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Die TheseKein Bikini ist auch keine Lösung

Waltraud Schwab
Kommentar von Waltraud Schwab

Dass Frauen oben ohne sonnen dürfen, löst längst nicht alle Probleme. Denn öffentliche Nacktheit kann auch eine Landnahme sein, Vertreibung inklusive.

Mit und ohne Bikinioberteil ungesund Foto: Zoonar/picture alliance

N eulich an einem Weiher im Schwarzwald. Auf einer Wiese liegen viele, die sich sonnen, einige gehen baden, alle tragen Badehose, Bikini, Badeanzug. Bis auf ein Paar, das nackt ins Wasser geht. Der Mann schwimmt los; der Frau ist es zu kalt, knietief bleibt sie stehen, verschränkt ihre Arme vor den Brüsten so, dass diese nicht zu sehen sind. Es ist ein erbärmlicher Anblick. Da will jemand frei und unverfroren sein und ist unfrei und friert.

Trotzdem: Die Nackten am Weiher sind ein Signal; zwischen Bekleideten ist ihre Nacktheit ein Statement. Sie erlauben sich etwas, was andere nicht tun. I teach you a lesson.

An einem Wasserspielplatz im Plänterwald, einem Park in Berlin, dürfen Leute sich jetzt oben ohne sonnen. Männer und Frauen. Eine Frau hatte geklagt, dass sie nicht oben ohne da sitzen darf, während Männer es dürfen, und bekam recht. Es wird als Akt der Gleichberechtigung verkauft. Auch ich finde es ungeheuerlich, dass Männer sich entblößen dürfen und Frauen nicht.

Trotzdem: Dass nun Frauen, deren Brüste sexuell konnotiert sind, sich zeigen können, ist leider nicht der Befreiungsschlag, den ich mir wünsche. Die sexuelle Konnotation geht ja nicht weg, indem nun alle Geschlechter oben ohne rumliegen dürfen. Frauen mit entblößten Brüsten werden weiterhin angegafft werden, von heimlich aufgenommenen Fotos ganz zu schweigen. Welche Frau will das?

Männer ohne freien Oberkörper wären gerechter

Mehr Gleichheit würde doch nur dann entstehen, wenn auch Männer ihren Oberkörper bedecken müssten. Was mir entgegenkäme, denn mir sind bekleidete Männerbrüste angenehmer. Die nackigen finde ich hässlich. Gut, nicht von allen Männern, junge Männer, da, wo die Haut glatt ist, die Haare nicht grau …

Wer immer sich jetzt über meine Wertung aufregen möchte, bedenke: Ungeheuerlich ist, dass sich viele Männer das jeden Tag erlauben – die Körper von Frauen zu beurteilen. Am liebsten wenn sie nackt sind. Und jung.

Eine andere Spielwiese: Ich habe einen Schrebergarten. Neben meinem hat ein muslimische Familie den ihren. Die meisten Frauen laufen auch an heißesten Tagen mit Kopftuch und schlabbrigen langen und langärmligen Gewändern rum. Der Mann dagegen in kurzen Hosen und – zu meinem ästhetischen Missfallen – oberkörperfrei. Seine Bigotterie widert mich an. Denn nichts anderes kann ich darin sehen. Schon gar keine Kultur, kein religiöses Gebot.

Gleiches mit Gleichem vergelten geht im Schrebergarten nicht. Ich will nicht oben ohne durch den Garten flanieren. Den verhüllten Frauen würde ich damit nicht helfen. Wobei: Vielleicht würde der Mann dann endlich einen Sichtschutz aufstellen – obwohl die Schrebergartensatzung das verbietet. Es käme uns beiden gelegen.

Wie dem auch sei, nicht die öffentliche Verordnung, dass Frauen nun oben ohne im Park liegen dürfen, würde gleiche Ausgangslagen bringen – sondern eine öffentliche Verordnung, dass auch Männer sich im Park zu bedecken haben. So wie es jetzt ist, hilft es nicht gegen Sexismus und verletzt gleichzeitig das Schamgefühl von einigen Menschen so sehr, dass sie an den Wasserspielplatz im Plänterwald nicht mehr gehen können.

Nackte Widersprüche lassen sich nicht auflösen

Denn die Sache mit der Nacktheit ist verzwickt und voller Widersprüche, auch für mich, weil ich doch selbst sehr gern nackt bade. Vor allem an Seen. Wobei ich immer in Erwägung ziehe, dass meine Nacktheit anderen den Raum nimmt und sie da nicht mehr hin können, weil Nacktheit für sie ein Tabu ist. Ich weiß das, denn ich habe es erlebt.

Als ich Teenager war auf dem Dorf in den 70er Jahren gab es im Sommer nichts, wo wir uns vergnügen konnten, außer einem Baggersee. Dort verbrachten wir die Nachmittage, dort konnten wir schwimmen. Bis sich plötzlich Unbekleidete auf unsere Wiese legten, und das veränderte alles. They taught us a lesson. Wir wussten jetzt, dass wir von hinterm Mond waren.

Innerhalb kürzester Zeit pilgerten Heerscharen nackter Leute an den See. Sie lagen nicht in einem abseitigen Winkel, sie lagen mitten am Weg. Der Sommer war ruiniert. Was sie sagten: Mit Klamotten geht hier nichts.

Nur leider ging nackig für uns auch nichts, denn die Nacktheit am Baggersee war im Dorf ein Skandal. Der Pfarrer sah Sodom und Gomorrha und verdammte von der Kanzel aus alle, die es wagten, auch nur an den Baggersee zu denken. Die einzige Alternative, die wir hatten, war, abseits auf einem schmalen, steinigen Strandstreifen unsere Decken auszubreiten, wir mussten an den Nackigen vorbei. „Ach, dort drüben sind die Dörfler“, hieß es dann, weil wir Badeanzüge trugen.

Dabei muss es nicht mal um Religion gehen, es kann auch einfach ein gesteigertes Schamgefühl sein, ein introvertierter Wesenszug oder, seien wir ehrlich: ästhetisches Empfinden

Wer nackt ist, zieht einen Kreis um sich

Die Nackigen hatten unseren Raum besetzt, und ich bin bis heute empört darüber. Seither ist mir klar: Öffentliche Nacktheit kann eine Landnahme sein, Vertreibung inklusive. Denn es gibt Leute, die öffentliche Orte, wo nackte Menschen sich versammeln, meiden oder meiden müssen. Da muss es nicht mal um Religion gehen, es kann auch einfach ein gesteigertes Schamgefühl sein, ein introvertierter Wesenszug oder, seien wir ehrlich: ästhetisches Empfinden. Besonders schön sind die meisten fremden Menschen nackt nämlich nicht.

Umgekehrt gilt die Landnahme auch. Wer nackt ist, zieht automatisch einen größeren Kreis um sich, den niemand betreten soll.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

FKK-Strände sind ein Kompromiss. Und wenn ich eine Wahl habe, gehe ich immer an den Nacktbadestrand. Auch an den illegalen am Flughafensee in Berlin, den Freikörperkulturfans befestigten, damit der Strand nicht abrutscht, und wo sie dafür sorgen, dass er nicht zugemüllt wird.

Mülleimer haben sie hingehängt, Aschenbecher kann man sich holen. Denn „Kippen im Kies ist mies“, so steht es an einer Pfostenwand. Illegal hin oder her – auf mehreren privat betriebenen Webseiten wird er als einer der besten FKK-Strände beworben. Ein Spazierweg führt direkt daran vorbei.

Im Mai, so erzählen es sich die Dauergäste des FKK-Strands am Flughafensee, seien sie vom Weg aus beschimpft und mit Steinen beworfen worden. Von Männern, die verschleierte Frauen im Schlepptau hatten. Indiskutabel ist das, falls es stimmt, aber indiskutabel auch die Diskussion, der ich beiwohnte zum Vorfall: dass die Leute sich an die Sitten in Deutschland zu halten hätten und bei uns sei nackt baden nun mal Usus. „So einfach ist es nicht“, intervenierte ich. Unsere Nacktheit kann auch das Schamgefühl von Deutschen verletzen. „Sollen sie halt an einen anderen Strand“, wurde geantwortet.

Ich weiß nicht, wie der Konflikt zu lösen ist. Der alte Fritz muss her. Jeder soll nach seiner Façon selig werden. Die Nackigen sollen nackig sein, aber um die Befindlichkeit der Nichtnackigen wissen und sie nicht belehren wollen. Die Bekleideten sollen bekleidet sein, aber um die Befindlichkeit der Nackigen wissen und sie nicht belehren wollen.

Ob das geht? Keine Ahnung.

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Waltraud Schwab
taz-Redakteurin
Seit 2002 bei der taz, erst im Lokalteil, jetzt in der Wochentaz. 2005 mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet für die Reportage „Schön ist das nicht“, 2011 wurde die Reportage „Die Extraklasse“  mehrfach prämiert. 2021 erschien ihr Roman "Brombeerkind" im Ulrike Helmer Verlag. Es ist ein Hoffnungsroman. Mehr unter: www.waltraud-schwab.de . Auch auf Twitter. Und auf Instagram unter: wa_wab.un_art
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49 Kommentare

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    Die Moderation

  • wie lautete einst die werbung von 'nur die' ...

    warum trägt frau eine strumpfhose ?



    weil nacktheit alle illusion nimmt.

    und so ist es auch.



    entblößte körper sind schlichtweg desillusionierend.



    aller fantasie wird brutal ein ende gesetzt.

  • "Ungeheuerlich ist, dass sich viele Männer das jeden Tag erlauben – die Körper von Frauen zu beurteilen."

    ...das erlauben sich Frauen leider auch.

    Ich behaupte sogar, Männer sind insofern oft sogar gar nicht so harsch im Urteil, da die eigene Frau und Partnerin ja zumeist auch nicht irgendeinem Ideal entsprechen kann und trotzdem geliebt und geschätzt wird.

    Ansonsten kann ich der Argumentation von Frau Schwab sehr gut folgen.

  • Das Problem liegt doch nicht bei den Menschen, die sich nicht bedecken - sondern bei denen die hingucken, obwohl sie es (angeblich) nicht sehen wollen.

    • @Freundlicher:

      Woher wissen Sie, was man dann sieht? Sie Schlingel! 😊

  • "Welche Frau will das?"

    Eben.

  • Ich habe mich als Kind in den 70ern beim FKK immer unwohl gefühlt. Das war hauptsächlich bei den Besuchen der DDR-Verwandtschaft. Ostseestrand im Sommer. Zuhause in Westberlin oder im sonstigen ,nicht sozialistischen Europa, gab es eigentlich immer eine textile Bedeckung. Wie hätte man auch sonst mit seinen Schwimmabzeichenaufnähern (Frei-,Fahrten -und Jugendschwimmer) angeben können? Tattoos waren damals noch nicht so en vogue. :-)

  • Sollte nicht für mehr Freiheiten statt mehr Einschränkungen gekämpft werden?

  • Liebe Frau Schwab, ich bin jetzt etwas verunsichert, wegen dem besagten Weiher im Schwarzwald. Nicht dass wir uns da mal aus Versehen - Sie wissen schon - eventuell fehlender Cordon Sanitaire und so weiter.



    Könnten Sie zur Sicherheit mal die Koordinaten durchgeben? Ich würde mich dann gegebenenfalls und ohne Umschweife aufs Nachtbaden verlegen.

  • Mir gefällt so viel Geschmackloses, Unästhetisches und Privates nicht, was ich jeden Tag sehen muss.



    Da kommts auf ein paar unästhetische Oberkörper -gleich welchen Geschlechts- auch nicht mehr an.

    Würd ich neben Tennissocken in Sandalen, knöchelfreien Karottenjeans, Weihnacht-Strickpulovern, Yakuza-Jogginghosen und den ganzen formgegossenen Hipster Klon Gesichtern da Draußen grad noch so ertragen.

    Falls jetzt nach dem Urteil wider Erwarten auf einmal alle das Bedürfnis haben sollten, überall und ständig blank zu ziehen, änder ich meine Meinung vielleicht nochmal.

  • Sorry, aber aufgrund eines behaupteten ästhetischen Empfindens die Freiheiten anderer einschränken wollen, finde ich schon ziemlich anmaßend. Es sind ja in der Regel nicht schließlich nicht die Nackten, die anderen verbieten wollen, angezogen rumzulaufen. Und rede ich noch nichtmal von der Ungerechtigkeit bei den Geschlechterunterschieden. Dass Nacktheit so sehr sexualisiert wird hängt doch ganz stark damit zusammen, dass sie kaum noch in anderen Kontexten vorkommt. Die Menschen mit den prüdesten Moralvorstellungen waren auch schon immer die mit den perversesten Sexualfantasien.

  • Wer hätt's gedacht? Da hat frau ihren Willen erstritten, und es ist immer noch nicht gut... das kommt davon, wenn die Leute ständig an Sex denken oder so.

  • Über den Artikel in seiner Art „des Schreibens“ sage ich gerne: Sehr gelungen. Da ist eine mit Taktgefühl ausgestattete Offenheit. Ein wirklich mal vom eigenen Sinn des Wahrgenommenen sprechen und ein couragiert vorgetragener Eigensinn. Ja doch. Ich meine das so. Vielleicht ist es sogar leichter, sich mal nackig im Park zu sonnen als in eigener Offenheit über das eben genannte zu einer Leserschaft zu sprechen. Ich muss ja nicht allem zustimmen, was geschrieben steht.



    Nur zu einem Aspekt des Themas kann ich schreiben. Wichtig scheint mir es. Die Autorin führt mir seine Vielschichtigkeit vor Augen: Die Landnahme, mit der ich auch zwischenmenschliche „Raumnahme“ im Sinne einer eben nicht gelingenden, gar nicht möglichen Abgrenzung verbinde. Landnahme findet halt auch durch Naherholung statt. Was kaputt geht dabei: Der eigene ländliche Lebensraum, der Nischen und Refugien bietet für Privates, für das für sich sein, das einmalmit sich sein. Die Problematik wiegt scher meine ich. Unsere städtischen Lebensräume erschweren es sehr, so etwas zu finden. Ich habe eine wirkliche „radikale“ „Tiny-Wohnung“, weil das preiswert sein muss bei mir. Aber ich habe so viel echtes Grün einer öffentlichen Infrastruktur drum herum – herrlich. Da finden sich solche Plätze - noch. Da geht es natürlich in anderer Art um das „Freimachen“, so wie eben genannt.



    Weil die Autorin von einer Landnahme und ihre zerstörende Wirkung auf etwas spricht, was ich wirklich jedem gönnen will, weil es wichtig ist. Können wir das überhaupt in unseren vermasst besetzten Räumen gegenüber anderen, die eben so oder so „eigenwillig“ sein wollen und darin auch ihre Privatheit, durchaus auch ihre gewisse Intimität leben wollen, noch erreichen? Wie die Balance halten ohne „Körpernahme“ durch solche oder solche Blicke der anderen jedweden Geschlechts.

    Die Taz-Autorin Lin Hierse hat da, mir ging es jedenfalls so, einiges gesagt:

    taz.de/Lin-Hierse/!a43821/

  • Wann wird's mal wieder richtig S..



    .. „Sollen sie halt an einen anderen Strand“..



    Das Berlinerisch eingefärbt kann ich mir gut vorstellen.!



    de.wikipedia.org/w...e_-_FKK-Strand.jpg



    FKK-Die Endlosschleife!



    Der alte Fritz muß her! Jawohl!



    Das mit dem Schrebergarten kann ich mir gut vorstellen.



    Warum denn nicht, so durche Garten!



    www.deutschefototh...df_ger-pos_0000050

  • Oben ohne? Damit ich öfter ungefragt mit dem Smartphone fotografiert werde?



    Wohl lieber nicht. Und wenn Du einmal einen von diesen Kerlen ansprichst, dann lacht er dich aus und nennt dich eine *********. Und die Aufsicht? Gegen Gruppen von jungen Männern unternehmen die nichts. So landest du dann irgendwie im Internet.

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Ach wie unkompliziert waren da die 70er und 80er.

    • @44733 (Profil gelöscht):

      Ja,früher da war alles...



      Hier trügt eher die Erinnerung. Es gab halt bloß andere Probleme.

  • Ich bin noch in der DDR aufgewachsen und finde Nacktheit als etwas ganz normales. Jahrzehnte später befinden wir uns in einer verklemten, gehemmten Gesellschaft, in der nur genormtebmenschliche Körper sichtbar sein dürfen - religiöse Befindlichkeiten verschärfen den Trend noch.

    Persönlich ist mir die nakte Oma am Strand lieber als eine vollständig verhüllte, durchnässte junge Frau, aber abseits persönlicher Präferenzen erwarte ich von einer freien, toleranten Gesellschaft, dass ein jeder sich zeigen kann, wie er möchte..

    Auch möchte ich mit meinem kleinen Sohn weiterhin ohne nasses T-Shirt in der Plansche spielen, soviel Spaß muß sein ;)

    • @Jörg Radestock:

      "Ich bin noch in der DDR aufgewachsen und finde Nacktheit als etwas ganz normales."

      Ich auch. Trotzdem muss ich mich nicht überall entblößen.

      • 4G
        49732 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Am Baden aber schon. Dafür muss ich es nicht in der Disko.

  • Ein Mindestmaß an Rücksichtnahme wäre schön, ist aber offensichtlich heutzutage zu viel verlangt. Nicht jeder findet die Nacktheit anderer sehenswert und manche finden sie sogar anstößig.

    Was immer gerne übersehen wird: Ob Menschen Nacktheit unanständig und anstößig finden, entscheiden nicht die Nackten, sondern diejenigen, die Anstoß daran nehmen. Das ist bei überlauter Musik, Rauch und Qualm oder sonstigem asozialen Verhalten übrigens nicht anders. Die Verursacher sind meist rücksichtslose Individuen, die nur an sich denken.

    • @Winnetaz:

      So wie sich manche Menschen kleiden, tut das auch meinen Augen weh. Soll man das deshalb auch verbieten? Immerhin müssen die ja berücksichtigen, dass jemand anderes es anstößig findet.



      Früher war es geboten für Frauen nur Röcke zu tragen, die die Knie verdecken, weil es sonst als anstößig empfunden wurde. Sollen wir zu dem Punkt zurück, weil das ja auch manche zu aufreizend finden? Wo ziehen Sie die Grenze und warum sollte der aktuelle Status Quo der optimale sein?

      Anders gesagt: Mir will nicht in den Kopf, warum der natürliche Zustand des Menschen als anstößig empfunden wird.

    • @Winnetaz:

      Das Problem ist: man kann den Spiess jederzeit umdrehen. Wer als Lebensgefühl Nacktheit hat/will/braucht, könnte nämlich sagen, dass es rücksichtslos ist, ihm/ihr das zu verbieten.



      Anders als Lärm oder Rauch ist Nackheit keine gesundheitliche Gefahr für andere, sondern wohl vor allem eine Frage der Konditionierung.



      Möchte ich alle und jeden überall nackt sehen? Nein. Will ich es jemandem verbieten? Ebenso nein.



      Für den Gesetzgeber ist das allerdings ungleich schwieriger zu lösen.

  • Die Autorin findet den Anblick nackter Männeroberkörper so unerträglich, dass sie diese verbieten möchte. Andererseits bevorzugt sie FKK-Strände. Da ich in Deutschland keine nach Geschlechtern getrennte Nudistenstrände kenne, verwundert mich da doch dieser Widerspruch.

  • Ich hasse FKK. Diese ganze Gehänge und Gebaumle, egal ob jung oder alt.

    Na ja, nicht ganz, Testikel auf Kniehöhe nehmen den Spitzenplatz ein.

    Es wird einem gezeigt, was man nicht sehen will, es sei denn, man ist zu zweit im Bett.

    • @Jim Hawkins:

      Stören Sie sich auch an den Nackten in der Boiler Sauna?

    • @Jim Hawkins:

      Sie ärmster. Sozialisation ist alles.

      Halle/Saale - Zentralklima.



      Großes Bruderherz - als Kind ein Aal -



      Hob rechts-links die Schultern - die Trägerchen glitten ab & er endstieg des Bleylehöschen - d.h. den ganzen Sommer bewegten wir uns in Hof & Garten nackt. Ostsee vor allem aber Provence St. Maries …taten ein Übriges.



      FKK-Anlagen ala Arcachon - 🌧 & mit nacktem Arsch aber Friesennerz zu Pferd am Strand sind nicht meins. But.



      Ansonsten - Nähe Wasser möglichst Strand/Meer - raus aus den Klamotten & ab dafür. Sorry & Schräge piefige Ästhetik war nie meins.

      • @Lowandorder:

        In jüngeren Jahren war da die Sorge, dass sich am FKK-Strand etwas regt, was sich nicht regen soll.

        Mittlerweile ist es mehr der Selbsthass auf meinen alten Körper.

        Mir geht es da wie Geraldine Chaplin:

        "Ich hasse das Altwerden. Bei mir sind Kopf und Körper noch in Ordnung, und selbstverständlich ist in diesem Alter auch noch das Begehren da.

        Aber welcher 80-jährige Mann begehrt schon eine 80-jährige Frau? Auch ich würde keinen 80-Jährigen begehren."

        • @Jim Hawkins:

          Sach mal so: Sone Art von verbalem 👙 -



          Is auch keine Lösung! Gelle •

    • @Jim Hawkins:

      Ja nu, ich bin damit sozialisiert worden und hab als Pubertierender gemerkt: Mensch dein hässlicher Körper ist im Vergleich zu den Verwelkten und Schlaffen eine frische Sahneschnitte.

      Heutzutage relativiert sich dort das ganze Instagramme und Photogeshoppte.

  • In einem normalen Freibad oder einem Badesee oder auch am Strand oder im Park mag ich mich nicht oben ohne oder gar nackig präsentieren. Ich möchte schlichtweg nicht, dass eventuell Bilder von mir oder auch meinen nackten Kindern im Internet landen.



    Gestern war ich mit den Kindern in einem Natursee-Freibad, das von einem Nudisten-Club betrieben wird. Textil und nackig sind erlaubt. Was strikt verboten ist, sind das Fotografieren und Filmen. Alle waren freundlich, niemand hat gegafft, es war entspannt und locker.



    In einer solchen Umgebung ist für mich FKK möglich. Und das Bad betreten auch nur Leute, die sich daran nicht stören. Ich denke, dies wäre ein guter Kompromiss: FKK Bäder, Strände oder Bereiche in Parks.Und natürlich sollte dort auch Textil tragen erlaubt sein. Nur wer dann den Bereich betritt, darf sich nicht beschweren über die Nacktheit. Und zu Hause, im eigenen (Klein-)Garten kann man ja immer nackig sein, wenn man es denn will. :-)

  • „die Nacktheit am Baggersee war im Dorf ein Skandal. Der Pfarrer sah Sodom und Gomorrha und verdammte von der Kanzel aus alle, die es wagten, auch nur an den Baggersee zu denken. Die einzige Alternative, die wir hatten, war, abseits auf einem schmalen, steinigen Strandstreifen unsere Decken auszubreiten, wir mussten an den Nackigen vorbei.“



    Selbstverständlich gab es andere Alternativen, nämlich genau die Missachtung solcher perversen religiösen Normvorstellungen, nennt man Befreiung, ist manchmal nicht einfach.



    „in den 70er Jahren“ war oben ohne für alle ziemlich normal, auch in öffentlichen Bädern. Jetzt hat der Backlash sogar die TAZ Redaktion erreicht, traurig.

    • @guzman:

      In den 70ern war "oben ohne" im Westen auf dem Dorf überhaupt nicht normal. Die Kirche Stand (und steht) z.B. im Schwarzwald im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das dürfte darauf ankommen, wieviel Macht die Pfaffen jeweils hatten.



        Ich bin im LK Osnabrück aufgewachsen und dort gibt es einige natürliche und unzählige Baggerseen, an und in denen sich schon vor Mitte der 70er Jahre neben den Standard-Badegästen zahllose Nackte tummelten - ohne Konflikte, übrigens.

    • @guzman:

      Das ist auch das, was mich an der Kolumne am meisten stört:



      Die meisten dort genannten Einwendungen gegen das Nacktsein beruhen auf religiösen Motiven.



      Der Pfarrer, der das alte Testament bemüht oder die Referenz zur weiblichen Verschleierung, wie sie bei vielen muslimischen Menschen praktiziert wird (mit dem entsprechenden Frauenbild und prüden Sexualmoral inklusive).



      Menschen das Nacktsein zu verbieten, weil man es unästhetisch findet, ist schon merkwürdig genug, aber dies religiös zu begründen und auf Zustimmung zu hoffen, ist in einer freien, sekulären Gesellschaft gefährlich. Anstatt falsche Rücksicht zu nehmen, sollten religiös motivierte Menschen auf die Problematik ihres Denkens hingewiesen werden und die Hoffnung bestehen, dass sich dieses Denken langfristig wandelt. Aber darauf sollte der Rest der Bevölkerung nicht warten müssen.

    • @guzman:

      Da haben sie Recht, die Jugend von Heute ist 1000% prüder als wir damals.

    • @guzman:

      Mich macht dieser back slash auch traurig. Damals war oben ohne Befreiung von der wirtwörtlichen Beengung, die Frauen aufoktroyiert war, siehe auch BH-Verbrennungen. Heute stört man sich an einer nackten Männerbrust, zumindest wenn diese nicht jung ist.

    • @guzman:

      Sie selber sind aber nicht in den 70ern auf dem Dorf groß geworden?



      Das ist teils heute noch so

  • Sorry - geschätzte Waltraud Schwab - was heiß anne 🎹?

    “Neulich an einem Weiher im Schwarzwald. Auf einer Wiese liegen viele, die sich sonnen, einige gehen baden, alle tragen Badehose, Bikini, Badeanzug. Bis auf ein Paar, das nackt ins Wasser geht. Der Mann schwimmt los; der Frau ist es zu kalt, knietief bleibt sie stehen, verschränkt ihre Arme vor den Brüsten so, dass diese nicht zu sehen sind. Es ist ein erbärmlicher Anblick. Da will jemand frei und unverfroren sein und ist unfrei und friert.“

    kurz - Klar mit 👙 wär das nicht passiert! Gellewelle.



    You made my day - 😂🙀🥳 - scheunen Sündach ook.

    • @Lowandorder:

      :-)

  • Die Ausziehbedürfnisse, ob analog oder digital im Internet, scheinen zuzunehmen..., bitte gerne, aber warum nicht den Weg zum FKK-Strand nehmen!? Dann ist doch alles gut!



    Ich habe noch nie ein Zeichen von Emanzipation darin gesehen, sich öffentlich zu entblößen - man kann heute alles "feministisch" verkaufen, geht immer!



    Offenbar brauchen "die Kulturen" doch ihren Clash - die einen krass verhüllt, die anderen oben ohne, oder ganz ohne.., Frauen tun das!



    Möglicherweise, die Autorin erwähnt die Gewänder jener, die glauben, sich komplett verhüllen zu müssen, verstärkt in unseren Breiten das eine Extrem das andere bei den anderen. "Unsere" Entblößungen bewirken eventuell stärkere "Gegenwehr" der "Verhüller"?

  • Letztlich wäre die beste Lösung, wenn alle Menschen - egal, welche geschlechtliche Identität - sich so kleiden oder nicht-kleiden dürfen, wie sie meinen. Es ist ja im Grunde schon etwas bizarr, dass beim Menschen der Körper als anstößig gilt und zu verhüllen ist. Es gibt sicher keine Lösung, mit der alle glücklich sind. Jedoch es jedem selbst zu überlassen, ob und wo sie sich verhüllen, schiene mir die modernste und beste Lösung.

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Sagt der Mann im kleinkarierten Hemd. Und spricht obendrein von der Moderne. Ich dachte die Zeiten seien vorbei. Was in der europäischen Antike, dem Vorbild der Moderne, kein Problem war, und dann Frontlinie der Kämpfe der Moderne – das Recht auf freizügige Selbstdarstellung – ist doch heute, in nachmodernen Zeiten, das brisanteste Thema überhaupt. Der menschliche Körper ist das zentrale Schlachtfeld der kulturellen Begehrlichkeiten in der Postmoderne.

  • RS
    Ria Sauter

    Wunderbar!



    Kämpfen wir für bedeckte Männerbrüste! Endlich wieder eine schöne Aussicht.

    • @Ria Sauter:

      Ja, wenn schon denn schon: ...und für die unbedeckten Frauenbrüste.

    • @Ria Sauter:

      Und die Bierbäuche bitte auch gleich mit bedecken! :-)

    • @Ria Sauter:

      Der Männer-Bikini-BH sollte Pflicht werden …

      • @Taztui:

        Ja na klar. Mehr. Der Männerburkinie. Aber nur für alte weiße Männer in Freibädern. Mehr traut sich ja der Teil der feministischen Bewegung, der sich, zwar gut gemeint aber schlecht nachgedacht, der sich selbst in einer gewissen Inhaltsleere erschöpft und sich in der Intersektionalität inflationiert, auch nicht zu zu fordern.



        Im Ernst, auch wenn @Frau Flieders Kommentar, wie ich glaube, durchaus auch ironisch verstanden werden kann: Es war von dem Teil der femistischen Bewegung zu erwarten, dass eine Brustbedeckung für Männer im Schwimmbad gefordert wird.



        Stellt schon auch den Wunsch nach einem gewissen gerechteren Ausgleich dar, das. Ist aber auch, wenn mal nachgedacht würde, in meinen Augen ganz daneben gedacht.

        Verhältnisse nur umkehren, nur "auf den Kopf stellen erbringt eben keinen Fortschritt. Nur umgekehrte Verhältnisse, die an der Benachteiligung und dem "klein halten" von Menschen aber nichts ändert. Es bleibt wie es ist. Halt umgekehrt. Sonst nichts.