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Streit ums Jüdische MuseumSolidarität aus falschen Motiven

Meron Mendel
Essay von Meron Mendel

Kritik an der Bewegung BDS ist gut und richtig. Gleichzeitig muss es möglich sein, antimuslimischen Rassismus zu kritisieren.

Islamfeindlichkeit ist ein verbreitetes Problem Illustration: Katja Gendikova

V iele meiner Berliner Freund*innen glauben, dass sich das gesamte Universum um Berlin dreht. Hingegen fällt es mir immer schwerer, meinen israelischen Freund*innen zu erklären, was gerade die Gemüter in Berlin bewegt. Etwa, dass ausgerechnet das dortige Jüdische Museum gerade verdächtig wird, das neue Zentrum des politischen Islams zu sein. Von der breiten Öffentlichkeit eher unbemerkt, tobt derzeit ein lebhafter publizistischer Kampf um das Museum.

Aktueller Kulminationspunkt ist ein Artikel von Thomas Thiel in der FAZ. Thiel, der sonst eher als Generalist auftritt, erzählt einen aufregenden Agententhriller aus dem behäbig auftretenden Museum: Unter der Leitung der Historikerin Yasemin Shooman sei die Akademie des Museums letztlich zu einer Außenstelle der ­Israelboykott-Bewegung BDS geworden.

Thiel suggeriert überdies einen Zusammenhang mit anderen, durchaus unschönen Vorgängen, die sich in den letzten Jahren unter wechselnder Verantwortung im Jüdischen Museum abspielten. Eine missglückte Ausstellung zu Jerusalem, fragwürdige Einladungen iranischer Politiker und ein eigenartiger Tweet.

Nimmt man Thiels Darstellung ernst, ist all dies kein Zufall oder das Ergebnis einer auch bewusst die Kontroverse zulassenden Veranstaltungspolitik, sondern letztlich auf das Handeln einer einzelnen Frau zurückzuführen. Sie wird dargestellt als eine islamistische Geheimagentin, deren Ziel die Diskreditierung Israels und das Vorantreiben islamischer Themen gewesen sei. Ihren Manipulationskünsten sei der inzwischen ausgeschiedene Direktor Peter Schäfer machtlos erlegen.

BDS funktioniert als billiges Ventil für Judenhass

Die betroffene Wissenschaftlerin Yasemin Shooman hat sich selbst Ende Januar im Tagesspiegel zu Wort gemeldet. Unterstützung erhielt sie zudem von Wissenschaftlern wie Micha Brumlik und dem Schriftsteller Max Czollek. Thiels Artikel hingegen fand breite Zustimmung bei einer Reihe recht boulevardesker Autoren, an deren Ende sich auch noch Thilo Sarrazin zu Wort meldete.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Dass die Kritik an der im Kern antisemitisch motivierten BDS-Bewegung nötig ist, darüber besteht inzwischen erfreuliche Übereinstimmung. Die Dämonisierung Israels und das Messen seiner Politik an Doppelstandards, das Verantwortlichmachen von Jüdinnnen und Juden in aller Welt an der Politik Jerusalems, nicht zuletzt der Abbruch aller Friedensprojekte unter Inkaufnahme gravierender Nachteile für die Palästinenser*innen, für die man sich vorgeblich einsetzt:

All das zeigt, dass die BDS-Bewegung im Wesentlichen nur als billiges Ventil für Judenhass funktioniert. Ich selbst habe das immer wieder, gerade auch und ausgerechnet im Rahmen von Friedensprojekten, erlebt. In Israel habe ich mich in mehreren israelisch-palästinensischen Dialogforen engagiert. Allesamt wurden sie letztendlich von BDS-Aktivist*innen sabotiert und verunmöglicht.

Die an den Projekten beteiligten palästinensischen Freund*innen mussten den höchsten Preis für ihr Engagement bezahlen: Sie waren anschließend nicht nur Repressionen ausgesetzt, sondern mussten bisweilen buchstäblich um ihr Leben fürchten. Von einer substanziellen Kritik der BDS-Bewegung ist Thomas Thiels Beitrag in der FAZ jedoch weit entfernt.

Stattdessen operiert er mit Kontaktschuld-Hypothesen („ihr habt X eingeladen, also denkt ihr wie X“), mit freien Assoziationen und der Suggestion, allein die Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus führe zwangsläufig in die Nähe von BDS und Antisemitismus.

An der Tatsache, dass Yasemin Shooman „durch eine Veranstaltungsreihe zum interreligiösen Dia­log dem Thema antimuslimischer Rassismus breite Resonanz im Jüdischen Museum“ gegeben hat, ist jedoch in meinen Augen überhaupt nichts auszusetzen, das Raunen kann man sich sparen. Nicht nur, weil Shooman ausdrücklich dafür eingestellt wurde, ebendieses Thema zu behandeln; und nicht nur, weil Initiativen dieser Art ausdrücklich auch zum Gründungsgedanken des Jüdischen Museums gehören.

Islamfeindlichkeit gehört als Thema ins Jüdische Museum

Gerade weil Antisemitismus unter Muslimen nicht kleingeredet werden darf, sind solche Dialogveranstaltungen wichtig. Dass im Dialog sowohl über Diskriminierungserfahrungen der Jud*innen als auch von Muslim*innen geredet werden muss, kann ich aus meiner eigenen pädagogischen Arbeit berichten – und feststellen, dass solche Dialoge der beste und leider oft einzige Weg sind, an latenten und verfestigten antisemitischen Einstellungen einen Hebelpunkt zu finden.

Thiel hingegen bestreitet grundsätzlich die Tatsache, dass Islamfeindlichkeit ein verbreitetes Problem ist, und beruft sich dabei auf die Kriminalstatistik – eine nicht zuletzt auch bei der Registrierung antisemitischer Straftaten leider unzureichende Quelle. Wem angesichts von Attentaten wie in Christchurch nichts anderes einfällt, als mit halbgaren Statistiken die Wirklichkeit zu beschönigen, begibt sich nicht nur methodisch in die Nähe von Thilo Sarrazin, der Thiel in seinem letzten Statement zitiert.

Können wir das wirklich eine „Debatte“ nennen, wenn enthemmte Journalist*innen, teils bar jeder Sachkenntnis, das Gerücht über das Jüdische Museum weiterreichen, bis es schließlich aus dem Mund Sarrazins wiederkehrt, in rassistischer Eindeutigkeit? Während sich Journalist*Innen als kühne De­tek­ti­v*innen und Islamistenjäger*innen inszenieren, wird die betroffene Wissenschaftlerin als Feindin, als das personifizierte Böse dargestellt. Temporär musste sie gar ihre Karriere fürchten.

Immerhin stand ihre Enttarnung als Agentin ja in der se­riö­sen FAZ, die sich, so möchte man hoffen, doch nicht von den Auflagenerfolgen rechtspopulistischer und effekthascherischer Boulevardmedien wie Compact oder dem Onlinemagazin Tichy’s Einblick die Agenda diktieren lässt.

Diese intellektuell dürftige „Debatte“, bei der die FAZ die Gegendarstellungen der Angeklagten sämtlich ignoriert, in der Wissenschaftler*innen und Intellektuelle Journalisten*innen gegenüberstehen, die im Wesentlichen wie Internettrolle agieren, mutet auch deshalb grotesk an, weil sie sich vorgeblich gegen Antisemitismus richtet, dabei aber selbst mit Methoden arbeitet, die an antisemitische Verschwörungstheorien erinnern. Mehr noch:

Der Abbruch des jüdisch-muslimischen Dialogs, die dauerhafte Beschädigung jüdischer Institutionen werden dabei ebenso billigend in Kauf genommen wie der Applaus von Ras­sis­t*innen vom Schlage eines Sarrazin – von selbst ernannten Betroffenenanwält*innen, welche die Jud*innen, weder in Deutschland noch anderswo nötig haben. Es tut mir leid: Jemand, der dies alles bedenkenlos hinnimmt, der sich dieser Methoden bedient, dem nehme ich seinen aufrichtigen Einsatz gegen Antisemitismus nicht gutgläubig ab.

Eine ganz eigene Debatte ist die um die BDS-Bewegung, bei der vielen anscheinend jede Differenzierungsfähigkeit abhandengekommen ist und bei der Personen, die nur im Verdacht stehen, je einmal eine Petition unterschrieben zu haben, die von einem BDS-Sympathisanten verfasst wurde, als ultimative Israelfeind*innen karikiert werden. Hier scheint mittlerweile ein Rigorismus vorzuherrschen, den man im Kampf gegen bürgerliche Antisemit*innen der Mitte oft schmerzhaft vermisst.

Die auch in meinen Augen legitimen Anstrengungen zu einer Ächtung von BDS werden mit einer Entschlossenheit geführt, in der es nicht einmal mehr möglich scheint, darüber zu diskutieren, wer überhaupt zu BDS gehört. „Null Toleranz“, schön und gut! Die Interventionen Sarrazins – der im Übrigen auch erstaunliche Thesen zur genetischen Intelligenz von Juden und Jüdinnen feilzubieten hat – werden im gleichen Milieu dann aber mit einer atemberaubenden Langmut geduldet.

Diese Form der BDS-Kritik übernimmt in meinen Augen die schlimmsten Exzesse der BDS-Bewegung selbst: Kontakt- und Sprechverbote, symbolisches Abgrenzungsgebaren und das Inkaufnehmen immenser Kollateralschäden um der ideologischen Reinheit willen.

Wer sich wie Thomas Thiel in seinen hochschulpolitischen Glossen lustig macht über Universitäten, die sich nicht mehr vorstellen können, „einen Redner zu einer Veranstaltung einzuladen, mit dessen politischen Sichtweisen sie nicht übereinstimmen“, muss sich fragen lassen, warum er dann bei anderen Themen plötzlich „Deplatforming“, also Ausladungspolitik, als vollkommen legitim empfindet.

Das Museum soll Mut zum streitbaren Programm haben

Man blickt verdutzt auf FAZ-Autor*innen und bürgerliche Schriftsteller*innen, die sonst gegen „Political Correctness“, extreme Ausformungen US-amerikanischer Campuspolitik und „postmoderne Hexenjagden“ wettern, um dann bei anderen Themen eine Schnappatmung zu entwickeln, die auch der härtesten amerikanischen Campuspolizei peinlich wäre.

Nicht nur im Umgang mit dem Jüdischen Museum sollte hier eine gewisse grundlegende Gelassenheit Schule machen. Ich persönlich erhoffe mir auch vom neuen Direktorium des Museums, dass es sich von dieser sehr deutschen Debatte nicht den Mut nehmen lässt zu einem streitbaren, kontroversen und gegenwärtigen Programm. Denn selbst die Krawallschachteln in der FAZ können doch ein langweiliges Programm, bei dem sich alle einig sind, nicht ernsthaft wollen.

Die bisherigen Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus, und auch darüber herrscht fraktionsübergreifend Konsens, reichen nicht aus. Gerade deshalb muss man schmerzhafte Debatten führen, gerade deshalb muss man Fehler zulassen, gerade deshalb muss man im Zweifel für das Risiko, für das Experiment sein. Ein Wohlfühldialog, in welchem alle möglichen Konfliktpunkte schon durch die Einladungspolitik nivelliert werden, bringt niemanden weiter.

Am Wochenende werde ich wieder mit meinen israelischen Freund*innen telefonieren, und ich weiß schon jetzt, dass sie sich wieder die Augen reiben werden: In Deutschland werden Synagogen beschossen, ein Faschist ist der Königsmacher in Thüringen – aber die Antisemit*innen suchen sie wo? Im Jüdischen Museum? Ja, werde ich sagen. Aha, werden sie sagen.

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Meron Mendel
Meron Mendel ist Pädagoge, Historiker und Publizist. Seit 2010 ist er Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt und Kassel
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61 Kommentare

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  • Es gibt viele reale und brutale Gründe für das Ent- und Bestehen der palästinensischen BDS-Bewegung, wie z.B. Enteignung, Verdrängung, Häuserzerstörung, Diskriminierung, Landraub und die Nichtdurchsetzung der politischen Rechte der PalästinenserInnen. Um eine Diskussion über diese Gründe zu verhindern wird BDS als antisemitisch dämonisiert. So wird u.a. einfach beweislos behauptet, die BDS-Bewegung mache alle Jüdinnen und Juden der ganzen Welt für Israels Politik verantwortlich, was falsch ist. Es entsteht eine bevormunderische Haltung, die quasi unterstellt,



    Millionen von PalästinenserInnen hätten eigentlich überhaupt keinen Grund zur Gegenwehr. Gerade die Medien sollten den direkt von der israelischen Politik betroffenen Gehör verschaffen, aber auch die Taz macht mit beim Weghören, denn so git wie nie kommen diese zu Wort.

  • stelle mal wieder fest: zumindest die 4. genfer konvention ist im kern antisemitisch.



    besatzerstaaten wie china+marokko zb wird das sehr freuen. von anderen interventionisten nicht zu reden.

    • @christine rölke-sommer:

      Und wie begründet sich daraus das Ziel von bds, Israel auszulöschen? Ist auf der offiziellen BDS Seite nachzulesen.

      • @Daniel Roth:

        ich habe nicht behauptet, bds wolle "Israel auslöschen". wie käme ich dazu?



        ich habe lediglich festgestellt, dass ua die 4. genfer konvention was zu besatzung sagt - und dass, wenn leutz diese konvention auf Israel anwenden wollen, ihnen entgegengehalten wird, die anwendung bzw die konvention selbst sei antisemitisch.

    • @christine rölke-sommer:

      Werden "china+marokko" jetzt ebenfalls von BDS boykottiert?



      Wurden gegen "china+marokko", bevor es zur Besatzung kam, ebenfalls Vernichtungskriege geführt, so wie es bei Israel der Fall war?

      • @h3h3y0:

        das ist nicht die frage - die frage ist vielmehr: boykottieren Sie wenigstens in diesen und anderen gleichgelagerten fällen die besatzerstaaten? oder verzichten Sie darauf mit der begründung, irgendwie hätten die tibeter+sahrauis++ einen vernichtungskrieg gegen china+marokko++ geführt?

        • @christine rölke-sommer:

          Stimmt, das ist nicht die Frage. Die (rhetorische) Frage ist, warum wird nur der jüdische Staat boykottiert.

          • @h3h3y0:

            könnte es sein, dass Ihnen nur nicht auffällt, dass es auch gegen andere staaten boykottbewegungen oder so was ähnliches gibt?

  • Zitat: „Denn selbst die Krawallschachteln in der FAZ können doch ein langweiliges Programm, bei dem sich alle einig sind, nicht ernsthaft wollen.“

    Äh... doch? Ich meine: Eine echte konservative „Krawallschachtel“ will ganz selbstverständlich, dass alle ihre Meinung teilen. Sie ist ja schließlich überzeugt, dass ihre eigene die einzig selig machende Meinung ist. Würde sie sie sonst etwa dermaßen vehement vertreten?

    Nein, würde sie nicht. Da sind noch immer Kreuzritter unterwegs. Dass es im Himmel langweilig sein könnte, können und wollen sich diese Leute einfach nicht vorstellen. Denn was so richtig heilig ist, das ist ja schließlich jenseits solch profaner Ärgernisse wie etwa grüner Langeweile.

  • Meron Mendel macht in Frankfurt sehr gute Arbeit. Sein differenzierter Essay macht nachdenklich und ich muss zugeben, dass ich mich an einigen Stellen ertappt gefühlt habe.



    Es ist aber schon eine riesige Herausforderung, beim Umgang mit der, in Teilen fanatisch bis irre agierenden, BDS-Bewegung auch noch ruhig und besonnen zu bleiben.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    "An Euren -Ismen sollt Ihr ersticken".

    Sprache hat klar und einfach zu sein. Alles andere ist in die Irre führend. Und da spielt es auch keine Geige, ob dies bewusst - oder nur durch die Oberflächlichkeit des eigenen Denkens geschieht.

  • "In Deutschland werden Synagogen beschossen, ein Faschist ist der Königsmacher in Thüringen – aber die Antisemit*innen suchen sie wo? Im Jüdischen Museum? Ja, werde ich sagen. Aha, werden sie sagen."

    Erzählen Sie ihren Freunden, dass es Netanjahu ist, der diese dort sucht: www.zeit.de/2019/0...benjamin-netanjahu

  • "Islamfeindlichkeit" ist die Einstellung gegenüber einer Ideologie und hat mit Angriffen gegen Menschen logisch nichts zu tun. "Antimuslimischer Rassismus" ist die korrekte Bezeichnung. Bitte keine Islamapologetik auf dem Rücken von Betroffenen!

    • 0G
      09617 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Wie würden Sie die jüngsten Äusserungen Macrons bewerten, der von islamistischen Separatismus spricht, was die Kontrolle einiger Banlieues ( les territoires perdus de la République) durch die Muslimbrüder anbetrifft ? Und kann die taz-Redaktion in ihrer politischen Korrektheitshysterie Macron, der einst von der gesamten taz-Redaktion als Retter Europas gefeiert wurde, überhaupt noch zitieren, ja seinen Namen auch nur erwähnen?

      • @09617 (Profil gelöscht):

        „Der, dessen Name nicht genannt werden darf" (Harry Potter)

    • @El-ahrairah:

      Das ist die übliche rechte Propaganda. Islam ist eine vielseitige Religion wie Christentum und Judentum auch. Eine sehr bunte Geschichte mit Höhen und Tiefen. Die Bezeichnung Ideologie spricht Religionsfreiheit ab. Wir reden nicht vom Verbot von Salafisten oder wahabiten, sondern einer Religion. Das, genau das, ist der Unterschied zwischen Religionskritik und Faschismus.

      • @sachmah:

        Erklären Sie bitte den Unterschied zwischen Religion und Ideologie und erklären Sie bitte, wie Ihrer Meinung nach eine Religionskritik auszusehen hat, die nicht von Ihnen als "rechte Propaganda" und "Faschismus" denunziert werden will.

        • @El-ahrairah:

          Na, das ist doch in Deutschland an einem ganz einfachen Beispiel erklärt.

          Wer sein Kind zur Brit Mila bringt oder wie auch immer die Moslems es nennen, der beruft sich auf sein Recht auf Religionsfreiheit, inzwischen in § 1631d BGB festgeschrieben.

          Wer sein Kind im Zuge welcher Ideologie auch immer, als Strafe körperlich verletzt, begeht eine Straftat.

      • @sachmah:

        Das ist die übliche sachkenntnisbefreite oder verschleiernde Apologetik. Die Unterscheidung zwischen Religion und Politik ist ein Produkt der europäischen Reformation und Aufklärung und kann nicht auf außereuropäische Kulturen übertragen werden.



        Der Islam ist in der Tat reich an Abspaltungen und Sekten, die vom sunnitischen Mainstream gemäß der Scharia oft erbarmungslos als 'Murtadd' verfolgt werden wie Assads Alewiten oder die Schiiten in Saudi-Arabien. Die vielbeachteten Ahmadiyas werden von keiner anderen muslimischen Richtung überhaupt als Muslime anerkannt. Und dies ist nicht die Schuld des weißen Mannes oder des Kolonialismus, sondern lässt sich aus dem Koran und den Hadithen eindeutig herleiten.

        • @El-ahrairah:

          Versuchen Sie doch nicht, die Leute hier zu verunsichern.

          Das ist in Westeuropa ein Grundkonsens, Religionen sind keine Ideologien. Jeder der die Religion ideologisiert, betreibt mit der Religion Missbrauch, die Religion ist aber daran nicht Schuld, sondern immer der Einzelne.

          • @Sven Günther:

            Das ist keine Antwort auf die Frage. Außerdem ist es in Westeuropa Grundkonsens, dass Religionen keine weltlichen Gesetze erlassen und mit Staats- und Machtangelegenheiten nichts zu tun haben. Das gilt seit den Religionskriegen und wurde natürlich auch immer wieder gebrochen. Der Islam wurde in diesen Grundkonsens aber nie einbezogen und kennt nichtmal die Unterscheidung zwischen geistiger und weltlicher Sphäre.

            • @El-ahrairah:

              Das war Sarkasmus...

              Das Sie Recht haben, ist mir durchaus bewusst, der Hindu-Nationalismus in Indien geht z.B. in eine ähnliche Richtung.

              • @Sven Günther:

                Hindu ist natürlich ebenfalls eine Religion. Ich habe keine Ahnung was Ihr als Religion bezeichnet. Alleine schon die angedeutete Gleichung Religion ist Ideologie ist, mit Verlaub, dumm. Religion ist immer der Glaube an ein oder mehrere Wesen. Die unsichtbar sind und an deren Existenz manche glauben, andere nicht. So einfach ist das. Der Glaube an einen Führer, Hitler, Stalin, Marx oder wen auch immer ist hingegen eine reine Ideologie die den Tatbestand einer Religion, siehe oben, nicht erfüllt.

                • @sachmah:

                  Diese Definition werden Sie exclusiv haben, oder ist für Sie der Buddhismus keine Religion?

                • @sachmah:

                  Mohammed war ein Führer

              • @Sven Günther:

                Sarkasmus setzt einen unausgesprochenen Grundkonsens vorraus, den ich in Debatten nicht mehr vorraussetze.

                • @El-ahrairah:

                  Voraus und voraussetzen kommen beide gut mit einem r aus, denn rausgesetzt wird vorerst niemand.

  • Mich erinnert das Ganze eher an einen weiteren Versuch, Islamfeindlichkeit auf selbe Stufe mit Antisemitismus setzen zu wollen. So unter anderem nach dem Motto "Muslime sind die neuen Juden".

    • @h3h3y0:

      Ist doch ähnlich. Schauen Sie sich mal die Gewaltphantasien von Nazis an. Die Pauschalisierungen. Wobei auch der Rassismus gegen Farbige Asiaten etc in gleichem Maß kacke ist.

  • Kann man kurz eigentlich machen.

    Viele Leute auf den verschiedenen Seiten, die sich diesem Konflikt mit besonderer Hingabe widmen, haben längst den Faden verloren, haben längst die Menschlichkeit hinter die Ideologie verbannt, haben die Welt in gut und böse aufgeteilt und eigentlich gar kein Interesse mehr an Lösungen des Konfliktes.

    Wozu auch zuhören, wozu auch diskutieren, wenn man die Sache prima als Vehikel für einen symbolträchtigen Gerechtigkeitskampf nutzen kann, der nicht selten nur noch der Selbstprofilierung dient.

    Da wunderts auch überhaupt nicht mehr, dass Einige aus angeblicher Sorge vor Rassismus einem schmierigen Konglomerat, aus FAZ, Welt und einem Thilo Sarrazin Beifall klatschen.

  • Herzlichen Dank für diesen außerordentlich differenzierten Beitrag, Frau Mendel! Die taz braucht mehr davon!

    • 0G
      00677 (Profil gelöscht)
      @Theodor Fontane:

      Ein bisschen mehr Differenzierung täte aber auch Ihnen nicht schaden: Meron Mendel ist keine Frau, sondern ein Herr und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main; vgl. de.m.wikipedia.org/wiki/Meron_Mendel

  • Volle Zustimmung! Deutsche Juden müssen aufpassen, sich nicht von rechtspopulistischen und rechtsextremen Hetzern instrumentalisieren zu lassen.

  • Würde doch etwas Ruhe einkehren in die ganze Sache. Es wäre doch wünschenswert Frau Berg könnte einfach mal mit ihrer Arbeit beginnen.

    Niemand mag BDS und natürlich gibt es anti-muslimischen Rassismus. Wenn ich auch mit dem Begriff hadere.

    • @Jim Hawkins:

      Ja, den gibt es. Und genauso gibt es antisemitischen Rassismus von muslimischer Seite.

      Es gibt generell auch von diskriminierten Gruppen Diskriminierung gegen andere Minderheiten.

      Was machen?

    • @Jim Hawkins:

      "natürlich gibt es anti-muslimischen Rassismus. Wenn ich auch mit dem Begriff hadere." na was denn nun? Entweder es gibt ihn oder nicht. Und dass dann immer einige Kandidaten mit dem Vorwurf kommen, die Muslime wollten nur Kritik an ihnen abwürgen, als seien Christchurch, der NSU und auch Halle (der Döner) u.v.a.m. nur Akte der Kritik gewesen. Und wenn dann absurderweise der Vorwurf der Relativierung des Holocausts kommt, liegt der Gedanke von Opferkonkurrenz schon nahe, aber nicht nur: dass der Vorwurf nur gegen Muslime aufkommt und nicht etwa im Kontext von Rassismus gg afrikanischstämmige Menschen z.B. ist ein deutliches Indiz auf die islamfeindliche Motivation des Vorwurfes selbst. Und wenn sich noch Herr Sarrazin in die Debatte einschaltet (nur ein notorischer Vertreter aus dem Spektrum rechter "Publizisten" und "Journalist*innen" die die das Bestreiten von Muslimfeindlichkeit gepaart mit dem Kampf gg Antisemitismus gleichzeitig besetzen, die sich dann alle zusammen mit den Leuten von der AfD, der Werte Union etc in der "Bibliothek des Konservatismus" oder in Schnellroda rumdrücken), dann werden doch die Motivationen und die Verbindungen derer, die nicht nur wie rechte Internettrolle agieren, sonnenklar.

      • @ingrid werner:

        Ich hadere mit dem Begriff, weil er die Betroffenen auf eine Religionszugehörigkeit reduziert, der nicht jeder der so bezeichnet, wird angehört und sich selbst womöglich nicht als Muslima oder Muslim wahrnimmt.

        So als würde man einen gedachten Rassismus gegen Deutsche als anti-katholischen, anti-christlichen oder anti-evangelischen Rassismus beschreiben.

        Das würden Sie wohl auch die Nase rümpfen. Es war nicht immer so, dass Menschen aus arabischen Staaten oder aus der Türkei oder Deutsche, die Wurzeln dort haben unter diesen Begriff subsumiert wurden.

        Vielleicht ist das eine Entsprechung, die den religiösen Roll-Back in diesen Communitys spiegelt.

        • @Jim Hawkins:

          Dann müsstest du in Konsequenz auch Begriffe wie den Antisemitismus oder Antiziganismus ablehnen. Begriffe dienen der Vereinfachung der Kommunikation, da man sich sonst gegenseitig ständig sperrige Erklärungen zuschieben muss und den Faden verliert. Außerdem handelt es sich ja auch um Antimuslimischen Rassismus. Angefeindet werden vor allem Araber und Afrikaner muslimischen Glaubens. Aber auch muslimische Asiaten, alle Konvertiten usw. Ein Trigger der religiösen "Rassisten" ist ja eben die Religion. Der Begriff Rassismus passt deshalb vielleicht nicht ganz. Kenne aber auch keinen anderen in das Modell passenden als "Faschist". Vielleicht ist dieser der bessere.

          • @Hampelstielz:

            Könne Sie es dabei belassen, dass Jim Hawkins inhaltlich nicht widerspricht und die Existenz von antimuslimischem Rassismus anerkennt, OBWOHL ihm der Begriff (nicht zu Unrecht) Bauchschnmerzen bereitet?

            Es ist doch nicht verlogen, sich klarzumachen, dass "Rassismus" EIGENTLICH nur religionsunabhängig funktionieren kann. Man muss nur dabei auch eingestehen können, dass die Zugehörigkeit zum Islam bei vielen Rassisten dieselben Ressentiments weckt wie die ethnische Verbindung zum Nahen Osten. Das ist wesentlich differenzierter und zielgerichteter als die Rechterei über die lupenreine Herleitung der Bedeutung von Worten wie "Semiten".

            • @Normalo:

              Du hättest dir deinen Kommentar ja auch schenken können oder welche Not, außer die "Rechterei", hat dich dazu getrieben zu intervenieren? Was soll eine "lupenreine Herleitung" eines Begriffes sein?

              • @Hampelstielz:

                Ich fand's unnötig hochgekocht. Und wenn ich eine Meinung habe, sage ich die auch - vor allem, wenn ich sehe, wie sich zwei streiten, die eigentlich dasselbe wollen.

                Überflüssig "lupenrein" ist eine Begriffsherleitung für mich dann, wenn sie an der realen Verwendung des Begriffs komplett vorbeigeht und sich nur auf die abweichende Usprungsbedeutung versteift (völigg unverwandtes Beispiel wäre, "Handy" nicht als Bezeichnung für ein Telefon zu akzeptieren). "Antisemitismus" WIRD nunmal ganz präzise als Wort für rassistisch motivierte Judenfeindlichkeit verwendet, egal, wen man ursprünglich eigentlich alles noch als "Semiten" bezeichnen müsste. "Antimuslimischer Rassismus" ist hingegen eine in sich unpräzise Beschreibung einer Vermischung von Feindbildern.

  • Ich habe den Artikel in der FAZ auch mit Unverständnis gelesen, was da teilweise für Zusammenhänge unterstellt wurden, wäre in keinem Gabriel Allon Roman aufgenommen worden, einfach an den Haaren herbeigezogener Blödsinn. Da wird die ganz große Verschwörung gewittert, allein was man in die Doktorarbeit hineininterpretiert hat ist grotesk, dagegen ist ja selbst das Kabbalah Centre eine total geerdete Veranstaltung.

    "Ein Wohlfühldialog, in welchem alle möglichen Konfliktpunkte schon durch die Einladungspolitik nivelliert werden, bringt niemanden weiter."

    Das Phänomen gibt es leider inzwischen in vielen Problemfeldern, es wird nicht mehr miteinander, sondern übereinander geredet. Was soll bei einer Diskussionsveranstaltung herauskommen, wo alle eine zumindest ähnliche Meinung haben, außer das man nach Hause geht und sich bestärkt fühlt auf der "richtigen Seite" zu stehen und darin bestärkt wurde?

  • Nein der nationalistische Hass gegen BDS ist nicht gut.



    Antisemitismus juckt keinen in Deutschland und auch sonst auf der Welt.



    Was juckt ist wenn Leute den Bündnispartner kritisieren und unter anderem die imperialistische Praxis u.a. Deutschlands und der USA delegitimieren. Die müssen mundtot gemacht werden.



    Aber Juden? Wen juckts?

    Damit lässt sich auch erklären warum Antisemiten da gesucht werden wo sie gesucht werden und warum sie andernorts nicht gesucht werden

    Antisemitismusvorwürfe sind ein politisches Machtinstrument. Wer das sagt der leugnet nicht die Existenz des Antisemitismus sondern kritisiert die nicht vorhandene Bekämpfung des Problem

    • @Oskar:

      Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

  • Man muss ja auch nicht /alles/ glauben, was in der FAZ steht.

  • Selbst Donald Trump hat ein Gesetz hat gegen den BDS erlassen. Alles im Namen der Antisemitismus-Bekämpfung.

  • Wie oft muss man es schreiben: Apartheid war in S. Afrika ein Verbrechen, Apartheid in Israel/Palästina ist auch ein Verbrechen.



    Die Boykott-Bewegung gegen Apartheid in Süd Afrika war ein wichtiges Faktor um Apartheid dort zu beenden, und wurde in viele Länder von einer breiten Grassroots-Bewegung getragen. Ähnlich ist es heute mit BDS. Nur der Gegner, eine extremistische Regierung in Tel Aviv, ist mächtiger/kluger als damals die Herrscher in Johannesburg.

    Wer BDS als "antisemitisch" verleumdet, will nur Kritik an eine zutiefst rassistische Regierung verhindern. Siehe auch HIER den Kommentar von Andreas Zumach:



    twitter.com/zooloo...228358948547330048

    • @Ninetto:

      Worin äußert sich die Apartheid in Israel? Können Sie ihre Unterstellung belegen?

      Übrigens leben Palästinenser in Libanon als Menschen zweiter Klasse. Weder wird Libanon von BDS boykottiert, noch hört man irgendwelche Apartheidsunterstellungen.

    • @Ninetto:

      Danke für den Link. Herr Zumach ist ja leider auch einer jener aussterbenden Zunft unabhängiger Journalisten.