+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hamas verweigert Frieden
Kassam-Brigaden und Islamischer Dschihad kämpfen weiter heftig gegen die israelische Armee. Israels Kabinett berät einen Friedensvorschlag Ägyptens.
Hamas und Dschihad wollen Kampf gegen Israel fortsetzen
Die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad im Gazastreifen wollen den Kampf gegen Israel fortsetzen. Der Hamas-Chef im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, schrieb nach Angaben der Organisation vom Montag in einem Brief an den Vorsitzenden des Hamas-Politbüros, Ismail Hanija, sowie andere Mitglieder des Gremiums: „Die Kassam-Brigaden (der bewaffnete Arm der Hamas) führen einen erbitterten, brutalen und beispiellosen Kampf gegen die israelischen Besatzungstruppen.“ Auch der Islamische Dschihad teilte nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Dschasira am Montag mit, man werde als Reaktion auf das Blutvergießen im Gazastreifen weiterkämpfen.
Sinwar behauptete, man habe der israelischen Armee schwere Verluste an Leben und Ausrüstung zugefügt. Die Kassam-Brigaden hätten mindestens 5.000 israelische Soldaten angegriffen und davon ein Drittel getötet, ein weiteres Drittel schwer verletzt und ein weiteres Drittel dauerhaft außer Gefecht gesetzt. Diese Zahlen widersprechen eindeutig den Angaben der israelischen Armee, die von mehr als 150 im Gazastreifen getöteten israelischen Soldaten berichtet.
Sinwar schrieb außerdem, 750 israelische Militärfahrzeuge seien vollständig oder teilweise zerstört worden. Auch diese Angaben scheinen aufgebläht. Die israelische Armee macht dazu keine Angaben.
Der Gaza-Chef der Hamas behauptete abschließend, die Kassam-Brigaden hätten die israelischen Truppen „zerschlagen“ und seien dabei, sie zu zerschmettern. Auch diese Darstellung widerspricht der Lage. Sinwar schrieb, der bewaffnete Hamas-Arm werde sich den israelischen Bedingungen nicht unterwerfen.
Sinwar reagierte damit möglicherweise auf Berichte über einen ägyptischen Vorschlag, den Gaza-Krieg zu beenden. Hanija war zuletzt mit einer Delegation zu Gesprächen in Ägypten gewesen. Er gilt als Auslandschef der Hamas und lebt in Katar.
Berichten zufolge soll die im Exil lebende politische Hamas-Führung bereits hinter dem Rücken der beiden Hamas-Anführer im Gazastreifen, Sinwar und Mohammed Deif, Gespräche führen, wie der Gazastreifen und das Westjordanland nach Ende des Krieges regiert werden. Israel will Sinwar und Deif, die als Drahtzieher des Terroranschlags am 7. Oktober gelten, gezielt töten. Es wird vermutet, dass sie sich im unterirdischen Tunnelnetzwerk im Süden des Gazastreifens verstecken.
Während der israelischen Offensive wurden weite Teile des Gazastreifens zerstört. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden mehr als 20 400 Menschen getötet. Etwa vier von fünf der 2,2 Millionen Einwohner des Küstenstreifens wurden nach UN-Angaben während des Krieges aus ihren Wohnorten vertrieben. UN-Hilfsorganisationen zeichnen ein Bild von Zerstörung, Verzweiflung, Hunger, Not und Leid.
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben rund 8.000 Hamas-Terroristen getötet. Diese Angabe lässt sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Montag nach einem Besuch bei Truppen im Gazastreifen, Israel werde „den Kampf in den kommenden Tagen vertiefen“. Er sprach von einem langen Kampf gegen die Hamas, dessen Ende nicht kurz bevorstehe. (dpa)
Bericht: Israels Kabinett berät Friedensvorschlag Ägyptens
Israels Kriegskabinett will nach einem Medienbericht an diesem Montag über einen Vorschlag Ägyptens zur Beendigung des Gaza-Krieges beraten. Das berichtete die Jerusalem Post am späten Sonntagabend. Israelische Beamte bestätigten laut der Zeitung Times of Israel zuvor, dass Ägypten einen neuen Vorschlag für eine Feuerpause und die Freilassung weiterer israelischer Geiseln im Gazastreifen unterbreitet habe.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte allerdings am Sonntag, man werde bis zum vollständigen Sieg über die islamistische Hamas weiterkämpfen. Das sei der einzige Weg, um die Hamas zu eliminieren, alle Geiseln zurückzubringen und sicherzustellen, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstellt. Der saudische TV-Kanal Aschark News hatte am selben Tag unter Berufung auf informierte Quellen berichtet, Ägyptens Vorschlag sehe eine Beendigung des Krieges in mehreren Stufen vor.
In der ersten Phase würde es demnach darum gehen, eine mindestens zwei Wochen andauernde Feuerpause durchzusetzen. In dieser Zeit sollten 40 Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug würde Israel 120 palästinensische Gefangene freilassen. Danach würde es um einen innerpalästinensischen Dialog unter der Schirmherrschaft Ägyptens gehen. Eine dritte Phase sehe dann einen vollständigen Waffenstillstand und ein umfassendes Abkommen zum Austausch von Geiseln und Gefangenen vor. In einem letzten Schritt würde Israel seine Armee abziehen, während alle Vertriebenen zu ihren Wohnorten zurückkehren könnten. (dpa)
Angriffe auf Gazastreifen auch an Weihnachten
Die israelische Armee hat auch an Weihnachten ihre Angriffe auf Ziele im Gazastreifen fortgesetzt. Das von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium erklärte, in der Nacht auf Montag seien bei einem Angriff auf das Dorf Al-Sawaida im Zentrum des Palästinensergebiets zwölf Menschen getötet worden. Mindestens 18 Menschen seien bei einem Angriff auf die Stadt Chan Junes im Süden des Gazastreifens getötet worden.
Insgesamt sollten laut palästinensischer Angaben mindestens 78 Menschen bei israelischen Luftangriffen getötet worden. Mindestens 70 Menschen seien bei einem Luftangriff auf Maghasi im Zentrum des Gazastreifens getötet worden, teilte die von der radikal-islamischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit. Viele der Opfer seien Frauen und Kinder. Die israelische Armee erklärte, sie überprüfe die Angaben und sei bemüht, Zivilisten zu verschonen. Die Hamas bestritt erneut den israelischen Vorwurf, sie benutze Zivilisten als menschliche Schutzschilde.
Sanitäter berichteten, dass bei einem Luftangriff auf Chan Junis im Süden des Gazastreifens acht Palästinenser getötet wurden. Der palästinensische Rote Halbmond veröffentlichte Aufnahmen von Verletzten, die in Krankenhäuser transportiert wurden. Die Organisation erklärte, Kampfflugzeuge würden Hauptstraßen bombardieren und damit Fahrten von Krankenwagen behindern.
Die Zahlen lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Das Ministerium erklärte weiter, es habe im Zentrum des Gazastreifens rund 50 israelische Angriffe gegeben. Am Vorabend hatte das Gesundheitsministerium erklärt, bei einem Luftangriff auf das Flüchtlingslager al-Maghasi im Zentrum des Gazastreifens seien mindestens 70 Menschen getötet worden. Nach UN-Angaben leben in Al-Maghasi mehr als 33 000 Menschen auf einem Gebiet von 0,6 Quadratkilometer. Israels Armee teilte mit, sie untersuche die Berichte über die Angriffe in dem Viertel. (afp/dpa/rtr)
Israelische Armee: Leichen von Geiseln geborgen
Nach Angaben der israelischen Armee wurden die Leichen von fünf Geiseln aus einem Tunnelnetzwerk im nördlichen Gazastreifen geborgen. Die sterblichen Überreste der am 7. Oktober aus Israel verschleppten Männer und Frauen seien in einem sehr weitreichenden und tiefen Tunnelsystem im Bereich des Flüchtlingsviertels Dschabalia gefunden worden, hieß es. In solchen Tunneln verstecken sich laut Israel etliche Terroristen der Hamas und halten dort auch noch weitere Geiseln aus Israel fest. Die Terroristen nutzen die unterirdischen Wege zugleich, um aus dem Nichts aufzutauchen und hinterrücks anzugreifen. (dpa)
Papst bei Christmette: „Unser Herz ist heute in Bethlehem“
Vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas hat Papst Franziskus zum Frieden aufgerufen. „Unser Herz ist heute Abend in Bethlehem, wo der Friedensfürst noch immer von der zum Scheitern verurteilten Logik des Krieges zurückgewiesen wird, vom Lärm der Waffen, der ihn auch heute daran hindert, in der Welt eine Herberge zu finden“, sagte der Papst am Sonntag in der Christmette im Petersdom.
In seiner Predigt vor rund 6.500 Gläubigen erwähnte das 87-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche weder Israel noch den Gazastreifen. Doch machte er zahlreiche Anspielungen auf Gewalt und Krieg. Gott breche nicht „mit grenzenloser Macht herein“, er bezwinge das „Unrecht nicht von oben herab mit Gewalt, sondern von unten her mit Liebe“, sagte Franziskus. In seiner wöchentlichen Angelus-Gebet hatte er zuvor betont, „dass wir unseren Brüdern und Schwestern nahestehen, die unter Krieg leiden – wir denken an Palästina, an Israel, an die Ukraine“. Am Montagmittag verkündet Franziskus seine Weihnachtsbotschaft, in der er normalerweise auf die Konflikte in der Welt eingeht. Von der Loggia des Petersdoms spendet er den feierlichen Segen „Urbi et Orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis). (afp)
Bericht: Israels Armee erleidet zunehmende Verluste
Einem Medienbericht zufolge erleiden Israels Bodentruppen mit einem Übergang der Hamas zu Guerilla-Taktiken zunehmende Verluste. Dies zeige, wie schwierig es für Israel sei, die Hamas wie beabsichtigt zu eliminieren, berichtete das Wall Street Journal am Sonntag. Allein am Weihnachtswochenende waren 14 israelische Soldaten gefallen.
Seit Beginn der Bodenoffensive Ende Oktober seien bisher 156 israelische Soldaten getötet worden, berichtete die Times of Israel. Die steigende Zahl gefallener israelischer Soldaten habe intern zu Kritik geführt, Israel gefährde seine Soldaten, indem es als Reaktion auf die Forderung der USA, die Zahl ziviler Opfer zu begrenzen, seine Gewaltanwendung zurückschraube, schreibt das Wall Street Journal. Israelische Sicherheitsbeamte und Ministerpräsident Netanjahu bestritten eine Änderung der Taktik.
Israel will im Gaza-Krieg einer Schätzung des Militärs zufolge wiederum bisher rund 7.860 Terroristen getötet haben. Sollte die Schätzung zutreffen, entspräche die Zahl der getöteten islamistischen Kämpfer knapp 40 Prozent der bisher im Gazastreifen insgesamt registrierten Todesopfer. Die Angaben des Militärs konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Klimaschützer zu Wahlprogrammen
CDU/CSU und SPD fallen durch, Grüne punkten nur wenig
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge