Wirtschaft aber für junge Menschen: Das Problem mit den Boomer-Ökonomen
Boomer erklären uns die Wirtschaft mit den immer gleichen Gedanken und schlimmen Worthülsen. Unser neuer Kolumnist macht damit Schluss.
K lassischer Anzug, komplizierte Sprache, Generation Boomer: Das trifft auf fast alle Ökonomen zu, die sich öffentlich einmischen. In Talkshows, in Zeitungen, in Beratergremien. Wenn es um Geld, Inflation oder Steuern geht, sind die Boomer gefragt. Als stünde in der Jobbeschreibung, dass man mindestens 50 Lebensjahre auf dem Buckel haben muss.
Ein Problem: Boomer-Ökonomen geben auf neue Fragen alte Antworten. Und sie erklären am liebsten, was nicht geht, und nicht, was ginge, wenn es dafür politischen und gesellschaftlichen Willen gäbe. Der Lieblingssatz von Boomer-Ökonomen geht so: „Das können wir uns nicht leisten.“ Wie viele gute Ideen schon mit diesem Satz auf dem Ideenfriedhof begraben wurden. Ein Jammer!
Ein anderes Problem: Den Boomer-Ökonomen hören vor allem Boomer zu. Wenn Ökonom Lars Feld über Wortungetüme wie Haushaltskonsolidierung oder Ökonom Clemens Fuest über Subventionskürzungen spricht, schlafen der Gen Z die Füße ein. Dabei ist Wirtschaft so wichtig, dass es nicht langweilig sein darf. In der Politik geht es schließlich fast immer um Geld – und die Generationen Y und Z stehen vor einer historischen Aufgabe: Sie müssen gleichzeitig das Klima retten und die vielen Boomer-Renten finanzieren.
Man sieht ja, wo uns die „Können wir uns nicht leisten“-Ökonomen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hingeführt haben. Kaputte Brücken, überfüllte Klassen, geflutete Dörfer, eine ständig verspätete Bahn. Und von ganz vielen wichtigen Dingen ist zu wenig da: zu wenig Kitaplätze, zu wenig E-Autos, zu wenig sanierte Häuser, zu wenig Windräder und sogar zu wenig Jobs und zu wenig Wachstum.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
„VWL-Influencer“ hat mich das Handelsblatt mal genannt. Das fand ich ehrlicherweise erst komisch, aber wenn man darüber nachdenkt, ist es ja eigentlich ein Kompliment. Weil ich auf Youtube und Instagram junge Köpfe mit Wirtschaftspolitik unterhalte – und nicht mit Schminktipps oder Werde-schnell-reich-Aktiengelaber. Also sage ich als VWL-Influencer und U-30-Ökonom: Schluss damit, überlassen wir Wirtschaft nicht den Boomer-Ökonomen!
Ab sofort schreibe ich an dieser Stelle deshalb eine Kolumne über Ideen und Vorschläge, die tatsächlich funktionieren. Die uns mehr von dem Guten brächten – und sich nicht mit zu wenig abgeben. Dinge, für die Geld da wäre oder sich auftreiben ließe, wenn man denn wollte. Die morgen politisch umgesetzt werden könnten. Oder eben übermorgen.
All diese Dinge kommen hier ab jetzt einmal im Monat auf den Prüfstand. Zum Beispiel eine Wirtschaft ohne unfreiwillige Arbeitslose. Steuern, die anders aussehen sollten – oder sogar wegkönnen. Schuldenregeln, die nicht Investitionen bremsen, sondern die Erderwärmung. Steuererklärungen, die kaum noch jemand machen muss. Busfahren ohne Tickets. Staatshaushalte ohne Zinskosten und Kommunen ohne klamme Kassen.
Zugegeben: Ich meckere viel und klugscheiße gerne, wenn Ökonomen und Politiker faktenfreien Quatsch erzählen, sich hinter Scheinargumenten verstecken oder mutige Ideen zerreden. Das mache ich aber in aufklärerischer Absicht, mir geht es um die Sache. Für mehr Fakten, weniger Scheinargumente und mehr mutige Ideen. Und damit junge Leute eben keinen Bogen um Wirtschaft machen, sondern mitreden können – und wollen.
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