Sicherheitsrat billigt Gaza-Resolution: Offensive trotz UN-Resolution
Der UN-Sicherheitsrat fordert in einer Resolution umfassende Hilfslieferungen in den Gazastreifen, jedoch keine Waffenruhe. Israel setzt seine Offensive fort.
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium teilte am Samstag mit, bei einem Angriff auf ein Haus in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens seien 18 Menschen getötet worden. Die israelische Armee setze den „schweren Artilleriebeschuss“ in Gaza und Dschabalija im Norden sowie Deir al-Bala im Zentrum fort. Auch die Angriffe bei Rafah und Chan Junis im Süden würden fortgesetzt.
Das israelische Militär gab am Freitagabend bekannt, „Terroristen eliminiert“ zu haben. Außerdem habe die Armee von der Hamas genutzte Tunnel in der Stadt Gaza entdeckt.
Kurz zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat in einer mühsam ausgehandelten Resolution umfassende humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen gefordert. In dem Krieg zwischen Israel und der Hamas müssten alle Seiten die „sichere und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe in großem Umfang“ ermöglichen, heißt es in der Resolution. Auf den Aufruf zu einer sofortigen Feuerpause wurde darin verzichtet.
Für die Resolution stimmten 13 der 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums, die Veto-Staaten USA und Russland enthielten sich. Um den Wortlaut der Resolution hatten die Sicherheitsratsmitglieder tagelang hart gerungen.
Ein zentraler Streitpunkt war die mögliche Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe. Ein entsprechender Passus fand dann keinen Eingang in die Resolution. Darin heißt es lediglich, es müssten „mit aller Dringlichkeit“ die Bedingungen für eine „eine nachhaltige Einstellung der Kampfhandlungen“ geschaffen werden. Russland hatte einen Aufruf zu einer sofortigen Feuerpause in den Text einbauen wollen, wogegen sich jedoch die mit Israel verbündeten USA mit ihrem Vetorecht sperrten.
Zu den Hilfslieferungen heißt es in der Resolution, dafür müssten alle Routen in und durch den Gazastreifen genutzt werden, darunter die Grenzübergänge. Zuvor war ein UN-Bericht veröffentlicht worden, der vor einer unmittelbar drohenden Hungersnot im Gazastreifen warnt. Es sei wahrscheinlich, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung in den kommenden sechs Wochen dem Risiko einer „akuten Ernährungsunsicherheit“ ausgesetzt sei.
UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete kurz nach Verabschiedung der Resolution die israelische Militäroffensive als das „wirkliche Problem“ für die humanitären Hilfslieferungen. Dadurch würden „massive Hindernisse“ für die Verteilung dieser Güter geschaffen. Er bekräftigte seine Forderung nach einer „humanitären Waffenruhe“.
Israel erklärte nach der Verabschiedung der Resolution, an seinem Vorgehen gegen die Hamas festzuhalten. Außenminister Eli Cohen teilte mit, sein Land werde „den Krieg im Gazastreifen“ gegen die islamistische Palästinenserorganisation so lange fortsetzen, bis diese „eliminiert“ sei und die von ihr noch immer festgehaltenen 129 Geiseln befreit seien.
Israel kündigte zudem an, weiterhin alle humanitären Lieferungen in den Gazastreifen zu kontrollieren. Dies sei „aus Sicherheitsgründen“ erforderlich, erklärte Cohen. In der UN-Resolution wurde darauf verzichtet, eine Kontrolle der Lieferungen „ausschließlich“ durch die UNO zu verlangen. Stattdessen soll lediglich ein humanitärer Koordinator der UNO eingesetzt werden. Die Hamas bezeichnete die Resolution als „unzureichend“.
Dem Sicherheitsrat war immer wieder vorgeworfen worden, sich angesichts des mittlerweile elf Wochen andauernden Krieges untätig zu verhalten. Es war nun die zweite Resolution, die das Gremium zu dem Konflikt verabschiedete. In seiner vorherigen Resolution vom 15. November hatte der Sicherheitsrat „humanitäre Pausen“ gefordert.
Hunderte Hamas-Kämpfer waren am 7. Oktober in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israel führt seither massive Angriffen in dem Palästinensergebiet – mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu vernichten. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mindestens 20.000 Menschen getötet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was