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Identitätspolitik versus KlassenkampfEtablierter Kampfbegriff

In der Linken wird mal wieder eine Spaltung herbeigeredet. Dabei gehören Verteilungs- und Anerkennungspolitik seit jeher zusammen.

Black-Lives-Matter-Demo auf dem Berliner Alexanderplatz im Juni Foto: Christian Mang

Es gibt diesen zynischen Running Gag, dass die Linke sich hervorragend selbst spalten kann. Dass das linke Projekt nicht vorankommt, weil sich die Bewegung in Splittergruppen und Lager zerteilt. Da mag etwas dran sein. Aber manche Spaltungen gibt es, andere werden herbeigeredet. Zum Beispiel, weil man sich bestimmte Teilbereiche linker Politik gerne wegwünschen will.

So eine Spaltung wollen einige Zeitungstexte in den vergangenen Wochen wieder identifiziert haben. Zwischen denen, die etwas namens Identitätspolitik befürworten, und denen, die es ablehnen. Dass es zum Bruch komme zwischen jüngeren Linken, denen Antirassismus und Feminismus wichtig seien, und der älteren Generation mit ihrer Politik der ökonomischen Machtverhältnisse („Klasse“). Derlei Thesen sind in der taz zu finden und woanders. Das Problem: Je öfter man das behauptet, desto eher trägt man genau zu einer Spaltung bei.

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Der Begriff Identitätspolitik taucht ab den 90er Jahren als identity politics im englischsprachigen Diskurs auf; in akademischen Texten als wertfreier oder affirmativer Überbegriff für soziale Bewegungen von Minderheiten und für sozialwissenschaftliche Disziplinen, die aus ihnen hervorgehen. African-American Studies, Women’s Studies und Queer Studies sind zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahrzehnte alt und mittlerweile in einem begrenzten akademischen Rahmen anerkannt. Das macht einen Überbegriff nötig für den Gegenstand, den sie alle beforschen: identity politics.

Parallel etabliert sich derselbe Begriff aber noch mit einer völlig anderen Bedeutung und Intention. Konservative sehen in identity politics Partikularinteressen mit zersetzender Wirkung auf die Gesellschaft. US-Konservative – die sich den größten Teil der 90er Jahre in der Opposition befinden –, aber auch einige Linke veröffentlichen Warnschriften etwa gegen Quoten und Multikulturalismus.

Sorge um die nationale Einheit

Identity politics wird zum Kampfbegriff. Die Konservativen behaupten, die Förderung diskriminierter Gruppen werde in deren Bevorzugung umkippen. Sie warnen, dass Identität – vor allem ­racial, aber auch ­gendered – das universelle „Amerikanersein“ als Grundlage für Politik ablösen und so die nationale Einheit der USA gefährden könnte. Eine Einheit, die man sich als weiß-männlich dominiert vorstellte.

Wer nicht um nationale Einheit besorgt war, fand einen anderen Vorwurf. Linke sahen in Identitätspolitik etwas, das die traditionelle linke Verteilungspolitik verdrängte. Der Fokus auf gender und race und auf Anerkennung ginge zulasten der Kategorie class und von Eigentumsfragen.

Ende der 90er wehrt sich Nancy Fraser, eine hierzulande oft rezipierte linke US-Philosophin, gegen diese „falschen Gegensätze“. Fraser argumentiert, dass sich Verteilungspolitik und Anerkennungspolitik nicht ausschließen, und schlägt Teilhabe als verbindenden analytischen Begriff vor. In dem Moment, da für einen afroamerikanischen Wall-Street-Banker kein Taxi anhalte, müsse man „jenseits der Verteilung von Rechten und Gütern denken und kulturelle Wertesysteme untersuchen“.

Eigentlich war dieser Vermittlungsversuch nie nötig. Selbstverständlich ging es der antirassistischen US-Bürgerrechtsbewegung um Anerkennung und um Verteilungsfragen zu Kapital, Wohnraum, Bildung und Gesundheit; und natürlich ging es Frauenbewegungen jenseits wie diesseits des Atlantiks um Anerkennung und um finanzielle Autonomie.

Und dennoch kehrten die „falschen Gegensätze“ in den folgenden Jahrzehnten immer wieder. Hier „echte linke Politik“ mit Drecksarbeit und Besitzverhältnissen und da Identitätspolitik mit ihren Quoten und Schreibweisen sowie ihrer Repräsentation in den Medien – auch in Deutschland, wo besonders in den letzten Jahren wiederholt Verteilungspolitik und Anerkennungspolitik als gegensätzlich behauptet worden sind oder die Belange von Frauen, queeren Menschen oder nichtweißen Gruppen als Widerspruch zu den Bedürfnissen des „kleinen Mannes“, also ungefähr des weißen Nichtakademikers auf dem Land.

Ein rechtes Feindbild

Das ist ein Phänomen der AfD-Ära. Der Rechtspopulismus konstruiert ein Feindbild „urbaner Elite“ – und serviert dieses seiner Zielgruppe. Schaut her, sie studieren, sie verachten die kleinen Leute, und sie reden über Gender. Und diese Taktik findet Widerhall.

Im November machte Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel in einer Rede ein „Überhandnehmen von Themen wie Schwulenrechte, Gleichstellungsrechte, Migration“ für die Misere seiner Partei verantwortlich: „Die Arbeiterpartei Deutschlands ist derzeit die AfD.“

Es sind nie die eigenen Versäumnisse, es ist die Identitätspolitik, die die Rechten stärkt. Für manchen ist sie schon dasselbe wie rechte Politik. „Die einen sagen, man wisse nicht mehr, in welchem Land man lebt, die anderen bekämpfen alte weiße Männer“, sagte der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer voriges Jahr, nachdem er sich online darüber echauffiert hatte, dass die Deutsche Bahn bei den Fotomodellen für ihre Werbung auf Diversität achtet. „Und gemeinsam haben die Identitätspolitiker es ziemlich weit damit gebracht, uns zu spalten.“

Neulich stand in der taz: „Mit einer Biografie als schwuler, urbaner Migrant lässt sich auf den Aufmerksamkeitsmärkten mehr Kapital generieren als mit einem Dasein als Normalo in Eisenhüttenstadt.“ Dieser Satz ergibt nur Sinn, wenn man die Setzung übernimmt, dass hier zwei sauber getrennte Angelegenheiten zueinander in Konkurrenz stünden. In Wahrheit existieren Sexismus, Rassismus und die Heteronorm überall da, wo sich auch Klassenfragen stellen: in Berlin wie in Eisenhüttenstadt, Gelsenkirchen oder Neustadt an der Weinstraße.

Auch gibt es längst Denkangebote, die einen Blick auf all diese Dimensionen gleichzeitig möglich machen. Frasers Begriff der Teilhabe ist eines. Ein anderes ist das Konzept der mul­tiplen Krise, das annimmt, dass sich Finanzkrise, Na­tio­na­lis­mus, Klima, Rassismus und Sexismus wechselseitig bedingen. Identitätspolitik als wert­neu­tra­ler Begriff spielt im deutschsprachigen Diskurs quasi keine Rolle. In den Sozialwissenschaften ist statt von Identität üblicherweise die Rede von sozialer Positionierung. Von den beiden Varianten des englischen ­identity ­politics hat sich in Deutschland nur die eine etabliert: der Kampfbegriff. Das ganze Wortfeld ist geprägt von Angriff und Verteidigung.

Feindbild im eigenen Lager

Wer einer Spaltung entgegenwirken will, wer eine wirkliche Debatte möchte, verzichtet besser auf einen Begriff, der nur dazu in der Lage ist, zu spalten und lächerlich zu machen. Es sei denn, genau das wäre die Intention: ein Feindbild im eigenen Lager zu schaffen. Man packt ein Paket aus Gendersternchen, Quoten- und Repräsentationsforderungen, Antirassismus, Diversityprogrammen und ein paar mehr oder weniger gut gelungenen Witzen über alte weiße Männer. Man klebt das Etikett „Identitätspolitik“ drauf und assoziiert alles, was drinsteckt, mit Sprechverboten, mit Begriffen wie Zensur und Diktatur und macht es obendrein für das Ende linker Verteilungspolitik verantwortlich.

Das ist eine Taktik, die – egal ob mit Absicht oder nicht – Kritik am patriarchalen und kolonialen Status quo unsagbar macht, die Menschen verleumdet; die einen Großteil von dem diskreditiert, was heute das Projekt soziale Gerechtigkeit ausmacht. Wozu diese Taktik hingegen nicht taugt: zeitgemäße Klassen- und Verteilungspolitik zu entwerfen.

Ansätze wie Gender-Mainstreaming, kritisches Weißsein oder Queer-Theorie führen zum Nachdenken über Privilegien und zur Frage, wer spricht. Das ist aber nicht dasselbe wie ein Sprechverbot. Das zu behaupten, ist eher Selbstschutz, weil diese Fragen etwas Hässliches offenlegen, das nicht vom individuellen Selbstbild jeder*jedes Einzelnen zu trennen ist. Unbestreitbar gibt es jeweils verdaulichere und radikalere Auslegungen, ob nun von Antirassismus oder von Feminismus, queerer Politik oder Klassenkampf.

Zerwürfnisse über einzelne Forderungen und Thesen wird es immer geben. In den Kernpunkten der Analyse mag sich die Mehrheit zwar mittlerweile einig sein: dass Diskriminierung existiert, und zwar strukturell, und dass sie nicht durch Abwarten weggeht. Dennoch sorgen konkrete Forderungen für Streit und setzen Fliehkräfte frei. Das liegt in der Natur des politischen Prozesses und ist aus der Debatte über die Gleichstellung von Frauen altbekannt – spätestens seit eine Aktivistin 1968 eine Tomate in Richtung der männlichen Genossen warf, weil diese ein Desinteresse an Frauenfragen zur Schau stellten. Warum sollte es bei der Debatte über die Gleichstellung Schwarzer Menschen und ­People of ­Color anders sein?

„Black Lives Matter“ oder #MeToo sind nichts Überraschendes, sie sind Momente in einem Prozess, der seit Jahrzehnten im Gang ist, der patriarchale und koloniale Gewissheiten herausfordert – und der Teil linker Politik ist, weil: Welcher denn sonst? Wer das nicht anerkennen mag und stattdessen linke Themen gegeneinander ausspielt, handelt fahrlässig. Oder mit Absicht.

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37 Kommentare

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  • Da empfehle ich



    jacobin.de/artikel...ancy-fraser-trump/

    Hiersieht man genau, dass Anerkennungspolitik auch losgelöst von Verteilungspolitk geschah und vielfach geschieht.

    Und dann haben wir eben den progressiven Neoliberalismus.

    Die Verbindung beider Dimensionen muss aktiv hergestellt werden, sonst ist die Anerkennungspolitik nichts anderes als Lametta am Weihnachtsbaum der Ausbeutung.

  • Dieser Artikel beschreibt den Begriff „Identitätspolitik“ leider völlig falsch, und das hat auch eine Auswirkung auf die Schlussfolgerungen des Artikels.

    Der Begriff Identitätspolitik hat nichts damit zu tun, alle Strömungen aus Minderheitsbewegungen zusammenzufassen oder ähnliches. Auch gibt es den in diesem Artikel beschworenen Gegensatz „alte Linke mit Klassen-Politik vs. junge Linke mit Identitätspolitik” so nicht. Identitätspolitik mag zwar bei jungen linken besonders häufig vorkommen, aber das macht es nicht zu so einem Gegensatz-Gefüge wie hier im Artikel dargestellt.

    Identitätspolitik ist eher folgendes:

    Während es bei Gerechtigkeit und Gleichstellung vor allem um die Überwindung von Identitäten gilt, bemüht sich die Identitätspolitik darum, die Identität zu verstärken und alle Angehörigen so einer zur Identität zusammengefassten Gruppe einheitlich zu bewerten. Die verschiedenen Gruppen werden dabei gegeinander ausgespielt: Einzelne Ungerechtigkeiten werden abgewertet, wenn der ungerecht behandelte einer Gruppe angehört, die grundsätzlich Privilegien hätte. Auch liegt der Fokus nicht auf der Schaffung der Privilegien (die in recht grundsätzlichen Dingen, wie einem diskriminierungsfreien Leben, bestehen) für alle, sondern in der Abschaffung der Privilegien. Insgesamt also eine recht destruktive Angelegenheit.

    Vor allem aber durch die Stärkung der Identität verhindert sie gesellschaftlichen Fortschritt in Bezug auf Gleichberechtigung, weil nur eine Überwindung der Identitäten zur Gleichberechtigung führen würde.

    Als gegen die Gleichstellung gerichtet hat sie also natürlich auch in der Linken Gegner und nicht nur bei den Konservativen. Z. B. ich bin nicht konservativ, sondern links eingestellt, und ich bin auch nicht sonderlich alt, sondern gestern 22 geworden.

    Der Unterschied zwischen Identitätspolitik und Gegnern ist wohl, dass erstere auf Grundlage der Gefühle von Schuld und Sühne aufbaut, letztere auf Grundlage des Verstehens von Gleichberechtigung.

  • Ja Anerkennungspolitik und Verteilungsfrage gehören seit jeher zusammen.



    Deswegen muss man sich auch dagegen wehren wenn das durch Identity politics geändert werden soll.



    Diese Richtung zeichnet sich nicht dadurch aus, dass sie etwas anerkennen will sondern dadurch das sie etwas nicht anerkennen will. Nämlich die Notwendigkeit von Solidarität und Gemeinsamem Kampf und die Notwendigkeit von Verteilungspolitik.

  • "In der Linken wird mal wieder eine Spaltung herbeigeredet."

    Welche Linke? Die Sozialdemokratie? Die Grünen? Die Linkspartei?

    Nein.

    Diese spaltenden Diskussionen werden in linken Gruppierungen geführt, die eher marginal sind.

  • Jede Ideologie, die Menschen ihre Individalität aberkennt, anhand gruppenbezogener Zuschreibungen in strenge Schubladen einsortiert und diesen dann unterschiedliche Wertigkeiten, Freiheiten oder Rechte zuteilen will, ist spaltend. Egal, wie man sie nennt und wie man es zu begründen versucht. Und wenn das dann noch abseits jeglicher sozialer Frage geschieht, dann hat das zesetzende Wirkung. Auf die Gesellschaft und natürlich auch auf Bewegungen, die vorgeben, die Gesellschaft verbessern zu wollen.

  • In Identitätspolitik die Schuldige für die Misere der Sozialdemokratie auszumachen ist eine linke populistische Reaktion auf den erstarkenden Rechtspopulismus. Dabei wird grob simplifiziert sowie ignoriert, dass gerade die Rechte von Minderheiten heute wie früher die erste Angriffsziele der Rechten sind (s. Polen). Wenn Entsolidarisierung die Folge der linken Identitätspolitik-Diskussion ist, können sich die Rechten schon jetzt die Hände reiben, denn sie haben den Linken das 'aber' aufgedrückt: 'Natürlich ist Emanzipation wichtig, keine Frage, aber ...'.

    • @mats:

      Was ist dein Problem mit dem „aber“?

      Wenn wir es als problematisch einstufen würden, einen Satz mit „Natürlich ist Emanzipation wichtig, keine Frage, aber...“ zu beginnen, würde das bedeuten, das ich jeden Schwachsinn behaupten kann und so lange ich mich auf Emanzipation beurfe, niemand widerprechen kann.

      Auf



      „Morgen gibt es Pizza, denn Emanzipation ist wichtig“

      dürftest du dann nicht antworten



      „Natürlich ist Emanzipation wichtig, aber das hat nichts damit zu tun, ob es morgen Pizza gibt“.

      Auf



      „Lasst uns Menschen nach Geschlechtern aufteilen und äußerlichen Unterschieden wie Geschlecht und Rasse mehr gesellschaftliche Bedeutung geben, denn Emanzipation ist wichtig”.

      dürftest du dann nicht anworten „Natürlich ist Emanzipation wichtig, aber die gesellschaftliche Bedeutung von Geschlechtern und Rassen zu stärken läuft jedem Bestreben nach Gleichberechtigung zuwider“.

      Und das ist genau das Problem mit der Identitätspolitik: Es geht nicht um eine rationale Analyse darum, was für eine gleichberechtigtere Gesellschaft notwendig ist, es geht um symbolische Gesten, die einem vom Schuldgefühl befreien sollen, einer priviligierten Gruppe anzugehören. Deswegen ist die Identitätspolitik ja auch bei den priviligierten Gruppen viel verbreiteter als bei denen, die angeblich unter der Priviligierung leiden würden.

  • Ich denke, die Trennlinie verläuft woanders. Identitätspolitik tendiert dazu, Gruppen Kollektivrechte zuzusprechen. Die Spaltung geschieht dann, wenn diese Kollektivrechte zulasten der individuellen Rechte ausgedehnt werden. Wenn zB das individuelle Menschenrecht jeder Frau, sich so zu kleiden, wie sie will, in Gegensatz gebracht wird zu angeblichen Rechten der Religion, der sie angehört, und die Frau dann innerhalb der Logik der Identitätspolitik zu einer Art Helfershelferin gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gemacht wird. Tatsache ist, dass Menschenrechte immer individuell sind und es in unserer Rechtsordnung keine Rechte irgendwelcher Communities (höchstens von Verbänden, und auch dann explizit nie zulasten der Rechte der Individuen) gibt.

  • Wir haben eine Bundeskanzlerin, eine EU-Präsidentin, eine Verteidigungsministerin, einen schwulen Gesundheitsminister, hatten einen schwulen Außenminister und einen schwarzen US-Präsidenten und die AfD hat eine lesbische Vorsitzende. Was genau hat sich dadurch verbessert? Es müsste langsam mal die Erkenntnis dämmern, dass diese Merkmale genau NULL eine Rolle spielen. Das war vorher schon klar, wollte aber keiner wissen in der Großstadtjournalistenblase.

    Alle Probleme, die wir haben, sind verursacht durch Machtkonzentration und damit zwangsläufig einhergehendem Machtmissbrauch.

    Das kann man sich nicht oft genug klarmachen, deshalb der Absatz.

    Und Macht (über andere) basiert auf Eigentum, finanziellem Vermögen und einflussreichen Positionen, gerne und oft ergaunert, geerbt, gestohlen, erpresst.

    Wer davon so richtig betroffen ist, weiß idR um den Beschiss, hat oder sieht aber oft keine Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen geschweige denn, die ganze Struktur anzugreifen. Die AfD macht da entlang ein Angebot, auf das etliche hereinfallen. Wie bei den Kirchen - ein vermeintlich verlockendes Angebot fürs Seelenheil, dahinter aber nur die immer gleiche Selbstbereicherung eines Vereins, Instrumentalisierung der Schäfchen und Konzernpolitik mit dem Ziel Marktbeherrschung im weitesten Sinn.

    Wer hingegen weniger betroffen, aber auch mit den Verhältnissen angeblich unzufrieden ist, und Möglichkeiten kennt, sich zur Wehr zu setzen oder gar die Struktur anzugreifen und den o.g. Zusammenhang ignoriert, kann weiterhin Artikel für den elitären Debattierclub schreiben - und damit die feudalen Verhältnisse sogar stabilisieren.

    "Ökosozial" sind die, die im Park die Flaschen einsammeln, weil ihre "Grundrente" nicht reicht. Da sind auch Frauen dabei und manche sind vielleicht sogar lesbisch. Einfach mal einige von denen in der nächsten Futurzwei interviewen, das gäbe ungewohnte und vermutlich ungemütliche Erkenntnisse.

    • @uvw:

      Es wäre mir neu, dass Emanzipationsbewegung versprochen hätte, alle Probleme der Welt durch Teilhabe zu lösen.

      "Was genau hat sich dadurch verbessert?", fragen die, deren Merkmale immer schon NULL eine Rolle gespielt haben, indem sie niemals zum Ausschluss aus gesellschaftlichen Bereichen geführt haben.

      • @mats:

        Natürlich fragen sie das, denn aus den von dir genannten Gründen können sie es ja nicht wissen.

        Schade nur, dass sie keine Antwort bekommen.

  • Herr Weissenburger, Ihren Texten entnehme ich immer wieder, daß Sie sich eigenständiges Denken bewahrt haben.

    Bitte informieren Sie sich weiter: Schauen Sie ins Areo-Magazine, das von der (sozialdemokratischen) Linken Helen Pluckrose herausgegeben wird: dort finden Sie durchaus differenzierte Diskussionen zum ganzen Ideologiegebäude der 'Identitätspolitik'. Schauen Sie in die 'New Discourses', die vom (links-liberalen) James Lindsay herausgegeben werden; sehr parteiliche Artikel in der Regel, aber eine Enzyklopädie, die versucht 'objektiv' zu sein.



    Sehen und hören Sie die Schwarzen Coleman Hughes, John McWorther, wunderbare Intellektuelle.

    Es geht hier nicht einfach nur um Spaltung/Einheit der Linken - Identitätspolitik bzw. ihr Ideologiegebäude bricht radikal mit den Werten der Aufklärung, der Vernunft, mit dem (natur)wissenschaftlichen Denken; Werte, die – ja, es gab Mißbrauch - uns herausgeführt haben aus dem magisch-religiösen Denken des Mittelalters, aus der Zeit der Ketzer und der Hexenverfolgungen - sie bricht radikal mit eben den Werten, die die Emanzipationsbewegungen der Frauen, der Schwulen erst ermöglicht haben...

    Beteiligen Sie sich bitte nicht an der Zerstörung der Vernunft. Sägen Sie nicht den Ast ab, auf dem Sie sitzen.

    Unsere Gesellschaften haben viel erreicht, wertschätzen Sie die Fortschritte! Wo auf der Welt leben Minderheiten besser? Unsere Gesellschaften haben Probleme – aber der Weg der aktuellen Identitätspolitik, mit seinem Geist der Rache, der Verachtung, mit seiner Tendenz zur Überkorrektur ist garantiert nicht der Weg, der uns weiter bringt. Au contraire.

    • @Weber:

      Weissenburger und Sie verwenden unterschiedliche Begriffe unter dem Label 'Identitätspolitik' und beide schreiben Sie über unterschiedliche Phänomene.

  • Himmlisch, die taz bezahlt ihre tief bürgerlichen Schreiberlinge offenbar so gut, dass sie sich so einen Stuss leisten können. "Kritisches Weißsein, Queer-Theorie und Gender-Mainstraiming" stellen die Frage, wer spricht. Na freilich doch: Sprachen früher nur die bösen, weißen, heterosexuellen, bürgerlichen Männer, dürfen heute auch schwule, weiße, bürgerliche Männer oder migrantische, bürgerliche PoC sprechen. Die tiefe Verachtung für die weiße und migrantische Unterschicht, die damit beschäftigt ist, wie sie morgen ihre Miete zahlt, die die dümmlichen Sprachcodes der Weißenburgers und Yaghoobifarahs nicht beherrscht, bleibt natürlich gleich. Vielleicht kapiert die taz in 500 Jahren, dass ein Mensch, der seine elementarsten Grundbedürfnisse nicht befriedigen kann, sich nicht um Genderfragen und anderen akademischen Nonsens interessiert. Das gilt auch, wenn er selbst PoC, queer oder was weiß ich was ist. Mit anderen Worten: Identitätspolitik muss man sich leisten können. Weiterhin viel Spaß in Ihre Blase.

    • @Magdalena.82:

      Keine "Identitätspolitik" (allein das Wort ist bescheuertes Framing, es geht um strukturelle Herrschaft nicht um "Identität") muss mensch sich auch erstmal leisten können.

      Und akademisierte Sprache gibts in jedem Bereich, auch in diesem. So what?

    • @Magdalena.82:

      Stimme ihnen 100% zu.

      "Weiterhin viel Spaß in Ihre Blase."

      Für die Existenz solcher Blasen gibt es einen einfachen Grund. Dieser Grund ist so einfach, daß ein einziges Meme ausreicht um ihn bloß zu stellen: media.thedonald.win/post/UlYvWEHW.jpeg

  • Also... (@HANS AUS JENAs Seitenhieb auf das Leben des Brian aufzunehmen) -- ich bin wohl wieder der, der aus dem Publikum "ich nicht" ruft.

    Ich denke, es sollte für die Linke selbstverständlich sein, sich der Themen der Identitätspolitik anzunehmen. Sie gehren dazu. Da bin ich ganz bei Nancy Fraser.

  • 0G
    09922 (Profil gelöscht)

    Das ist eine Generalabrechnung gegen notwendige Selbstreflektion und Kurskorrektur innerhalb der Linken. Jeder, der weniger radikal ist als der radikalmöglichste linke Standpunkt, ist einfach nicht Woke genug um eine Meinung äußern zu dürfen. Im Zweifelsfall ist er automatisch reaktionär oder gleich rechtsaußen. Zum Davonlaufen.

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Ach Süßer, tuts reflektieren so doll weh? Ne Spaß beiseite. Mit "woke" sein hat das nichts zu tun. Wir lassen uns nur nicht mehr alles gefallen von Genossen die Vorgeben fortschrittlich zu sein aber dann doch lieber die Normschöne cis Frau am Herd hätten während sie ungeschönt sich mit den Cops kloppen können.



      The 70ties are over honey

  • Sehr guter, differenzierter Artikel, vielen Dank.



    Habe auch noch nie verstanden, warum die genannten berechtigten Anliegen im linken Diskurs gegeneinander ausgespielt werden.

  • Ich würde die Spaltung nicht ausschließlich zwischen Zustimmung zur und Ablehnung der Identitätspolitik verorten. Was ich aber unter jüngeren Linken (zu denen ich selbst gehöre) schon feststelle, ist, dass viele sich nicht - nach meinem Eindruck: nicht mehr (aber ich war damals nicht dabei) - mit politischer Ökonomie auskennen und sich anhand anderer Themen politisieren.

    Das ist auch völlig ok und sie bleiben m.E. durchaus empfänglich für die Klassenfrage; nur gibt es mitunter im Diskurs da nicht mehr viel zu empfangen. Das analytische Fundament ist nicht mehr sehr präsent und ihre Haltung zum Kapitalismus erschöpft sich häufig in einer vergleichsweise diffusen Ablehnung.

    Die wenigsten haben auf dem Schirm, dass die Klassenfrage sich nicht in erster Linie zwischen ökonomisch und/oder anderweitig mehr oder weniger privilegierten angehörigen derselben Klasse (dazu gehören durchaus auch der angestellte Banker und der Normalo in Eisenhüttenstadt) entscheidet, sondern zwischen den Eigentümern der Produktionsmittel und allen anderen. Identitätspolitik ist wichtig, aber eben im Bewusstsein und mit dem Ziel, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass wir letztlich alle derselben gesellschaftlichen Klasse, den Nichteigentümern der Produktionsmittel, angehören.

    Identitätspolitik soll gesellschaftliche Gegensätze aufzeigen, aber nicht vertiefen, sondern die betreffenden Gruppen im Gegenteil einen für die Auseinandersetzung mit dem grundlegenden Klassengegensatz (früher: Grundwiderspruch). Ich glaube, dass sowohl Befürworter als auch Gegner der Identitätspolitik innerhalb des linken Spektrums dies häufig aus den Augen verlieren und damit auch die Tatsache, dass Identitätspolitik integraler Bestandteil linker Politik ist, diese aber weit darüber hinausgehen muss.

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Clemsinger:

      Bekanntermaßen gibt es im Kapitalismus 3 Produktionsfaktoren: Boden, Arbeit, Kapital. Wo ist jetzt das Problem, wenn man im Besitz einer dieser Produktionsfaktoren ist? Zum Beispiel " Arbeit". Ist es die Ungerechtigkeit, daß der , der seine Arbeitskraft anbietet, niemals in die Gelegenheit kommt, daß ihm eine Kreditlinie von 100 Millionen gekündigt wird?

  • Zitat: „Black Lives Matter oder #MeToo sind [...] Momente in einem Prozess, der seit Jahrzehnten im Gang ist, der patriarchale und koloniale Gewissheiten herausfordert – und der Teil linker Politik ist, weil: Welcher denn sonst?“

    Seltsame Frage! Sind Ansätze wie Gender-Mainstreaming, kritisches Weißsein oder Queer-Theorie etwa rechts der Mitte nicht anschlussfähig? Aber gewiss doch! Man muss sich nicht Margret Thatcher, Idi Amin oder Guido Westerwelle heißen, um das zu kapieren.

    Das „Nachdenken über Privilegien“ kann durchaus zu autoritären Antworten führen. Und die „Frage, wer spricht“, kann sehr wohl autoritär beantwortet werden: „Ich, denn ich bin die einzig wahre Autorität!“, können die Leute sagen, wenn sie es anders nie gelernt oder grade ganz dringend nötig haben. Dann aber sind Sprechverbote tatsächlich nicht mehr weit.

    Es ist wie in der Ehe, wie auch in jeder anderen Beziehung: Eine Spaltung kann man nicht „herbeireden“, wenn es noch keinen Haarriss gibt. Dieser Riss aber ist da. Überall in der Gesellschaft, auch „links der Mitte“. Immer. Weil Individuen verwundbar sind und Bildung kann, aber nicht muss.

    Ob ein Mensch teilen gelernt hat, ob er kompromissfähig ist, kreativ und einfühlsam und ob bzw. in wie weit er all das sinnstiftend anwenden kann, hängt nicht von halbwegs statischen, von außen sichtbaren Elementen seiner Persönlichkeit wie seiner Hautfarbe, seinem Geschlecht oder seiner sexuellen Orientierung ab, sondern von seiner Veranlagung, seiner Sozialisation, seinen Erfahrungen und seinem seelisch-moralischen Ist-Zustand. Wobei sich letztere im Laufe der Zeit extrem wandeln können.

    Wer das nicht anerkennen mag, der hat von Identität gar nichts kapiert. Und von Gerechtigkeit auch nicht viel mehr. Der sollte also lieber noch mal eine Runde aussetzen und die eigenen Kompetenzen selbstkritisch reflektieren, bevor er sich aufmacht, eine bestimmte „Community“ oder gleich die ganze Welt zu retten zu. Womöglich gar mit Gewalt.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    In der Identitätspolitik steckt viel mehr drin.

    Viele neue Hollywood-Filme zeigen eindrucksvoll, wie wenig der Weisse Mann wert ist. Anstatt eine Figur zu schaffen mit der man sich identifizieren kann, sind alle Weissen Männer wahlweise Böse, Dumm, oder sonstwie untragbar. Helden a la Indiana Jones sehe ich kaum noch. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber der Trend war eine Weile deutlich spürbar.

    Das sorgt dafür dass sich viele eben nicht mehr mit diesen "neuen Figuren" identifizieren können, sich also abgehängt oder ausgeschlossen fühlen. Das gefühlte Motto scheint ein "Jetzt haben wir das Sagen und ihr müsst das nächste Zeitalter lang darunter leiden !" zu werden. Das grenzt halt einen großen Teil aus.

    In meinen Augen fährt die Identitätspolitik bzw. deren lauteste Befürworter gegenwärtig auf einem kompromissunfähigen Konfrontationskurs, der halt einem Teil der Menschen sauer aufstößt. Ob es angebracht ist steht dabei noch auf einem ganz anderen Blatt.

  • Sorry, ich muss beim Lesen dieses Artikels an "Das Leben des Brian" denken, wo die Judäische Volksfront der Volksfront für Judäa noch höhnisch hinterherruft: "Spalter!" Der Artikel wirft denjenigen, die sich der Sichtweise der "linken Identitären"nicht vorbehaltlos anschließen wollen und dann in der Debatte den "dann wenigsten bitteschön schweigen"-Ductus nicht folgen, vor, die Linke (was immer das heute ist) zu spalten bzw. kehrt ihre Methodik des Abgrenzen einfach um und schiebt sie den anderen in die Tasche. Selten so einen von jeder Selbstkritik befreiten, im Gestus reaktionären Artikel gelesen. Da scheint sich in der taz2-Redaktion ja eine treue Jünger*innenschar zu sammlen. Zum Glück gibt es im taz-Umfeld auch andere (wenn auch wiederum polemisch überspitzte) andere Artikel: www.kontextwochenz...-suenden-6895.html

    • @Hans aus Jena:

      Man hätte gerne alles auf einmal: einerseits die eigenen Gefühle, Verletzungen und Weltsichten in der Politk (dominant? - zumindest wirksam) berücksichtigt. Andererseits wäre man gerne für alle Menschen da und hätte gerne die Zustimmung aller Menschen.

      Beides wird nicht immer zusammenpassen.

  • Schön. Der Artikel diskutiert die Ideologische Vereinbarkeit, während die Kritik sich idR gegen die realpolitischen Ausprägungen richtet. Was ist nun dadurch gewonnen?

    • @Briefpfosten:

      interessanter Gedanke. Ich glaube, dass die Diskussion noch sehr an Heftigkeit gewinnen könnte, wenn wir wirklich auf eine Wirtschaftskrise zulaufen sollten - es also bei vielen Menschen wieder vor allem darum geht, am Monatsende noch über die Runden zu kommen. Bei relativ gutem Wohlstand diskutiert sich anders, als wenn es ums "überleben" geht.

  • "„Black Lives Matter“ ..., sie sind Momente in einem Prozess, der seit Jahrzehnten im Gang ist, der patriarchale und koloniale Gewissheiten herausfordert – und der Teil linker Politik ist, weil: Welcher denn sonst?"

    Da ist sie wieder, Ausgrenzung von Schwarzen. BLM sei ein Teil linker Politik. Und nicht linke Schwarze passen da dann auch nicht rein. Und einfach nur "links" reicht noch nicht einmal. Als Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Club gehört dann auch noch die Zustimmung zum Klassenkampf hinzu. Das richt mir zu sehr nach Instrumentalisierung a'la Interventionistische Linke.

    BLM, Critical Whiteness und Gender Studien sind sehr wohl auch anschlußfähig für andere politische Überzeugungen außerhalb der antikapitalistischen Linken.

    • @Rudolf Fissner:

      Die Frage bezog sich auf "einen Prozess, ..." . Auch Du, Genosse Rudolf, kannst BLM, #metoo, Critical whitheness, gender studies und wasweißichnoch gutfinden! (Ohne sich der antikapitalistischen Linken in ihre gierigen Arme zu werfen ;) .)

      • @Hugo:

        Schön, dass auch Du da keinen direkten Zusammenhang voraussetzt." Aber wie kommst Du darauf, dass die antikapitalistische Linke "gierig" ist?

  • Ein kräftiger Rundumschlag gegen alles, was mit Identitätspolitik wenig anfangen kann. Und dennoch seltsam unpolitisch. M.a.W.: das Elend bürgerlicher Debattenunkultur.

  • Nun ja, ich habe eher den Eindruck, dass das Soziale gegenüber Identitätsfragen vernachlässigt wird. Und ich muss nicht erst darauf hinweisen, dass dies exakt der Grund für Trumps Wahlerfolg ist. Trump hat mit Globalisierungskritik und dem Versprechen den amerikanischen Arbeiter vor deren Auswirkungen zu schützen die "Swing States" gewonnen. Clinton hat diese Menschen dann als "Deplorables" bezeichnet. Während "America First" oder "MAGA" sehr inklusiv sind ("Hey, wir sind alles Amerikaner und ich werde was für Amerikaner tun"), hat Clinton genau diese Identitätspolitik betrieben. Wie wichtig, dass eine Frau Präsidentin wird, die "Gläserne Decke". Aber: Was haben Frauen, die bei Walmart arbeiten, bei McDonalds, die Putzen oder in der Fabrik arbeiten davon, dass jetzt Frauen aus der Oberschicht Präsidentin werden dürfen. Anders Obama, Sanders, AOC: Immer für die Benachteiligten, ob es jetzt für Menschen ohne Krankenversicherung geht oder um Polizeigewalt gegen PoC (bei Obama mit Fehlern und Abstrichen, aber immerhin). Wer profitiert denn mehr von Obama-Care oder einem 15 Dollar-Mindestlohn? Die Menschen, die ärmer sind, in den USA v.a. Schwarze, Latinos und der arme Teil der weißen Bevölkerung.



    Dasselbe hier: Was bringt es der Alleinerziehenden, wenn 50% des Bundestags weiblich sind? Die CSU!!!!! hat jetzt in der Krise den Steuerfreibetrag für Alleinerziehende verdoppelt, war deren Forderung. Zwar temporär, aber immerhin.



    Die Karriere-Feministinnen machen Politik für sich, aber die Alleinerziehenden haben die Probleme.



    Die Polizei ist in der Breite nicht Spitzenverdiener, wenn man nicht gerade Polizeipräsident ist. Aber ACAB-Schilder und Flaschenwürfe bei BLM-Demos sind für die taz kein Grund "Moment mal" zu rufen.

    • @Kartöfellchen:

      Was sind denn bitte "Karriere-Feministinnen"?

      Davon abgesehen ist tendenziell die Chance größer, wenn mehr Frauen im Bundestag sitzen, dass auch eher Probleme, die vorwiegend Frauen betreffen, auf die Agenda kommen.

      Sie spielen dieses Ausschließspielchen ebenfalls mit.

    • @Kartöfellchen:

      Ich sehe das ähnlich wie Sie. Linke Politik muss inklusiv sein. Das Problem ist, dass niemand Identitätspolitik Akademikern abnimmt, dass sie sich dann schon um alle Kümmern werden, nachdem sie ihren Cause Celebre umgesetzt haben.

      Die letzte Generation davon hat schließlich Hartz 4 mit verbockt.

      Der Eindruck der sich dabei auftut ist, dass Identitätspolitik vor allem Leute sind, die sich darüber aufregen, dass die Ämter fies zu ihren Freunden sind. Fair enough.



      Dann sollte man sich aber nicht darüber Echauffieren, wenn andere Leute sagen die Ämter sind auch fies zu noch mehr anderen Leuten und wir sollten uns vielleicht erst darum kümmern, bevor wir hier die Probleme von kleinsten Minderheiten zur Chefsache erklären.

      • @Imto:

        Es geht doch nicht nur ums "abnehmen, dass sie sich kümmern werden". Zum Teil kommt doch von diesem Segment der Linken regelrecht Verachtung für die Spießer, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgen, die Angst vor Kriminalität haben usw.....das bleiben aber auch trotz Klimawandel und Co wichtige Themen - gerade für Leute, die nicht mit Alarmanlage in einem Vorort wohnen, sondern in der Stadt im Hochhaus oder auf dem Land.

  • Natürlich hat der Autor Recht, dass sich die Problemkreise nicht ausschließen. Aber sowohl Gabriel als auch dem taz-Autor mit "Eisenhüttenstadt" ging es erkennbar um die Prioritäten. Wenn der Arbeiter von der SPD nur Kampf in Bereichen hört, die für ihn an dritter oder vierter Stelle stehen, dann schaut er sich um, wer die Prioritäten anders setzt. Es geht also nicht darum, das Kampf für Minderheitenrechte zu diskreditieren oder gar zu behindern - sondern es geht darum, dass andere wichtige Themen nicht ins Hintertreffen geraten sollten.