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Anti-AfD-DemoZehntausende protestieren in Köln

Bei einer Großdemo gegen die AfD muss wegen des großen Andrangs die Route geändert werden. Habeck wirft der AfD vor, sie wolle einen Staat wie in Russland schaffen.

Kölscher Widerstand: Zehntausende De­mons­tran­t:in­nen drängeln sich am Dienstagabend auf dem Heumarkt in Köln Foto: Oliver Berg/dpa

Köln/Berlin dpa/afp/epd/taz | „Wir sind bunt – wir sind mehr“ – Zehntausende Menschen haben am Dienstagabend in Köln gegen die AfD demonstriert. Der ursprüngliche Kundgebungsort, der Heumarkt in der Kölner Altstadt, war schon zu Beginn völlig überfüllt, ebenso wie alle Seitenstraßen. Das Polizeipräsidium Köln erklärte am Dienstagabend, bei der Auftaktveranstaltung sei es aufgrund eines „unerwartet großen Zulaufs“ zu einem so großen Gedränge gekommen, dass die Demonstrationsstrecke geändert worden sei.

Unterdessen hat Vizekanzler Robert Habeck eindringlich vor der AfD gewarnt. Es geht den Rechtsautoritären um einen Angriff auf das Wesen der Republik“, sagte der Grünen-Politiker dem Magazin Stern. „Sie wollen aus Deutschland einen Staat wie Russland machen.“ Darauf bereiteten sie sich systematisch vor.

„Ganz Köln hasst die AfD!“

Bei der Demonstration in Köln marschierten die Teilnehmer in einem langen Zug bei Eiseskälte quer durch die Innenstadt bis zum Neumarkt und dann über die Deutzer Brücke auf die andere Rheinseite. Dabei riefen Tausende: „Ganz Köln hasst die AfD!“ Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf „mehrere zehntausend“. Die Stimmung beschrieb ein Polizeisprecher als „durchweg friedlich“.

Viele Demonstranten schwenkten selbst gemachte Plakate und Transparente. Darauf stand zum Beispiel: „Nazis essen heimlich Döner“, „Alle hassen Nazis, denn sie sind ekelhAFD“ oder „Will Trade Racists for Refugees“ (Tausche Rassisten gegen Flüchtlinge). Auf mehreren Transparenten wurde ein Verbot der Partei gefordert.

Auch EU-Flaggen und Regenbogenfahnen wurden mitgeführt, christliche Gruppen waren ebenso vertreten wie Anhänger der Marxistisch-Leninistischen Partei. Nach zweieinhalb Stunden war der Demonstrationszug immer noch im Gange. Die Kundgebung stand unter dem Motto „Demonstration gegen die Massenabschiebe-Pläne von AfD & Co. und steigende rassistische Hetze und Gewalt von rechts“.

Damit wird die Kette großer Demonstration gegen rechts fortgesetzt. Am Sonntag hatten allein in Berlin 25.000 am Brandenburger Tor protestiert, auch im viel kleineren Potsdam hatten zeitgleich 10.000 Menschen demonstriert, darunter Bundeskanzler Scholz und Bundesaußenministerin Baerbock.

Für den 3. Februar mobilisiert das noch junge Bündnis „Hand in Hand“ bundesweit für eine zentrale Großdemo in Berlin.

Anlass für die Demos war das kürzlich bekannt gewordene Rechten-Treffen in einer Villa in Potsdam. Dabei hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, im vergangenen November gefordert, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Dem Medienhaus Correctiv zufolge nannte Sellner drei Gruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und „nicht assimilierte Staatsbürger“. Bei dem Treffen waren auch AfD-Politiker und Mitglieder der Werteunion anwesend.

Habeck: Verbotsverfahren müsste „absolut gerichtsfest sein“

In der Debatte um ein mögliches Verbot das AfD zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) zurückhaltend. „Die Hürden sind zu Recht sehr hoch, der Schaden durch ein gescheitertes Verbotsverfahren wäre massiv. Daher müsste alles absolut gerichtsfest sein“, sagte Habeck.

Habeck sagte dem Stern in einem am Mittwoch online veröffentlichten Interview: „Sollte sicher nachgewiesen sein, dass eine Partei das Land in einen faschistischen Staat verwandeln will, gehört sie verboten, egal, wie stark sie ist. So oder so müssen die demokratischen Parteien die AfD politisch schlagen.“

Nach den Worten des Grünen-Politikers „wird immer deutlicher, dass die AfD einen national-identitären Staat schaffen will“. Sie mache kein Geheimnis aus ihrer Weltanschauung und wolle aus Deutschland einen Staat wie Russland machen.

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32 Kommentare

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  • ...es ist an der Zeit, das die Merzi's, die Lindner's, die Habeck's & Scholzen's und viele andere Politik Akteure der etablierten Parteien sich einmal fragen was haben denn Kohl, Schröder & Merkel angestellt, das viele Bürger und Wähler sich von den etablierten Parteien nicht mehr gesehen fühlen. Was können / müssen die etablierten Parteien schleunigst anbieten damit die Wähler sich mitgenommen fühlen. Die Parteien sollten die Wähler mit ihren Anliegen ernst nehmen, mit und für die Bürger regieren und nicht über die Köpfe hinweg regieren.



    Die AfD ist doch überhaupt nur Gegründet worden weil es große Missstände in der Politik der etablierten gibt ! Doch nicht weil die AfD auch nur im Ansatz etwas verbessern können würde, erstarkt sie so erschreckend, sonder aus dem Vollversagen der etablierten Parteien heraus.

  • Schöne Grüße an Alle, die sich für



    "die Bevölkerung" einsetzen und sich dabei eiskalte Füße geholt haben!



    Es gibt noch Hoffnung!



    Danke!

  • Aber wenn die AfD verboten würde, mit wem soll die CDU/CSU dann über 50 Prozent kommen?

  • Gerade schlägt SOS Humanity Alarm www.instagram.com/...h=MzRlODBiNWFlZA== , und das sollte bei all den engagierten Worten u.a. Habecks nicht untergehen:

    》Die Ampel Fraktionen planen , Hilfe für Kinder auf der Flucht zu bestrafen [...] Stoppt den §96! [...] Erst gab es Beschwichtigungen, man wolle die zivile Seenotrettung mit dem "Rückführungsverbesserungsgesetz" nicht kriminalisieren. Dann wurde der aktuelle Gesetzentwurf kurz vor der Abstimmung bekannt und es stellt sich heraus, wir wurden getäuscht.



    Weiterhin drohen nicht nur jenen bis zu zehn Jahre Haft, die auf den Landwegen schutzsuchende Menschen unterstützen. Nein, auch Seenotretter*innen können bestraft werden, wenn sie unbegleitete Minderjährige aus Seenot und vor dem Ertrinken retten und in den Schengen Raum ausschiffen.



    Dies geht aus einem Rechtsgutachten hervor. Entgegen den Behauptungen der Regierung ermöglicht der Gesetzentwurf zur Änderung des §96 nach wie vor eine Strafverfolgung ziviler Seenotretter*innen - nämlich immer dann, wenn mehr als eine unbegleitete minderjährige Person unter den Geretteten ist.《 - u.a. der grüne EU-Abgeordnete Erik Marquardt hat diesen Beitrag geliked, es scheint also nicht aus der Luft gegriffen.

    Es kann doch nicht sein, dass da gerade gegen die faschistischen "Remigrations"-Fantasien der AfD demonstriert wird, einschließlich des Kanzlers¹, und quasi im Windschatten dieser Demos von der Ampel(!) ein solches "Rückführungsverbesserungsgesetz" auf den Weg gebracht wird - das ist mehr als abgründig!

    ¹der gerade im Spiegel Abschiebungen im großen Stil gefordert hat

    • @ke1ner:

      ...ist das, was die AfD mit ihrer Rückführungs Phantasie betreibt - nicht Volksverhetzung und Störung des öffentlichen Frieden - Paragraph 130 StGB ?

  • Ja, ja ... der Europawahlkampf hat begonnen. Ob's hilft ?

  • es ist wenig zu finden in den medien über die konkreten gründe, die einst das npd-verbot scheitern ließen, denn es war ja sooo peinlich für die herrschenden:



    die durchseuchung der npd-leitung durch v-leute.



    sollte das heute wieder der fall sein? kein mensch weiß, wieviel v-leute in der afd-führung stecken.



    auf tagesschau.de heute ein kommentar, der die modernen zeiten als grund anführt, dass ein afd-verbot gerechtfertigt wäre. finde ich ebenfalls.

    • @Brot&Rosen:

      Das mag für das erste NPD-Verbotsverfahren stimmen, für das zweite aber definitiv nicht.

      Das zweite NPD-Verbotsverfahren scheiterte daran, dass der NPD keine realistischen Chancen für eine Machtergreifung zugestanden wurden.

      Sieht es für Sie so aus, als sei eine AfD-Regierung - zumindest auf Landesebene - absolut unrealistisch?

      • @Suryo:

        für mich sieht es so aus, daß die sog.brandmaur nicht existiert, also eine regierungsbildung unter afd-beteiligung im raum steht.



        daß das zweite npd-verbotsverfahren aus mangel an realistischen chancen scheiterte, ist ebenfalls wachsweiches ausweichmanöver.



        spd und union knicken laufend vor der afd + der übrigen rechten mischpoke ein; bzw. dem 25-30% rechts stehender menschen aus prekariat, bauern und depravierter mittelschicht.



        es ist damit schlimmer geworden. 31% für afd - die afd als stärkste partei ist bereits realität in mindestens 1 bundesland.



        "AfD in Ostdeutschland bei 32 Prozent – deutlich vor der CDU"



        www.spiegel.de/pol...-9caa-7a08b3bd49a9

    • @Brot&Rosen:

      "kein mensch weiß, wieviel v-leute in der afd-führung stecken."

      Nicht genug, allein die Größenordnung der AfD im Verhältnis zur NPD (mehr als 10:1) sorgt dafür, dass man als Außenstehender kaum Einfluss auf die Besetzung der Spitzenposten hat.

      Aber was es in der AfD-Elite definitiv gibt, sind jede Menge Ex-CDU/CSU-Leute.

      • @Ajuga:

        + nicht nur das: etliche cdu-leute haben an diesem geheimtreffen wohl teilgenommen. werteunion-leute aus der cdu wohl auch.

  • Die Demo in Köln und vergleichbare Aktionen werden die Stimmung der direkt Beteiligten und jener, die ihnen nahestehen, vielleicht (temporär) etwas aufhellen, und sie erzeugen auch darüber hinaus eine gewisse Aufmerksamkeit, aber sie werden das Problem nicht lösen.

    Das Problem lösen können nur politische Entscheidungen, die von einer deutlichen Mehrheit der Wahlberechtigten als vernünftig wahrgenommen werden. Dabei ist es völlig(!) unerheblich, ob auch jene gut 20 Prozent, die mittlerweile die AfD wählen, diesen Entscheidungen zustimmen können oder nicht.

    Es ist komplett irrational, die Einstellungen von 60, 70 oder mehr Prozent der Bevölkerung als Folgen politisch-ideologischer Indoktrinationen durch die AfD und/oder andere Gruppierungen vom rechten Rand des politischen Spektrums zu interpretieren. Ja, die gesellschaftliche Mehrheit tickt ganz offensichtlich in vielen Fällen nicht so, wie es (insbesondere) die Grünen und die SPD in der Regierung gern hätten, aber an politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen, wie in Ungarn, der Türkei oder gar in Russland hat diese Mehrheit trotzdem nicht das geringste Interesse.

  • Kapiert hier eigentlich keiner, dass durch correctiv hier eine massive Diskursverschiebung nach rechts stattfindet?



    Die Frage ist nämlich nicht mehr "Abschiebungen ja oder nein", sondern "Abschiebungen in welcher Menge und in welchem Tempo". Und spätestens wenn sich der mediale Pulverdampf gelegt und man eingestehen muss, dass die AfD eben nicht jeden mit Migrationshintergrund abschieben will, sondern auf sowas wie die Berliner Clans anspielt (eine Forderung die es exakt so auch schon von Nancy Faeser gab), hat man mitgeholfen die AfD als "akzeptabel" zu verorten, weil der neue gesetzte Ankerpunkt ("alle mit Migrationshintergrund abschieben") den man ihnen unterstellt, wesentlich radikaler ist als das was sie realpolitisch fordern. Und da Menschen auf solche Ankerpunkte reagieren, hilft man mit die AfD zu normalisieren. Ganz großes Kino....

    • @Alex24:

      "Kapiert hier eigentlich keiner, dass durch correctiv hier eine massive Diskursverschiebung nach rechts stattfindet?"

      Diese Verschiebung fand schon lange vor dem Correctiv-Bericht statt, und wurde von Merz und Söder initiiert.

    • @Alex24:

      Wenn der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer auf Twitter davon spricht, man wolle, und das sei ein Versprechen, "Millionen" abschieben, obwohl nicht einmal eine Million Ausländer in Deutschland ausreisepflichtig sind, dann geht es garantiert nicht nur um effizientere Abschiebungen, sondern darum, den Kreis der "ausreisepflichtigen Ausländer" über jedes rechtsstaatlich vertretbare Maß hinaus zu erweitern.

      Und wenn die AfD dabei vom Neonazi Martin Sellner beraten wird, ist ja wohl sowieso schon etwas extrem weit nach rechts gerutscht. Da geht es nicht mehr um Verbrechensbekämpfung - die selbstverständlich legitim ist - sondern um Deportationen anhand rein rassistischer, völkischer Maßstäbe.

  • Diese großen Demonstrationen sind gleichzeitig Aktionen, die beweisen, dass das Parteiensystem, das 'politiker' nach oben gebracht hat, die nicht mehr den Willen einer Mehrheit abbilden;:Wählen fast ausschließßlich nur die Suche nach dem geringsten Übel. Das ruft geradezu nach neuen Gruppen und Persönlichkeiten, die in der Lage sind, die Gesellschaft zusammenzubringen statt permanent zu spalten: Da sind vor allem CDU und FDP in ihrem Geltungsdrang, die durch ihre Haltung das Aufkommen rechter Gruppen geradezu fördern, während SPD und Grüne beweisen, dass sie diesen Realitäten nicht gewachsen sind. Es ist doch schon bedenklich, wenn es bei Umfragen kaum noch Politiker gibt, die positive Bewertungen erhalten, welche das krasse Versagen des Parteiensystems in unserer Demokratie abbilden. Es ist leichter, eine Negativtabelle aufzustellen als Persönlickeiten benennen zu können, denen nachhaltige Verbesserungen zugetraut werden könnten-

  • Es wäre auch gut, wenn dagegen auch in Lettland demonstriert würde. Denn die "Demokratie Lettland" macht gerade das, wovon "Verblendete" hier bei uns darüber reden und/oder träumen:



    taz.de/Russische-M...Lettland/!5982798/

    • @Frankenjunge:

      Und wenn Sie sich mal die Mühe gemacht hätten, die Kommentare zu lesen, wüssten Sie, dass ihre Interpretation falsch ist.

  • Liebe taz,



    ich schätze die Vielfalt der Perspektiven Ihrer oft außergewöhnlichen Artikel sehr!

    Wer, wie ich finde, mehr zu Wort kommen sollte:

    Die Betroffenen der Deportationspläne der AfD mit ihren Perspektiven, ihren Ängsten und ihren Hoffnungen für das Leben in Deutschland.

    Danke, und bitte weiter so. Die taz ist ein Licht und ein frischer Wind in unser sich immer weiter verdüsternden Gesellschaft.

    • @Stavros:

      voll einverstanden. mein ex-mann + seine kinder würden wohl deportiert werden, obwohl sie dauetsche staatsangehörgkeit haben. es gruselt mich. ich habe angst.

  • 17 Uhr Rotes Rathaus Berlin.

    • @aujau:

      Korrigiere mich: es ist 18 Uhr.

  • Och? Beendet die schweigende Mehrheit ihre Lethargie?

  • Ich verstehe schon seit Monaten nicht, warum nicht gerade die CDU immer wieder und wieder auf die Russlandkriecherei der AfD hinweist. Wenn es etwas gibt, was die Union und die AfD unterscheidet, dann ja wohl das. Alle Wege der AfD führen nach Moskau.

    Und, und so übel das auch ist: in Westdeutschland sollte man die AfD als Partei des ostdeutschen Rechtsextremismus, als Partei der Wendeverlierer und Westen-Hasser darstellen. Was ja auch nicht völlig falsch ist.

    Zumal die AfD selbst im Osten ja "Der Osten steht auf" plakatiert.

    Na gut, dann heißt es eben woanders "Der Westen wehrt sich".

    • @Suryo:

      Die Darstellung der AfD wird einen Schönheitsfehler haben: Viele führende AfD- PolitikerInnen sind Wessis.

      • @aujau:

        Jo. Und die sind in den Osten gegangen, weil dort - anders als im Westen - das Potential für eine Karriere vorhanden war. Davon konnte man schon Anfang der 90er ausgehen. Wo rechtsextreme Parteien seit den 20ern des letzten Jahrhunderts Hochburgen hatten, konnte man - aus Sicht der Neubraunen - Potential erwarten.

      • @aujau:

        …die aber, wie schon viele rechtsextreme Anführer seit der Wiedervereinigung, im Osten offenkundig weitaus größeren Erfolg haben. Es hat ja durchaus seine Gründe, warum die nicht im Westen geblieben sind.

    • @Suryo:

      Vielleicht ist das Aufwärmen oller antikommunistischer Kamellen bzw. totgerittener Gäule (“Alle Wege führen nach Moskau”) nicht gerade das probateste Mittel, um gegen die AfD zu mobilisieren. Wie wäre es stattdessen mit: “Alle Wege der AfD führen nach Berlin”, nämlich in das Berlin der NS-Diktatur - oder einer Vorstufe davon, denn wir wissen nicht, ob die AfD nicht erst der Anfang auf dem Marsch in die faschistische Gesellschaft ist. Schlimmer geht immer.

      • @Abdurchdiemitte:

        Das Problem, dass Russland versucht, über rechtsextreme Parteien Europa zu zersetzen und das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben, ist aber real. Das ist nicht einfach eine olle Kamelle, sondern eine ganz konkrete Bedrohung unser aller Sicherheit.

        • @Suryo:

          Ich denke, es gibt da schon noch eine ganze Menge “hausgemachter” innenpolitischer ökonomischer wie sozialer Faktoren, die Europas liberale Demokratien bedrohen. Mittlerweile ist diese Krise auch mitten unter uns in Deutschland ausgekommen.



          Putin wittert diese Schwäche nur ganz genau und stößt gezielt da rein. Aber es gibt noch andere Player mit anderen Interessen.



          Die Fehler im eigenen System nicht zu erkennen und zu korrigieren, stattdessen wie das Kaninchen auf die russische Schlange zu starren, zeugt von wenig kritischer Selbstreflexion. Hier geht es nicht darum - jedenfalls nicht primär - , ein an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft rasant erodierendes Demokratiemodell nach außen militärisch zu verteidigen, sondern es für die eigene Bevölkerung erst einmal wieder attraktiv zu machen.



          Das Thema soziale Gerechtigkeit z.B. hat da aus meiner Sicht ganz hohe Priorität. Trump konnte die US-Wahl 2016 auch deshalb gewinnen (und wird es möglicherweise 2024 wieder tun), weil in diesem Bereich - massive ökonomische und soziale Verwerfungen - in den USA erhebliche Defizite bestehen, die vor allem an der demokratischen Herausforderin Clinton festgemacht wurden.



          Nicht wenige politische Analytiker in den Staaten waren seinerzeit nämlich der Auffassung, dass ein Bernie Sanders als profiliert links-progressiver Kandidat bessere Chancen gehabt hätte, Trump zu schlagen. Das demokratische Parteiestablishment hatte jedoch aufs falsche Pferd (die Rüstungslobbyistin Clinton) gesetzt.



          Das alles kann allein mit der russischen Propaganda-Wühlarbeit in diesem US-Wahlkampf - die ich überhaupt nicht bestreite - nicht hinreichend erklärt werden. Und auch für die Demokratie-Krise in Europa greift es zu kurz.

          • @Abdurchdiemitte:

            Es geht mir hier einfach nur darum, dass man diese ständig nahe am Landesverrat kratzenden „Patrioten“ auch auf dieser Ebene angreifen kann und auch sollte. Und dass das insbesondere auch bei den rechtskonservativen Wählern, denen, die sonst CDU gewählt haben, aber sich überlegen, eventuell AfD zu wählen, wirken könnte.

            Russland nutzt die einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft inhärenten Widersprüche und Möglichkeiten für seine zersetzende Propaganda aus. Das ist längst belegt. Es fördert eine Vielzahl von Gruppierungen im Westen, die vielleicht gegensätzlich wirken, aber in ihrer Ablehnung des Systems zumindest für Russland gleich viel wert sind. Für Russland ist ein Frohnmaier ebenso nützlich wie eine Dagdelen und ein Chrupalla wie eine Wagenknecht.