländer dürfen seitdem Wölfe schießen, die regelmäßig Schafe reißen oder zu nah an Siedlungen kommen.
Wolfsexpert:innen und aufgeklärte Tierhalter:innen sind sich einig, dass Elektrozäune und Herdenschutz die Schafe und Ziegen ausreichend vor Wölfen schützen. Klöckner bringt nun wieder ein „regionales Bestandsmanagement“ vor. Die Europäische FFH-Richtlinie und das Bundesnaturschutzgesetz schließen eine Bestandsregulierung aus, zumal das praktisch unmöglich sein dürfte.
Junge Wölfe wandern, manchmal Hunderte Kilometer, um ein Revier zu finden. Sie bleiben nicht auf dem zugewiesenen stillgelegten Truppenübungsplatz oder in einem Nationalpark. Allerdings gehört die Idee, Wölfe in Schutzgebieten zu halten, zu den Lieblingsfantasien von wissenschaftsignoranten Landbewohner:innen.
Klöckner zeigt erneut, dass sie der Komplexität des Amtes nicht gewachsen ist und sich auf alternative Fakten stützt. Vier Jahre lang bediente sie die CDU-Klientel unter Landwirten mit laxer Glyphosat-Regelung und einem Insektenschutzgesetz, das diesen Namen nicht verdient. Die Waldbesitzer:innen beglückte Klöckner mit einer Milliarde Euro für die Wiederaufforstung ihrer vertrockneten Forstflächen, ohne sie zu einem ökologischen und damit stabileren Wald zu verpflichten.
Und nun noch was für die Jäger:innen, von denen viele den Wolf gern wieder loswären. Sind Wölfe im Jagdrevier, verhalten sich Rehe und Rothirsche anders und Jäger:innen müssen ihre Taktik verändern. Das überfordert einige. Die Besitzer lukrativer Jagdreviere ärgert das, da sie zahlenden Kund:innen keine Abschüsse in kurzer Zeit garantieren können.
Klöckner ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse, wenn sie Verständnis für besorgte Eltern zeigt, die Angst um ihre Kinder hätten. Das ist Populismus, mit dem Klöckner einigen Menschen im ländlichen Raum einen Brocken hinwirft, mit dem sonst AfD und FDP die Landbevölkerung ködern.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip