Kanzlerkandidatur der Grünen: Baerbock macht es

Annalena Baerbock wird Grüne-Kanzlerkandidatin. In ihrer Rede betont sie, wie wichtig Klimaschutz sei, und zeichnet die Grünen als Kraft für Veränderung.

Annalena Baerbock und Robert Habeck bei einer Pressekonferenz, er ist unscharf, sie scharf gestellt

Jetzt noch stärker im Fokus: Annalena Baerbock kandidiert für die Grünen Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz/dpa/afp | Keine große Überraschung, kein langes Hin und Her und vor allem kein öffentliches Streiten: Annalena Baerbock wird für die Grünen bei der Bundestagswahl 2021 am Sonntag, 26. September als Kanzlerkandidatin antreten. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieses Land einen Neuanfang braucht“, sagte sie, nachdem die Entscheidung verkündet wurde.

Spekuliert wurde bereits seit einigen Wochen, dass Baerbock kandidieren wird. Die endgültige Entscheidung für sie fällt dann auf dem Grünen-Parteitag vom 11. bis 13. Juni, die Zustimmung für ihre Person gilt aber als sicher.

Baerbock sagte in ihrer Rede nach der Verkündung der Entscheidung: „Ich trete an für Veränderung. Für den Status quo stehen andere“ – ein Verweis darauf, dass sie über keine Regierungserfahrung verfügt. Die Grünen stünden für eine Politik für die Breite der Gesellschaft. Es seien Veränderungen nötig – für ein gerechtes Land, in dem Kitas und Schulen „die schönsten Orte sind“. Pflegekräfte müssten die Zeit und die Ressourcen haben, sich um die Menschen zu kümmern.

Es gehe um einen Staat, der digital funktioniere und seinen Bür­ge­r:in­nen diene, um eine wehrhafte Demokratie im Herzen Europas. Es gehe um einen Klimaschutz, der auch Pend­le­r:in­nen auf dem Land, Alleinerziehende mit geringem Einkommen und In­dus­trie­ar­bei­te­r:in­nen mitnehme. „Klimaschutz ist die Aufgabe unserer Zeit, die Aufgabe meiner Generation“, sagte Baerbock weiter.

Habeck kündigt Unterstützung an

Co-Parteichef Robert Habeck sagte: „Wir beide wollten es, aber am Ende kann es nur eine machen.“ Er selbst wolle sich aber gleichfalls in den Wahlkampf werfen. Die Gemeinsamkeit habe die Grünen so erfolgreich gemacht. „In dieser Situation führt der gemeinsame Erfolg dazu, dass einer einen Schritt zurücktreten muss.“ Habeck beschrieb Baerbock als „kämpferische, fokussierte, willensstarke Frau“, die genau wisse, was sie wolle.

Die Grünen haben sich angesichts der seit 2018 hohen Umfragewerte erstmals für eine Kanz­le­r*in­nen­kan­di­da­tur entschieden. Derzeit sind sie mit mehr als 20 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der CDU/CSU und vor der SPD.

Anders als bei CDU und CSU hat es bei den Grünen keine größeren öffentlichen Diskussionen über die Kan­di­da­t*in­nen­kür gegeben. In Umfragen lag die 40-jährige Baerbock bei den Sympathiewerten in der Bevölkerung bisher hinter dem 51-jährigen Habeck, sie hat in den vergangenen Monaten aber aufgeholt.

Habeck hat als Agrarminister und Vize-Ministerpräsident schon Regierungserfahrung in Schleswig-Holstein gesammelt. Das hat Baerbock nicht, sie gilt dafür als inhaltlich stärker. Regelmäßig hat sie sich in den letzten Wochen in politischen Talkshows positioniert und sich schlagfertig gezeigt.

Baerbock ist bei der 20. Bundestagswahl seit 1949 erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich für das höchste Regierungsamt bewirbt. Dieser Aspekt spielte in der öffentlichen Debatte von Seiten des Grünen-Führungsduos eine untergeordnete Rolle. Nur einmal sagte Robert Habeck in der Talkshow Anne Will am 14. März: „Wenn Annalena Baerbock als Frau sagen würde, ich mache es, weil ich eine Frau bin. Und die Frauen haben das erste Zugriffsrecht, dann hat sie's. Natürlich.“

Die SPD zieht mit Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz in die Wahl am 26. September, bei der Union streiten sich noch die Vorsitzenden von CDU und CSU: Armin Laschet und Markus Söder.

Baerbock und Habeck waren am Samstag von ihren Heimatverbänden für die Bundestagswahl nominiert worden. Die Brandenburger Grünen machten Baerbock mit 106 von 109 Delegiertenstimmen auf einem Landesparteitag zu ihrer Spitzenkandidatin. Robert Habeck wurde von den Kreisverbänden Flensburg und Schleswig-Flensburg im Norden Schleswig-Holsteins mit 72 von 73 Stimmen als Direktkandidat nominiert. Auf der Landesliste tritt er auf Platz 2 an.

Die Grünen waren nur einmal auf Bundesebene an der Macht: Zwischen 1998 und 2005 als Juniorpartner in einer rot-grünen Koalition unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner hat nun als Wahlziel ausgegeben, dass die Grünen das Kanzleramt erobern. „Wir wollen das Land in die Zukunft führen. Darum kämpfen wir für das historisch beste grüne Ergebnis aller Zeiten und die Führung der nächsten Bundesregierung.“ Ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielten die Grünen 2009 mit 10,7 Prozent, bei der letzten Wahl 2017 kamen sie nur auf 8,9 Prozent.

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