Angriff auf UN-Friedenstruppe im Libanon: Blauhelm-Soldaten verletzt
Das israelische Militär beschießt im Süden Libanons auch Stützpunkte der UN-Friedenstruppe Unifil. Diese meldet zwei Verletzte.
Israelische Soldaten hätten auch eine UN-Position in Labbouneh beschossen, den Eingang des Schutzbunkers der Friedenstruppe getroffen, Fahrzeuge und Kommunikationssysteme beschädigt. Zudem wurde eine israelische Drohne beobachtet, die innerhalb der UN-Position bis zum Bunkereingang flog. Am Vortag hätten israelische Soldaten „absichtlich“ Überwachungskameras und eine weitere UN-Position in Ras Naqoura beschossen und dabei Beleuchtungen und eine Funkstation beschädigt. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen.
Die Friedensmission warnt: Solche Angriffe verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und die UN-Resolution 1701, die den Waffenstillstand und die Stabilität an der Grenze zwischen Israel und Libanon sichern soll. Die Mission hat direkte Kommunikationskanäle zu israelischen und libanesischen Verhandlungspartner*innen. Unifil ist seit 1978 im Südlibanon stationiert und hat über 10.000 Soldaten aus mehr als 50 Ländern im Einsatz. Der Bundestag verlängerte das Mandat im Juni um ein weiteres Jahr.
Vorwurf an Libanon, Resolution nicht umgesetzt zu haben
Nach dem 34-Tage-Krieg zwischen Israel und dem Libanon 2006 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1701. Sie verlangt das Ende der Feindseligkeiten und beschränkt die Präsenz bewaffneter Gruppen in der Region auf die libanesische Armee und Unifil. Israel wirft dem Libanon vor, die Resolution nicht vollständig umgesetzt zu haben.
Seit dem 8. Oktober 2023 feuern Hisbollah und verbündete Gruppen Raketen auf Israel, ideologisch begründet mit der Unterstützung der Palästinenser*innen im Gazastreifen. Seitdem kam es zu gegenseitigen Luftangriffen, bei denen die meisten Hisbollah-Raketen von Israels Luftabwehr abgefangen wurden. Bis September starben durch israelische Angriffe im Libanon 589 Menschen, durch Hisbollah-Angriffe in Israel 34. Auf den Golanhöhen wurden 12 Menschen getötet.
Am 1. Oktober drangen israelische Soldaten und Panzer in den Libanon ein, nachdem der Iran Raketen auf Israel abgefeuert hatte, die mit Unterstützung der USA abgewehrt wurden. Die Hisbollah wird vom Iran unterstützt. Teheran reagierte auf die Tötung des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah durch Israel.
Die Miliz der Hisbollah schießt weiter Raketen auf Israel und kämpft im Südlibanon direkt mit den israelischen Truppen. Die libanesische Armee ist nicht direkt beteiligt, meldete aber Todesopfer bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten.
Netanjahu droht mit Zerstörung wie in Gaza
Das libanesische Gesundheitsministerium berichtet seit dem 8. Oktober von 2.141 Toten und 10.099 Verletzten durch israelische Angriffe, darunter mehr als 100 Kinder und rund 100 Rettungskräfte. Zwei UNHCR-Mitarbeitende wurden ebenfalls getötet. Am vergangenen Donnerstag meldete das Ministerium 128 zerstörte Krankenwagen und Feuerwehrautos sowie neun stark beschädigte Krankenhäuser und 45 medizinische Einrichtungen.
Im Rahmen der Angriffe im Südlibanon hat das israelische Militär der Bevölkerung im Libanon befohlen, ihre Häuser bis zu etwa 50 Kilometer von der Grenze entfernt zu evakuieren sowie Strände an der Küstenlinie im Südwesten nicht zu besuchen. Das deutet möglicherweise darauf hin, dass Israel die Bodenoffensive bald auf diesen Teil des Landes ausgedehnt oder sogar eine See-Invasion planen könnte. Am Mittwoch sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dem Libanon drohe die gleiche Zerstörung „wie Gaza“.
Irlands Präsident Michael D. Higgins, dessen Land mehr als 300 der UN-Soldaten stellt, kritisierte das israelische Vorgehen zuvor scharf. Israels Armee habe die Friedenstruppen bedroht und wolle sie evakuieren lassen, teilte Higgins vor einigen Tagen mit. Israel fordere sogar, dass die gesamte Unifil-Mission sich aus dem Grenzgebiet entferne. Die Blauhelmsoldaten hielten an ihrem Mandat fest und weigerten sich, das Gebiet zu evakuieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies