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Deutschland muss Wolfspolitik erklärenWolfsabschüsse im Visier der EU

Brüssel prüft den Umgang deutscher Behörden mit Wölfen. Wegen Abschüssen der streng geschützten Art droht ein Vertragsverletzungsverfahren.

Wölfe im Wildpark Schorfheide Foto: Sören Stache/dpa

Berlin taz | Die EU-Kommission überprüft den Umgang deutscher Behörden mit Wölfen. Dazu habe sie ein sogenanntes „Pilotverfahren“ eingeleitet – die Vorstufe zu einem Vertragsverletzungsverfahren, gab EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius nach einer Anfrage der Grünen Europa-Abgeordneten Jutta Paulus in Brüssel bekannt.

Die deutschen Behörden müssen nun erläutern und begründen, warum sie Abschussgenehmigungen für Wölfe erteilt haben. Einige Bundesländer hätten ihre Wolfsschutzverordnungen auf der Grundlage der neuen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes geändert, sagte Sinkevičius, daher würden die auf regionaler Ebene geltenden Verordnungen wie die niedersächsische Wolfsverordnung nun ebenfalls in die Untersuchung der Kommission einbezogen.

Niedersachsen ist wegen der zahlreichen Abschussgenehmigungen besonders ins Visier der Kommission gerückt. In den vergangenen Monaten hatte das Niedersächsische Umweltministerium drei Abschüsse von Wölfen erlaubt, weil ihre Rudel Schafe gerissen sowie Pferde und Rinder verletzt hatten. „Die Kommission wird diese Zahlen und die Begründungen für die Ausnahmeregelungen sorgfältig prüfen und je nach Ergebnis dieser Prüfung über geeignete Schritte entscheiden“, so der Umweltkommissar.

„Endlich nimmt die Europäische Kommission die deutschen Wolfsschutzverordnungen unter die Lupe und prüft eine mögliche Vertragsverletzung“, sagt dazu Paulus. Das Verfahren, so lange Wölfe zu töten, bis keine Risse mehr beobachtet werden, sei absolut nicht mit EU-Recht vereinbar. Der Wolf ist eine streng geschützte Art nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH).

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte kürzlich gefordert, Wölfe in Regionen abzuschießen, in denen ein guter Erhaltungszustand erreicht worden sei. „Es ist zynisch, dass Bundesagrarministerin Klöckner als Begründung ausgerechnet das Tierwohl anführt“, sagt Paulus. Die Aufnahme einer Weidetierprämie in den Nationalen Strategieplan Landwirtschaft hätten erst die Land­wirt­schafts­mi­nis­te­r*in­nen der Bundesländer erkämpfen müssen, ein verbindliches Tierwohllabel gebe es bis heute nicht.

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5 Kommentare

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  • Die Berliner -Autobahn- Mauer ist gefallen.



    Die Mauer hat nicht gegen die Einwanderung der Wölfe beschützt. Ein Wolfsrudel hat sich im Oktober 2021 in der Döberitzer Heide etabliert.



    Wie verhält man sich bei einer Begegnung mit einem Wolf in Berlin. Groß machen, in die Hände klatschen und ruhig bleiben. Die Expert:innen sprechen von einer natürlichen Scheu des Wolfes gegenüber Menschen. Der Eurasische Wolf kann etwas größer und schwerer werden als ein Deutscher Schäferhund, hat aber ein anderes Wesen und Expert:innen haben in Deutschland immer recht.



    In der Schweiz allerdings nicht. In der Schweiz wird offen und kritisch in der Öffentlichkeit über de n Umgang mit dem Wolf diskutiert.

  • Deutschland ist ein kleines, sehr dicht besiedeltes Land.

    Wer gern wandert und sich ein wenig auskennt, weiß, dass an jeder Stelle der Republik das nächste Dorf, die nächste Stadt praktisch um die Ecke sind.

    Im Mittelalter mag ein Nebeneinander von Wolf und Mensch noch möglich gewesen sein.

    Um 1500 herum hatte Deutschland etwa 12 Millionen Einwohner.

    Heute sind wir bei 83,5 Millionen.

    Wölfe sind wunderbare Tiere, die man unbedingt schützen muss, sowie alle Großwild- und Raubtierarten dieser Welt, die in dem grade laufenden 6. Artensterben bald alle verschwunden sein werden.

    Verursacht durch die globale Bevölkerungsexplosion.

    Deutschland und die EU sollten sich rund um die Welt an Schutzzonen beteiligen.

    Der Feldhase steht übrigens auf der "Roten Liste gefährdeter Tierarten".

    Wie viele davon mag ein Wolf davon im Laufe seines Lebens fressen? Falls er überhaupt noch welche findet.

    Wie viele Rehe, Kitze, Schafe, Lämmer?

    Kälber, Kühe? Verletzte oder getötete Pferde?

    Für den Wolf, doch in Gebieten, die artgerechter für ihn sind.

    Und für die vielen anderen Tiere, die hier durch ihn gefährdet sind.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Gibt es irgendetwas was Klöckner richtig gemacht hat - also aus sicht der Normalbürger und nicht der konservativen Bauern?

    Es gibt Zäune und Hunde, die vor Wölfen schützen - x-Berichte kamen dazu im TV. Allerdings muss man halt den A hochkriegen und was tun. Jammern alleine hilft gar nicht.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Um beurteilen zu können, welche Wolfspräventionsmaßnahmen umsetzbar und wirkungsvoll sind, solltest du mal ein Praktikum in einem Betrieb machen, der Weidetierhaltung betreibt. Dazu müsstest du allerdings den Arsch hochkriegen. Die verlogenen Botschaften der ÖR ua nachzuplappern, reicht nicht.

  • Ich hoffe, auch die Abschusspolitik von dem (angeblich) grünen Umweltminister Albrecht wird Gegenstand der Ermittlungen.

    Schade ist dabei, das Deutschland sich nur dann EU Recht hält, wenn die Bauernschaft dies genehmigt.



    Wird sie in diesem Fall aber genauso wenig genehmigen, wie bei der Nitratrichtlinie.

    Begründung ist immer die Gleiche: Sobald Umweltschutz die Erträge einschränkt, wird er abgeschafft oder mißachtet.

    Damit haben sie bereits das ganze Land in eine grüne Agrarwüste verwandelt.