Klimaschutz in Zeiten des Ukrainekrieges: Eine zynische Rechtfertigung

Energiekonzerne nutzen die gestiegenen Kosten und den Krieg als Ausrede, um mehr Öl zu fördern. Das 1,5-Grad-Ziel wird so verfehlt.

Greta Thunberg

Greta Thunberg auf einer Pressekonferenz Foto: Denis Balibouse/reuters

Laut dem Scripps Institute wurde im letzten April eine so hohe CO2-Dichte in der Atmosphäre gemessen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen: ein trauriger, aber kaum überraschender Rekord, der erstaunlich wenig Schlagzeilen gemacht hat.

Dass wir uns beim Klimaschutz beeilen müssen, ist keine Neuigkeit. Die Nachrichten, welche diesbezüglich in den letzten Wochen erschienen sind, wiegen dennoch schwer. Die Welt­wetterorganisation hat vor Kurzem verkündet, dass die 1,5-Grad-Schwelle schon 2026 überschritten werden könnte. Unter diesen Umständen würden selbst die Vorschläge von Fridays for Future nicht ausreichen, um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten.

Gleichzeitig hat der Guardian aufgedeckt, dass Energiekonzerne weltweit Milliarden in neue Projekte fließen lassen, mit denen sie die Erderwärmung weiter beschleunigen. In diesem Augenblick sind Investitionen in Planung, um 116 Billionen Barrel Öl zu fördern. Wäre man an der Einhaltung des Pariser Abkommens interessiert, wäre dies reine Geldverschwendung.

Mit dem Ukrai­ne­krieg haben Qatar Energy, Gazprom, Shell und Co dafür eine zynische Rechtfertigung gefunden: Gegen steigende Energiepreise würden kurzfristig neue Ölquellen helfen. Natürlich nur, bis es genug erneuerbare Energien gibt. Dass es Jahre dauert, um mehr Öl zu erschließen? Geschenkt. Im Wahlkampf sprach sich Joe Biden noch gegen neue Ölfelder aus, nun aber vergibt seine Regierung mehr Genehmigungen als die Trump-Administration. In Schleswig-Holstein folgten selbst die Grünen der Angst vor zu hohen Energiepreisen und befürworten neue Ölfelder im Wattenmeer.

Anstatt jetzt erst recht in erneuerbare Energien zu investieren, signalisieren einige Akteure, der Klimaschutz müsse sich hinten anstellen, bis der Ukrai­ne­krieg vorbei ist. Eine radikale Veränderung im Energiemarkt wird nicht für einen historischen Kraftakt genutzt, sondern dazu, die Zukunft der Erde endgültig zu besiegeln – durch die fatale Fokussierung auf den Krieg.

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ist Juso-­Politiker und Klimaaktivist, Jahrgang 2000. Er studiert Astrophysik in Göttingen. Außerdem hat er das Forum „Klima.Gerecht“ in der SPD mitgegründet.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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