Krisentreffen der Linkspartei: Geballte Hilflosigkeit

Die „Leipziger Erklärung“ zeigt, wie die Linke weiter schlingert: Zwischen moralischen Ansprüchen und der Realität.

Ein Teilnehmer auf einer Rechts-Außen-Demonstration in Halle hält ein Schild hoch: "Danke, Sahra Wagenknecht"

Sahra Wagenknechts größte Fans sind mittlerweile Russlandfreunde wie dieser Demonstrant in Halle Foto: Heiko Rebsch/dpa

Der Linkspartei mangelt es derzeit an fast allem – an Wähler:innen, glaubwürdigem Führungspersonal, an politischer Relevanz. Nicht jedoch an Bekenntnissen. Je tiefer die Zerwürfnisse, umso lauter die Bekenntnisse, zusammenzuhalten. Ein Irrtum: Denn das Problem der Linkspartei ist nicht, dass sie sich um relevante politische Fragen streitet, sondern dass sie bestimmte Auseinandersetzungen eben nicht ausfechtet, die Dinge nicht beim Namen nennt und keine Taten daraus ableitet.

Das war auch am Wochenende in Leipzig zu beobachten, wo Partei- und Fraktionschefs aus Bund und Ländern zum Krisentreffen zusammenkamen und eine gemeinsame Erklärung verabschiedeten. Der Name Sahra Wagenknecht taucht darin nicht einmal auf, obwohl allen klar ist, dass sie und ihre An­hän­ge­r:in­nen längst auf Sezessionskurs sind – ein Grund für die gegenwärtige existenzbedrohende Lage der Linken. Die Antwort der Par­tei­funk­tio­nä­r:in­nen darauf: Man sei bereit, um die „gemeinsame Partei“ zu kämpfen“. Schön, aber Wagenknecht und Co sind es eben nicht. Ihr Weg führt außen- und gesellschaftspolitisch heraus aus der Linken und scharf nach rechts. So verurteilt Wagenknecht die Sanktionen gegen Russland, weil sie „unseren Interessen“ schaden, will Verhandlungen mit Putin über Gas und ist außerdem gegen den ganzen „Woke-Wahnsinn“. Die AfD dankt. Die Antwort der Linken ist ein lahmes „Du, du“. Demokratisch gefasste Beschlüsse seien für alle verbindlich, heißt es. Konsequenzen? Keine. Das ist geballte Hilflosigkeit.

Doch so lassen sich eben auch die eigenen inhaltlichen Unschärfen aushalten. Denn im Gegensatz zu Wagenknecht, die weiß, was sie will, schlingert die Linkspartei zwischen moralischen Ansprüchen und der Realität, die diesen einfach nicht genügen will. In Leipzig verurteilt man den russischen Angriffskrieg, billigt der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung zu – aber bitte nicht mit immer mehr Waffen. Wie dann, mit Wattebällchen? Wenn man die Linke wieder ernst nehmen soll, muss sie zunächst sich und ihre Positionen selbst wieder ernst nehmen. Und danach handeln.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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