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Rassismus als SystemHistorisch tief verwoben

System zur Privilegierung weißer Menschen: Anders als gelegentlich behauptet gibt es „umgekehrten Rassismus“ logisch und historisch nicht.

Antirassistischer Protest der Black-Lives-Matter-Bewegung in Berlin Foto: reuters

Schwarze Menschen und People of Color schreiben über den strukturellen Rassismus, der ihre Familiengeschichten geprägt hat, ihre Lebensläufe formt und ihren Alltag beherrscht. Und dennoch kommen immer wieder – in letzter Zeit verstärkt auch in linken Kreisen und Medien – grundlegende Fragen auf: Was ist Rassismus? Und wie unterscheidet er sich von möglichen Diskriminierungsformen gegen Weiße? Da es diese große Nachfrage nach Begriffsklärungen gibt, folgt an dieser Stelle eine erneute Auseinandersetzung mit den Wörtern Rassismus und Diskriminierung.

Rassismus ist eine Ideologie, die besagt, dass Menschen mit bestimmten äußerlichen Merkmalen weniger wert seien als andere. Rassismus geschieht zugleich ganz konkret, nebenbei, unbewusst, gedankenlos. Ohne nachzudenken, beurteilen wir Menschen nach Name, Muttersprache, Herkunft, (sichtbarer) Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe. Moment – wer ist mit diesem „wir“ eigentlich gemeint? Alle Menschen. Niemand ist vor rassistischen Denkmustern gefeit. Denn Rassismus wird erlernt und an die nächste Generation weitergegeben – in Form von Sprache, Kulturpraktiken, Kunst, Berichterstattung oder allgemein über jahrhundertelang gewachsenem „Wissen“. Niemand ist frei von rassistischer Sozialisation. Benachteiligt werden durch sie aber nur all jene, die als Nichtweiße gelesen werden. Das ist gut erforscht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der strukturelle Charakter dieses Phänomens. Bei Rassismus geht es durchaus um Mikroaggressionen im Alltag: Schimpfwörter, dumme Witze, Gesten oder schräge Blicke, die nichtweiße Körper stets und überall treffen. Die bittere Realität ist aber auch: mit der „falschen“ Hautfarbe, dem „falschen“ Namen oder der „falschen“ Herkunft oder Religion hat man schlechtere Karten auf dem Wohnungs-, Bildungs-, Arbeits- oder Dating-Markt.

Als nichtweiße Person wird man von der Polizei strukturell anders behandelt. In Anwesenheit der „Hüter*innen des Rechtsstaats“ fühlt man als Schwarzer Mensch oder Person of Color oft nicht etwa in Sicherheit, sondern unsicher, aufbauend auf den Erfahrungswerten, dass man als BPoC durch Polizeibeamt*innen oft mit willkürlicher Gewalt konfrontiert wird. Racial Profiling ist in dieser Hinsicht bloß eine von vielen greifbaren Ausformungen von rassistischen Strukturen, hier in Polizeibehörden.

Unterschiedliche Voraussetzungen

Rassistische Ideologien gipfeln aber auch in menschenfeindlichen Texten, faschistischen Parteien, rechtsextremen Terrorgruppen. Die Basis für diese Gefahr für Leib und Leben nichtweißer Menschen legen aber die weit verbreiteten rassistischen Muster und Vorurteile in unseren Köpfen und Institu­tionen.

Rassismus ist also tief in die Kolonialgeschichte, staatliche Strukturen, Kulturlandschaften oder in die Wirtschaftssysteme weißer Mehrheitsgesellschaften verwoben. Das hat zur Folge, dass Nichtweiße im Vergleich zu Weißen nicht dieselben Voraussetzungen im Leben haben. Antirassismus möchte an dieser Stelle etwas ändern und Gleichberechtigung herstellen. Eine mühsame Aufgabe, die Genera­tionen beschäftigen wird.

Weiße können dagegen diskriminiert werden, aber Rassismus erfahren sie nicht. Ein Beispiel: Eine weiße Frau kann durch den herrschenden Gender-Pay-Gap einen objektiv messbaren Nachteil auf dem Arbeitsmarkt erleben, sie wird dort aber niemals strukturell wegen ihrer Hautfarbe benachteiligt. Anderes Beispiel: Ein schwuler weißer Mann kann Queerfeindlichkeit ausgesetzt sein, egal ob in Deutschland oder in einer anderen Gesellschaft, er wird aber nicht strukturell wegen seiner Hautfarbe unterdrückt. Diese Herangehensweise nennt sich: Intersektionalität. Das ist ein simples Konzept, das versucht, jedes Individuum in all seinen Aspekten zu betrachten: Herkunft, Gender, sexuelle Orientierung, sozialer Status, finanzielle Lage, körperliche und seelische Verfassung, Wohnungssituation oder Obdachlosigkeit, Staatsangehörigkeit – um nur einige relevante Aspekte zu nennen.

Die Reihe

Wissen ist Macht

Was ist Rassismus? Warum schreibt man oft „trans“ klein, aber „Schwarz“ groß? Was meinen die Gender Studies genau, wenn sie sagen „Geschlecht ist konstruiert“? Es ist unabdingbar, Grundlagen der kritischen Gesellschaftswissenschaften zu kennen, wenn man über antirassistische und queerfeministische Politiken diskutiert.

Von vorn erklärt

In dieser Reihe mit dem Titel „Zurück zu den Grundlagen“ erscheint ab sofort jede Woche ein erklärender Text zu einem oder mehreren Begriffen aus dem Bereich Feminismus und Antirassismus. Kommende Woche folgt: „Schwarz, weiß, PoC, BPoC“ – antirassistische Bezeichnungen und ihre Hintergründe.

Intersektionalität beschreibt auch die Verschränkung verschiedener Formen von Diskriminierung: Klassismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus oder Ableismus. Das bedeutet im Umkehrschluss: Eine von Rassismus betroffene Person kann auch zusätzlich in anderen Kategorien benachteiligt werden. Deswegen ist es so wichtig (vor allem im Journalismus), sich auf Erzählungen und Geschichten einzulassen. Jeder Fall ist einzigartig. Und den von verschiedenen Formen der Benachteiligung betroffenen Menschen zuzuhören hilft, die Hintergründe zur strukturellen Benachteiligung besser zu verstehen. Nur über ein aufmerksames Zuhören kann ein Diskurs funktionieren.

Nun wird von einigen Weißen behauptet, sie hätten – meist im Urlaub – in anderen Ländern mit nichtweißer Mehrheitsbevölkerung negative Vorurteile erlebt. Wurden also aufgrund ihrer weißen Hautfarbe anders gemacht, so wie es Nichtweiße in europäischen oder nordamerikanischen Gesellschaften aus ihrer Lebenserfahrung heraus berichten. Diese Weißen sagen demnach, dass sie von vietnamesischen Gastgeber*innen auf ihre Haarfarbe oder -struktur angesprochen wurden, sie haben vielleicht schlechte Erfahrungen im Anden-Urlaub gemacht, oder ihnen wurde als Ausländer in Kairo ein höherer Preis berechnet – im Taxi oder Restaurant.

Nur: Wenn jemand aus Deutschland all the way nach Ägypten, Vietnam oder Peru fliegt, kann er*sie sich ein paar Cents mehr für ein Mittagessen eben auch leisten. Außerdem fliegt man dorthin mit seinen weißen Privilegien im Rucksack. Eine punktuelle Benachteiligung, zum Beispiel auf der Straße als Tourist*in beschimpft zu werden, ist keine strukturelle Diskriminierung und schon gar kein Rassismus. Diese unangenehme Situation wird spätestens mit dem Boarding zurück nach Frankfurt aufgehoben. Zur Not ruft man als weiße Person die Tourismuspolizei des Landes an und die Täter*innen wandern direkt ins Gefängnis. Neben der Hautfarbe ist hier auch die Passfarbe wichtig. Als EU-Staatsbürger*innen kann man in vielen Gesellschaften des Globalen Südens, besonders in Urlaubsdestinationen, mehr oder weniger machen, was man will.

Die Kehrseite von Rassismus sind also weiße Privilegien. Sie gelten überall auf der Welt. Denn der Kolonialismus und die postkoloniale Weltordnung danach haben eine konstruierte Hautfarbenskala global etabliert: weiß = privilegiert, nichtweiß = weniger oder gar nicht privilegiert. Deswegen versuchen viele Nichtweiße, Weißsein zu performen. Zum Beispiel beim antischwarzen Rassismus in nordafrikanischen Gesellschaften, die sich angesichts Schwarzer Geflüchteter als „weißer“ konstruieren.

Keine Zeitreise

Keine weiße Person kann individuell für diese historisch gewachsene Bevorzugung verantwortlich gemacht werden, strukturell betrachtet braucht es aber einen gesellschaftlichen Diskurs, um ebendiese Privilegien umzuverteilen. Nur so kann Antirassismus funktio­nieren. Diese Erkenntnis ist essenziell, um zu verstehen, warum es Rassismus gegen Weiße historisch und logisch betrachtet nicht geben kann. Das Gegenteil von Rassismus ist nicht „umgekehrter Rassismus“, sondern: weißes Privileg.

Viele Aktivist*innen und Autor*innen of Color haben mit einem Gedankenspiel versucht, die aktuelle Lage für Weiße zu erklären: Rassismus gegen Weiße wäre möglich, aber nur, wenn die Menschheit zurück in die Vergangenheit reisen könnte. Nichtweiße Gesellschaften müssten dann nachhaltig weiße Gesellschaften kolonialisieren, die Ressourcen über Jahrhunderte ausbeuten und ein postkoloniales System eines Süd-Nord-Gefälles hinterlassen, das Finanz- und Migrationsströme zum Vorteil nichtweißer Mehrheitsgesellschaft lenkt. Weil das alles aber bekanntlich anders passiert ist, gelten die – bisher auch in linken Kreisen und Medien breit rezipierten – Erkenntnisse jahrzehntelanger Rassismusforschung und Privilegienkritik.

Mohamed Amjahid ist Autor des Buchs „Unter Weißen: Was es heißt, privilegiert zu sein“, erschienen bei Hanser 2017.

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61 Kommentare

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  • Dass "Rassismus" nur "weiß" sein könne, ist kein Forschungsergebnis, sondern schlicht eine definitorische Festlegung, bei der der Begriff "Rassismus" auf diese spezielle Variante von Menschengruppen-Diskriminierung eingegrenzt wird.

    Der Autor - wie auch viele andere "Rassismus kann nur weiß sein"-Apologet*innen verkaufen uns jedoch diese definitorische Angelegenheit als wissenschaftliches Faktum. Hier geht der Autor sogar so weit, Widerspruch gegen seine Festlegung als "unlogisch" zu diskreditieren.

    Und statt dass wirklich für das Thema sensibilisiert wird, reiht sich ein Artikel an den anderen, um diese definitorische Eingrenzung zu begründen und zu verteidigen. Es resultiert ein Kampf um diese definitorische Festlegung. Dem eigentlichen Anliegen - nämlich für Rassismus - insbesondere den unwillentlichen, unbewussten Rassismus - zu sensibilisieren, ist dies eher abträglich.

    Zudem fehlt mir die psychologischen Dimension von Rassismus.



    Es dominiert eine soziologische und historische Perspektive, und das, was bspw. die Sozialpsychologie zum Phänomen Rassismus erforscht hat, kommt überhaupt nicht vor.



    Dabei hat die Sozialpsychologie viel zum Thema beizusteuern. Allerdings vieles, dass mit Kolonialismus nichts zu tun hat, sondern sich in allen Menschengruppen gegenüber anderen Menschengruppen finden lässt.

    Auch von dieser Warte her stimmt etwas an der "Rassismus kann nur weiß sein"-Festlegung nicht.

    Der - in der Tat wichtige - Einbezug des Asekts des Kolonialismus ist nicht abhängig von einer Definition, die das Thema auf diesen Aspekt begrenzt. Diese Begrenzung jedoch sorgt dafür, dass andere, wichtige Aspekte herauszufallen. Auch aus diesem Grund ist meines Erachtens diese definitorische Einengung abzulehnen.

  • sorry, ich höre, lese immer wieder, wie sehr viele Biodeutsche/Mehrheitsdeutsche sich an dem Gedanken stören, dass die Biodeutschen und Mehrheitsdeutschen (in ihrer Gesamtheit) rassistisch ist gegenüber Minderheiten. Warum eigentlich?



    Ich glaube, manche erkennen den Rassismus, tun sich aber schwer, sich selbst dieser Gruppe zuzuordnen.



    Machen lehnen gar den Begriff Mehrheitsdeutsche ab, als ob es so etwas nicht geben würde. Na ja, für meine Eltern gibt es diesen Begriff auch nicht (1. Generation Kanaken). Früher haben wir alle ja noch von "die Deutschen" gesprochen.....und "die Deutschen" von "den Ausländern". Meine Eltern



    kennen auch nichts anderes….

    Warum der Begriff Biodeutsch dennoch trotz aller Widerstände hier passt: Wir haben bis vor einigen Jahren noch eines der am rückständigsten Staatsbürgerschaftsgesetze unter den westlichen Demokratien gehabt (bis vor kurzem haben wir noch von Ausländern in der dritten Generation gesprochen). Jetzt haben viele dieser „Ausländer“ die deutsche Staatsbürgerschaft erworben (teilweise dafür gekämpft), werden aber immer noch wie Ausländer behandelt (oder wie Migranten, was der politisch korrekte Begriff für Ausländer ist). Man kann sich als erkennbarer Kanake noch so häufig in der Öffentlichkeit deutsch definieren, man muss immer erklären. Was zählt, ist Biodeutsch zu sein, da gibt es keine Probleme. Äh, stimmt nicht ganz: Sehr viele stören sich am Rassismusbegriff und dem tatsächlichen oder zugeschriebenen „Täterstatus“.

    Was unerträglich ist: Hinweise, dass die Japaner*innen, Osman*innen, Nordafrikaner*innen usw. usf. auch rassistisch gewesen sind oder immer noch sind! Ja klar ist das so, und gegenwärtig vielleicht noch viel krasser als hier! Das macht den Rassismus in D aber auch nicht erträglicher.

    • @edelkanake:

      Zum letzten Absatz: " Ja klar ist das so,...". Da haben Sie Recht. Genau das wird aber von etlichen "Rassismustheoretikern" bestritten, die den Begriff künstlich auf Weiß gegen Schwarz einengen wollen.

  • Müsst ihr ein Bild mit raushängender Nase nutzen? :-(

  • Den antischwarzen Rassismus in nordafrikanischen/arabischen Ländern ausschließlich mit dem europäischen Kolonialismus zu erklären, greift zu kurz: jungle.world/artik...ich-bis-heute-fort

  • Was ist "Biodeutsch" für ein Begriff? Wenn "Passdeutsch" als Herabsetzung verstanden werden kann, ist es bei "Biodeutsch" doch nicht anders. Oder Biodeutsch weil sich Arier keiner mehr traut?

    • @5ender:

      Biodeutsch ist tatsächlich ein ironischer Begriff, mindestens wenn Leute wie ich ihn verwenden. Biodeutsch ist etwas künstliches, das sind die Leute, die nach dem Naziwahn noch übrig waren und deren Nachkommen. Es ist bei Biodeutsch für mich klar dass es nichts schmeichelhaftes ist: viele wurden ausgesiebt und ermordet, die nicht in die Vorstellung von 33-45 gepasst hatten.



      Ist aber nicht heutzutage jeder vierte Ehe bionational und ein nicht geringer Teil der jungen Generation mit Migrantionshintergrund (wie früher übrigens auch, siehe Staaten wie KuK oder Preußen)?

    • @5ender:

      Biodeutsch ist natürlich ein ziemlich dämlicher Begriff und ich hätte vielleicht Gänsefüßchen setzen sollen. Tatsächlich gibt es ja auch in Deutschland Rassismus von Weißen gegen andere Weiße. Und die anderen sind dann eben nichtbiodeutsch ;). Von Arier würde ich eher absehen, weil dann Iraner und Inder protestieren würden. Vielleicht wäre Germane am besten ;). Und gegen Engländer hat ja nun wirklich keiner was.

    • @5ender:

      "Biodeutscher" ist jemand mit deutscher Biographie. Also das Gegenteil von Migrationshintergrund. Der Ausdruck stammt von Cem Özdemir.

  • Es ist in jeder Kommentarspalte dasselbe. Rassismus hat es nicht "schon immer" und "zu allen Zeiten" gegeben. Fremdenfeindlichkeit gibt es überall, aber Rassismus ist eine hochspezielle, in vieler Hinsicht historisch einzigartige Form von Fremdenfeindlichkeit. Und er wurde erst vor etwa dreihundert Jahren entwickelt, in Europa und für den speziellen Zweck, europäische Kolonialverbrechen zu rechtfertigen. Von diesem Kontext ist er nicht trennbar, ausserhalb davon ist es eben kein echter Rassismus, sondern eine der vielen andern Formen von Fremdenfeindlichkeit (oft genauso schlimm, aber grundverschieden und nicht vergleichbar). Und deshalb sollte der Begriff nur so verwendet werden, weil er sonst zu aufgeweicht und beliebig wird um nochirgendetwas für eine Gesellschaftsanalyse zu taugen.

    • @N Archie:

      Was bringt Sie zu der These, Rassismus sei nur eine spezielle Form von Fremdenfeindlichkeit?

      Rassismus ist die Idee, phänotypische Merkmale würden mit Persönlichkeitsmerkmalen oder Charaktereigenschaften korrelieren.

      Dazu brauchen Sie keine Fremden. Das läuft auch sehr gut in multikulturellen Gesellschaften, in denen die verschiedenen Gruppen seit mehreren Jahrhunderten miteinander leben.



      Jede Gruppe pflegt dabei wunderbar ihre Vorurteile.

      Rassismus in den USA beispielsweise richtet sich ja nun nicht an Fremde.

    • @N Archie:

      Auch der Kolonialismus ist nicht von Europa erfunden worden und auch nicht erst "vor dreihundert Jahren". Auch wenn für manche die Geschichte erst dann beginnt. Schon die arabischen Eroberer Nordafrikas haben die dortige native Bevölkerung rassistisch diskriminiert und das ist nur ein Beispiel. Rassismus gibt es nicht nur von Weißen gegen Schwarze.

      • @Adam Weishaupt:

        Kolonalismus gibt aber natürlich erst seit der Kolonialzeit erobert haben viele, aber kolonialisiert nicht.



        Und der Rassismus ist immer von Weißen gegen Schwarze, dafür wurde er schließlich ins Leben gerufen.



        Da gibt es eben feine unterschiede die vielleicht nicht sofort ersichtlich sind.



        Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Kresse halten, ein Brot damit belegen und sich freuen das (Weißer) Mann nicht betroffen ist.

        • @Upgrade:

          Ach so, Kolonialismus gibts erst seit der Kolonialzeit? Schon mal was von den Römern gehört? Zum Beispiel in Colonia Agrippina, der Siadt am Rhein, die immer noch den kolonialismus-verherrlichenden Namen Köln tragen muss? Hihi...

        • @Upgrade:

          Auch ohne Ihre Einlassung habe ich schon gemerkt, dass an diese Punkt keine Diskussion erwünscht ist. Das ist mir aber egal. Das Argument könnte ich im übrigen ebenso auf Ihre Geschichtskenntnisse anwenden. Dass Rassismus nur von Weißen gegenüber Schwarzen ausgeübt wird, ist historisch einfach falsch, siehe die allein in diesem Thread schon genannten Beispiele.

      • @Adam Weishaupt:

        Die Griechen hatten sich schon das Wort Barbari für den Rest der Welt. Alles Mist.

  • "Rassismus gegen Weiße wäre möglich, aber nur, wenn die Menschheit zurück in die Vergangenheit reisen könnte."



    Rassismus bzw. genauer rassistische Diskriminierung ist nicht nur dann möglich, wenn man hauptsächlich gesamtgesellschaftliche Strukturen in den Blick nimmt. Rassistische Diskriminierung kann auch bei ungleichen Machtverhältnissen in sehr viel kleineren Strukturen ausgeübt werden, z.B. auf der Straße oder in einem Geschäft.



    Das heißt aber nicht, dass Rassismus gegen Weiße bzw. Biodeutsche in Deutschland ein relevantes Problem ist oder dass er nicht seine Ursachen im Rassismus gegen Nichtweiße bzw. Nichtbiodeutsche auch haben kann.



    Diese intellektuellen Gedankenspiele, Rassismus gegen Weiße sei nicht möglich, sind für mich politisch motiviert, sind für mich aber nach wie vor nicht plausibel. Und ich verstehe auch den Gewinn nicht, wenn man das von vornherein ausschließen möchte. Das Ergebnis ist, wie ich es wahrnehme, nur ein weiterer Beitrag zur Spaltung in der Gesellschaft.

  • Ob Ihr Beitrag Sinn mach weiß ich nicht, angesichts dessen, was Sie hier nachhören können: www.youtube.com/watch?v=DXdAhEs4bQ4



    Machen Sie sich nichts draus. Ihnen geht es so wie den meisten Menschen der nördlichen Halbkugel. Was südlich der Sahara passiert interessiert die wenigsten. Etwa unsere NGO's kümmern sich um alles Mögliche (was ihnen am meisten "zu Herzen" geht wissen wir alle). Wieviel NGO's gab es in Rwanda 1994?....EINE.

  • "Wir werden uns dann bei den Koalitionsverhandlungen an diese Argumente erinnern und die Bundespolizei und die Polizeien der Ländern entsprechend umbauen",



    Die Grünen 2020



    "Polizeieinsätze dürfen nicht mit dem Tod von Migranten enden, gerade wenn sie erkennbar psychisch krank sind."



    Die Linke 2020.

    • @nzuli sana:

      Diese Todesfälle sind fast immer äußerst gefährliche Situationen, bei dem Messergebrauch von psychisch kranken im Spiel ist.

      Es muss eine bessere Schulung von Polizisten für den Umgang mit solchen Situationen erfolgen.

      Eine Fokussierung auf "Migrant" geht völlig an der Problemlösung vorbei. Es ist kein Migrantenproblem - außer für Rechtspopos, die Migranten=Messerstecher Bilder an den virtuellen Stammtischen verbreiten.

    • @nzuli sana:

      Was wollen Sie mit den Zitaten ausdrücken? Dass Die Linke nur Traumwolken produziert und sich mit realen Problemen nicht auseinandersetzen mag?

  • In Nigeria gibt es zum Beispiele Rassismus gegen Ghanaer.

    Es ist ahistorisch und falsch, zu behaupten, dass es keinen Rassismus ohne Weiße gäbe.

    Rassismus ist strukturell in allen Gesellschaften verankert.

  • Hier ein großartiger Kämpfer gegen Rassismus. Lohnt sich zuzuhören:



    www.youtube.com/watch?v=uL3ywB3ycgY

    www.youtube.com/watch?v=4-8NRSfk_a8

  • Ein klarer Beitrag, der das Besondere des Rassismus herausarbeitet.



    Dennoch drei Anmerkungen:



    (1) Benachteiligungen auf der Mikroebene, wie sie auch nicht als BlIPoC gelesenen Personen zustoßen können, lassen sich nur schlecht beschreiben in einer analytischen Sprache, die auf die Makroebene des historisch gewachsenen strukturellen Rassismus fokussiert.



    (2) Der Text hat etwas von einer nominalistischen Übung: Jetzt ist klar, wer von Rassismus betroffen sein kann und wer nicht. Schön. Da sich zahlreiche Aktivist*innen dem Vorwurf, Opferkonkurrenz zu betreiben, mit dem Hinweis auf Intersektionalität entziehen, bekommt die Erfahrung unterschiedlicher Menschen einen ganz unterschiedlichen Stellenwert zugeschrieben: Die Erfahrung von BlIPoC bekommt in diesem (und nur in diesem) Diskurs eine beinahe absolute Gültigkeit zugeschrieben: Wahrheit eben (also hört gefälligst zu, anstatt Forschung zu betreiben: zuhören reicht schon, um alles zu erfahren, was es über Rassismus zu wissen gibt). Da Rassismus historisch belegt ist, ist auch jede Rassismus betreffende Aussage von BlIPoC wahr. Der Sprung von der Makrogeschichte zur Subjektstruktur und Aussagegültigkeit ist kurzschlussartig abgekürzt. Rassismus ist entweder ein schlimmerer Angriff auf die Menschenwürde als andere menschengruppenbezogene Abwertungen oder eben nur eine unter vielen. Sollte letzteres zutreffen, kann sexistische, ableistische usw. Diskriminierung schwerwiegender sein als rassistische.



    (3) Klasse ist ein Verhältnis, eine Beziehung, kein Ismus, keine Ideologie. Deswegen kann es auch keine klassistische Diskriminierung geben (um auch mal einen nominalistischen Beitrag zu leisten).

  • "Anderes Beispiel: Ein schwuler weißer Mann kann Queerfeindlichkeit ausgesetzt sein, egal ob in Deutschland oder in einer anderen Gesellschaft, er wird aber nicht strukturell wegen seiner Hautfarbe unterdrückt."

    Es ist völlig wumpe, warum jemand unterdrückt, diskriminiert, diskreditiert wird. Es ist generell falsch. Rassismusi ist nicht schlimmer oder besser als andere Formen von gesellschaftlicher Diskriminierung.

    Und wenns denn so ist, das "jeder Fall einzigartig" ist und "aufmerksam zugehört werden muss". Warum ergeht und verliert sich dann dieser Text auch wieder in Schubladen und Verallgemeinerungen?

  • "Deswegen versuchen viele Nichtweiße, Weißsein zu performen. Zum Beispiel beim antischwarzen Rassismus in nordafrikanischen Gesellschaften, die sich angesichts Schwarzer Geflüchteter als „weißer“ konstruieren."

    Nachdem die Araber Nordafrika eroberten und islamisiert, korrespondierte die Grenze der Hellhäutgkeit eine Weile mit der Grenze des Islams.



    Kafirsein korrespondierte dagegen mit Schwarzsein.



    Die schwarzen Völker im Süden waren Kufar, weshalb man es als legitim ansah, sie zu versklaven.

    Erst als verschiedene schwarze Völker des Sahel ebenfalls den Islam angenommen hatten, funktionierte dieses Schema nicht mehr völlig.

    Die islamisierten schwarzen Völker führten Razzien durch bei den südlicheren nichtmuslimischen Völkern und verkauften sie als Sklaven in den Norden nach Tunis oder Kairo oder auch an die Europäer in den westafrikanischen Häfen.

    Das kann man sehr gut bei verschieden schwarzen Historikern nachlesen.

    Dass die hellhäutige Elite sich in Ländern wie Mauretanien sich als weiß definiert, ist logisch und durchaus realitätsnah.

    Die Entwicklung begann bereits vor dem Kolonialismus. Die Europäer brauchte es dazu nicht.

    Spannend ist der Unterschied zwischen schwarzen Autoren, die einen sehr schonungslosen Blick auf den afrikanischen Sklavenhandel und den Rassismus haben, und arabischen/persischen/türkischen Autor_innen, die gern versuchen, ihr Weißsein wegzudefinieren.

  • "Wenn jemand aus Deutschland all the way nach Ägypten, Vietnam oder Peru fliegt, kann er*sie sich ein paar Cents mehr für ein Mittagessen eben auch leisten. Außerdem fliegt man dorthin mit seinen weißen Privilegien im Rucksack."

    Und wenn man dort leben möchte? Es könnten ja genauso alle Menschen anderer Hautfarbe Deutschland verlassen und im Herkunftsland (der [Groß-]Eltern) leben, wo sie aufgrund der Hautfarbe dann ja auch wieder privilegiert sind. So ein Schwachsinn. Dann könnten nur weltweit benachteiligte Minderheiten von Rassismus betroffen sein. Dieser identitätspolitische Ansatz, der davon lebt, sich selbst in die Opfer- und Weiße in die Töterrolle zu zwängen, taugt nicht zur Probelmlösung.

    • @Devil's Advocate:

      *Täterrolle (wobei der Fehler die Zuspitzung der Identitätspolitik ganz gut trifft)



      *Problemlösung

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Dieser Text geht an seinen Widersprüchen kaputt.

    Mohamed Amjadin vermischt zwei Fragen:



    1) Kann es Rassismus gegen Weiße geben?



    2) Kann es umgekehrten Rassismus geben?

    Frage eins kann man nur mit Ja beantworten. Was sind schließlich Sozialdarwinismus und Eugenik anderes als Rassismus? Was ist mit den Nürnberger Rassegesetzen? Waren die Juden nicht weiß, als die "jüdische Rasse" als Ganzes vernichtet werden sollte?

    Im Ostdeutschland der Nachwendezeit gab es kaum Nicht-Weiße. Das hat die Nazis nicht daran gehindert, "nicht lebenswertes Leben" in Form von Obdachlosen auszulöschen.



    Auch die zahlreichen Kinder mit gemischt deutschen und slawischen Eltern wurden nicht aus Fremdenfeindlichkeit von Nazis verprügelt (mein bester Freund fragt sich heute, warum er noch lebt), sondern weil sie in den Naziaugen "Kanaken" waren.

    Wenn Punks von Nazis fast umgebracht werden, weil sie "Zecken" seien, die man "wegmachen" kann, will sich dann der Autor hinstellen und sagen, diese Entmenschlichung, dass Punks gesagt wird, sie seien "Parasiten" oder "Abfall" und würden nicht zur menschlichen Rasse gehören, sei kein Rassismus?

    Ja, und wenn sich auf einem Grindcorefestival in Tschechien sich ein Pole neben die deutsche Punkergruppe stellt und das Deutschlandlied singt, merken selbst seine Freunde, dass das eine Form der Diskriminierung anhand der Abstammung ist und kümmern sich darum. Was kein Anlass ist, irgendeine Opferhaltung einzunehmen. Schließlich waren es dumme weiße deutsche Metaller, die angefangen haben, auf dem Feativalgelände, wo es nur veganes Essen zu kaufen gibt, Fleisch zu grillen und ihre Zelte nach dem Festival stehenzulassen oder gar abzufackeln. Die Dummheit und der Rassismus von Deutschen haben noch immer jedes gegen Deutsche gerichtete Ressentiment um Längen geschlagen.

    Wenn es nur noch Weiße gäbe, dann würde der Rassismus nicht wie von Zauberhand verschwinden, dann würde er sich an den vermeinten Rändern und Bruchlinien der "weißen Rasse" nahtlos fortsetzen.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Diese Zeilen sind bitte nur als methodische Kritik zu verstehen. Die Angelegenheit "Rassismus" lässt sich nicht einfach auf das weiße Privileg gegenüber "Nicht-Weißen" reduzieren.

      Dieses Privileg lässt sich aber auch nicht mit Verweis auf eine wirkliche oder erfundene Diskriminierung relativieren. Genau das ist aber die Absicht, wenn es heißt:



      "Ich bin ja gegen Rassismus, aber...!"

  • Leider sehr ideologischer Artikel. Es gibt nicht die _eine_ Definition von Rassismus, Rassismus ist auch gegen Weiße möglich.

    de.wikipedia.org/wiki/Rassismus

  • Aber es is schon nützlich, wenn man dem Gegenüber das unverdiente Privileg auf den ersten Blick ansieht. Wenn man sofort weiß, dass jmd (mindestens) in einer strukturell benachteiligten Schnittmenge nicht vorhanden sein kann. Wenn man selbst offensichtlich ein Experte ist, für eine in Generationen, der Jahrhunderte wegen, noch nicht überwundenen Ungerechtigkeit. Das is schon praktisch, gell ?

  • „Eine punktuelle Benachteiligung, zum Beispiel auf der Straße als Tourist*in beschimpft zu werden, ist keine strukturelle Diskriminierung und schon gar kein Rassismus.“

    Wenn die Touristin aufgrund ihrer Hautfarbe beschimpft wird, IST ES nach herkömmlicher Definition ‚Rassismus‘ - weil hier ein Mensch aufgrund zufälliger biologischer Merkmale, wie der Hautfarbe, kategorisiert und stereotyp abgewertet wird, ungeachtet ihres individuellen Charakters.

    Die in dieser oder jener Form von der ‚Schule des Autors‘ immer wieder vorgebrachte Gleichung: Rassismus = Vorteil + Macht; und Vorteil ohne Macht sei eben kein Rassismus, überzeugt nicht wirklich, weil sie die Vorurteile der einen Seite exkulpiert und verharmlost, die Vorurteile der anderen Seite dramatisiert und dämonisiert. Aber es ist immer besser, wenn Vorurteile durch Urteile ersetzt werden, gleich welcher Seite.

    Die Machtstruktur innerhalb einer Gesellschaft gleicht einem Flickenteppich: negative Vorurteile gegen Weiße KÖNNEN sich in Teilbereichen der Gesellschaft durchaus mit Macht verbinden‘: Ein weißer Mann, eine weiße Frau kann dies erleben, wenn er/sie durch ein vorwiegend von ‚Nicht-Weißen‘ bewohntes Viertel geht; oder wenn er/sie eine Arbeitsstelle in einem ‚nicht-weißen‘ Unternehmen antritt. Aber nicht zuletzt: Wenn ‚Nicht-Weißen‘ mehr Macht in der Gesellschaft gegeben wird, wenn ‚Privilegien umverteilt‘ sind: Dann kann sich doch hier problemlos Vorurteil mit Macht verbinden – und somit zu rassistisch-diskriminierendem Handeln und zur ‚Benachteiligung‘ von Weißen führen.

    Die Kategorisierung der Menschen nach Hautfarbe – durch die Schule des Autors - ruft die Geister der Vergangenheit auf den Plan – wir sind weiter! - , und die im- und explizite Abwertung ALLER Menschen weißer Hautfarbe ist ein gefährliches Spiel: sie kann sich VERSELBSTSTÄNDIGEN - woher will der Autor wissen, mit welcher Macht sich diese Vorurteile gegen Weiße in Zukunft verbinden werden?

    • @Weber:

      Danke, Max!

  • Der klasssiche Intersektionalismus ist leider aus soziologischer Perspektive ein recht unterkomplexes Modell, da er nur die Intersektion verschiedener Diskriminierungsformen betrachtet und dabei völlig übersieht, dass sich auch Privilegierung und Benachteiligung verschränken. Er kann daher z.B. nicht adäquat das sozio-kultur-ökonomische Machtverhätnis zwischen einer Akademikerin "of Color" und einem männlichen weißen Mitglied der Unterschicht erfassen. Daneben ist er was die Komplexität individueller Identitäten betrifft, extrem reduktiv. Deshalb fehlt ihm auch die Sprache für ein Phänomen wie den aus seinen afro-klassistischen und afro-nativistischen Überzeugungen heraus der AfD beigetreten Beniners Achille Demagbo, seinerzeit Vorsitzender der Kieler AfD und er übersieht z.B. den in multiethnischen Gesellschaften wie den USA ausgeprägten Rassismus zwischen Mitgliedern der nicht-dominanten Gruppe - z.B. den Rassismus mancher Latino gegenüber Afro-Americans oder die jahrhundertealte rassistische Tradition von Arabern gegenüber Schwarzafrikanern (inklusive einer skalvereitradition, die der europäischen in nichts nachsteht). Nichts davon soll den (sehr unterschiedlichen) Rassismus europäischer und nordamerikanischer Gesellschaften relativieren. Es geht hier aber um differenziertere Modelle, welche gesellschaftliche Realitäten besser abbilden und damit auch zu besseren politischen Lösungsansätzen führen. Das Theorien aus den USA wie critical whiteness unabhängig von ihren grundsätzlichen Defiziten nicht einfach auf völlig anders strukturierte Gesellschaften wie die BRD oder Frankreich übertragen werden können, sollte im Übrigen schon einem Erstsemester klar sein. Ein paar Leseempfehlungen:



    Fields & Fields, Racecraft



    Elias, Etablierte und Außenseiter



    Andrea Arnold et al. (Hrsg.): Intersektionalität. In: Psychologie & Gesellschaftskritik, Heft 2, 2017, Nr. 162.

  • Historisch nicht richtig, Mohamed Amjahid, sorry. Das japanische Reich hat als Kolonialmacht ebenfalls rassistische Strukturen entwickelt – und zwar auch gegenüber Weißen. Es wird immer problematisch, wenn man, selbst mit gutmeinenden Absichten, einen Absolutheitsanspruch herstellen möchte. Die geschilderte Struktur ist aber sicher auf dem gesamten europäischen Kontinent richtig beschrieben. Und von daher gibt es bei uns keinen Grund, mit Hinweis auf andere ferne Länder Entschuldigungen für strukturellen Rassismus zu suchen.

    • @Markus Wendt:

      Sie brauchen dazu nicht mal in die Ferne zu schielen.

      Das Wort Sklave kommt nicht umsonst von Slawe.

      Bei den Osmanen lief die angenommene Ethnie ihrer Sklav_innen mit ihrem sozialen Status irgendwann zusammen.

      Und auf dem Sklavenmarkt Istanbuls erzielten blonde und blauäugige Sklav_innen die besten Preise.

      An der Überlegenheit des Islams und des Osmanischen Reiches als Weltmacht zweifelte bis in das 19. Jahrhundert hinein mit Sicherheit kein Käufer.

    • @Markus Wendt:

      Richtig.



      Ein ergänzender Aspekt ist, dass man mit Historie vorsichtig sein muss, denn es bezieht sich immer auf die relativ gut dokumentierte Zeit, ab, ca. Columbus, durch die Nachweismöglichkeiten in "westlichen" Archiven. Deshalb wird auch gerne ab dem Kolonialismus diskutiert. Weltweit und ältere Aspekte können kaum beachtet werden.

  • Wenn die Polizei hinter der Grenze zielsicher den Mercedes aus der Kolonne pickt, ist das natürlich kein Racial Profiling. Genausowenig wie lange Haare, Bundeswehrparka, Jeans, Selbstgedrehte und Turnschuhe. Gewöhnt Euch dran, und glaubt nicht, daß ihr uns etwas Neues erzählt.

  • "Ohne nachzudenken, beurteilen wir Menschen nach Name, Muttersprache, Herkunft, (sichtbarer) Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe. Moment – wer ist mit diesem „wir“ eigentlich gemeint? Alle Menschen. Niemand ist vor rassistischen Denkmustern gefeit. "

    inwiefern ist die diskriminierung aufgrund " (sichtbarer) Religionszugehörigkeit "



    eine rassistische diskriminierung?das religiöse bekenntnis ist doch von der hautfarbe oder der haarfarbe oder der farbe der augen eines menschen unabhängig!



    es ist auch falsch menschen wegen ihrem religiösen bekenntnis zu diskriminieren aber rassistisch ist es nicht

    • @satgurupseudologos:

      Die Vermischung mit Religionszugehörigkeit finde ich auch sehr unsachlich. Das hat mit Rassismus nun wirklich nichts zu tun. Wenn in Ägypten Angehörige der christlichen Minderheit benachteiligt werden, weil sie sichtbar ein Kreuz tragen, würde auch niemand "Rassismus!" schreien.

      Es dient der Sache nicht, die Kategorien zu vermischen, weil dadurch die Diskussion an Klarheit verliert. Religion ist eine ganz andere Kategorie als etwa Hautfarbe, Name, Muttersprache oder Herkunft, denn man kann sich individuell so oder anders entscheiden.

  • Das Gegenteil von Rassismus ist nicht „umgekehrter Rassismus“, sondern: weißes Privileg.

    Der Satz ergibt für mich keinen Sinn. Weißes Privileg ist das Gegenteil von Rassismus? Na dann her mit den Privilegien!

  • "Deswegen versuchen viele Nichtweiße, Weißsein zu performen. Zum Beispiel beim antischwarzen Rassismus in nordafrikanischen Gesellschaften, die sich angesichts Schwarzer Geflüchteter als „weißer“ konstruieren."

    Das ist historisch falsch.

    Antischwarzen Rassismus gab es schon, als die Araber in Nordafrika den Sklavenhandel übernahmen und Weißsein und Muslimsein zusammengehörten. Umgekehrt gehörte Schwarzsein und Kafirsein zusammen.

    Erst als schwarze Völker des Sahel ebenfalls den Islam übernahmen, passte das Schema nicht mehr.

    Damit in Ländern wie Mauretanien hellere Haut einen sozialen Status demonstrierte und mit Privilegien verbunden waren, brauchte man also nicht erst die Europäer.

    Auf dem Sklavenmarkt in Tunis bekam man für weiße Sklaven auch vor dem Kolonialismus bereits mehr Geld.

    In Istanbul war das nicht anders.

  • "Rassismus ist eine Ideologie, die besagt, dass Menschen mit bestimmten äußerlichen Merkmalen weniger wert seien als andere. "



    OK, aber dann am Ende:



    "...aber nur, wenn die Menschheit zurück in die Vergangenheit reisen könnte. Nichtweiße Gesellschaften müssten dann nachhaltig weiße Gesellschaften kolonialisieren, die Ressourcen über Jahrhunderte ausbeuten und ein postkoloniales System eines Süd-Nord-Gefälles hinterlassen, das Finanz- und Migrationsströme zum Vorteil nichtweißer Mehrheitsgesellschaft lenkt."



    =Ideologie der kompromisslosen Gleichmacherei, welche, mit systemischen Ungerechtigkeiten, subjektive Ungleichheiten/Ungerechtigkeiten nivellieren will.



    Deswegen stelle ich mich gegen diese Art von Antirassismus.

  • 0G
    09922 (Profil gelöscht)

    Wenn Rassismus bedeutet, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert werden, dann kann man letztendlich eben nicht schlussfolgern, dass weiße Menschen nicht diskriminiert werden können. Oder man verabschiedet sich vom Prinzip „gleiches Recht für alle“ was wohl im Moment sehr gerne gemacht wird um zu verschleiern, dass einseitige Darstellung von Stereotypen in einem Fall OK geht (Schwarz gegen Weiß) aber im anderen Fall Rassismus ist (Weiß gegen Schwarz).

  • „Zur Not ruft man als weiße Person die Tourismuspolizei des Landes an und die Täter*innen wandern direkt ins Gefängnis.“

    Interessant wie der Autor die hirnlosen Allmachtsphantasien spießiger deutscher Touristen teilt und verbreitet. Niemand wandert wegen einer Beleidigung ins Gefängnis, wenn die Tourismuspolizei kommt.

    Tatsächlich gibt es keinen „umgekehrten Rassismus“, sondern nur Rassismus. Sowohl als strukturelles und instutitionelles Symptom, sowie auch als weltanschauliches Konstrukt einer Person, die Menschen aufgrund äußerer Merkmale bewertet und dabei meist abwertet. Rassismus ist allen Menschen eine naheliegende Sache. Rudelwesen und so. Reflektiert man sich, lebt man ihn nicht aus und ist sich seiner angeborenen Anlagen bewusst (die übrigens restlos alle Menschen besitzen) und somit kein Rassist. Fängt man an sich davon durch eigenes Aussehen, Herkunft, Sprache etc. „freizusprechen“ wird es seltsam und Tür und Tor stehen offen ein Rassist zu sein.

  • Grundlegend gehe ich bei der Argumentationskette in diesem Artikel mit, dass Rassismus sich über Jahrhunderte entwickelt hat und deshalb nur von der herrschenden (weißen) gegen die unterdrückte (PoC) Bevölkerung richtet.

    Allerdings bieten die, im Text benannten, Beispiele so viel Angriffsfläche, die Argumentation ins lächerliche zu ziehen, dass ich gern andere angebracht und widerlegt gesehen hätte.

    Die Beispiele die benannt wurden, finden im Urlaub statt, und sind klar diskriminierend von arm zu reich... Stimmt. Ist das mit "gut erforscht" gemeint?

    Aber es gibt auch weiße Menschen, welche in Gesellschaften leben wo sie die Minderheit sind und deshalb Diskriminierung aufgrund ihrer Hautfarbe erleben, welche über einen überteuerten Preis für Touristenware hinaus geht.



    Da geht es auch darum, dass Jobs erst an Schwarze vergeben werden, man wird als Weißer von jedem angestarrt, angesprochen und gefragt wo man herkommt, wieso man da ist, Beziehungen mit "nicht weißen" sind kritisch gesehen bis verboten...Obwohl man schon seit 2 Generationen in dem (afrikanischen) Land verwurzelt ist.



    Alles Merkmale, die man in Europa als rassistisch definieren würde.



    wie steht die Forschung da?



    Ist das nur die "Revanche" für Jahrhunderte langen Rassismus/Kolonialismus?



    Ist das angelernt/abgeschaut durch den Rassismus von Weißen?



    Wo liegt der Unterschied zum Rassismus?

    Ich finde dies sind Fragen, welche in diesem Artikel kaum bis nicht beantwortet werden, sondern leider nur die offensichtlichen dummen Fragen, wie "warum zahle ich für mein Schnitzel im Urlaub mehr als die Einheimischen?"

    Diese Fragen wären aber für die Argumentation "es gibt keinen ,umgekehrten' Rassismus" viel sinnvoller meines Erachtens.



    Und würden Gegenreden deutlich mehr erschweren.

    Und nochmal grundlegend gehe ich in der Argumentation des Artikels mit, dass die Basis von Rassismus eine langfristige Unterdrückung ist und dieser von der herrschenden zur abgewerteten unterdrückten "Rasse" passiert.

  • Es braucht nicht unbedingt äußerliche Merkmale um Menschen auszugrenzen. Die Rassismusdebatte rund um den weißen Mann ist mir dann doch langsam zu oberflächlich. Was wir brauchen ist eine Gerechtigkeitsdebatte. Den Völkermord in Ruanda 1994 wird wohl niemand unter dem Begriff Rassismus sehen, trotzdem wurden in nur 100 Tagen über eine halbe Millionen Menschen bestialisch umgebracht.

  • "Eine weiße Frau kann durch den herrschenden Gender-Pay-Gap einen objektiv messbaren Nachteil auf dem Arbeitsmarkt erleben, sie wird dort aber niemals strukturell wegen ihrer Hautfarbe benachteiligt." Die Frau wird strukturell wegen ihres Geschlechts benachteiligt und das ist das gleiche, wie strukturell wegen der Hautfarbe benachteiligt zu werden. Es ist nur nicht dasselbe.

    • @thinktankgirl:

      Es gibt da ein schönes gut dokumentiertes Beispiel aus den USA, das Ihnen das vielleicht etwas besser erklären kann.



      Eine nicht-weiße Frau bewarb sich in einem Unternehmen und wurde nicht eingestellt. Daraufhin hat sie sich die Einstellungspraxis des Unternehmens genauer angeschaut und dann wegen Diskriminierung als nicht-weiße und als Frau geklagt.



      Die Firma argumentierte nun:



      'Wir diskriminieren nicht-weiße nicht', und haben als Beweis angeführt, dass sie viele nicht-weiße Mitarbeiter haben.



      'Und Frauen diskriminieren wir auch nicht' und als Beweis wurden viele weibliche Mitarbeiter angeführt.



      Soweit, so gut.



      Was hier aber ignoriert wurde:



      Die "nicht-weißen" Mitarbeiter hatten absolut ausschließlich Jobs in der Produktion. Nicht ein einziger in einem Bürojob.



      Und die Frauen hatten zu 100% Jobs in Büros. Nicht ein einziger Job in der Produktion.



      Beides sind an sich schon klare Diskriminierungen, die aber erst dann richtig wirksam werden (=keine Chance, den Lebensunterhalt zu verdienen), wenn eine nicht-weiße Frau sich bewirbt, und sie in keinem Job in der Firma arbeiten darf. Die Bürojobs darf sie nicht haben, weil sie nicht-weiß ist, und die Produktionsjobs darf sie nicht haben, weil sie nicht-männlich ist.



      (Der weiße männliche Richter hat der Firma übrigens recht gegeben.)

      Das Ergebnis:



      Wenn eine weiße Frau strukturell wegen ihres Geschlechts diskriminiert wird, dann ist das weder dasselbe noch das gleiche, wie wenn eine nicht-weiße Frau wegen Hautfarbe UND Geschlecht zugleich diskriminiert wird.

      Das einzige, was diese beiden Dinge gemein haben, ist, dass sie beide moralisch schlecht sind.

    • @thinktankgirl:

      Nein, eben nicht.



      Lesen Sie den Artikel noch einmal. Darin ist das sehr gut und genau erklärt.

      • @Life is Life:

        Struktruelle Benachteiligungen wegen Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Ausrichtung, Religion etc. sind per se immer Diskriminierungen. Rassismus ist aber nicht die nonplusultra-Diskriminierung, die über dem Sexismus steht. Als weiße Frau wurde/werde ich von männlichen coloured people (Zugezogene) in D sexistisch diskriminiert, obwohl ich diese in einem Ambiente kennengelernt habe, wo ihnen vorurteilsfrei geholfen sowie bewusst gegen Rassismus vorgegangen wurde.

    • @thinktankgirl:

      Wann sind Sie das letzte mal wegen Ihrem Geschlecht von Behörden oder Sicherheitsorganen benachteiligt oder sogar Misshandelt worden?

      • @Laughin Man:

        Die Verhaftung eines Mannes z.B. gestaltet sich meist sehr anders, als die einer Frau. Muss man vielleicht auch dabei gewesen sein. Fortsetzung bei Strafmaß und Haftbedingungen. Sorgerechts- und Unterhaltsfragen sind ein weiteres Beispiel. Die Wehrpflicht war und ist vielleicht ebenfalls eines. Unterschiedliche Notenvergabe in der Schule usw. Gibt sicherlich noch einige mehr.



        Ändert nichts am Sexismus gegenüber Frauen, aber das Thema ist halt doch etwas komplizierter und komplexer.

      • @Laughin Man:

        Also wenn werden ja Männer wegen ihres Geschlechts von Behörden oder Sicherheitsorganen benachteiligt.



        Beim Racial Profiling geht es doch nie gegen bpoc-Frauen, sondern nahezu ausschließlich gegen bpoc-Männer, oder habe ich da was nicht richtig mitbekommen.



        Gibt es überhaupt farbige Frauen, die Drogen verkaufen?

      • @Laughin Man:

        Wann sind Sie denn dann letzte Mal tatsächlich von Behörden und Sicherheitsorganen misshandelt oder auch nur benachteiligt worden? Oder ist es nur so ein Gefühl?

      • @Laughin Man:

        Es geht hier ja nicht darum, verschiedene Diskriminierungsformen gegeneinander auszuspielen.



        Frauen werden schon auch strukturell benachteiligt, das nennt sich dann aber Sexismus und nicht Rassismus, wobei es ja nicht darum geht aufzuzeigen was davon jetzt schlimmer ist, sondern um Differenzierung um die Mechanismen besser erkennen zu können. Frauen werden vllt nicht wegen Ihres Geschlechtes von "Sicherheitsorganen benachteiligt oder sogar Misshandelt", sind dafür aber wie erwähnt von Gender-Pay-Gap oder noch schlimmer sexueller Gewalt und Femiziden betroffen. Und z.B. schwarze oder PoC Frauen können dann halt von beidem betroffen sein. Wir sollten das nicht gegeneinander aufwerten.

      • @Laughin Man:

        Im Zusammenhang mit so einer Frage bekommt ihr Atavar "laughin man" einen eindeutig finsteren Beiklang....

      • 0G
        09922 (Profil gelöscht)
        @Laughin Man:

        Bei uns machen das nicht die Behörden sondern eine große Zahl Personen männlichen Geschlechts.