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Reaktionen zu Klöckners taz-Vergleich„Medienpolitische Version der Hufeisentheorie“

Die taz in aller Munde: Stimmen zu Bundestagspräsidentin Julia Klöckners Vergleich zwischen der taz und dem rechtspopulistischen Portal „Nius“.

Fassade des taz-Hauses in der Friedrichstraße Foto: taz

Berlin taz | Der Methodik nach „nicht unähnlich“ seien die unabhängige taz, die ihren Ge­nos­s*in­nen gehört und das Portal „Nius“, das von einem Milliardär finanziert wird. Das hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) am Sonntag beim Sommerfest ihrer Partei in Koblenz gesagt. Sie wolle deshalb weder „einen Finanzier der taz noch Frank Gotthardt“ abkanzeln.

Die Gleichsetzung wurde von vielen Medien, aber auch auf Social Media kommentiert. Hier eine Auswahl:

t-online: „Klöckner gießt Öl ins Feuer“



Unter dem Titel „Klöckner gießt Öl ins Feuer“ beschrieb T-Online den inzwischen heiß diskutierten Klimax der Rede der Präsidentin des Deutschen Bundestags wie folgt: „Die ‚taz‘ kennen Sie alle. Die vertritt das sehr linke Spektrum.“ Gotthardt investiere in ein Medium „genau auf der anderen Seite. Aber in den Methoden sind sich beide nicht so sehr unähnlich, in ihren Vorgehensweisen.“ 

Dazu weiter Lars Wienand, der leitende Redakteur Recherche von T-Online: „Die ‚taz‘ vertritt zwar oft linke Positionen, arbeitet aber nach hohen journalistischen Maßstäben.“

Nach einem Verweis auf die Rügen des Presserats an taz (eine) und „Nius“ (mehr als 30) schrieb er weiter: 
„Klöckner sprach die Probleme des Mediums (ergänzt: „Nius“) also nicht an, sondern stellte es auf eine Stufe mit der in der Branche weitgehend für sauberen Journalismus bekannten ‚taz‘.“ 


FAZ: taz-Chefinnen bleiben cool

„Die ‚taz‘-Che­finnen Ulrike Winkelmann und Barbara Junge blieben cool und verwiesen darauf, dass ihr Blatt ‚im Gegensatz zu Nius‘, ein ‚journalistisches Medium‘ sei, das nach presseethischen Grundsätzen arbeitet“, kommentiert Michael Hanfeld in der „FAZ“. 


DJV vermutet politisches Kalkül

„Ich frage mich, ob die Bundestagspräsidentin das deutsche Medienspektrum so wenig kennt, wie ihre Aussage vermuten lässt, oder ob sie politisches Kalkül verfolgt, indem sie die renommierte taz in die linksextreme Ecke schiebt“, sagt der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster zur Tagesschau. Und: „Ich empfehle der Bundestagspräsidentin, sich von populistischen Medien fernzuhalten. Die taz gehört eindeutig nicht dazu.“ 


Spiegel: Nius arbeitet mit Falschbehauptungen

Im Spiegel wird die taz nicht näher vorgestellt, aber über „Nius“ festgehalten: „Nius“ ist ein rechtspopulistisches Online- und Medienportal, das der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt leitet. Die Plattform ist insbesondere für ihre rechtspopulistisch geprägte Berichterstattung bekannt, in der sie Themen teils dramatisiert, ideologisch zuspitzt und nachweislich mit Falschbehauptungen arbeitet.“


1Live-Journalist kritisiert medienpolitische Version der Hufeisentheorie

Dennis Horn, stellvertretender Programmchef von „1Live“ beim WDR, teilt den Spiegel-Artikel bei „LinkedIn“ und schreibt dazu: „Julia Klöckner setzt Nius mit der taz gleich. Die medienpolitische Version der Hufeisentheorie.“ 


Bastian Obermayer: skandalöse Gleichsetzung

Pulitzerpreisträger Bastian Obermayer postete dazu auf Bluesky: „Die skandalöse Gleichsetzung der taz mit der Rechtsaußen-Dreckschleuder Nius zeigt, wie weit weit aussen der Klöckner/Spahn-Flügel nach Zustimmung buhlt. Ein historischer Fehler, der alle demokratiezersetzenden Elemente in D stärken wird. Die CDU übrigens eher nicht.“

Correctiv-Mitgründer: Desinformation wird normalisiert

Daniel Drepper, Mitgründer von Correctiv, schreibt auf Bluesky: „Hier gibt es nichts zu sehen, nur wie die Frau mit dem zweithöchsten Amt im Staat ein ultrarechtes Hetzportal mit einem seriösen Medium gleichsetzt. So werden Desinformation und Hetz-Kampagnen normalisiert und das Vertrauen in traditionelle Medien zersetzt. Unfassbar.“


Campact: Nius bedient sich der Strategie der AfD

Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand von Campact e.V., wies in einem Post auf „Linkedin“ auf die Methodik von „Nius“ hin: Die Plattform „bedient sich direkt bei der Strategie der rechtsextremen AfD. Statt journalistisches Handwerk, steht die Empörung, die Klickrate, der Kulturkampf im Fokus – eine Art BILD auf Steroiden und das alles unter der Hand des Ex-BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt.“

Kolb bewertete die Gleichsetzung wie folgt: „Als Amtsinhaberin mit dem zweithöchsten Amt im Staat setzt Julia Klöckner ein ultrarechtes Hetzportal mit dem seriösen Medium taz gleich. Desinformation und Hetzkampagnen werden somit normalisiert, das Vertrauen in traditionelle, mit Fakten arbeitenden Medien zersetzt und dem Kulturkampf von rechts Tür und Tor geöffnet.“

Amadeu Antonio Stiftung: taz wird deligitimiert

Das „journalistische Hufeisen“ erkennt die Amadeu Antonio Stiftung in der Aussage von Klöckner. Sie schrieb: „Julia Klöckner nimmt mit dem NIUS Mäzen Frank Gotthardt am Sommerempfang der Koblenzer CDU teil und nutzt den Anlass, um die taz zu delegitimieren, indem sie sie mit dem rechtsalternativen Hetzportal NIUS gleichsetzt.“

SPD-Parlamentarier abonniert die taz

Auch im politischen Betrieb, von der kommunalen bis zur europäischen Ebene, gibt es Solidaritätsbekundeungrne. So schreibt Ramona Schumann, SPD, Bürgermeisterin der niedersächsischen Stadt Pattensen, auf LinkedIn von einem Versuch, den öffentlichen Diskurs zu verschieben.

Der SPD-Europarlamentarier Moritz Deutschmann schreibt, er habe die taz nach 15 Jahren nun wieder abonniert. Er schreibt: „Wer journalistischen Aktivismus mit gezielter Desinformation gleichsetzt, hat offenbar nicht verstanden, was demokratische Öffentlichkeit bedeutet.“


Kritik an Klöckners Vergleich kam auch aus der eigenen Partei: Ruprecht Polenz, früherer Generalsekretär der CDU, teilte auf Facebook sogar ein Sharepic der taz, in dem die taz-Chefredakteurinnen Klöckner darauf hinwiesen, dass die taz im Gegensatz zu Nius nach presseethischen Grundsätze arbeitet.

Auf Bluesky fragte der taz-Account schon am Sonntag: „Julia, brauchst du ein taz Abo?“

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