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Sicherheitsrat billigt Gaza-ResolutionOffensive trotz UN-Resolution

Der UN-Sicherheitsrat fordert in einer Resolution umfassende Hilfslieferungen in den Gazastreifen, jedoch keine Waffenruhe. Israel setzt seine Offensive fort.

Nach tagelangem Ringen hat der Weltsicherheitsrat in einer Resolution die Aufstockung der humanitären Hilfe für etwa zwei Millionen Notleidende im Gazastreifen gefordert Foto: Yuki Iwamura/dpa

Gazastreifen/Jerusalem afp | Auch nach der Resolution des UN-Sicherheitsrats zu humanitären Hilfslieferungen in den Gazastreifen hat Israel seine Offensive in dem Palästinensergebiet am Samstag fortgesetzt. Die von der islamistischen Hamas kontrollierten Behörden meldeten schweren Beschuss in mehreren Städten. Die israelische Armee erklärte, in der Stadt Gaza einen „strategischen“ Tunnelkomplex zerstört und „Terroristen eliminiert“ zu haben. Israel hatte nach dem Votum des UN-Sicherheitsrates angekündigt, an seinem Vorgehen gegen die Hamas festzuhalten.

Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium teilte am Samstag mit, bei einem Angriff auf ein Haus in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens seien 18 Menschen getötet worden. Die israelische Armee setze den „schweren Artilleriebeschuss“ in Gaza und Dschabalija im Norden sowie Deir al-Bala im Zentrum fort. Auch die Angriffe bei Rafah und Chan Junis im Süden würden fortgesetzt.

Das israelische Militär gab am Freitagabend bekannt, „Terroristen eliminiert“ zu haben. Außerdem habe die Armee von der Hamas genutzte Tunnel in der Stadt Gaza entdeckt.

Kurz zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat in einer mühsam ausgehandelten Resolution umfassende humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen gefordert. In dem Krieg zwischen Israel und der Hamas müssten alle Seiten die „sichere und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe in großem Umfang“ ermöglichen, heißt es in der Resolution. Auf den Aufruf zu einer sofortigen Feuerpause wurde darin verzichtet.

Für die Resolution stimmten 13 der 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums, die Veto-Staaten USA und Russland enthielten sich. Um den Wortlaut der Resolution hatten die Sicherheitsratsmitglieder tagelang hart gerungen.

Ein zentraler Streitpunkt war die mögliche Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe. Ein entsprechender Passus fand dann keinen Eingang in die Resolution. Darin heißt es lediglich, es müssten „mit aller Dringlichkeit“ die Bedingungen für eine „eine nachhaltige Einstellung der Kampfhandlungen“ geschaffen werden. Russland hatte einen Aufruf zu einer sofortigen Feuerpause in den Text einbauen wollen, wogegen sich jedoch die mit Israel verbündeten USA mit ihrem Vetorecht sperrten.

Zu den Hilfslieferungen heißt es in der Resolution, dafür müssten alle Routen in und durch den Gazastreifen genutzt werden, darunter die Grenzübergänge. Zuvor war ein UN-Bericht veröffentlicht worden, der vor einer unmittelbar drohenden Hungersnot im Gazastreifen warnt. Es sei wahrscheinlich, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung in den kommenden sechs Wochen dem Risiko einer „akuten Ernährungsunsicherheit“ ausgesetzt sei.

UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete kurz nach Verabschiedung der Resolution die israelische Militäroffensive als das „wirkliche Problem“ für die humanitären Hilfslieferungen. Dadurch würden „massive Hindernisse“ für die Verteilung dieser Güter geschaffen. Er bekräftigte seine Forderung nach einer „humanitären Waffenruhe“.

Israel erklärte nach der Verabschiedung der Resolution, an seinem Vorgehen gegen die Hamas festzuhalten. Außenminister Eli Cohen teilte mit, sein Land werde „den Krieg im Gazastreifen“ gegen die islamistische Palästinenserorganisation so lange fortsetzen, bis diese „eliminiert“ sei und die von ihr noch immer festgehaltenen 129 Geiseln befreit seien.

Israel kündigte zudem an, weiterhin alle humanitären Lieferungen in den Gazastreifen zu kontrollieren. Dies sei „aus Sicherheitsgründen“ erforderlich, erklärte Cohen. In der UN-Resolution wurde darauf verzichtet, eine Kontrolle der Lieferungen „ausschließlich“ durch die UNO zu verlangen. Stattdessen soll lediglich ein humanitärer Koordinator der UNO eingesetzt werden. Die Hamas bezeichnete die Resolution als „unzureichend“.

Dem Sicherheitsrat war immer wieder vorgeworfen worden, sich angesichts des mittlerweile elf Wochen andauernden Krieges untätig zu verhalten. Es war nun die zweite Resolution, die das Gremium zu dem Konflikt verabschiedete. In seiner vorherigen Resolution vom 15. November hatte der Sicherheitsrat „humanitäre Pausen“ gefordert.

Hunderte Hamas-Kämpfer waren am 7. Oktober in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel führt seither massive Angriffen in dem Palästinensergebiet – mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu vernichten. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mindestens 20.000 Menschen getötet.

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21 Kommentare

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  • Raketenbeschuss trotz UN Resolution.

    • @Demokrat:

      Na ja, es steht ja auch nichts (mehr) drin in der Resolution, das dem entgegenstehen würde.

      • @EffeJoSiebenZwo:

        Es steht auch noch drin, dass alle israelischen Geiseln SOFORT und BEDINGUNGSLOS freigelassen werden müssen.

  • "Zuvor war ein UN-Bericht veröffentlicht worden, der vor einer unmittelbar drohenden Hungersnot im Gazastreifen warnt. Es sei wahrscheinlich, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung in den kommenden sechs Wochen dem Risiko einer „akuten Ernährungsunsicherheit“ ausgesetzt sei.



    Falsch, die Bevölkerung hungert bereits extrem und es gibt nicht mal Wasser, bald wird es die ersten Hungertoten geben. Vor dem Krieg mussten 600 Lastwagen die Versorgung der Menschen sichern im Moment kommen 100 - 200 über die Grenze. Medizinische Versorgung gibt es auch nicht mehr, ich bitte um mehr Ehrlichkeit in der Berichterstattung. Ich kann nur jedem empfehlen mal www.aljazeera.com/live zu schauen.

    • @Des247:

      Al-Jazeera ist ein Propagandaorgan der Finanzierer des Hamas-Terrors. Vom was für einer Ehrlichkeit sprechen Sie im Zusammenhang mit diesem Medium?

  • Warum keine Resolution gegen IRAN? Warum werden die Hintermänner des Nahostkonflikts nicht direkt angegangen?

    • @Gnutellabrot Merz:

      Warum nur den Iran? Seit beginn des Konflikts, also seit vielen Jahrzehnten, kochen andere Länder ihr Süppchen an diesem Konflikt. Wenn dann bitte alle sanktionieren.

  • Die General Assembly der UN fordert wohlfeil. Denn wer kann schon gegen „humanitäre Hilfe“ sein? Niemand.



    Dennoch wird diese Resolution der Realität (mal wieder) nicht gerecht.



    Eine Resolution der General Assembly, die von Israel uneingeschränkt akzeptiert werden könnte, sollte Israel zumindest auch mitteilen, wie man denn konkret mit dem Gegner Hamas umgehen soll, der gemäß seiner aktuellen Charta weiterhin kompromisslos betont, solange kämpfen zu wollen, bis Israel vollständig vernichtet ist.



    Also?

    • @Schukie:

      Das ist nicht richtig, die Hamas kämpfen für einen eigenen Staat und Gerechtigkeit für die Palästinenser und nicht für die Vernichtung von Israel. Das ist schlichtweg eine Lüge die Israel benutzt um das rücksichtlose töten der Zivilisten in Gaza zu rechtfertigen. Mittlerweile über 8000 getötete Kinder, zehntausende schwerverletzt, tausende vermisst unter den Trümmern. Verurteilen Sie das auch oder nur den Angriff der Hamas?

      • @Des247:

        Also ich muss ganz ehrlich sagen, die Hamas hier als die Freiheitskämpfer vor dem Herren darzustellen finde ich gewagt. Immerhin muss man berücksichtigen, dass die Hamas eine islamistische Organisation/Partei ist. Freiheit und Selbstbestimmung ist da also sehr wohl an einen ideologisch vorgegeben Rahmen geknüpft. Krieg ist niemals schön und Israels Regierung wird zurecht kritisiert und beobachtet. Dennoch möchte ich hier einmal darauf hinweisen, dass der Anschlag der Hamas zum Beispiel explizite frauenfeindlichen und sexuelle Gewalt enthielt, also Vergewaltigung und gegen Frauen gerichtete Gewalt in einem Maße ausgeübt hat dass man da von einer gezielten Strategie ausgehen kann. Zudem muss man sich bewusst sein dass wenn wir von Hamas vs. Palästinensern reden, wir gleichzeitig auch von Israels Regierung vs. Israelis sprechen müssen. Am Ende des Tages haben wir hier zwei Regierungen, die Zivilisten umbringen. Ethisch/Moralisch gesehen gibt es hier nur Verlierer und keine Gewinner.

      • @Des247:

        "...die Hamas kämpfen für einen eigenen Staat und Gerechtigkeit für die Palästinenser und nicht für die Vernichtung von Israel."



        Abgesehen das sie letzteres sehr wohl beabsichtigt, haben sie aus dem eigenen Gebiet exakt nichts gemacht.



        Irgendwie stehen die Realitäten Ihren Aussagen entgegen.



        "Verurteilen Sie das auch oder nur den Angriff der Hamas?"



        Ich finde das absichtliche Töten von Menschen in jedem Fall entsetzlich und verachte alle die solches tun.

      • @Des247:

        @Desiree Mangold – zum Zweiten:



        Es gab eine Ergänzung zur Charta von 1988 – nicht aber eine Aufhebung der alten Charta.



        Dort heißt es:



        Das Land Palästina



        2. Palästina, das sich vom Jordan im Osten bis zum Mittelmeer im Westen und von Ras al-Naqurah im Norden bis Umm al-Rashrash im Süden erstreckt, ist eine integrale territoriale Einheit. Es ist das Land und die Heimat des palästinensischen Volkes. Die Vertreibung und Verbannung des palästinensischen Volkes aus seinem Land und die Errichtung der zionistischen Einheit in diesem Land heben das Recht des palästinensischen Volkes auf sein gesamtes Land nicht auf und verschaffen der usurpierenden zionistischen Einheit keine Rechte in diesem Land.



        4



        Das zionistische Projekt



        14. Das zionistische Projekt ist ein rassistisches, aggressives, koloniales und expansionistisches Projekt, das auf der Aneignung des Eigentums anderer beruht; es ist feindlich gegenüber dem palästinensischen Volk und seinem Streben nach Freiheit, Befreiung, Rückkehr und Selbstbestimmung. Das israelische Staatsgebilde ist der Spielball des zionistischen Projekts und seine Basis der Aggression.



        19. Es gibt keine Anerkennung der Legitimität der zionistischen Einheit. Was auch immer dem Land Palästina in Form von Besetzung, Siedlungsbau, Judaisierung oder Veränderung seiner Merkmale oder Verfälschung von Fakten widerfahren ist, ist illegitim. Rechte erlöschen nie.



        20. Die Hamas ist der Ansicht, dass kein Teil des Landes Palästina aufgegeben oder zugestanden werden darf, unabhängig von den Ursachen, den Umständen und dem Druck und unabhängig davon,wie lange die Besatzung andauert. Die Hamas lehnt jede Alternative zur vollständigen und uneingeschränkten Befreiung Palästinas vom Fluss bis zum Meer ab.

        Hier ergibt sich das Ziel der Vernichtung Israels vor allem aus Artikel 20. Die Verwendung der Parole „From the river to the sea“ im Zusammmenhang mit der Propagierung der Ziele der Hamas steht in Deutschland inzwischen unter Strafvorbehalt.

        • @Schukie:

          Mit umgekehrten Vorzeichen ist das die Position des Likuds und anderer israelischer Regierungsparteien.

          Und war vor 1947 auch die Position der zionistischen Bewegung. Genauso wie die israelische Arbeiterpartei 1947 die Teilung akzeptiert hat, ist es durchaus möglich, dass die Hamas das in Zukunft tun wird. Äußerungen, die in diese Richtung gehen, gab es schon von Haniyeh, als er Ministerpräsident war.

      • @Des247:

        @Desiree Mangold:



        Ich zitiere in der deutschen Übersetzung aus der Charta der Hamas:



        Artikel 1: Das Programm der Islamischen Widerstandsbewegung ist der Islam. Aus ihm leitet sie ihre Ideen, Konzepte und Vorstellungen vom Universum, dem Leben und den Menschen ab, von ihm lässt sie sich in all ihren Unternehmungen auf dem rechten Weg leiten.



        Artikel 6: Die Islamische Widerstandbewegung ist eine spezifisch palästinensische Bewegung, treu Gott ergeben. Der Islam dient ihr als Lebensentwurf. Sie strebt danach, das Banner Gottes über ganz Palästina, jeder Handbreit davon, aufzupflanzen. Unter dem Islam können die Anhänger aller Religionen in Sicherheit für sich, ihren Besitz und ihre Rechte zusammenleben. Ohne den Islam jedoch kommt es zu Konflikten, verbreiten sich Ungerechtigkeit und Korruption und brechen Streitigkeiten und Kriege aus.



        Artikel 8: Gott ist ihr Ziel, der Prophet ihr Vorbild, der Koran ihre Verfassung, der Dschihad ihr Weg und der Tod für Gott ihr hehrster Wunsch.



        Artikel 15: Sobald die Feinde muslimisches Land usurpieren, wird der Dschihad zur individuellen Pflicht eines jeden Muslims. Gegenüber der Usurpierung Palästinas durch die Juden muß zwingend das Banner des Dschihad erhoben werden.



        Artikel 17: Die muslimische Frau spielt im Befreiungskampf eine ebenso wichtige Rolle wie der Mann, denn sie bringt Männer hervor, und ihre Rolle in der Orientierung und Erziehung der nächsten Generationen ist bedeutend.

        Die Charta der Hamas steht im Netz. Sie müssen nur die Suchbegriffe ‚Hamas‘ ‚Charta’ ‚Kritiknetz‘ eingeben. Das Ziel der Vernichtung Israels ergibt sich aus dem oben zitierten Artikel 6 (jeder Handbreit).

  • Was ist das für eine naive Überschrift?

  • Der Konflikt ist weder militärisch, noch terroristisch lösbar. Dringend gebraucht würde eine verlässliche, durchsetzungsfähige palästinensische Zivilgesellschaft als Ansprechpartner für alle demokratischen Kräfte. Ist leider nicht in Sicht.

  • Resolutionen der UN, gerade in Bezug auf den Krieg in Gaza/Israel/Libanon, werden total überbewertet. Es muss sich und wird sich niemand daran halten.

    • @Der Cleo Patra:

      Und was folgern Sie daraus? Die UNO abschaffen? Dass Israel sich grundsätzlich an keine Resolution hält macht diese nicht unwichtiger, v.a. wenn selbst die USA nicht ihr sonst obligatorisches Veto einlegen. "Theo gegen den Rest der Welt" wird auf Dauer nicht funktionieren.

    • @Der Cleo Patra:

      Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind rechtlich bindend. Natürlich kann (nicht: darf) Israel diese ignorieren, solange es die Rückendeckung der USA hat. Wie klug es ist, die eigene Schutzmacht bloßzustellen, indem man eine von ihr maßgeblich geprägte Resolution fast schon ostentativ ignoriert, sei allerdings dahingestellt.

      • @O.F.:

        Und wie klug ist es von der Hamas, die UN, die ihre Vorstellungen übernimmt, vor den Kopf zu stossen und der Resolution, die die sofortige und bedingungslose Freilassung der israelischen Geiseln fordert nicht Folge zu leisten?