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Vegetarische Wurst und blutige SteaksScholz und die Fehlbarkeit der SPD

Der Kanzler hat schwere Tage hinter sich. Kritik wegen der zögerlichen Waffenlieferungen, die Impfpflicht und dann auch noch das Foto mit Klitschko.

Wirkt gerade wie ein Fiat Uno bei orkanartigen Böen auf der Autobahn: Bundeskanzler Olaf Scholz Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

D er Hund, der zu meiner Hausgemeinschaft gehört, sieht in mir eine Göttin – unfehlbar, allmächtig und anbetungswürdig. Er hält auch die vegetarische Fleischwurst, die ihm zuweilen kredenzt wird, für den tierischsten Leckerbissen des gesamten Universums. Ich stelle hierzu fest: Es ist sehr verführerisch, die eigenen Überzeugungen mit der Realität zu verwechseln. Wer hat sich nicht schon mal für etwas gehalten, was er nicht ist?

Olaf Scholz beispielsweise hält sich für einen Regierungschef, der Deutschland mit klarem Kurs durch nie da gewesene Krisen navigiert. Auf alle Nicht-SPD-Mitglieder wirkt er dagegen wie ein Fiat Uno bei orkanartigen Böen auf der Autobahn. Wie sehr der Herr Scholz die Regierungsarbeit im Griff hat, ist zuletzt am Donnerstag bei der Abstimmung über die Impfpflicht ab 60 zu beobachten gewesen.

Er beorderte extra seine Außenministerin von einem wichtigen Nato-Treffen in Brüssel zurück, damit auch ja keine Stimme fehlt. Verloren hat er dennoch. Aber, hey, eine Koalition ist ja nicht dazu da, gemeinsam Gesetze zu beschließen. Nichts illustriert die Differenz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung so gut wie das Stellt-euch-mal-dahin-Foto, das Scholz neben Wladimir Klitschko zeigt.

Für den Kanzler war es ein Dialog auf Augenhöhe, alle anderen sahen einen großen Mann und eine Art Scholz-Miniaturausgabe. Überhaupt hält sich die SPD für eine Meisterin der Ostpolitik und eine große Unterstützerin der angegriffenen Ukraine. Dass der eine oder andere Steinmeier oder die eine oder andere Schwesig sich bei Putin ein klein wenig getäuscht hat, nun ja, dafür haben sie sich ja ein klein wenig entschuldigt.

Grünes Frankreich

Wer hätte denn ahnen können, dass Russland imperialistischen Träumen nachhängt – außer den Menschen in der Ukraine, in Polen, Lettland, Estland, Litauen, Georgien und Moldau? Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat jedenfalls nichts geahnt, und es hat rein gar nichts damit zu tun, dass sie seit 40 Jahren in der SPD ist. Überzeugung und Realität klaffen entsprechend minimal auseinander. So hält sie Deutschland für den zweitwichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine.

In Kiew und Brüssel scheint das noch nicht angekommen zu sein. Der ukrainische Außenminister klagt jedenfalls darüber, dass Deutschland zu wenig zu spät liefere. Und als es bei der Nato diese Woche darum ging, auch schwere Waffen wie Panzer zu liefern, wollte sich Deutschland nicht festlegen. Dafür verurteilen wir aber die Kriegsverbrechen an der ukrainischen Bevölkerung, und zwar schärfstens! Was international eindeutig nicht angemessen genug gewürdigt wird.

Umgekehrt halten sich manche Regierungsmitglieder schon für vegetarische Fleischwurst, obwohl sie noch ein blutiges Steak sind. Windrad­minister Robert Habeck zum Beispiel, der seit Amtsantritt öfter „Erneuerbare“ gesagt hat, als es E-Autos in Deutschland gibt. Es läuft so gut bei der Energiewende, dass es sich trotz der kriegsbedingten Energiekrise nicht lohnt, die drei AKWs über das Jahresende hinaus laufen zu lassen.

Ich nehme an, die Electricity Map, die tagesaktuell den CO2-Ausstoß farblich darstellt, muss sich ­irren. Sie zeigt nämlich Frankreich mit all seiner Atomkraft knatschgrün an, während Klimavorreiter Deutschland unverändert bräunlich daherkommt – Tag für Tag. Und weil ja oft argumentiert wurde, die überwältigende Mehrheit der Deutschen sei gegen Atomkraft: 72 Prozent sind inzwischen für eine Laufzeitverlängerung, darunter nicht weniger als 64 Prozent der SPD-Anhänger und sogar 32 Prozent der Grünen-Anhänger.

Wer wir sein könnten, aber nicht sind. So etwas spielt nicht nur bei der Ampel eine Rolle, sondern auch in einem Hundeleben. Besonders wenn man von Katzen aufgezogen wurde. Das große Staunen darüber, nicht über den Zaun und auf Bäume klettern zu können. Die Frustration, dass andere auf die Spüle gelangen und unerlaubt Teller ausschlecken. Aber immerhin: Katzen können nicht bellen und sie verschmähen vegetarische Fleischwurst.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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44 Kommentare

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  • Beeindruckender Artikel. Auf den Punkt gebracht.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Ein Wahnsinns-Artikel. Hätte Haus und Hof dagegen gewettet, so etwas in der taz lesen zu dürfen.

    • @82286 (Profil gelöscht):

      Sooo'n Aatikel . Tucho wär stolz drauf.

    • @82286 (Profil gelöscht):

      Gibts hier dauernd: Silke Mertins und die Minderjährige in ihrer Infektionsgemeinschaft. Der Hund is klasse und führt uns u8mwerfend zu höherer Erkenntnis, aber ich hätt doch gern die Infektionsgemeinschaft zurück ....



      Bittebitte Frau Mertins !



      taz.de/Fehler-in-d...inschaft/!5828933/

  • Ja - da is was dran:



    “ Der Hund, der zu meiner Hausgemeinschaft gehört, sieht in mir eine Göttin – unfehlbar, allmächtig und anbetungswürdig. Er hält auch die vegetarische Fleischwurst, die ihm zuweilen kredenzt wird, für den tierischsten Leckerbissen des gesamten Universums. Ich stelle hierzu fest: Es ist sehr verführerisch, die eigenen Überzeugungen mit der Realität zu verwechseln. Wer hat sich nicht schon mal für etwas gehalten, was er nicht ist?“



    & Ebes -



    “ Auf der Kleinseite bei der Schloßstiege befindet sich ein kleiner Bierausschank. Eines Tages saßen dort rückwärts im Halbdunkel zwei Männer. Ein Soldat und ein Zivilist. Zueinander geneigt flüsterten sie geheimnisvoll. Sie sahen aus wie Verschwörer aus den Zeiten der venetianischen Republik.… zu dem Soldaten geneigt, flüsterte er ihm ins Ohr:



    »Nicht mal Wurst frißt er.«



    »Auch keine gebratene?« fragte der Soldat.



    »Nicht mal gebratene.«



    Beide spuckten aus.



    »Was frißt das Luder also?«



    »Gott weiß. Manche Hunde sind verzärtelt und verwöhnt wie der Erzbischof.«…

    »Das is also euer Hund«, unterbrach sie Schwejk, »das is schad, daß mein Oberlajtnant keinen Hund ausstehn kann, ich hab Hunde sehr gern.« Er verstummte und stieß plötzlich hervor: »Jeder Hund frißt aber auch nicht alles.«



    »Unser Lux klaubt sich sehr, eine Zeitlang wollt er überhaupt kein Fleisch essen, bis wieder jetzt.«



    »Und was frißt er am liebsten?«



    »Leber, gekochte Leber.«



    »Kalbs- oder Schweinsleber?«



    »Das is ihm egal«, lachte die »Landsmännin«, die die letzte Frage für einen mißlungenen Witz hielt.…



    Sie banden den Hund an den Küchentisch, und Blahnik schilderte den Verlauf des Diebstahls.



    »Ich bin absichtlich an ihm vorbeigegangen, die gekochte Leber eingewickelt in der Hand. Er hat angefangen zu schnuppern und an mir hinaufzuspringen. Ich hab ihm nichts gegeben und bin weitergegangen. Der Hund mir nach. Beim Park bin ich in die Bredauergasse eingebogen, und dort hab ich ihm das erste Stückchen gegeben. Er hats im Laufen gefressen,“ - Schwejk klar

    • @Lowandorder:

      HUND: Die Menschen umhüllen mich mit Liebe, erfüllen mir jeden Wunsch, geben mir zu fressen, kraulen bei Bedarf. Das müssen Götter sein.



      KATZE: Die Menschen umhüllen mich mit Liebe, erfüllen mir jeden Wunsch, geben mir zu fressen, kraulen bei Bedarf. Ich muss eine Göttin sein.

      • @lesnmachtdumm:

        Hörnmer - oben schon kühn erwähnt -



        Beim Kenner rein - Tucho -



        www.textlog.de/tuc...raktat-scherz.html



        “Traktat über den Hund, sowie über Lerm und Geräusch

        1. Scherz

        a) Das Tier

        Wie dem Hund, dem auf dem Wege vom Herzen zum Maule alles zum Gebell wird. Alfred Polgar



        Der Hund ist ein von Flöhen bewohnter Organismus, der bellt (Leibniz). Dieser Definition wäre einiges hinzuzufügen.



        … Ich habe mich schon so an das Gebell gewöhnt, dass ich es hier, am Kap der Roten Grütze, sehr entbehre. Kunstschriftsteller Hasenclever hat sich jedoch erboten, jeden Morgen zum Frühstück zu kommen und ein Stündchen zu bellen.…



        Menschen, die sich lebende Hunde in Mietwohnungen halten, sollten mitsamt ihrem Köter aus der Wohnung gejagt werden.…



        Etwas gegen den Hund zu sagen, heißt für viele, am Heiligsten rühren, wo der Mensch hat.…



        So ist der treue Hund so recht ein Ausdruck für die menschliche Seele. Allerseits geschätzt; nur selten in der Jugend ersäuft; gehalten, weil sich der Nachbar einen hält, von feineren Herrschaften auch als Schimpfwort benutzt – so bellt er sich durchs Leben. Und ich will nicht länger murren, wenn es kaum noch einen Fleck gibt, den er nicht verunreinigt: mit Unrat, nassem Geruch und mit nimmer endendem Lärm. Seiner Gnade ist unsre Ruhe ausgeliefert.



        Eine fortgeschrittene Zivilisation wird ihn als barbarisch abschaffen.







        Peter Panter



        Die Weltbühne, 02.08.1927, Nr. 31, S. 181



        wieder in: Mona Lisa .

        kurz - Es lebe das Exzerbst - bis dasde - sterbst! - 🙀🥳 - servíce -

  • Wahrlich, wahrlich – hütet euch vor denen, die als vegane Fleischwürste zu euch kommen, inne wendig aber blutige Steaks sind. ??? .

    Bevorzuge als Sinnbild für die Analyse des Politischen und seiner Akteurinnen und Akteure doch das Original nach Neues Testament, Mattheus (Kapitel 7, 15):

    *Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie (harmlose) Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe.*

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Moon:

      Wahrlich ich sage Euch: „An ihrem CO2-Ausstoß sollt Ihr sie erkennen.“ Und alle Halter:innen von Hunden stimmen dem Mephistopheles zu, weil er Ihnen ins Lehrbuch schreibt: „Eritis Sicut Deus“

      • @95820 (Profil gelöscht):

        „Eritis Sicut Deus“ - Suchmaschine wurde angeworfen. Meine nur, dass ich nicht so ganz davon überzeugt bin, dass der Hund im Menschen immer gleich das "höhere Wesen" sieht. Es gibt da nämlich noch den Dackel. Ich meine den richtigen, den rauh- u. drahthaarigen. Ein Studienfreund vom Land und deshalb Jäger meinte damals, die Zusammenarbeit mit dem Dachshund der Familie sei eigentlich einfach. Er müsse dem Tier nur immer das Gegenteil von dem antragen, was es tun solle. Dann klappte es schon irgendwie....

        • @Moon:

          Jung - Horst Stern - Bemerkungen über Hunde - (ich hab‘s nur zum 2x Welsh-Terrier gebracht!;) verweist völlig zu recht - auf den - der noch dem Blitz in den Boden hinterherfährt: den Jagd-Terrier: “…einer mußte jedesmal ausfechten - wer denn der Alpha sei! Er hängte ihn regelmäßig für ne gute halbe Stunde am Halsband an nen Haken: dann ging’s! Bis zum nächsten Mal - wa“



          (btw - der Rauhaardackel leitet selbiges - Fell wie rauh - vom Welsh ab => Get it! Fein.



          Lebe post Westfälisch Sibirien - in der Stadt = no dog • )

          • @Lowandorder:

            Klaro. Die Terrier bilden eine eigene Kaste. Die großen wie die kleinen. Letztere wurden wo weit ich weiß gezüchtet um den Ratzen furchtlos entgegenzutreten und ihnen in Schlupfwinkel folgen zu können. Selbst der Yorkshire-Terrier meiner kleinen Nichte war so. Den hatte sie sich (als Einzelkind) gewünscht, weil der soo süß wuselig aussah. Zwischen Pfote und Hand von den beiden passte dann auch kein Blatt Papier mehr. Ansonsten aber: Frech wie Oskar. Spitzname: Der "Terror"-Terrier.

            • @Moon:

              Solangese wie beie Nichte nich zum Modehund verzüchtet sünn - 🦆🦆🦆 -



              Kaninchen & 🐀 -



              Ansonsten - nach nem halben Jahr - zeigen wer chef im Ring & was geht/was nicht => Schlüsselbund & Katapult für Distanz •



              (=kl. Nichte - kein Wunder; den ersten - dem ich näher trat - Herrchen Major mit Kehlkopfmikrophon => der Welsh stand auf dem Tisch!) Get it? Fein.



              Westfälisch Sibirien => gartentür auf & 3 Std später - japp japp plapp => “die Kühe des Waldes a weng bewegen!“ © Horst Stern!;)) hück Stadt = no way!



              (Skilanglauf HunauSpur etc the same!;))

              • 9G
                95820 (Profil gelöscht)
                @Lowandorder:

                Beim Laufen längs eines bäuerlichen Gehöfts begleitet mich von dorten gelegentlich ein Jack-Russel und spornt mich an, etwas zu beschleunigen. (Kleff Kleff Kleff. )

                • @95820 (Profil gelöscht):

                  Liggers. “ Der Jack Russell Terrier ist in erster Linie ein Arbeitsterrier, ein Jagdhund. Die FCI beschreibt ihn folgendermaßen: Ein lebhafter, wachsamer, aktiver Terrier mit durchdringendem, intelligentem Ausdruck. Kühn und furchtlos, freundlich mit ruhigem Selbstvertrauen.“ wiki - But -

                  kurz - “Die Dorfhunde bellen -



                  Das Mondschaf zieht weiter!“ & heiter -



                  “ Das Mondschaf rupft sich einen Halm



                  und geht dann heim auf seine Alm.



                  Das Mondschaf.“

  • Der Link zur "Electricity Map" ist prima!

    Heute (Sonntag) Mittag hat es D immerhin temporär auf gelb gebracht, wahrscheinlich weil helles Wetter ist und die PV was bringt. Gut so!



    ...von Grün wie in F aber dennoch weit entfernt.

    Vertiefend empfehle ich ab und zu einen Blick in das "Agorameter". Hier zeigt sich eindeutig, dass wir mit dem Ausbau EE zwar auf dem richtigen Weg sind, dass die Abschaltung unser letzten AKW zu Jahresbeginn und Jahresende zum jetzigen Zeitpunkt mit Blick auf den CO2 Ausstoß dennoch gröbster Unsinn ist.

    Um den Strom unserer AKW (6GW zusammen mit den zuletzt abgestellten) zu ersetzen bräuchten wir bei optimistischer 50% Auslastung kurzfristig 6 000 große WKA mit jeweils 2 MW Leistung.



    Bei Dunkelflaute dann eine Anzahl, die einer liegenden 8 entspricht...

    ...die Brennstäbe für den Weiterbetrieb und die Wiederinbetriebnahme von insgesamt 6 AKW müssen auch nicht zwingend aus Russland kommen.

    Der Herr Wirtschaftsminister muss halt einfach mal auf die Socken machen und beginnen, sich umzuschauen. Zudem hat er jetzt noch etwas Zeit , die notwendigen Sicherheitszertifizierungen nachzuholen, damit wir zumindest die OPTION haben, im nächsten Winter mit der Atomkraft (für eine Übergangszeit, nicht für immer) noch einmal durchzustarten.

    Wenn man Russland härtere Sanktionen vor den Kopp knallen will, müssen alle Gruppen ihre spielerische Haltung aufgeben.



    Das gilt für alle Bereiche: Tempo 120 auf der Autobahn gehört auch dazu.

    Auch wir Bauern: wenn sich abzeichnen sollte, dass für das Frühjahr 2023 wegen Erdgasmangel im laufe des Jahres zu wenig Stickstoff durch das Haber-Bosch-Verfahren produziert werden kann, dann muss das Wintergetreide in diesem Herbst eben zusammen mit Kleeuntersaaten ausgebracht werden. usw.

    "Widerstand braucht Phantasie", so stand es damals auf einem alten Seyfried-Aufkleber!

    • @Waage69:

      "Zudem hat er jetzt noch etwas Zeit , die notwendigen Sicherheitszertifizierungen nachzuholen, damit wir zumindest die OPTION haben, im nächsten Winter mit der Atomkraft"



      Das klingt so als ob das nur eine Formalität wäre, tatsächlich muss ein Reaktor dafür für sehr lange Zeit abgeschaltet werden. Das Wirtschaftsminiserium schreibt dazu:



      "Die drei AKW sind sicherheitstechnisch zwar grundsätzlich auf einem hohen Niveau. Allerdings gab es mit Blick auf das Betriebsende zu Ende 2022 eine gesetzliche Ausnahme von einer wesentlichen Prüfpflicht, nämlich der Sicherheitsüberprüfung (PSÜ), die nach internationalen Sicherheitsstandards alle zehn Jahre erforderlich ist. Diese umfangreiche AKW-Sicherheitsüberprüfung hätte für die drei Atomkraftwerke im normalen Rhythmus 2019 vorgelegt werden müssen, da die letzte 2009 stattfand. Eine erneute Vorlage 2019 war wegen der endgültigen Abschaltung spätestens Ende 2022 ausnahmsweise nicht erforderlich. Bei einem Weiterbetrieb nach dem 1.1.2023 wäre also die letzte PSÜ 13 Jahre alt, eine neue wäre zwingend geboten. Die Prüfung ist ein über Jahre währender Prozess"



      www.bmwi.de/Redakt...ublicationFile&v=8

      • @Ingo Bernable:

        Ja nun: wenn man so großzügig war, ausnahmsweise auf die Prüfung zu verzichten wird man ja wohl auch so großzügig sein können, die Prüfung ausnahmsweise nachzuholen.

        Wenn man zudem dazu die AKW abstellen muss, kann man ja praktischerweise mit den drei anfangen, die zum Ende 2021 abgeschaltet wurden. Das ginge dann quasi im Wechsel.

        • @Waage69:

          "mit den drei anfangen, die zum Ende 2021 abgeschaltet wurden"



          Auch dazu äußerte das BMWI:



          "Ohnehin wäre eine erhebliche Laufzeitverlängerung mit einer Neugenehmigung zu vergleichen. Dabei müsste der neueste Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde gelegt werden. Dieser Standard verlangt, dass auch bei einer nicht auszuschließenden Kernschmelze die austretende Radioaktivität auf dem Anlagengelände verbleibt. Diese Voraussetzung ist auch durch Nachrüstungen kaum erreichbar"



          Nach derzeit geltendem Recht müssten also bestehende Reaktoren mit einem Core-Catcher ausgerüstet werden, das ist baulich nahezu unmöglich und käme einme Neubau gleich. Alternativ könnte man natürlich auch politisch beschließen auf sämtliche Sicherheitsanforderungen für AKWs zu pfeiffen und die Dinger halt laufen zu lassen bis sie kaputt gehen (und die Bundesländer drum herum gleich mit). Allerdings gäbe es dann immer noch das Problem das sich für den nächsten Winter nicht mehr rechtzeitig genug Brennelemente heranschaffen lassen: "Die Produktion von neuen Brennelementen dauert mindestens 12-15 Monate."

          • @Ingo Bernable:

            Die Frage ist natürlich, was eine erhebliche Laufzeitverlängerung wäre. 20 Jahre wären erheblich, 15 Jahre wohl auch ...allerdings z.B. auch 5 Jahre?? Wenn man auf der einen Seite einfach mal eben die Prüfzeit von 2019 bis Ende 22 überzieht, kann dann andersherum betrachtet ein kaum längerer Zeitraum wohl kaum "erheblich" sein. Scheinbar definiert das BMWI immer so wie es ihm in den Kram passt.







            Mit einem Core-Catcher sind zur Zeit auch nur zwei AKW weltweit ausgerüstet - in China. Kann ja dann wohl kaum internationaler Standard sein.

            "(...)Alternativ könnte man natürlich auch politisch beschließen auf sämtliche Sicherheitsanforderungen für AKWs zu pfeiffen (...)"

            Nein, warum das denn??



            Die Sicherheitsprüfungen von 2019 müssen selbstverständlich nachgeholt werden. Wenn dazu die AKW zwischenzeitlich runtergefahren werden müssen, kann man aus der Not eine Tugend machen und so die 12-15 Monate bis zu den neuen Brennelementen überbrücken.

            Da AKW zwischen 40 und 100% regelbar sind , könnte man diese auch statt volle Pulle im Lastfolgebetrieb laufen lassen, was zusätzlich die Zeit bis zu einer erforderlichen Neubestückung verlängern könnte. Zudem könnte damit direkt auch Gas für den Ausgleich der EE eingespart werden.

            Ich habe so etwas den Eindruck sie suchen sich jedes Argument zusammen welches Sie greifen können.

  • Na dann wissen wir ja jetzt endlich, wer an allem Schuld ist...

    Die Sozialdemokraten und von denen speziell Herr Scholz.. und außerdem auch noch etwas der Grüne Herr Habeck....

    Da bin ich aber echt erleichtert, dass endlich klar ist, an wem es liegt, dass alles nicht so richtig glatt läuft.

    Ich hatte ja schon befürchtet, dass es daran liegen könnte, dass Realität und die politischen Abläufe etwas komplizierter sind, als sich das manche Journalist*innen vorstellen können.

    Aber jetzt ist alles gut. Die Freunde in CDU und FDP werden den Artikel mit Begeisterung lesen, die meisten Kolleg*innen bei Welt und Bild sicher auch.

    Der Autorin mag es gelingen ihrem Hund mit einer vegetarischen Wurst etwas vorzumachen. Den Eindruck zu erwecken, die TAZ sei eine linke Zeitung ist da weitaus schwieriger.

    • @Bürger L.:

      "Aber jetzt ist alles gut. Die Freunde in CDU und FDP werden den Artikel mit Begeisterung lesen, die meisten Kolleg*innen bei Welt und Bild sicher auch."

      Gott bewahre! Beifall von der falschen Seite!

      Ganz Europa (außer Russland) bejubelt derzeit deutsche Regierungskunst, der Kanzler der Herzen zeigt Führungskraft und Tatendrang, seine Verteidigungsministerin brilliert als Organisationsgenie, aber bei der TAZ wird alles nur 'runtergemacht, und speziell Frau Mertins hat offenbar völlig vergessen, was ihr Parteiauftrag ist - ist es das, was Sie sagen wollen?

      • @Schalamow:

        "Gott bewahre! Beifall von der falschen Seite!"



        Ist doch schön, dass zumindest Sie genau wissen, was die richtige oder falsche Seite ist.



        Offenbar haben sie ja auch Kenntnis darüber, welcher Partei die Autorin angehört, wenn sie schreiben:



        "...speziell Frau Mertins hat offenbar völlig vergessen, was ihr Parteiauftrag ist ..."

  • Auch diesmal wieder voll ins Schwarze getroffen. Der Artikel spricht mir aus der Seele. Es ist schon zu verzweifeln, dem Unvermögen des Herrn Scholz bei fehlender Führung des Landes zuzusehen. Tatsächlich sieht er sich anders als er handelt. Manchmal glaube ich es einfach nicht mehr, wenn Herr Scholz seine Wiederholung der Wiederholungen zum Besten gibt. Das ist so realitätsfern vom Geschehen in der Ukraine, dass man verzweifeln könnte. Der ewig gestrige! Wie kann man ihn nur wachrütteln?

  • "Ich nehme an, die Electricity Map, die tagesaktuell den CO2-Ausstoß farblich darstellt, muss sich ­irren."

    Hat sich die EU-Taxonomie schon so tief eingebrannt, dass jetzt Atomkraft als nachhaltig eingestuft wird? In der taz??

    Außerdem muss ich farbenblind sein, ich sehe auf der Karte Deutschland in einem Gelbton, der im Vergleich gar nicht soo schlecht da steht, und um Länder mit höherem Anteil erneuerbarer Energien zu finden, muss man schon suchen (gut Norwegen muss man nicht suchen, das weiß man).

    Kurz: Frankreich als leuchtendes Vorbild der Energiepolitik hinzustellen finde ich doch arg kurzsichtig.

    Aber ich vergaß natürlich, das Habeck für die Energiepolitik der letzten 20 Jahre verantwortlich ist.

    • @Stephan Herrmann:

      Die Leistung der Erneuerbaren schwankt ja mit dem Wetter, bei Flaute ist Deutschland manchmal dunkelbraun, schafft es aber bei stürmischem Wetter und Sonnenschein auch mal zu einem hellen Gelb. Im Jahresmittel pusten wir aber sechsmal mehr CO2 pro kWh in die Atmosphäre als Frankreich.

      Alle anderen grünen Länder, haben entweder sehr viel Wasserkraft oder Kernenergie oder beides.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Der „Fiat UNO“ war/ist, wie alle frühen FIAT-Frontantriebler, für seine Spurstabilität berühmt. Auch und besonders bei Seitenwind. – Anders als viele Autor:innen der taz.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Schonn ok. Stimmt alles. But.

      Volkers 👄 Fehler in allen Teilen - FIAT



      Und btw - wenn ich den derzeitigen -



      🐓🐔haufen der Unbedarften - Revue passieren lasse! Au Backe (- aber nur in homöopathischen Dosen: mir is schon -🤮 - wa!

      Na Mahlzeit

  • Diplomatie-Verständnis ist leider kein großer Pluspunkt unsere Politik. Es fehlen das Selbstverständnis und der eigene Weg. Die Politiker sind für Deutschland gewählt und sollten deutsche Interessen vertreten. Und nicht nur einer Ukraine zu Willen sein und dabei das eigen Lland gefährden!

    • @Gerdi Franke:

      Deutsches Interesse ist nunmal auch dass einem Putin-Russland Einhalt geboten wird bevor es zu spät ist. Ähnlich ihrer Haltung war auch die Haltung der USA zu Beginn des 2WK. Zum Glück haben die sich das damals dann doch noch anders überlegt.

  • Treffer, versenkt...

  • Das sitzt!



    Ob das irgendwelche Klingbeils oder Kamprechts lesen?

  • Was sind das nun für Zeiten ?

    Wer hätte gedacht, dass man in der taz einmal dafür kritisiert werden würde, zu wenig Waffen zu liefern und AKW-Laufzeiten nicht zu verlängern.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Der „Rote Faden“ wird zum blutroten Faden.



      Wenig Nutzen, viel Schaden

      • @95820 (Profil gelöscht):

        anschließe mich

        Die neue Farbenleere •

        Friedrich Küppersbusch -



        “… Deutschland … bricht gerade alle Zurückhaltung bei Waffenlieferungen. Unter der moralischen Wucht der Bilder und Worte aus der Ukraine bedauert das Staatsoberhaupt seine Politik der letzten 20, FDP-Veteran Kubicki gleich die letzten 50 Jahre. Die öffentliche Debatte ist eskalatorisch: Mehr und schwerere Waffen, mehr Sanktionen, mehr Drohungen. Wir können das nicht, es hilft auch nicht, aber wir haben kein anderes Deutschland im Schrank.“



        &



        AUCH NICHT ALLE TASSEN • - 🙀🥳🤪 -

    • @Nikolai Nikitin:

      "Wer hätte gedacht..."



      Ich. Die Entwicklung war absehbar.

    • @Nikolai Nikitin:

      Es ist Krieg. Das hat die taz dankenswerterweise mitbekommen.

  • Die richtige Lektüre vorm Schlafen.



    Hat gefallen.



    Fiat Uno wird ins Vokabular übergehen.

  • Eigentlich ist das alles ja ein äußerst deprimierendes Thema, aber Silke Mertins bitterbös-sarkastische Totaldemontage ist nicht nur in jedem Punkt zutreffend, sondern war auch höchst vergnüglich zu lesen. Vielen Dank!

  • Fiat Uno. Wie geil ist das denn. Danke!

  • ich habe leider grade den verlinkten twitter-Account visegrad24 aufgerufen. Nach dem Lachen folgte ein gar nicht mehr lachen können.



    Die Karikatur zur Z-Kampagne und die Fotos von vor der Botschaft und das ist mir zu viel. (komme mit Büchern ohne Fotos am besten zurecht.)



    Die Laufzeitverlängerung von AKWs sind furchtbar, der Ausstieg aus der Braunkohle schon lange möglich, hat gestern erst das Team Claudia Kempferts vom DIW erklärt.



    Zuerst gab es ein Sterben der Photovoltaik-Branche durch die Bundesregierung, das war seit 2016!



    Zerstörung besten Ackerlandes in NRW und der Autobahnausbau und mensch kann nicht dagegen klagen.



    so rechtlos sind wir in diesem Rollback.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Wie hoch ist eigentlich der CO2-Ausstoß von Hunden und Katzen, und wird statistisch nach Art der Ernährung differenziert? Vegetarisch, vegan usw.? Was sagt die Bundesfamilienministerin dazu? Dürfen Menschen diese Familienbegleiter:innen verzehren, wenn in Kriegszeiten Schweine und Schafe knapp werden?

  • Eigentlich könnte man Scholz bedauern. Schließlich ist er nur als das kleinere Übel von Menschen gewählt worden, die die Laschet-CDU verhindern wollten. Schließlich hatte die SPD schon mit 15% abgewirtschaftet. Parteien sind zu parlamentarischen Notgemeinschaften mutiert, in denen sich die Probleme der Wähler*innen nicht widerspiegeln, da Gewerkschaften und Berufsverbände in der Ellenbogengesellschaft weniger Einfluss haben. Das erleichtert Lobbyeinflüsse und führt im Wahlkampf zu Populismus und Demagogie auf den Wahlplakaten. Dabei brauchen wir den Druck von unten, um die vielen Probleme wie die Klimakatastrophe, das Artensterben ganzer Berufsgruppen, die Generationengerechtigkeit, Gesundheit, um nur einige zu nennen, solidarisch lösen zu können. Insbesondere die zahlenmässig noch viel zu große Gruppe der älteren Wähler zeigen sich eher allergisch gegenüber Veränderungen nach dem Motto: 'Es ist doch bisher alles gut gegangen'. Also lassen sie Scholz gewähren, der sich hütet, unangenehme Wahrheiten anzusprechen. Zumal es den Gewählten im Grundgesetz viel zu leicht gemacht wurde , ihre eigenen Interessen zu bewahren, zum Beispiel bei einer Änderung des Wahlrechts dahingehend, die Wahlkreise so zuzuschneiden, dass sich die Anzahl der Sitze im Bundestag wieder auf das ursprüngliche Maß reduzieren ließe. Eigentlich ist es ein Versagen der SPD und der Gewerkschaftsbewegung, die interessengeleitete Politik nicht mehr zusammen mit ihrer Wählerschaft zu praktizieren, sondern sich als Berufspolitiker anmassen, alles selbst entscheiden zu wollen. Jetzt fehlt es an Debatte und Solidarität. Nur eine starke alternative Bewegung, müsste dieses erstarrte System aufbrechen ohne Scholz & Co. Der Habeck-Kurs, diese Altvorderen in Koalitionen überzeugen zu wollen, das zeigt sich jetzt, ist eine Sackgasse, die Wählerschaft bleibt dabei draussen vor.

  • Guter Beitrag.



    Erster und letzter Absatz ist gut im Aroma und Lesegang!



    Die unheilvolle Putin-Connection der SPD: Genossen bereuen und ein Ministerpräsident mauert



    www.focus.de/polit...n_id_80625444.html